bundestaxwahl.de
Die Seite für junge Erstwähler

FDP - Freie Demokratische Partei

Präambel

 

1. Die Freiheit des Einzelnen ist Grund und Grenze liberaler Politik

Liberale Politik gewährleistet individuelle Chancen und gesellschaftliche Ordnung

Die Freiheit des Einzelnen ist Grund und Grenze liberaler Politik. Frei zu sein heißt, das eigene Leben ohne fremden Zwang selbst bestimmen zu können. Dafür schafft liberale Politik die Voraussetzungen: Chancen für jeden einzelnen Menschen und Freiheitsordnungen für die offene Bürgergesellschaft. Jeder Mensch soll faire Chancen haben, sich gemäß der eigenen Talente und Ideen zu entfalten, von eigener Arbeit zu leben und nach eigener Façon glücklich zu werden. Das ist das Ziel liberaler Chancenpolitik: Bildung und Befähigung von Menschen zu selbstbestimmtem Leben und zur selbstbestimmten verantwortungsbewussten Teilhabe in Wirtschaft, Politik und Bürgergesellschaft. In unserer Demokratie bilden der liberale Rechtsstaat und die Soziale Marktwirtschaft gemeinsam die liberale Grundordnung. Sie bestimmen die Voraussetzungen und setzen zugleich die Grenzen für das freie Spiel der Kräfte in Politik, Markt und Gesellschaft. Es ist das Ziel liberaler Ordnungspolitik, Grundrechte und Freiräume zu sichern, Zwang abzuwehren und Bedrohungen der Freiheit durch Machtmonopole zu verhindern und zu brechen. So gewährleistet liberale Ordnungspolitik eine ausgewogene Balance zwischen der Freiheit des Einzelnen und der Freiheit der Vielen.

Freiheit braucht Fairness und Verantwortung

Die Voraussetzung der Freiheit des einzelnen Menschen sind faire gemeinsame Regeln und faire individuelle Chancen. Gleichzeitig erwarten wir, dass jeder Einzelne seine Freiheit in Verantwortung für das eigene Leben und gegenüber der Mitwelt, der Umwelt sowie der Nachwelt gebraucht. Freiheit, Fairness und Verantwortung sind deshalb die Grundwerte der offenen Bürgergesellschaft, denen liberale Politik verpflichtet ist.

Wir vertrauen auf Fortschritt durch Selbstbestimmung

Wir vertrauen auf den selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Menschen. Das Streben des Einzelnen nach Freiheit war und ist die treibende Kraft der Geschichte. Dafür stürzen die Menschen Diktatoren, verabschieden Verfassungen und ergreifen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die Initiative. Wo immer sich eine Gesellschaft für eine freiheitliche Grundordnung entscheidet, wird die Freiheit des Einzelnen zum Antrieb für Fortschritt, Gemeinwohl und eine bessere Zukunft. Gegen alle Zukunftsängste, Rückschrittswünsche und Wachstumskritik vertrauen wir den Menschen, im Rahmen einer freiheitlichen Grundordnung eine friedliche, freie und gerechte Welt zu schaffen. Wer das Vertrauen in den mündigen Menschen verliert, verliert am Ende auch die Freiheit.

 

2. Die Liberalität Deutschlands stärken

Deutschland hat eine liberale Grundordnung

Wir leben in Deutschland in Frieden, Wohlstand und vielfältigem Reichtum, weil es uns gelungen ist, eine freiheitliche Grundordnung aufzubauen. In ihrem Zentrum steht der mündige Mensch als souveräner Bürger. Der liberale Rechtsstaat schützt die Freiheit des Einzelnen. Er ermöglicht einen geordneten Alltag und sichert die Privatsphäre ebenso wie unser Eigentum. Unsere Demokratie beteiligt jeden Bürger an der Selbstregierung, strebt einen zivilen Ausgleich an und ermöglicht es, Fehlentwicklungen zu korrigieren. Weil die Soziale Marktwirtschaft Arbeit und Anstrengung belohnt, setzt sie Wachstum frei und schafft Wohlstand. Diesen wollen wir miteinander teilen, denn als liberale Gesellschaft streben wir nach gerechten Chancen, Bildung und Teilhabe für alle. So wird sozialer Aufstieg für jeden möglich. Unsere freiheitliche Grundordnung ist zwar nicht vollkommen, aber sie ist eine gerechte Ordnung, von der alle profitieren.

Freiheit ist eine Errungenschaft

Die Freiheit in unserem Land und die Freiheit unseres Landes sind keineswegs selbstverständlich. Gerade Deutschland hat lange um das Recht auf Freiheit gerungen. Erst nach langen Irrwegen und schrecklichen Abwegen haben wir begonnen, die besten Hoffnungen der Aufklärung, des Humanismus und der bürgerlichen Revolutionäre des 19. Jahrhunderts zu erfüllen. Das geeinte liberale Deutschland ist heute ein geachtetes Mitglied der Weltgemeinschaft, ein wichtiger Motor Europas – wir sind eine selbstbewusste und bescheidene, fleißige und offene Nation. Für diese historische Errungenschaft haben wir Liberalen immer wieder entscheidende Weichen gestellt: Ob im Wirtschaftswunder der noch jungen Bundesrepublik, in der Demokratisierung der Gesellschaft oder bei der Wiedervereinigung und Globalisierung der letzten Jahrzehnte – überall erkennen wir die positive Wirkung der individuellen Selbstbestimmung und Eigenleistung. Deutschland hat sich in diesem geschichtlichen Reformprozess auf der Suche nach einer besseren Zukunft zu einem liberalen Land entwickelt. Darauf sind wir stolz.

Unsere Freiheit ist niemals ganz gewonnen

Wir Liberalen bleiben dem Ringen um die Freiheit unseres Landes verpflichtet. Deshalb erfüllt es uns mit großer Sorge, dass die Liberalität unseres Landes bedroht ist. Sich an die Freiheit zu gewöhnen, birgt die Gefahr, sie immer geringer zu schätzen. Unsere Freiheit muss dauerhaft verteidigt werden. Viele politische Kräfte führen heutzutage das Wort Freiheit im Munde, ohne jedoch im Geiste der Freiheit zu denken, zu fühlen und zu handeln. Zwar mangelt es diesen Kräften nicht an edlen Motiven, doch allzu oft sind sie nur intolerante Missionare ihrer eigenen Moral, die die Meinung Andersdenkender nicht respektieren. Zu häufig fördern sie den Glauben, man dürfe vom Staat mehr erwarten als von sich selbst. Damit überfordern sie den Staat und unterfordern die Bürger. Eine solche Gefälligkeitspolitik führt zu einer trägen und bevormundeten Anspruchsgesellschaft. Wir Liberalen vertrauen dagegen den Menschen mehr als dem Staat. Wir fördern eine solidarische Selbstorganisation der Bürgergesellschaft, nicht die Selbstbeschäftigung der Bürokratie. Wir setzen auf individuelle Verantwortung, nicht auf staatliche Versprechen. Wir vergessen nicht, dass Wohlstand eigene Anstrengung erfordert und kein Anspruch an die Staatskasse ist. Eine Überlastung der Sozialsysteme bedroht die Freiheit und die Soziale Marktwirtschaft. Zudem befreien wir die Soziale Marktwirtschaft von den vielen kleinen Fesseln der Bevormundung. Freiheit und Bürgerrechte geben wir nicht zugunsten scheinbarer Sicherheit auf. Im Gegensatz zu anderen politischen Kräften geben wir Liberalen uns nicht mit dem Status quo zufrieden, sondern bewahren uns die Neugier auf Veränderungen und die Zukunft. Wir investieren in Bildung für den Einzelnen, statt Strukturreformen zu blockieren. Wir nehmen die Pflege und Weiterentwicklung unserer Infrastruktur in Angriff, statt sie aus materieller Bequemlichkeit oder ideologischen Gründen zu vernachlässigen. Für uns Liberale steht fest: Zunächst muss der Wohlstand von morgen durch das Wachstum einer offenen Bürgergesellschaft geschaffen werden, dann erst kann man über seine Verteilung streiten. Wir wissen, dass eine freie Gesellschaft freier Menschen von Voraussetzungen lebt, die wir immer wieder aufs Neue stärken müssen.

Der Angst setzen wir den Mut zur Gestaltung entgegen

Die falschen Freunde der Freiheit zerstören unsere offene Gesellschaft in kleinen Schritten, statt ihre Fundamente für die Zukunft zu sichern. Angst vor Reformen, Kleinmut, ungerechtfertigter Selbstzweifel und die Furcht vor Krisen beherrschen mehr und mehr die Diskussionen. An die Stelle von Vernunft, Offenheit und Optimismus treten moralische Selbstgerechtigkeit, alte ideologische Rezepte und Pessimismus. Doch wo Rechtsstaat, Wachstum und Wandel nur als Hindernis oder Bedrohung verstanden werden, wird der Freiheit die Grundlage entzogen. Unsere Freiheit geht verloren, wenn die Initiative der Einzelnen durch Ideologie, Bürokratie und die Machtfülle von Unternehmen und Staaten erdrückt wird. Mit der Freiheit stirbt die großartige Gestaltungskraft der Selbstbestimmung. Das können und wollen wir nicht zulassen – schon gar nicht angesichts der vielen Herausforderungen unserer Zeit. Vor kaum mehr als zwanzig Jahren brachten Menschen, die nach Freiheit strebten, die Mauern in Europa zu Fall. Und trotzdem verlieren seitdem viele Menschen in Deutschland und Europa das Vertrauen in die wirtschaftliche, staatliche und politische Ordnung. Viele von ihnen sind beunruhigt durch Fehlentwicklungen an den Finanzmärkten und in den öffentlichen Haushalten, in Umwelt und Gesellschaft. Sie haben Zweifel an der fairen Balance der Freiheit, weil sie fürchten, dass die Freiheit missbraucht wird. Doch Zweifel an der Fairness unserer Grundordnung schwächen das Vertrauen in die Soziale Marktwirtschaft, den Rechtsstaat und die Demokratie. Wir wollen dieses Vertrauen zurückgewinnen, indem wir die Ordnungen der Freiheit wieder in eine Balance von Fairness und Verantwortung bringen und die Chancen der individuellen Freiheit sichern. Wir wollen eine dynamische, faire und offene Bürgergesellschaft gestalten, in der möglichst jeder von der eigenen Leistung leben kann.

Wir übernehmen Verantwortung

Im Zuge der Globalisierung verflechten sich Kulturen, Gesellschaften und Wirtschaftsräume über die nationalen Grenzen hinweg. Das schafft Wachstum und Wohlstand. Gleichzeitig aber entstehen neue Herausforderungen: Die vertrauten Ordnungen der Nationalstaaten geraten unter Druck. Global agierende Unternehmen entwickeln eine Wirtschaftsmacht, die größer ist als die mancher Staaten. Schlecht regulierte Finanzmärkte drohen die Ersparnisse eines ganzen Arbeitslebens zu vernichten. Neben der Globalisierung erschafft die rasch zunehmende Digitalisierung eine virtuelle Welt mit neuen Chancen zur Persönlichkeitsentfaltung, zur globalen Vernetzung und Kommunikation sowie für unternehmerische Aktivitäten. Globale Kontakte, Ereignisse und Informationen werden gegenwärtig und unmittelbar. Neue Räume für Kreativität, Kritik und Kooperation entstehen: Nationale Grenzen verlieren an Bedeutung, die Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit verschwimmen. Unser Bewusstsein für die Schicksale der Menschen in anderen Ländern und für die weltweiten Gefährdungen von Umwelt, Klima und Ressourcen wächst. Ein steigender Natur- und Ressourcenverbrauch der unsere Umwelt und unser Klima aus dem Gleichgewicht bringt, bedroht bereits vielerorts eine menschenwürdige Zukunft. Im Jahr 2050 sollen zehn Milliarden Menschen in Freiheit, Frieden und gegenseitiger Verantwortung auf unserer Erde leben können. Das wird aber nur gelingen, wenn weltweit immer mehr Menschen die Chance auf ein Leben in Selbstbestimmung und Würde haben. Unser Auftrag als Liberale ist es, an einer globalen Ordnung mitzuwirken, die Freiheit sichert und mehr Chancen für immer mehr Menschen schafft. Rechtsstaat, Demokratie und Soziale Marktwirtschaft werden immer wieder auf die Probe gestellt und müssen fortgeschrieben werden. Der Prozess der europäischen Einigung ist eine erste Antwort darauf. Deutschland und Europa werden im demographischen Wandel älter, bunter und städtischer. Dabei wird die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zu einer zentralen sozialen Frage unserer Zeit. Vielfältige Lebensentwürfe und offene Biographien werden zur neuen Normalität. Liberale begrüßen, fördern und schützen diese Vielfalt. Der Wandel verändert die Grundlagen unserer sozialen Sicherungssysteme und den Bedarf an Infrastruktur. Auch der liberale Anspruch auf Chancengerechtigkeit und Teilhabe ist in unserer Gesellschaft längst nicht erfüllt. Während viele Menschen heute weit bessere Entwicklungschancen haben als früher, wird die Armut in Teilen unserer Gesellschaft weitervererbt. Bildung und Ausbildung bleiben zentrale soziale und wirtschaftliche Fragen. Aufstieg durch Leistung muss möglich sein – damit Freiheit von allen gelebt werden kann.

Unser Deutschland soll ein Land der Freiheit und der Chancen sein

Deutschland muss ein liberales Land bleiben. Die Herausforderungen der Zukunft bestehen wir nur, indem wir uns darauf besinnen, was unser Land groß gemacht hat: die Ideen und die Tatkraft, die Arbeit und das Engagement, das Wissen und die Werte der Menschen in Deutschland. Es ist die Kraft der Selbstbestimmung, die eine bessere Zukunft schafft. Liberale sind überzeugt: Deutschland wird es dann gut gehen, wenn jeder eine faire Chance auf Selbstentfaltung bekommt, wenn alle sich an die gleichen Regeln halten und wenn jeder einen fairen Anteil an der Sicherung der Zukunft übernimmt. Wir Liberalen wollen den Weg ebnen für mehr Freiheit für mehr Menschen – heute und für kommende Generationen.

 

3. Die Freiheit, die wir meinen

Die FDP ist die einzige Partei der Freiheit

Jeder Mensch ist einzigartig. Als einzige Partei in Deutschland macht die FDP die Freiheit des einzelnen Menschen zum Maß, Mittel und Zweck all ihrer Politik. Wir ergreifen Partei für die Chancen von Querdenkern, Einsteigern und Machtlosen. Wir sind Anwalt für alle diejenigen, die Verantwortung in unserer Gesellschaft und für diese Gesellschaft übernehmen. Wir treten ein für Toleranz, für freie Entscheidungen, für die Emanzipation des Einzelnen und für die Vielfalt in der Gesellschaft. In bewährter Tradition stehen wir gegen Zwang und Dominanz einer herrschenden Mehrheit, gegen Bevormundung und Nivellierung, gegen Anpassungsdruck und wirtschaftliche Machtmonopole. Wir Liberalen treten für ein Gesellschaftsbild ein, in dem Männer und Frauen wirklich gleichberechtigt sind. Es sind die Unterschiede zwischen Mann und Frau sowie die vielfältigen Kompetenzen und Fähigkeiten die unsere Gesellschaft bereichern. Wir bejahen und schätzen den Wert unserer vielfältigen Gesellschaft. Immer steht der Mensch im Mittelpunkt, nie darf er zum bloßen Objekt der Politik werden. Die konservative Tradition orientiert sich an der Autorität von Staat, Stand oder Kirche. Linke Traditionen stellen Klassen und Gruppen vor den einzelnen Menschen und glauben an die Steuerbarkeit von Wirtschaft und Gesellschaft. Die ökologisch-egalitäre Denkrichtung stellt die Natur über den Menschen. Sie alle vertrauen in erster Linie auf den Staat. Durch ihn wollen sie eine andere, eine dogmatisch geschlossene Gesellschaft und ihre vom Zeitgeist diktierten Lebensmodelle durchsetzen. Wir Liberalen allein vertrauen zuerst auf den mündigen Menschen und den souveränen Bürger. Die FDP lässt sich nicht in die Schubladen politischer Lager pressen. Wir arbeiten mit den demokratischen Verbündeten zusammen, mit denen wir unser Ziel – mehr Freiheit für mehr Menschen – am besten verwirklichen können.

Die Freiheit des Einzelnen ist selbstbestimmte Entfaltung

Freiheit bedeutet, dass Menschen sich selbstbestimmt entfalten können. Diese eigene Freiheit soll jeder Mensch konkret fühlen und erleben können. Darum kämpfen wir für die Freiheit, das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Jeder Mensch hat das Recht, hier, heute und für morgen das eigene Glück zu suchen. Jeder Einzelne soll fähig sein, selbst über Form, Inhalt und Sinn seines Lebens zu entscheiden. Darum ist Bildung ein Bürgerrecht, und deshalb sind Liberale die Hüter der Selbstbestimmung. Wir vertrauen auf den Willen und die Vernunft der Einzelnen, für sich selbst die richtigen Lebensentscheidungen zu treffen. Unser Misstrauen gilt all jenen, die anderen Menschen bestimmte Lebensentscheidungen vorschreiben wollen. Wir unterstützen diejenigen Bürger, die bei der Verwirklichung ihrer Potenziale Hilfe brauchen. Unser Ziel ist die tatsächliche Teilhabe aller Bürger am Leben der Gesellschaft, unabhängig von individuellen Voraussetzungen.

Die Freiheit der Vielen ist selbstbestimmte Entwicklung

Freie Menschen kann es dauerhaft nur in freien Gesellschaften geben, denn die Freiheit des Einzelnen und die Freiheit der Vielen bedingen einander. Wir wollen, dass die Lebenschancen der Menschen nicht nur erhalten bleiben, sondern sich stets verbessern. Die Freiheitsordnungen des Rechtsstaats, der Sozialen Marktwirtschaft und der Demokratie gewährleisten gemeinsam, dass die Kraft, Offenheit und Dynamik freier Gesellschaften kanalisiert werden – in zivilen, fairen und verantwortlichen Entwicklungen. Diese Ordnungen schützen davor, dass Einzelne ihre Freiheitsräume zu Lasten anderer missbrauchen. Sie brechen immer wieder die Konzentration von Macht auf, denn ein Leben in Freiheit und Würde ist unter fremdem Machtdiktat undenkbar.

Fairness und Gerechtigkeit schützen vor Gleichmacherei

Wir wollen Freiheit in Verantwortung. Bedürfnisgerechtigkeit heißt, existenziellen Bedürfnissen des Einzelnen zu entsprechen. Leistungsgerechtigkeit würdigt die individuelle Anstrengung. Chancengerechtigkeit heißt, dass alle Menschen am Start gerechte Chancen erhalten, sich ihren Bedürfnissen, Potentialen und ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend in einer freien Gesellschaft zu entfalten. Und Gleichheit sichert allen Menschen vor dem Gesetz die gleichen Rechte zu. Ein menschliches Zusammenleben braucht alle diese Formen der Gerechtigkeit. Doch was Gerechtigkeit im Einzelfall konkret bedeuten soll, muss in einer offenen Gesellschaft immer wieder neu justiert werden. Für uns ist das Prinzip der Fairness Voraussetzung und Maßstab der steten Suche nach Gerechtigkeit. Fair ist ebenfalls eine Kultur der zweiten Chance. Wir setzen nicht auf Gleichmacherei, sondern auf das Wettbewerbsund Leistungsprinzip. So wird verhindert, dass gesellschaftliche Positionen auf Grund von Herkunft, Gesinnung oder Geschlecht besetzt werden. Das Wettbewerbs- und Leistungsprinzip ist die Quelle, sozialen Aufstieg durch eigene Anstrengungen zu erreichen – und nicht auf Privilegien hoffen oder sie verteidigen zu müssen. Fairness bedeutet nicht die Gleichheit von Ergebnissen. Fairness ist vielmehr die Voraussetzung dafür, durch gerecht empfundene Chancen, unterschiedliche Lebensentwürfe zu verfolgen. Um auf eigene Weise zu persönlichem Glück, Einkommen und Eigentum zu gelangen. Verschiedenheit ermöglicht die Entfaltung unserer persönlichen Anlagen und ist der Ursprung des Fortschritts. Deshalb ist es ebenso ungerecht wie töricht, Ungleiches gleich zu machen.

Freiheit braucht Verantwortung, Solidarität und Nachhaltigkeit

Freiheit ist undenkbar ohne die Verantwortung für sich selbst und gegenüber der Mitwelt, Umwelt und Nachwelt. Verantwortungsloser Gebrauch der Freiheit ist Egoismus auf Kosten Dritter. Er zerstört die Grundlagen unseres Zusammenlebens und damit die Fundamente der Freiheit selbst. Liberale Politik ist ihrem Wesen nach aber die Bewahrung und Mehrung der Freiheit. Sie ist daher untrennbar mit dem Prinzip der Verantwortung verbunden. Wer verantwortlich handelt, dem gehört auch der Lohn eigener Anstrengung. Und wer den Nutzen hat, muss auch das Risiko tragen. Die Leistungsgerechtigkeit und das Prinzip der persönlichen Haftung sind zwei Seiten der Eigenverantwortung. Ihr wollen wir in der Sozialen Marktwirtschaft ebenso wie in der Politik und Gesellschaft wieder stärkere Geltung verschaffen. Eine Gesellschaft, in der nur einer oder einige frei sind, ist selbst nicht frei. Liberale Politik steht in der Verantwortung für die Freiheit aller Menschen. Wir kämpfen in Deutschland, Europa und weltweit für die Freiheit der Menschen. Wir stehen für eine nachhaltige Entwicklung, um die ökologischen, sozialen und ökonomischen Voraussetzungen der Freiheit für kommende Generationen zu bewahren und weltweit zu mehren. Wir stehen für Solidarität und einen liberalen Sozialstaat, weil individuelle und gesellschaftliche Freiheit auch materielle Freiheit voraussetzt.

Freiheitliche Politik und bürgerschaftliches Engagement gehören zusammen

Als Partei der Freiheit des Einzelnen sind wir die Partei der gesellschaftlichen Mitte. Unsere Haltung ist von Maß und Mitte geprägt. Orientierung am Menschen heißt für uns keineswegs Orientierung an populären Stimmungen des Zeitgeistes. Vielmehr bekennen wir uns mit Leidenschaft zu Vernunft, Verantwortung und Verhältnismäßigkeit. Orientierung am Bürger heißt für uns nicht nur Orientierung an besonders engagierten Bürgern. Vielmehr wird nach unserem Verständnis jeder Mensch dann zum Bürger seiner Welt, wenn er bürgerschaftliche Verantwortung für sich und gegenüber der Mitwelt, der Umwelt oder der Nachwelt übernimmt. Für Liberale muss Politik rational sein. Entscheidungen sind niemals alternativlos, deshalb wenden wir uns gegen die Tyrannei der angeblichen Notwendigkeit. Vermeintlichen Sachzwängen und vorgeschobenem Zeitdruck stellen wir die Suche nach besseren Alternativen und einen Sinn für das Mögliche entgegen. Toleranz bedeutet dabei für uns, die guten Absichten der anderen Seite ernst zu nehmen, so fordernd dies auch sein mag. Für Liberale muss Politik von Vernunft geprägt sein. Die Freiheit des Einzelnen bedarf der Freiheit der Vielen und begründet die Freiheit aller. Liberale Politik ist deshalb Politik für eine offene Bürgergesellschaft. Sie ist das Gemeinwesen freier und an Rechten gleicher Bürger. Ihr Gemeinwohl ist weder die Summe von Einzelinteressen noch die Folge einer guten Gesinnung oder emotionaler Empörung. Das Gemeinwohl ist vielmehr das Ergebnis der Suche aller nach gemeinsamen Verbesserungen. Dementsprechend ist der Staat nicht Diener einzelner und privilegierter Interessen, sondern Hüter der Freiheitsordnungen und Diener aller Bürger.

Zukunft entsteht durch Selbstbestimmung

Die menschliche Zukunft kann nicht im zentralen Diktat des Staates liegen. Kein Einzelner, keine Gruppe und keine staatliche Institution verfügen über das Wissen, welche Fragen und Herausforderungen eine Welt im Wandel für uns bereithält. Die Wahrheit von heute ist oft der Irrtum von morgen. Die stetige Suche nach einer besseren Zukunft braucht deshalb viele verschiedene, dezentrale Freiräume für Experimente, für Versuch und Irrtum. Für diese Suche schaffen wir die Rahmenbedingungen: für den fairen Wettbewerb am Markt, für die Selbstorganisation und Kooperation der Bürgergesellschaft, durch die demokratische Offenheit für Ideen und Alternativen auf allen Ebenen in Gesellschaft und Parlamenten und die Freiheit der Wissenschaft. Sie alle führen auf ihre Weise das Wissen und die Weisheit vieler einzelner Menschen zusammen. Dabei entstehen Beiträge zu Innovation, Verbesserung und Veränderung. Ein Monopol auf Problemlösungen gibt es nicht. Denn die offene Gesellschaft ist eine lernende Gesellschaft, die schrittweise an einer besseren Zukunft arbeitet.

Kulturelle Werte schaffen den Raum der Freiheit

Neben Recht und Gesetz bestimmt der kulturelle Rahmen unserer Gesellschaft, wie wir mit unserer Freiheit verantwortungsvoll umgehen. Die kulturellen Traditionen prägen die Sitten der Gesellschaft, stiften Identität und Vertrauen. Sie müssen von den Bürgern kontinuierlich weiterentwickelt werden. Sie unterliegen im Kern nicht einer staatlichen Regulierung, sondern gehören zum ureigenen Gestaltungsraum freier Bürger. Eine Kultur, die der Freiheit einen Raum gibt, verbindet alle Mitglieder einer Gesellschaft. Sie überschreitet Grenzen und bereitet den Weg zu einer Weltgesellschaft, in der sich alle Kulturen respektvoll begegnen.

Freiheit ist ein globaler Wert

Die Geschichte von Einigkeit und Recht und Freiheit unseres Landes ist die Geschichte des liberalen Kampfes: für eine Gesellschaft der Bürger, für die Herrschaft des Rechts, für das Primat der individuellen Freiheit, für das vereinte Deutschland. Die FDP hat vielfältigen und entscheidenden Anteil an der Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik. Individuelle Freiheit darf aber nicht an nationalen Grenzen haltmachen. Liberale Politik gewährleistet die Zukunft freier Menschen in freien Gesellschaften – in unserem Land, in Europa, in der ganzen Welt. Freiheit und Verantwortung sind unsere Leitwerte, sie sind untrennbar miteinander verbunden. Sogar wer die Freiheit verwirft, nutzt die Freiheit, sich gegen sie zu entscheiden. Nur auf einer freiheitlichen Grundlage kann daher globaler Konsens erwachsen. Freiheit ist die Grundlage der Menschenrechte und daher unteilbar. Wer die universell gültigen Menschenrechte verteidigt und einfordert, hat unsere Unterstützung. Gerade weil wir auf die Attraktivität und die Kraft der Freiheit setzen, werden wir bei der Durchsetzung der Menschenrechte weltweit nicht nachlassen.

 

4. Chancen für freie Menschen – Ordnung für eine offene Bürgergesellschaft

Alle Traditionen des Liberalismus wirken zusammen

Liberale Politik zielt darauf ab, die Voraussetzungen selbstbestimmten Lebens in einer offenen Bürgergesellschaft zu gewährleisten. Alle Traditionen des Liberalismus wirken dabei zusammen. Nur die Selbstbestimmung auf allen Feldern menschlichen Handelns sichert Wachstum und Chancen für die Zukunft. Freiheit ist unteilbar. Wir sind der Tradition liberaler Fortschrittsparteien verpflichtet und sichern Fortschritt durch Wachstum und nachhaltige Entwicklung. In der Tradition des sozialen Liberalismus gewährleisten wir die Chancen der Menschen auf Selbstentfaltung und sozialen Aufstieg. Die Souveränität des Bürgers sichern wir durch die Freiheitsordnung des Rechtsstaats in der Tradition des Bürgerrechtsliberalismus. Die Selbstbestimmung des souveränen Bürgers gewährleisten wir in der Tradition des politischen Liberalismus in Demokratie und Bürgergesellschaft. In wirtschaftsliberaler Tradition gestalten wir die Soziale Marktwirtschaft als Ordnungsrahmen für Wachstum und Wohlstand. Aus der Tradition des Nationalliberalismus wird der internationale Liberalismus: Wir gestalten das liberale Europa in der Welt.

 4.1 Vielfalt, Wandel, Wachstum und nachhaltige Entwicklung dienen dem Fortschritt

Fortschritt für mehr Chancen

Fortschritt ist – wie Freiheit – immer gefährdet und nie ganz gewonnen. Wachstum und Entwicklung sind Wege zum Fortschritt. Denn wo Menschen, Ideen, Unternehmen, Gesellschaften und Volkswirtschaften sich wandeln und wachsen können, kommen Wohlstand und Lebensqualität voran. Die vielfältigen Erträge des Wachstums sichern und schaffen neue Chancen der Selbstentfaltung, und die offene Entwicklung freier Gesellschaften bestimmt darüber, wo und wie welches Wachstum und welche Chancen entstehen können. Wir wollen, dass alle Menschen frei sind von Hunger, Armut, Furcht und Not. Wir wollen, dass alle Menschen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und die Befriedigung ihrer Bedürfnisse haben. Dies ist der gesellschaftliche Fortschritt, den wir meinen. Weder ist Fortschritt linear, noch lässt er sich durch zentrales Diktat gewährleisten. Nur dort, wo Menschen ihre Verhältnisse immer wieder durch Versuch und Irrtum, durch Korrektur und Gestaltung verbessern wollen, wird Fortschritt dauerhaft und nachhaltig möglich. Für uns ist Geschichte die Fortentwicklung des Menschen durch seine eigene Tätigkeit. Sie ist ein Prozess wachsender Vielfalt. Der Fortschritt der Geschichte liegt darin, mehr Lebenschancen für mehr Menschen zu schaffen. Die offene Bürgergesellschaft ist eine Gesellschaft, die stets nach diesem Fortschritt strebt – durch das Engagement in der Demokratie ebenso wie durch Innovation am Markt und Erkenntnisse der Wissenschaft.

Für einen neuen Wachstumsbegriff

Wir wollen einen neuen Wachstumsbegriff: Wir wissen, dass wirtschaftliches Wachstum kein Ziel in sich ist und nicht jede Form von Wachstum akzeptabel. Wir Liberalen definieren Wachstum zugleich gesamtgesellschaftlich und individuell und verbinden damit einen konkreten politischen Auftrag. Nur liberale Ordnungspolitik kann die Voraussetzungen für ein Wachstum schaffen, das ökonomischen Fortschritt, Bildung und Wissen, Lebensqualität, persönlichen und wirtschaftlichen Gestaltungsspielraum sowie Ethik des individuellen wie politischen Handelns verbindet. Wachstum ist für uns weit mehr als Wirtschaftswachstum – es ist ein Wesenszug freier Gesellschaften. Wachstum ist die Chance auf Entfaltung und Entwicklung. Persönliches Wachstum ist die selbstbestimmte Entfaltung des Einzelnen. Gesellschaftliches Wachstum zeigt sich in der Differenzierung und Individualisierung moderner Gesellschaften. Wirtschaftswachstum bedeutet, dass vielfältige Erträge für Wohlstand und Lebensqualität entstehen, darunter Arbeitsplätze und Aufstiegsperspektiven. Wachstum heißt, dass aus weniger Wissen mehr Wissen, aus wenig Effizienz mehr Effizienz, aus schlechten Lösungen bessere Lösungen werden. Es heißt, Altes zu erneuern, effizienter zu wirtschaften und bessere Lösungen zu suchen und zu finden. Wachstum schafft Vielfalt. Wachstum ist Leben. Wachstum für den Einzelnen und für die Vielen braucht Bildung und Wissen, Initiative und Investitionen. So entstehen neue Ideen, neue technische und soziale Innovationen und bessere Produkte für mehr Wohlstand und Lebensqualität. Wachstum macht es uns leichter, persönliche, gesellschaftliche und globale Herausforderungen zu bewältigen – von der Energiewende und der ökologischen Modernisierung über den demographischen Wandel bis zur Bekämpfung von Krankheiten. Wachstumspolitik ist für Liberale stets wertegebunden – in Verantwortung gegenüber den Idealen unserer freiheitlichen Gesellschaft, gegenüber den Menschen und der Natur.

Persönliches und gesellschaftliches Wachstum heißt Entfaltung

Wachstum beginnt für uns Liberale mit dem persönlichen Wachstum durch selbstbestimmte Entfaltung. Jeder Mensch soll die Chance haben, über sich selbst hinauszuwachsen. Wo Menschen frei handeln und entscheiden können, wirken sie mit an Wandel und Wachstum ihrer Lebenswelt, Gesellschaft und Volkswirtschaft. Wer gesellschaftliches oder wirtschaftliches Wachstum hemmt und beschneidet, der hemmt und beschneidet damit stets die persönliche Freiheit von Einzelnen. Bildung, Kultur und gesellschaftliche Vielfalt hingegen fördern das persönliche Wachstum. Wachstum bedeutet für uns auch gesellschaftliches Wachstum. Dabei erfordert eine vielfältige Gesellschaft, die demographisch schrumpft, andere Formen des Wachstums als bisher. Nur wenn wir Veränderung, Dynamik und Innovation als Chancen begreifen, können wir eine bessere und offene Zukunft gestalten. Wachstum ist in diesem Sinne Ergebnis und Triebfeder des gesellschaftlichen Fortschritts. Eine Gesellschaft ohne Wachstum ist eine statische und versteinerte Gesellschaft. Nur eine Gesellschaft, die wächst, kann auch zusammenwachsen.

Wirtschaftswachstum fördert Wohlstand

Wir Liberalen treten für Wirtschaftswachstum ein. Es entsteht aus dem menschlichen Streben nach einem besseren Leben. Wirtschaftliches Wachstum ist ein Wachstum des Wissens darüber, wie materielle und immaterielle Werte geschaffen werden können. Der Wohlstand und die hohe Lebensqualität in Deutschland sind das Ergebnis der Erfindungsgabe und der Schaffenskraft seiner Bürger und damit das Ergebnis von Freiheit. Wachstum ist kein Selbstzweck, sondern Mittel für mehr Freiheit. Ziel ist es, durch Wachstum Wohlstand und Lebensqualität auf Dauer gewährleisten zu können. Wachstum ist die Grundlage dafür, dass Menschen durch eigene Arbeit ihre Lebensverhältnisse verbessern können. Wirtschaftswachstum erhöht die Chancen auf den wirtschaftlichen Aufstieg des Einzelnen. Zugleich schafft Wirtschaftswachstum die Grundlage für eine anhaltend gute medizinische Versorgung, für echte Bildungschancen und einen leistungsfähigen Sozialstaat, für vielfältige Kultur und einen schonenden Umgang mit der Umwelt. Wachstum heißt für uns aber auch, dass wir Wohlstand in Ländern möglich machen, in denen er heute nur ein Traum ist. So verstandenes Wirtschaftswachstum ist ein unverzichtbares Mittel, um in Deutschland, Europa und der ganzen Welt mehr Chancen für mehr Menschen zu schaffen.

Wachstum schafft Qualität

In der modernen Industriegesellschaft ist Wohlstand keine rein materielle Kategorie. Denn das Wohlstandsverständnis der Menschen ist so vielfältig wie ihre Wünsche: Lebensqualität im Wohnumfeld, zwischenmenschliche Beziehungen und Zeitsouveränität gewinnen neben wirtschaftlichem Wohlstand an Bedeutung. Wir sprechen uns dafür aus, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als klare messbare Größe zu erhalten, daneben aber auch Indikatoren über andere Faktoren von Wohlstand und Lebensqualität mehr Beachtung zu schenken. Kindererziehung ist zum Beispiel eine gesellschaftliche Leistung, die vom BIP nicht gemessen wird. Soziale, kulturelle und ehrenamtliche Tätigkeiten sind für die Gesellschaft unerlässlich und genauso wichtig wie die Erwerbstätigkeit. Ein hohes Bruttoinlandsprodukt ist nicht das primäre Ziel, es ist Ausdruck und Ergebnis von Fortschritt. Über die reine Menge und Materie hinaus spiegelt das BIP Wertsteigerungen wider, die auf qualitativen Verbesserungen von Produkten und Technik, Organisation und Infrastruktur basieren. In den entwickelten Ländern sind Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität nicht vorrangig über die Ausweitung der Produktion zu erzielen, sondern durch Innovation und Fortschritt. Wachstum heißt deshalb nicht unbedingt mehr, sondern vor allem bessere Güter und Dienstleistungen. Wachstum in Industrieländern ist in diesem Sinne das ökonomische Spiegelbild des technischen Fortschritts und damit im Wesentlichen stets qualitatives Wachstum.

Wachstum braucht Innovation durch Wissen, Forschung und Technik

Wissenschaft und Forschung sind für uns nicht nur ein Wirtschaftsfaktor. Als Errungenschaften der Aufklärung sind sie ein Wert an sich und Teil unseres kulturellen Erbes. Fortschritt und Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft sind nicht möglich ohne Begeisterung für Wissenschaft und Technik. Unser Land braucht Bildung, Forschungsfreiheit und Fortschrittsoptimismus. Denkverbote und ein Klima der Technikfeindlichkeit unterdrücken das Potenzial von Wissenschaft und Forschung. Staatliche Grenzen müssen dort gesetzt werden, wo die Würde und Freiheitsbedingungen des Menschen verletzt werden. Liberale Politik fördert exzellente Forschung und Entwicklung in allen Wissenschaftsbereichen. Es ist unser Ziel, die Exzellenz und Leistungsfähigkeit einer qualitativ hochwertigen deutschen Hochschullandschaft auszubauen und zu sichern. Dabei darf die Hochschulforschung, mit Ausnahme der Grundlagenforschung, nicht vom Alltag der Bürger und der Wirtschaft isoliert werden. Die Kooperation verschiedener Forschungsinstitutionen mit dem außeruniversitären Umfeld ist eine Bereicherung. Die Ergebnisse der Forschung sollen Menschen inspirieren, sie fortzuentwickeln und weitere Ideen zu verwirklichen. Diese Innovationen wollen wir fördern. Nichts unterstützt Wachstum mehr als Innovation. Deutschland wäre nicht das, was es ist, ohne seinen innovativen Mittelstand. Gerade deshalb müssen wir in einer globalisierten Wirtschaftswelt alles dafür tun, Ideen schneller aus dem Labor auf den Markt zu bringen. Um dies zu erreichen, benötigen wir einen aktiven, beiderseitigen Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, um Ideen rasch in innovative Produkte umzusetzen, die Arbeitsplätze schaffen und unseren Wohlstand sichern.

Mit den Grenzen der Natur verantwortungsvoll umgehen

Kritiker des Wachstums glauben, für Wachstum müsse es absolute Grenzen geben. In ihrer statischen und mechanischen Sicht werden endliche Ressourcen verbraucht, um den Überfluss zu mehren. Sie fordern deshalb eine staatlich gelenkte, radikale Umkehr unserer Werte und Lebensgewohnheiten. Wir setzen diesen Kritikern Freiheit als Ziel und Mittel liberaler Politik entgegen. Natürlich bedeutet Freiheit für uns nicht Grenzenlosigkeit. Freiheit heißt aber, Grenzen verschieben zu können. Liberalen ist bewusst, dass es endliche Ressourcen gibt. Ökosysteme haben Belastungsgrenzen. Einmal ausgestorbene Arten sind für kommende Generationen für immer verloren. Eine Abwägung zugunsten kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen kann und darf es hier nicht geben. Die Grenze der Belastbarkeit von Ökosystemen ist daher eine notwendige Leitplanke für die nachhaltige Entwicklung. Langfristig regenerierbare Ressourcen dürfen nur in einem Umfang verbraucht werden, den die Natur oder eine nachhaltige Bewirtschaftung wiederherstellen kann. Verbrauchen wir dagegen endliche Ressourcen, dann müssen wir Wissen und Technologien entwickeln, die uns in Zukunft die Möglichkeit bieten, den gleichen Zweck mit anderen Mitteln zu erfüllen. Wir vertrauen der Kreativität des Menschen, durch technologische Innovation scheinbare Grenzen des Wachstums zu verschieben und zu überwinden. Wirtschaftswachstum heißt für uns nicht, endliche Ressourcen auszubeuten und abzubrennen. Vielmehr ist es unser Ziel, mit kreativen Lösungen qualitativ höherwertige Güter und mehr Effizienz bei der verantwortungsbewussten Ressourcennutzung zu schaffen. Auch wo alte, ineffiziente Güter ersetzt werden, entsteht Wachstum. Die Belastbarkeit einzelner fühlender Wesen stellt für verantwortungsvolle Liberale eine Grenze der Freiheit dar. Daher setzen sich Liberale für Tierschutz bei Wild- und Nutztieren sowie eine tiergerechte Haltung ein.

Blaues Wachstum

Eine nachhaltige Entwicklung bedeutet nicht zwangsläufig Verzicht. Es geht nicht nur darum, weniger zu verbrauchen, sondern intelligenter zu gebrauchen. Es geht nicht nur darum, weniger wegzuwerfen, sondern darum, mehr wiederzuverwenden. Ressourcen effizient und im Sinne einer Kreislaufwirtschaft zu nutzen, erfordert technologische Innovationen und intelligente Nutzungskonzepte. Häufig behindern unbeabsichtigte Wechselwirkungen die zielrationale Umsetzung guter, aber isolierter Absichten. So kommen erneuerbare Energien in Konflikt mit Natur- und Landschaftsschutz, Lebensmittel aus ökologischem Landbau steigern den Flächenverbrauch, Energiesparlampen benötigen giftiges Quecksilber. Wer aber lernt, in Zusammenhängen und Wechselwirkungen zu denken, entwickelt einen Sinn für das Mögliche und entdeckt Chancen für Innovationen. Nachteile können sich als Vorteile erweisen, und die Abfälle des einen Produktes sind Ressourcen für ein anderes Gut. Neue Technologien und Lösungen dürfen deshalb nicht vorrangig danach beurteilt werden, ob sie einzelne negative Folgen des heutigen Wirtschaftens abmildern, sondern ob sie insgesamt zu Verbesserungen und positiven Wechselwirkungen ökonomischer, sozialer und ökologischer Aspekte führen. Ein erweiterter, systemischer Blick auf die Wertschöpfungskette setzt unerwartete Potentiale blauen Wachstums frei. So wie die Green Economy in der gesellschaftlichen Debatte zur Blue Economy weiterentwickelt wird, so setzen wir auf Technologie, Innovation und ganzheitliche Lösungen. Wir wollen ein nachhaltiges, verantwortliches und systemisch intelligentes Wachstum. Dieses Wachstum ist blaues Wachstum.

Freiheit und Wachstum brauchen Ordnungsrahmen

Für Liberale ist die Soziale Marktwirtschaft auch ökologischen Zielen verpflichtet. Mit den Bürgern, mit Unternehmern, Arbeitnehmern und Verbrauchern wollen wir Deutschland verändern – gemeinsam mit ihnen, nicht gegen sie. Wir wollen die Innovationskraft der Marktwirtschaft in den Dienst des Fortschritts stellen. Dabei muss die Schonung der natürlichen Lebensgrundlagen noch stärker zum wirtschaftlichen Eigeninteresse werden. Aus diesem Grund wollen wir die marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen so setzen, dass Knappheiten über den Preis zum Ausdruck kommen und die Menschen auf diese Weise zu mehr Ressourceneffizienz motiviert werden. Der Markt setzt Knappheitssignale effizient um – doch dazu müssen diese Signale auch gegeben werden. Wenn Güter keinen Preis haben, können Märkte nicht effizient funktionieren und ökologische Kosten werden infolgedessen zwischen Weltregionen und Generationen umverteilt.

Liberale Ordnungspolitik muss daher der Nachfrage kommender Generationen, langfristigen ökologischen Risiken und unmittelbaren externen Effekten einen Preis geben. Es muss das Verursacherprinzip gelten, und wo es möglich ist, sind Eigentumsrechte zu definieren. Die Abwendung von Gefahren erfolgt durch das Ordnungsrecht. Belastungsgrenzen müssen vorrangig durch Mengen steuernde Marktinstrumente wirksam umgesetzt werden, wie zum Beispiel den Emissionshandel. Auf diesem Weg wird aus der Verbrauchsökonomie die Effizienzökonomie.

Wachstum braucht Generationengerechtigkeit

Liberale messen ihre Freiheit auch an der Freiheit nachfolgender Generationen. Eine dynamische und offene Gesellschaft hält auch ihre Zukunft offen. Es steht uns nicht zu, die Freiheit unserer Nachkommen durch unumkehrbares Handeln einzuschränken. Wir leben heute vielfach über unsere Verhältnisse: finanziell, aber auch ökologisch. Wenn wir heute auf Kosten künftiger Generationen leben, hinterlassen wir ihnen denkbar schlechte Startchancen. Wer zum Beispiel in zerstörten Lebensräumen lebt, unter schlechter Bildung leidet und die Schulden der Vorfahren abtragen muss, kann seine Potenziale nicht frei entfalten. Das liberale Verständnis von nachhaltiger Entwicklung gründet sich auf klare Wertentscheidungen: Wir sind der Generationengerechtigkeit und der globalen Verantwortung verpflichtet. Künftige Generationen sollen gleiche Chancen auf Freiheit haben wie die Menschen heute. Aus liberaler Sicht sichert nachhaltige Entwicklung nicht nur die Chancen auf ein menschenwürdiges Leben für immer mehr Menschen langfristig und global – sie weitet sie auch aus. Dazu gehört die Teilhabe am Reichtum der Umwelt, am sozialen Miteinander und an der Wirtschaft. Die FDP hat stets die Ausweitung des Prinzips nachhaltigen Wirtschaftens auch im Hinblick auf die Staatsfinanzen und Sozialsysteme vorangetrieben. Liberale streben eine ausgeglichene Bilanz zwischen den Generationen an. Das ist für uns eine wesentliche Richtschnur nachhaltiger Politik. Um hier Transparenz zu schaffen, muss eine Generationenbilanzierung eingeführt werden, die auch in der Gesetzesfolgenabschätzung genutzt wird.

Nachhaltige Entwicklung in Verantwortung für die Freiheit

Nachhaltige Entwicklung ist nur in und durch Freiheit möglich. Wo Freiheit wächst, ist nachhaltige Entwicklung erfolgreich. Wo Freiheit eingeschränkt wird, kann sich keine nachhaltige Entwicklung vollziehen. Nachhaltigkeit hat für Liberale nichts mit Askese zu tun. Auch die Menschen von heute haben ein Recht auf ein gutes Leben. Wir können und sollen die Welt nicht konservieren. Aber wir müssen unser Handeln vor der Umwelt und der Nachwelt verantworten. Nachhaltige Entwicklung in der lernenden Gesellschaft verstehen wir als eine „zweite Aufklärung“ der Menschen über die langfristigen negativen wie positiven Folgen unseres eigenen Handelns. Freiheit selbst ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen gesellschaftlichen Such-, Lern- und Gestaltungsprozess für mehr Nachhaltigkeit. Wir wollen den Diskurs über nachhaltige Lebensstile und nachhaltigen Konsum vorantreiben, diese Werte aber nicht staatlich verordnen. Nachhaltige Entwicklung braucht Innovationen, technische ebenso wie soziale, wirtschaftliche ebenso wie wissenschaftliche. Die Freiheit zur Verantwortung und die Freiheit des Wettbewerbs um Innovationen, die selbstbestimmte Kooperation von Partnern und die Vielfalt von Ideen und Lebensentwürfen sind die Grundlage aller Verbesserungsprozesse.

Digitalen Fortschritt gestalten

Wir begreifen den digitalen Fortschritt als Chance, nicht als Bedrohung. Das Internet schafft mit seinen Grundprinzipien einen völlig neuen Raum der Freiheit. Neutralität, Offenheit, Dezentralität und grundsätzliche Anonymität sind nicht nur die technischen Merkmale, sondern auch die unabdingbaren Voraussetzungen für die Kommunikation im Internet. Es eröffnet dem Einzelnen die Möglichkeit zur freien Entfaltung und Informationsbeschaffung, den Zugang zu direkter Kommunikation und der Übernahme von (globaler) Verantwortung. Ein neutrales Netz mit grundsätzlicher technischer Offenheit und einem diskriminierungsfreien Zugang ist Grundlage einer Vielzahl von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und persönlichen Aktivitäten. Liberale wollen den Freiheitsraum Internet schützen und gleichzeitig Regelungen zum Schutz der Privatsphäre und des Geistigen Eigentums an die Herausforderungen des Internets anpassen. Wir bekennen uns zum Schutz des geistigen Eigentums in Deutschland und international.

Wachstum braucht Infrastrukturen

Investitionen in Infrastrukturen sind notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum. Wir brauchen neue Forschungseinrichtungen und Produktionsstätten, leistungsfähige Verkehrswege, effiziente Anlagen für regenerative und konventionelle Energie, moderne Stromnetze und flächendeckend einen schnellen Internetzugang. Denn nur damit kann unser Land die Chancen der Zeit nutzen. Wir Liberalen bekennen uns zum Ausbau und Erhalt notwendiger staatlicher Infrastrukturen einerseits und zu privat finanzierten Investitionsvorhaben andererseits. Wir wollen Deutschland als Industrie- und Forschungsstandort erhalten und ausbauen. Im demographischen Wandel müssen sich auch Infrastrukturen wandeln, um mit neuer Technik und dezentralen Lösungen den Bedürfnissen der Bürger weiter entsprechen zu können. Wir wollen Verlässlichkeit und Rechtssicherheit für alle – auch und gerade für diejenigen, die durch ihre Investitionen in Deutschland Zukunft schaffen. Dieses Ziel kann aber nur gemeinsam mit den Bürgern erreicht werden. Staat und Investoren haben die betroffenen Bürger früher als bisher einzubinden, zu informieren und zu beteiligen. Darüber hinaus werben wir mit Leidenschaft für einen neuen Infrastrukturkonsens in unserer Gesellschaft, damit Deutschland den Anschluss an die Welt behält.

Wachstum mit neuer Energie

Der schnellere Ausstieg aus der Kernenergie, die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen und unsere klimapolitischen Ziele stellen uns in Deutschland vor gewaltige Aufgaben. Innerhalb eines Jahrzehnts werden wir nicht nur aus der Kernenergie aussteigen, sondern müssen vor allem den Einstieg in das Zeitalter der regenerativen Energien erfolgreich gemeistert haben. Bis 2050 wollen wir bei der Stromversorgung nahezu ganz auf regenerative Energien setzen und somit weitgehend unabhängig von fossilen Quellen sein. Um dies zu erreichen, brauchen wir neben nationalen Anstrengungen einen funktionierenden europäischen Binnenmarkt für Energie und eine enge Kooperation mit unseren Partnern in Europa und der Mittelmeerregion. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien beachten wir technischen Fortschritt, wirtschaftliche Effizienz und den Schutz von Natur- und Landschaftsräumen. Die Energiewende ist eine Chance. Deutschland kann damit zu einem wichtigen Impulsgeber eines neuen Zeitalters werden. Die Energiewende stellt aber auch eine Herausforderung dar. Wir wollen, dass Deutschland Industriestandort bleibt. Für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes sind Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und die Versorgungssicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund werden wir die deutsche und europäische Energiestrategie regelmäßig auf die Einhaltung unserer Ziele überprüfen und, wenn erforderlich, anpassen. Wenn wir unseren Wohlstand mehren und Arbeitsplätze in der Industrie erhalten wollen, brauchen wir eine sichere, bezahlbare und verlässliche Energieversorgung. Wir müssen Energieeffizienz vorantreiben und unnötige Kostenbelastungen vermeiden, damit die Energiepreise für die Bürger bezahlbar und für die Industrie wettbewerbsfähig bleiben. Wenn dies gewährleistet ist, werden sich die Bürger aktiv an dem tiefgreifenden Umstellungsprozess beteiligen. Deswegen treiben wir die Energiewende entschlossen, aber mit Vernunft voran. Wir brauchen den schnellen Ausbau der Energienetze, eine europäische Koordination der Netzplanung und den Ausbau regenerativer Energien – aber kurz- und mittelfristig auch neue, hocheffiziente konventionelle Kraftwerke. Die Förderinstrumente für erneuerbare Energien müssen fortlaufend marktorientiert weiterentwickelt werden, so dass sie Kostensenkungen an die Verbraucher weitergeben, den Wettbewerb stärken und langfristig zu einer vollständigen marktwirtschaftlichen Ordnung des Energiemarktes führen. Im Interesse der Verbraucher unterstützen wir einen stärkeren Wettbewerb im Energiesektor und insbesondere auch zwischen den regenerativen Energien. Weiterhin sind Stromerzeugung und -verteilung sowie Netzstabilität nicht mehr rein nationale Fragen, sondern brauchen europäische Lösungen. Deshalb setzen wir uns für die Vollendung des europäischen Energiebinnenmarktes ein. Wir unterstützen eine offene Weiterentwicklung von Technologien. Dazu werden wir Forschung und Entwicklung weiter vorantreiben, insbesondere bei erneuerbaren Energien und Speichertechnologien, bei neuen Techniken zur Bereitstellung von Regelenergie sowie bei Fusionstechnologie und Transmutation. Liberale nehmen die Verantwortung für die Folgen jahrzehntelanger Nutzung der Kernenergie an. Die Frage der Endlagerung muss unter strikter Beachtung des Verursacherprinzips und mit intensiver Bürgerbeteiligung mit der fachlich bestmöglichen Lösung beantwortet werden. Außerdem unternehmen wir alle Anstrengungen, Energie effizienter einzusetzen. Denn Energie, die nicht verbraucht wird, muss weder erzeugt noch transportiert werden. Dabei setzen wir auf Anreize und nicht auf Verbote.

Wachstum und Entwicklung lösen globale Probleme

Große Entwicklungsländer werden sich industrialisieren. Menschen wollen Armut und Hunger überwinden und wohlhabend werden. Niemand sollte versuchen, sie daran zu hindern. Stattdessen müssen wir diese Dynamik nutzen und Unterstützung leisten. Die Weltbevölkerung wird weiter wachsen, der weltweite Energiebedarf massiv steigen. Der Klimawandel wird den Naturhaushalt verändern und Lebensräume bedrohen. Zu den wichtigsten Aufgaben einer Politik für langfristige und globale Lebenschancen gehört, die Welternährung zu sichern und den drohenden Klimawandel abzumildern. Um globales Wachstum in Einklang mit globalen ökologischen Zielen zu bringen, brauchen wir neues technisches Wissen und den weltweiten Einsatz technologischer Innovationen für ein Mehr an Effizienz und zum Schutz wichtiger Naturräume. Die Globalisierung soll damit für alle Menschen positive Effekte mit sich bringen - auch in Schwellen - oder Entwicklungsländern.

Wachstum und Klimawandel

Die Verbrennung fossiler Energieträger ist nicht nur ein unumkehrbarer Verbrauch endlicher Ressourcen, sie beeinflusst auch das Klima mit nur schwer abschätzbaren Folgen. Gleiches gilt für die Abholzung tropischer Regenwälder. Die Herausforderung des Klimawandels werden wir nur bewältigen, wenn die Welt gemeinsam handelt. Die Vereinten Nationen haben als vordringlichstes Ziel definiert, die erwartete Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen und dazu den globalen Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 mindestens zu halbieren. Langfristiges Ziel ist ein weltweiter Ausstoß von Treibhausgasen von maximal zwei Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Diese Anstrengung muss entsprechend der historischen Verantwortung, der Wachstumsdynamik und den wirtschaftlichen Fähigkeiten unter den Staaten aufgeteilt werden. Deutschland und Europa können dem Klimawandel nicht allein begegnen, aber Vorreiter für eine klimaverträgliche Entwicklung und Vorbild für eine neue Energiewirtschaft sein. Wir sind in der Lage, Wege aufzuzeigen, wie wir den Schutz unseres Klimas und gleichzeitig Wachstum und Wohlstand in Einklang bringen. Klimapolitik, die nur auf Wachstumsverhinderung setzt, ist global von vornherein zum Scheitern verurteilt. Klimapolitik muss sich an ihrer Effizienz messen lassen. Wir wollen Innovationen und Fortschritt nutzen, um den Klimawandel abzumildern und dabei unsere industrielle Basis nicht nur zu sichern, sondern auch zu stärken. Aktive Politik für den Klimaschutz kann somit Vorsorge für eine langfristig tragfähige wirtschaftliche und ökologische Entwicklung sein und zugleich Motor für Wachstum. Das notwendige globale Handeln wird nur durch Zusammenarbeit entstehen. Deshalb werden wir bei der Anpassung an den Klimawandel, den Schutz der Regenwälder und einer klimaverträglichen Industrialisierung insbesondere die Entwicklungsländer unterstützen. Internationale Energie-, Ressourcen- und Umweltkooperation liegt im unmittelbaren deutschen Interesse.

Wachstum in internationaler Verantwortung

Liberale Entwicklungspolitik ist eine Investition in eine menschenwürdige Zukunft weltweit. Wir wollen Freiheit von Furcht und Not in chancengerechten Gesellschaften. Grundlage liberaler Entwicklungspolitik sind die Menschenrechte. Sie sind für uns nicht Verhandlungsmasse, sondern Voraussetzung der Zusammenarbeit. Unser Ziel ist der Aufbau freiheitlicher Grundordnungen, in denen Chancen durch Selbstbestimmung wachsen. So unterstützen wir die Verwirklichung der Rechte des Einzelnen. Zukunft entwickeln wir nicht durch die Bekämpfung von Symptomen. Dafür nehmen wir uns und unsere Partner in die Pflicht. Liberale wollen die Wirksamkeit der Entwicklungspolitik erhöhen. Das setzt Eigenverantwortung und förderliche Rahmenbedingungen in unseren Partnerländern voraus. Dabei müssen Mittel effizient und transparent zum Einsatz kommen. Wir setzen uns bei unseren Partnerländern dafür ein, die Freiheit des Einzelnen zu gewährleisten, Sicherheit durch einen effektiven Rechtsstaat zu schaffen und eine Soziale Marktwirtschaft aufzubauen. So wird eine nachhaltige, ökonomisch und ökologisch ausgewogene, soziale und politische Entwicklung möglich. Nur Länder, die ihre Ordnung und Politik Schritt für Schritt an diesen Grundlagen ausrichten und für eine demokratisch verantwortliche und korruptionsfreie Regierung sorgen, haben eine Chance auf Fortschritt. Die wesentliche Verantwortung dafür liegt in den Ländern selbst. Letztlich muss aus Hilfsbedürftigkeit Unabhängigkeit entstehen. Ziel jeder Entwicklungspolitik ist es, sie selbst überflüssig zu machen. Nachhaltige Entwicklung braucht viele engagierte Akteure. Sie müssen Unternehmertum und Pioniergeist zeigen, Investitionen in technologische und soziale Innovationen tätigen und sich pragmatisch an der Wirksamkeit von Maßnahmen orientieren. Diese engagierten Akteure aus Staat, Kirchen, Bürgergesellschaft und Wirtschaft ermutigen und ermächtigen wir zu kritischem Diskurs und Kooperation. Gute Entwicklung entsteht nur dort, wo – möglichst dezentral – Eigenverantwortung möglich ist. Nur dort entsteht mehr Freiheit für mehr Menschen.

4.2 Mut zur Selbstentfaltung – Chance zum Aufstieg

Vielfalt ist eine Chance für individuelle Selbstentfaltung und sozialen Aufstieg

Die liberale Gesellschaft ist dynamisch und offen. Die Vielfalt der Lebensentwürfe und die Möglichkeiten zur Selbstentfaltung sind für uns gleichermaßen Grundlage und Ergebnis einer liberalen Gesellschaft. Wo Menschen mit vielfältigen Lebenszielen zusammenwirken, entstehen neue Möglichkeiten zum gesellschaftlichen Aufstieg und zur persönlichen Entfaltung für jeden Einzelnen. Diese gelebte Vielfalt offener Gesellschaften mehrt Chancen und Wohlstand und verbessert nicht zuletzt die Lebensbedingungen für Schwache und Bedürftige. Wir wollen keine Gesellschaft, in der Unterschiede von Menschen und ihre Entscheidungen eingeebnet werden, in der Merkmale der Herkunft zementiert und Entwicklungen gebremst werden. Wir wollen nicht nur Diskriminierungen verhindern, sondern auch eine vielfältige Gesellschaft und Arbeitswelt fördern, in der tatsächlich jeder und jede eine reale Chance auf individuellen Aufstieg und Selbstentfaltung hat. Geschlecht, ethnische Herkunft, sexuelle Orientierung, Behinderung, Religion und Weltanschauung gehören zur Persönlichkeit eines Menschen. So bejahen und unterstützen wir eine dauerhafte Inklusion von Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen. Für Liberale ist es normal, verschieden zu sein. Liberale Politik schützt in besonderem Umfang vielfältige Lebensformen und Lebensentwürfe – und damit ein angstfreies Anderssein.

Emanzipation heißt, sich aus Unmündigkeit zu befreien und gleichberechtigte Teilhabe zu erreichen

Emanzipation heißt für Liberale nicht allein die Emanzipation der Geschlechter, sie umfasst auch die Emanzipation in der Familie, im Alter und der Minderheiten. In diesem Sinne ist Emanzipation ein individueller und gesellschaftlicher Befreiungsprozess. Wir unterstützen deshalb jeden dabei, seine Aufstiegschancen durch Bildung zu ergreifen. Selbstverantwortung in Freiheit erfordert, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, sich von anderen Autoritäten zu befreien sowie Bevormundungen und Abhängigkeiten zu überwinden. Liberale wenden sich gegen eine Mentalität, in der Freiheit und Verantwortung delegiert werden – ob an den Staat, an Massenorganisationen oder den jeweils anderen. Wir wollen Menschen stattdessen dahingehend stärken, sich in der Offenheit von Wirtschaft und Gesellschaft bewähren zu können. Wer sich frei entfalten will, braucht Selbstvertrauen und Freiräume. Wer etwas unternimmt und seinen Beitrag beisteuern möchte, verdient Respekt und Unterstützung in einer neuen Kultur der Anerkennung und Wertschätzung.

Echte Teilhabe für Frauen verwirklichen

Liberale fühlen sich dem Gebot der Chancengerechtigkeit von Frauen und Männern verpflichtet. Gleichzeitig entspricht es unserem Freiheitsverständnis, bei der tatsächlichen Gleichberechtigung den Weg von Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Wettbewerb zu gehen. Deswegen sprechen wir Liberalen uns gegen Zwangsquoten aus. Wir stellen gleichzeitig fest, dass ein Verzicht auf aktive Frauenförderung in der Vergangenheit nicht zu einer nennenswerten Steigerung des Frauenanteils in politischen und unternehmerischen Führungspositionen geführt hat. Frauen werden in vielen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Bereichen strukturell diskriminiert – und sei es nur durch ihre geringe Anzahl und ungleiche Bezahlung bei gleicher Qualifikation und Arbeit. Auch mit dem Aufbrechen dieser Strukturen muss in Zukunft die gezielte Förderung von Frauen verstärkt und so echte Teilhabe verwirklicht werden.

Familien mit Kindern schützen

Fundament jeder positiven Persönlichkeitsentwicklung ist die Erfüllung ideeller Grundbedürfnisse wie Liebe, Geborgenheit und Anerkennung. Die Erfüllung dieser ideellen Grundbedürfnisse und der Aufbau stabiler Bindungen sind wegweisend – für den weiteren Lebenslauf, für lebensbejahendes und positives Denken sowie für die Fähigkeit, selbst Liebe, Geborgenheit und Anerkennung an andere weiterzugeben. Jedes Kind hat das Recht darauf, sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit zu entfalten. Jedes Kind hat ein Recht auf gewaltfreie Kindheit und eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung. Die staatliche Gemeinschaft schützt Kinder vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung und fördert ihre Rechte. Chancen, unabhängig von der Herkunft, beginnen bereits im Kleinkindalter. In der Verantwortung für ihre Kinder sehen Liberale zunächst die Eltern und erst dann Staat und Gesellschaft. Dennoch kann staatliche Intervention erforderlich sein, um die Grundrechte und den Schutz der Kinder gegenüber ihren Eltern zu sichern. Alle Maßnahmen, die Kinder betreffen, müssen sich vorrangig am Wohl des Kindes und möglichst optimaler Entwicklungschancen für jedes einzelne Kind orientieren. Familie bedeutet heute nicht mehr nur die Lebensgemeinschaft von leiblichen Elternpaaren mit ihren Kindern. Daneben leben heute beispielsweise auch Alleinerziehende, Patchwork-Familien oder gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern in hohem Verantwortungsbewusstsein als Familien zusammen. Liberale wollen allen Menschen ermöglichen, sich für eine Familie und damit die Verantwortung für Kinder zu entscheiden.

Vereinbarkeit von Ausbildung, Beruf und Familie

Die Entscheidung für Kinder darf nicht zur Benachteiligung in Ausbildung, Beruf und Gesellschaft, in Lebenskrisen oder im Alter führen. Gemeint ist damit die faktische Benachteiligung, insbesondere von Frauen. Der Staat soll gegenüber den Anforderungen der Arbeitswelt einen geschützten Raum sichern und mithin die Entscheidung für Kinder durch eine familienfreundliche Infrastruktur erleichtern. Dazu gehört zuvorderst der flächendeckende bedarfsgerechte und vielseitige Ausbau von Kindertageseinrichtungen mit einem flexiblen Angebot, Ganztagsangebote und andere Formen der Betreuung. Neben dem quantitativen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen muss aber auch die Qualität frühkindlicher Betreuung verbessert werden, damit die Einrichtungen ihrem Bildungsauftrag gerecht werden können. Hier muss die Finanzierung der Kinderbetreuung Vorrang haben vor dem weiteren Ausbau familienpolitischer Transferzahlungen. Durch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf können neue Rollenbilder und Strukturen in der Arbeitswelt entstehen. Erziehende Mütter wie Väter brauchen einen flexiblen Arbeitsmarkt und Arbeitszeitmodelle, die ihnen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen.

Stärkung von Verantwortungsgemeinschaften

Die Vielfalt der Lebensentwürfe zeigt sich auch in der Vielfalt der Lebensgemeinschaften. Fundament unserer Gesellschaft ist die Übernahme dauerhafter Verantwortung füreinander. Aber wir schreiben den Menschen die Form ihres Zusammenlebens nicht vor. Welchen Platz sie in der Gesellschaft anstreben, welche persönlichen Bindungen sie eingehen und welche sie wieder lösen, bleibt nur den einzelnen Menschen überlassen. Die wichtigste und grundlegende Lebensgemeinschaft ist die Familie als generationenübergreifende Verantwortungsgemeinschaft. Die Familie ist Quelle von Anerkennung und Solidarität über Generationen hinweg. Unser Bild von Ehe, Familie und anderen Verantwortungsgemeinschaften bleibt aber offen. Alle Paare sollen die Ehe eingehen können. Bei Rechten und Pflichten machen wir keine Unterschiede zwischen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern und Ehegatten. Die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung der eigenen Lebensgemeinschaft ist Privatsache. Auch Menschen ohne verwandtschaftliche oder geschlechtliche Beziehung zueinander bilden Gemeinschaften, die auf Dauer angelegt sein können. Um sich beispielsweise im Alter die Unabhängigkeit von Pflegeeinrichtungen möglichst lange zu erhalten oder um das Leben gemeinsam zu meistern. In all diesen Formen nehmen Menschen aus freier Entscheidung Verantwortung füreinander wahr und bilden somit Verantwortungsgemeinschaften. Deshalb plädieren wir dafür, ein Rechtsinstitut „Verantwortungsgemeinschaft“ einzurichten, das mit Rechten und Pflichten der Ehe ausgestattet ist. Dagegen sollen Rechte und Pflichten von Ehegatten nicht ungefragt auf nichteheliche Lebensgemeinschaften übertragen werden. Ein freies Zusammenleben muss möglich sein.

Bildung führt zur Mündigkeit

Freiheit braucht Bildung, und Bildung braucht Freiheit. Bildung ist ein lebenslanger Lernprozess, der Menschen befähigt, sich selbstbestimmt zu entfalten und mündige Mitglieder einer freien Gesellschaft zu werden. Bildung sichert die Grundlage für unseren wirtschaftlichen und kulturellen Wohlstand und eröffnet Chancen persönlichen Wachstums und des sozialen Aufstiegs. Zugleich ist sie zusammen mit beruflicher Bildung, Forschung und Entwicklung der wichtigste Faktor unserer Wirtschaft im globalen Wettbewerb. Unser Bildungssystem schafft es gegenwärtig nicht ausreichend, jeden Einzelnen seinen Begabungen entsprechend zu fördern, damit ihm so die bestmögliche Bildung zuteil wird. Bildungserfolg hängt zudem stark vom Engagement und der Lebensgeschichte der Eltern ab. Deutschland kann und soll sich wieder einen Ruf als führende Bildungsnation erarbeiten. Er muss mit messbaren Leistungen begründet sein – und mit der spürbaren Freude am lebenslangen Lernen in einer lernenden Gesellschaft.

Bildung ist die Voraussetzung für die Bürgergesellschaft

Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Gerechtigkeit der offenen Bürgergesellschaft. und den Wohlstand unserer Kultur- und Technologienation. Der gleichberechtigte Zugang jedes Menschen zu einer individuell angemessenen Bildung, unabhängig von der sozialen Herkunft, gehört für uns Liberale zum Fundament unseres Gesellschafts- und Generationenvertrages. Der gesellschaftliche Wandel wird die entscheidende Bedeutung von Bildung für die Lebenschancen des Einzelnen zukünftig noch verstärken. Auch die Bedeutung von Wissen und Forschung für den Wohlstand unserer Gesellschaft wächst weiter. Die lernende Gesellschaft ist von Neugier, Experimentierfreude, Innovationen und lebenslanger Weiterbildung geprägt. Wir brauchen weitestgehende Durchlässigkeit im Bildungssystem und starke, gut ausgestatte und eigenverantwortliche Bildungsinstitutionen auf allen Ebenen. Der hohe Stellenwert der Bildung muss sich auch in einer größeren gesellschaftlichen Wertschätzung für Lehrende und Lernende an Kindertagesstätten, Schulen, in der beruflichen Bildung und an Hochschulen ausdrücken. Die Frage, wie jeder Mensch das Bürgerrecht auf Bildung wahrnehmen kann, ist für uns die entscheidende soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Frage der Zukunft. Wir Liberalen bekennen uns zum Grundsatz der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung. Die Berufsbildung in ihrer Einheit von betrieblicher und schulischer Bildung sichert über lange Zeiträume hochqualifizierten Nachwuchs für Handwerk, Wirtschaft und Verwaltung. Das deutsche System der dualen Berufsausbildung ist ein Erfolgsmodell und dient als Vorbild für viele Länder.

Liberale Bildungspolitik will individuelle Bildung für alle ermöglichen

Liberale Bildungspolitik richtet sich pragmatisch am einzelnen Menschen aus. Wir arbeiten für faire Bildungschancen und ein im Alltag leistungsfähiges Bildungssystem. Die individuelle Förderung aller Kinder ist das Leitmotiv liberaler Bildungspolitik. Mit Blick auf die individuellen Bedürfnisse und Talente muss der Lernende zum Mittelpunkt sämtlicher Überlegungen gemacht werden. Dabei müssen Talente wesentlich früher identifiziert und individuell gefördert werden. Gelingende Bildung ist keine Frage des Schulsystems, sondern eine Frage guter fachlicher und pädagogischer Qualifikation der Lehrenden, des Engagements der Lernenden und Eltern sowie der Freiheit der Schule, Wege und Methoden eigenverantwortlich zu wählen. Die bessere Qualifikation von Lehrenden ist eine Aufgabe der Hochschulen und anderer Bildungseinrichtungen. Auch die Weiterbildung der Lehrenden muss verbessert werden. Gleichzeitig müssen wir jedoch ein stärkeres Augenmerk auf die Inhalte und Ausgestaltung unseres Bildungssystems richten. Wir wollen, dass sich Kinder und Jugendliche zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern entwickeln. Wir wollen ihnen freiheitliche und humanistische Werte unserer Gesellschaft vermitteln. Dazu gehören Demokratie, soziale und individuelle Verantwortung, Lebenstüchtigkeit im Alltag, Qualifikationen für ihr Berufsleben, aber auch das wirtschaftliche Verständnis, die Fähigkeit, Chancen zu nutzen und Risiken zu erkennen und der emanzipierte Umgang mit kulturellen Werten und Gütern. Hinzu kommen in einer global vernetzten Welt die Beherrschung von Fremdsprachen, umfassende Medienkompetenz, Kenntnis ökonomischer und ökologischer Grundlagen sowie Neugier auf Naturwissenschaft und Technik. Eine gesamtheitliche Bildung mit einem Fokus auf die Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten sowie auf die Förderung individueller Begabungen hat ein umfassendes Urteilsvermögen zum Ziel und bildet den Grundstein für den individuellen Aufstieg. Das ist das beste Rüstzeug für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und Verantwortung.

Bildung an Kindern und Jugendlichen ausrichten

Da für Liberale der Mensch im Mittelpunkt steht, setzen wir uns für frühe und individuelle Förderung ein, für größtmögliche Freiheit der Schulen und für mehr Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schulen und Schulformen. Der Staat kann und soll nur Rahmenbedingungen schaffen, das familiäre Umfeld darf sich seiner eigenen Verantwortung nicht entziehen. Auch die Lerngelegenheiten des zivilgesellschaftlichen Umfelds und der Lebenswelt der Kinder sind von großer Bedeutung für die Bildungschancen. Frühkindliche Bildung ist die erste Investition in die Chancen des Mädchens oder des Jungen. Keinem Kind soll aufgrund der familiären Situation die grundlegende frühkindliche Bildung verwehrt sein. Der zweite Schritt in der Bildungsbiographie ist eine gute Schulbildung. Jedes Kind und jeder Jugendliche soll so früh wie möglich die Erfahrung machen, dass Bildung bereichert und dass sich Anstrengung und Leistung lohnen. Lernen bringt Erfolg und Freude, Erfolg macht Spaß und bringt Anerkennung und Lob.

Bildung braucht ein vielfältiges und engagiertes Umfeld

Bildungsträger brauchen vor Ort Freiheiten, um sich an den Bedürfnissen der Kinder, ihren individuellen Stärken und Schwächen orientieren und ihnen alle Wege eröffnen zu können. Kinder aus bildungsfernen Familien bedürfen besonders der Unterstützung durch das zivilgesellschaftliche Umfeld, durch Jugendarbeit und Schulen. Hier entstehen Lebenschancen. Dabei setzen wir beim Übergang von der Schule in den Beruf auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft. Perspektivlosigkeit trotz Schulabschluss ist ein Problem, das der Staat nicht allein lösen kann. Wir fördern das gemeinsame Leben und Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern in allen Schulformen. Wo dies zum Wohle des Kindes notwendig ist, sollen spezielle Förderschulen als Wahlmöglichkeit beibehalten werden. Die Bildungslandschaft muss vielfältig sein und darf nicht in starre Strukturen gegossen sein. Alle Schulformen sind gleichwertig. Alle Schulen stehen im Wettbewerb zueinander. Die Förderung Hochbegabter muss Bestandteil eines umfassenden Bildungsangebotes sein. Bildungsinhalte, Lehrmethoden und die Lernumgebung sollen stärker an der Lebenswirklichkeit ausgerichtet werden. Das fördert die Motivation und die Neugier der Jugendlichen, ihr eigenes Leben zu meistern und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Die akademische Bildung an einer Hochschule sowie duale Modelle müssen eine mögliche Perspektive sein. Die Entscheidung für einen dieser Wege darf nicht von der finanziellen Situation des Elternhauses abhängen. Chancengerechtigkeit muss vom Staat gewährleistet werden. Die Schulen in freier Trägerschaft sind fester Bestandteil unserer Bildungslandschaft, oftmals wegweisend aufgrund ihrer pädagogischen Konzepte und Strukturen. Zudem sind die Schulen in freier Trägerschaft durch das Engagement von Bürgern, Stiftungen und anderen wesentliches Merkmal unserer Bürgergesellschaft. Liberale Bildungspolitik strebt danach, alle Formen der Bildung – ob frühkindlich, allgemeinbildend, dual ausbildend oder beruflich, ob akademisch, als zweiter Bildungsweg oder weiterbildend – auf allen politischen Ebenen zu verzahnen. Denn jedem Kind und jedem Jugendlichen sollen durch Bildung sämtliche Wege zur Entfaltung der eigenen Fähigkeiten und der eigenen Persönlichkeit offen stehen. Bildung ist deshalb für Liberale auch nicht nach Schule, Ausbildung oder Studium beendet. Sie ist vielmehr eine lebenslange Aufgabe in Form von beruflicher und allgemeiner Weiterbildung. Weiterbildung eröffnet lebenslang Entfaltungschancen und ermöglicht den beruflichen Aufstieg. Nach unserer Überzeugung ist hierfür neben dem Einzelnen und den Unternehmen auch der Staat mitverantwortlich. Er kann individuelle Anstrengungen unterstützen, indem er privates Bildungssparen oder berufliche Weiterbildung fördert.

Die Sicherung des Existenzminimums als liberales Bürgergeld neu gestalten

Wer Armut und Ausgrenzung fürchten muss, wen die Kosten von Krankheit oder Alter fesseln, ist nicht frei. Zunächst muss der Einzelne selbst Vorsorge tragen. Liberale garantieren allerdings denjenigen, deren Leistungsfähigkeit vorübergehend oder dauerhaft eingeschränkt ist und die deshalb nicht oder nur teilweise durch eigene Anstrengungen ihr Leben sichern können, ein würdiges Leben in der Mitte der Gesellschaft. Die Sicherung des Existenzminimums und die solidarische Absicherung vor solchen Lebensrisiken, die der Einzelne nicht alleine tragen kann, ist eine gesellschaftliche und zivilisatorische Errungenschaft, die wir nicht preisgeben werden. Sie ist eine Säule der Sozialen Marktwirtschaft, zu der wir uns klar bekennen. Diese Absicherung von Lebensrisiken ermöglicht es, auf dem Arbeitsmarkt etwas zu wagen. Richtig organisierte soziale Sicherung fördert somit auch Innovation und Wachstum. Mit dem liberalen Bürgergeld wollen wir deshalb möglichst viele steuerfinanzierte Transferleistungen in ein faires und transparentes System zusammenführen: Das Bürgergeld sichert als regional differenzierte Pauschale das soziokulturelle Existenzminimum von Bedürftigen. Besondere Lebenssituationen werden ebenfalls pauschal berücksichtigt. Das Bürgergeld wird aus einer Hand ausgezahlt. Das Finanzamt verrechnet den Anspruch mit der Steuerschuld im Sinne einer negativen Einkommensteuer. Selbst verdientes Einkommen wird prozentual so auf das Bürgergeld angerechnet, dass sich eigene Arbeit immer lohnt. So schafft das Bürgergeld eine stigmafreie Grundsicherung, die Menschen aktiviert und zu Anstrengung ermutigt.

Ermutigender Sozialstaat: Chancen auf Teilhabe statt Alimentierung

Liberale wollen Chancen unabhängig von der sozialen Herkunft. Jede Erneuerung des Aufstiegsversprechens legitimiert die marktwirtschaftliche Ordnung. Die faire Chance auf den eigenen Lebenstraum muss von der Herkunft abgekoppelt werden. Wer einmal stürzt oder eine Chance verpasst hat, verdient eine zweite Chance, seinen angestrebten Platz in der Gesellschaft erreichen zu können. Diese zweite Chance ergreifen muss jedoch jeder selbst. Wer erwerbsfähig ist und die Teilhabe an Arbeit verloren hat, soll daher nicht dauerhaft alimentiert werden, sondern Hilfe zu einer erneuten Chance auf Teilhabe erhalten. Der ermutigende Sozialstaat ist deshalb der aktivierende, aufstiegsorientierte Sozialstaat. Unser zentrales Instrument ist das liberale Bürgergeld, weil es individuelle Anstrengungen belohnt und Bürokratie abbaut. Der ermutigende Sozialstaat baut Brücken in eine Erwerbsbiographie und reißt bestehende Barrieren zwischen Arbeitslosigkeit und Arbeitsmarkt ein. Er vertraut dabei dem Einzelnen und bevormundet ihn nicht. Leistung muss sich für jeden lohnen. Deshalb brauchen wir einfache, faire und niedrige Steuern, die Anreize bieten, aus eigener Kraft mehr Geld zu verdienen. Darüber hinaus wollen wir nicht nur Erfolg und Ergebnis honorieren, sondern auch die erkennbare eigene Anstrengung. Der Arbeitsmarkt steht vor einer doppelten Herausforderung: Auf der einen Seite steht der wettbewerbsfähige Sektor, der unter Fachkräftemangel leidet, und auf der anderen Seite verharrt ein abgekoppelter Bevölkerungsteil dauerhaft in Arbeitslosigkeit – schlecht qualifiziert und von Arbeit entwöhnt. Angesichts einer solchen Entwicklung reicht eine gute Wirtschaftspolitik nicht aus. Auch Qualifizierungsmaßnahmen stoßen im abgekoppelten Sektor an ihre Grenzen. Deshalb gehören zum ermutigenden Sozialstaat auch auf bestimmte Zielgruppen begrenzte Arbeitsmarktinstrumente, die, falls nötig, auch dauerhaft gleichberechtigte Teilhabe am ersten Arbeitsmarkt sichern. Sie belohnen so Anstrengung, statt andauernd zu alimentieren.

Erneuerter Gesellschaftsvertrag zwischen den Generationen

Der demographische Wandel verändert die Grundlagen unseres Gesellschaftsvertrags, wie er in sozialen Sicherungssystemen und der Finanzierung von Infrastrukturen zum Ausdruck kommt. Liberale sehen aber nicht nur die Nachteile der demographischen Entwicklung, sondern auch ihre Chancen. Für jeden Einzelnen ergeben sich in diesem Prozess neue Freiheitsräume und ein Zugewinn an Lebenszeit. Das macht einen neuen Blick auf das Alter und das Altern erforderlich. Die „neuen Alten“ sind heute geistig und körperlich länger fit. Sie wollen und sollen sich aktiv einbringen. Wir engagieren uns daher gegen jede Form der Altersdiskriminierung. Gleichzeitig erfordert die Schrumpfung und Alterung unserer Gesellschaft Veränderungen – in der Fläche des ländlichen Raumes ebenso wie in den Ballungszentren: Infrastruktur wird sich nicht überall in der Form finanzieren und erhalten lassen, wie wir dies gewohnt sind. Städte und ihre Infrastrukturen müssen entsprechend den Bedürfnissen älterer Menschen weiterentwickelt werden. Es müssen zudem endlich überfällige Entscheidungen getroffen werden, die unsere sozialen Sicherungssysteme fair und zukunftssicher gestalten. Nicht generationengerecht finanzierte soziale Sicherungssysteme können wir uns nicht länger leisten. Die Balance von Selbstvorsorge und Solidarität muss an den Lebenschancen von Alten und Jungen neu ausgerichtet werden. Jede Generation hat in Zukunft verstärkt kapitalgedeckte Eigenvorsorge zu betreiben. Die Risiken der Finanzmärkte, der Inflation und der demographischen Veränderung müssen durch eine jeweils abgestimmte Kombination von Vorsorgeformen begrenzt werden.

Gesundheit und Pflege im demographischen Wandel

Liberale Gesundheitspolitik orientiert sich am Patienten. Jeder Bürger ist für seine Gesundheit zunächst selbst verantwortlich. Die Versichertengemeinschaft übt Solidarität für die großen Gesundheitsrisiken, die der Einzelne nicht tragen kann. In einer älter werdenden Gesellschaft wird die Prävention im Gesundheitswesen immer dringlicher. Erfolgreiche Prävention kann die Gesundheit und damit auch Lebensqualität der Menschen verbessern. Sie ist also eine Investition in die Zukunft. Entscheidend ist dabei, Anreize am Präventionsergebnis auszurichten. Vorsorge ist vorrangig eine persönliche Aufgabe. Dabei sind Bewegung und Sport, der das körperliche und seelische Leistungsvermögen steigert, aber auch Engagement und Teilhabe an der eigenen Lebenswelt wichtige Faktoren des persönlichen Wohlergehens. Eine alternde Gesellschaft muss dafür in der Stadtplanung, im ländlichen Raum und im Bauwesen neue Wege gehen, Begegnungen ohne Barrieren zu ermöglichen. Freie Wahl des Arztes, des Krankenhauses, der Krankenversicherung und der Therapie bleiben Merkmale eines freiheitlichen Gesundheitssystems. Im demographischen Wandel machen die Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung in der Fläche und damit die Gewährleistung des Zugangs zur qualifizierten Medizin auch neue Versorgungsformen wie Telemedizin und mobile Angebote erforderlich. Wir werden mehr für die gesundheitliche und pflegerische Versorgung vorsorgen müssen. Auch der medizinische Fortschritt hat seinen Preis. Wir werden das nur bezahlen können, wenn wir unser Gesundheitssystem im Wettbewerb zwischen den Anbietern effizient ausgestalten und den Menschen mehr Entscheidungsfreiheiten über ihren Versicherungsschutz und mehr Wahlmöglichkeiten im Gesundheitswesen geben. Wir Liberalen bekennen uns zur Transparenz im Gesundheitswesen. Es muss gesellschaftlich entschieden werden, welche Leistungen eine solidarische Krankenversicherung finanziert und für welche Leistungen jeder Bürger selbst verantwortlich ist. Die heutige Umlagefinanzierung der Sozialversicherungen ist den demographischen Zukunftsherausforderungen nicht gewachsen. Wir brauchen deshalb mehr Kapitaldeckung. Dies betrifft in besonderem Maße die soziale Pflegeversicherung, damit auch in Zukunft eine pflegerische Versorgung möglich ist, die den Pflegebedürftigen ein Leben in Würde und in angemessener Lebensqualität ermöglicht. Pflege muss daher den besonderen Betreuungsaufwand der Demenz berücksichtigen. Die Menschen wollen bis ins hohe Alter in ihrem häuslichen und familiären Umfeld bleiben. Diese Selbstbestimmung gilt es zu erhalten. Der Vorrang der ambulanten Versorgung ist auszubauen und insbesondere sind pflegende Angehörige zu unterstützen.

Zusammen wachsen in der offenen Bürgergesellschaft.

Wir sind seit Jahrhunderten eine Zuwanderungsgesellschaft. Wir schauen nicht zuerst darauf, woher jemand kommt, sondern was er erreichen will. Eine offene Bürgergesellschaft lebt davon, ihre Vielfalt in gegenseitiger Toleranz und im Austausch zu vereinen. Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist die Voraussetzung für die Freiheit in einer offenen Bürgergesellschaft. Wir begreifen es als Chance für uns alle, wenn Migranten zu Bürgern werden. Dabei sollen sie ihre kulturellen Wurzeln nicht aufgeben müssen. Das ist das liberale Verständnis von Integration, in dem der Ruf nach Assimilation keinen Platz hat. Friedliches Zusammenleben ist eine Errungenschaft. Zwei Wege führen dorthin: nachholende Integration und gesteuerte Zuwanderung. Wir setzen uns ein für ein ganzheitliches Integrationskonzept, das den Herausforderungen unserer Zeit entspricht und das Zusammenwachsen unserer Gesellschaft stärkt. Integration gelingt, wo Menschen einander begegnen – in einer vielfältigen Lebenswelt, beim Engagement für bürgerschaftliche Ziele oder auch im Sport, der Zivilcourage, Respekt und Fairness vermittelt. Dazu gehört auch die erweiterte Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft für Kinder von Ausländern mit dauerndem Aufenthaltsrecht. Außerdem setzen wir verstärkt auf Vorbilder für Integration in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Gerade vor dem Hintergrund des demographischen Wandels setzen wir auf gesteuerte Zuwanderung. Dafür wollen wir die Möglichkeiten einer aktiven und qualitativen Zuwanderungspolitik nutzen und auf dem globalen Arbeitsmarkt konkret um kluge Köpfe werben. In einer globalisierten Welt zeigt sich die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft zuverlässig daran, ob die Menschen zu- oder abwandern. Wir wollen, dass Deutschland ein Leuchtturm wird. Für gut qualifizierte und integrationsbereite Zuwanderer aus aller Welt, die persönlichen Aufstieg für sich und ihre Kinder suchen und dabei einen Beitrag zu Wohlstand und Wachstum der Gesellschaft leisten wollen. Wie von jedem anderen Bürger erwarten wir auch von Zuwanderern die Anerkennung unserer Rechtsordnung, die Verantwortung für die eigene Bildung, für die eigene Emanzipation und für den eigenen Lebensunterhalt. Voraussetzung dafür ist das Beherrschen der deutschen Sprache. Sie ist der Schlüssel zu einem gesellschaftlichen Miteinander. Wir bekennen uns aber auch klar dazu, dass wir die Voraussetzung dafür schaffen müssen, dass unser Land attraktiv für die klugen Köpfe ist. Zentral dafür ist, eine Willkommenskultur inhaltlich zu gestalten und die weitere Öffnung unserer Gesellschaft voranzutreiben.

Liberale Gesellschaftspolitik stärkt die aktive Bürgergesellschaft

Liberale Gesellschaftspolitik beschränkt sich nicht nur darauf, die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfähig zu machen. Liberale Gesellschaftspolitik zielt darauf ab, die Lebenschancen der Bürger wachsen zu lassen. Das kann nur gelingen, wenn die Menschen sich aus der Unmündigkeit befreien, ihre Abhängigkeit von staatlich administrierten „Wohltaten“ auf ein vernünftiges Maß begrenzen. Wenn sie also durch Selbstverantwortung und Eigenleistung an einer aktiven Bürgergesellschaft mitbauen, Freiheitsräume eröffnen und zugleich Verantwortung für sich selbst, für andere und für die Gemeinschaft übernehmen. Dies schafft erst jene Lebenschancen, die ein selbstbestimmtes und erfülltes Zusammenleben ermöglichen. Die Aktivierung der Bürgergesellschaft ist vor allem auch Voraussetzung, den Schwachen und Hilfebedürftigen jene Zuwendung und Mitmenschlichkeit zu geben, auf die sie in einer Gesellschaft der Freien und Gleichen Anspruch haben. Liberale Gesellschaftspolitik unterstützt und fördert deshalb alle sozialen Innovationen und Aktivitäten in der Bürgergesellschaft, die diesem Ziele dienen.

4.3 Souveräne Bürger durch den Rechtsstaat schützen

Freiheit braucht Rechtsstaat

Der Mensch ist frei geboren, doch seine Freiheit ist durch Zwang bedroht. Unabhängig davon, ob dessen Quelle Menschen, Unternehmen oder Träger hoheitlicher Gewalt sind: Liberale stehen für ein menschliches Miteinander, in dem Zwang gegen Menschen die strikte Ausnahme bleibt. Für die Verwirklichung dieses Ideals ist der Rechtsstaat eine unverzichtbare Errungenschaft. Er ersetzt die Herrschaft des Stärkeren durch die Stärke des Rechts. Er ersetzt das feudale Privileg durch die Gleichheit aller vor dem Gesetz. Er setzt an die Stelle des Untertanen den souveränen Bürger mit Abwehrrechten gegen den Staat.

Innerhalb der republikanischen Werteordnung des Grundgesetzes stiftet der Rechtsstaat Identifikation und ermöglicht durch Teilhabe- und Gestaltungsrechte die gesellschaftliche Entwicklung zu einer offenen Gesellschaft freier und souveräner Bürger. Ihnen gegenüber hat der liberale Rechtsstaat eine dienende Funktion: für Freiheit, Selbstbestimmung und Fairness. Deshalb ist die FDP Rechtstaats- und Bürgerrechtspartei.

Privatsphäre und Freiheit von Zwang

Der liberale Rechtsstaat schützt vor Zwang und gewährleistet Sicherheit für die freie Entfaltung jedes Bürgers. Die menschliche Würde verpflichtet den Staat und jeden Einzelnen auf die Unantastbarkeit des Intimen und Privaten. Der Kernbereich privater Lebensgestaltung muss dem Eingriff des Staates entzogen bleiben. Darüber hinaus müssen selbstbestimmte Menschen eigenständig entscheiden können, was sie im Bereich privater Lebensgestaltung vor fremden Augen und Ohren schützen und was nicht. Die Grundrechte sind Abwehrrechte, die gegenüber staatlichem, aber auch privatem und unternehmerischem Handeln eine starke Schutzmauer für die Freiheit errichten. Diese Schutzmauer wollen Liberale nicht allein durch ein starkes Bundesverfassungsgericht gesichert wissen. Wir wollen Grundrechte schützen, weil dies für uns Liberale eine historische und normative Verpflichtung ist. Deshalb ist für uns auch selbstverständlich, dass nicht jede Grenze, die das Bundesverfassungsgericht zulässt, bis ins Letzte ausgeschöpft werden sollte. Wo Grundrechte eingeschränkt werden, müssen die Einschränkungen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit hin überprüft und gegebenenfalls wieder aufgehoben werden.

Bürgerrechte in der digitalen Welt

Wir Liberalen bekennen uns zur Netzneutralität und zu einem technisch diskriminierungsfreien Zugang zum Internet. Die Wahrung und der Schutz von Bürgerrechten, insbesondere der Meinungsfreiheit und des Schutzes privater Daten, ist Aufgabe und Ziel staatlichen Handelns. Jedes einzelne Bürgerrecht ist Antwort auf eine konkrete Freiheitsbedrohung, die sich im Laufe der Geschichte offenbart hat. Es schützt Lebensbereiche, die sich einerseits für die Verwirklichung von Freiheit als besonders wichtig und andererseits auch als besonders verletzlich gezeigt haben. Diese Lebensbereiche verändern sich mit der wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Wirklichkeit. Die digitale Kommunikationsrevolution hat aus Computer, Internet und Mobilfunk selbstverständliche Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens gemacht. Gerade in der digitalen Welt werden Daten für Nutzer häufig unbemerkt verarbeitet und verwendet. Die massenhafte Sammlung, Speicherung und Verknüpfung personenbezogener Daten durch den Staat oder Unternehmen schaffen die Gefahr des „gläsernen Menschen“. Wir Liberalen lehnen daher hoheitliche Datensammlungen ab, die mehr Freiheit kosten als sie Nutzen stiften. Wir wenden unseren Blick aber auch auf das Verhältnis Privater untereinander. Heute wird das Verhältnis Privater, vor allem von Verbrauchern und Unternehmern, zunehmend wichtiger. Persönliche Daten werden nicht selten zu einem Tauschgut für digitale Dienste und erhalten für Unternehmen damit verstärkt einen wirtschaftlichen Wert. Liberale setzen deshalb in erster Linie auf die Aufklärung über die Möglichkeiten des eigenverantwortlichen Selbst-Datenschutzes. Nur wer in der Lage ist, Chancen und Risiken zu erkennen, sie zu bewerten und sein Handeln danach auszurichten, wird sich in die digitale Gesellschaft einbringen können. In vielen Bereichen des täglichen Lebens wie etwa dem Zahlungsverkehr, der Telekommunikation oder den sozialen Infrastrukturen im Internet kann sich aber auch der aufgeklärteste Nutzer durch eigenes Verhalten allein nicht vor der Gefahr des Missbrauchs seiner Daten schützen. Der Begriff der Bürgerrechte muss heute deshalb weiterreichend verstanden werden. Das Recht auf Schutz der Datensouveränität und der Privatsphäre der Bürger muss deshalb kontinuierlich dem technischen Fortschritt angepasst werden. Nationale Grenzen verwischen im digitalen Raum. Effektiver Freiheitsschutz in der digitalen Welt verlangt darum nach stärkerer internationaler Kooperation. Für Liberale ist es selbstverständlich, dass für Anbahnung und Vereinbarung entsprechender internationaler Kooperationen ein möglichst hohes Maß an Transparenz gilt. Die Bürger haben ein Recht darauf zu wissen, mit welchen Regeln ihre Freiheit auch jenseits der Grenzen ihres Staates geschützt werden soll.

Freiheit braucht Sicherheit – Sicherheit braucht Freiheit

Ein menschliches Miteinander verlangt nach Freiheit und Sicherheit. Beide sind für Liberale keine Gegensätze. Sicherheit bedeutet für uns, dass niemandem seine Freiheit durch den Staat oder andere Bürger genommen werden darf. Daher gehören zum Schutz der Freiheit auch effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr. Effektiv können Strafverfolgung und Gefahrenabwehr nur dann sein, wenn sie mehr Freiheit eröffnen als sie kosten. Denn die Freiheit schützt man nicht, indem man sie abschafft. Bürgerrechtseingriffe, die nur politische Entschlossenheit demonstrieren sollen oder nur einer Symbolpolitik „der harten Hand“ dienen, kommen für uns nicht in Frage. Bürgerrechtseingriffe, die zwar Sicherheit schaffen, aber mehr Freiheit kosten als sie sichern, sind für Liberale unverhältnismäßig und wir lehnen sie daher ab. Ist die Prognose unsicher, ob Bürgerrechtseingriffe mehr Freiheit sichern als sie kosten, dann gilt für uns: Im Zweifel für die Freiheit. Um uns vor falschen Prognosen zu schützen, treten wir bei besonders schweren, aber nach Lage der Dinge vermeintlich erforderlichen Freiheitseingriffen für Befristungen und periodische Überprüfungen ein. Vor neuen Gesetzen kommt für uns der Vollzug bestehender Gesetze.

Freiheit und Verantwortung brauchen Eigentum

Privates Eigentum ist notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortung in der Gesellschaft. Privates Eigentum sichert die Unabhängigkeit der Bürger vom Staat im wirtschaftlichen Bereich. Es weist dem Eigentümer aber auch individuelle Verantwortung für sein Eigentum zu. Die Möglichkeit, privates Eigentum zu erwerben, motiviert Menschen zu großen Leistungen. Ohne Eigentum sind keine Soziale Marktwirtschaft und kein Wettbewerb zum Wohle aller denkbar. Privates Eigentum ist zudem Vorbedingung für bürgerschaftliches Engagement im kulturellen, sozialen oder wissenschaftlichen Bereich. Denn nur wer hat, der kann auch geben. All diese gemeinwohlstiftenden Aufgaben kann das Eigentum nur dann erfüllen, wenn die Menschen sich auf seinen Bestand verlassen können. Der Schutz privaten Eigentums ist daher kein Grundrecht zweiter Klasse, sondern ersten Ranges. Eine Besteuerung, die nicht nur auf Einkommen, Gewinne und Erträge abzielt, sondern auf die hart erarbeitete Substanz von privatem oder unternehmerischem Vermögen, verbietet sich deshalb. Gleichzeitig verpflichtet die Garantie des privaten Eigentums den Staat, eine dynamische Eigentumsordnung zu schaffen. Diese gewährleistet zwar allen Bürgern Chancen, Eigentum zu schaffen, trägt aber nicht dazu bei, Eigentumsunterschiede über Generationen hinaus zu zementieren.

Geistiges Eigentum muss geschützt, seine Nutzung möglich sein

Die Ordnungsidee privaten Eigentums betrifft nicht nur körperliche Gegenstände. In der Wissensgesellschaft und der Welt der digitalen Revolution kommt geistigen Schöpfungen immer größere Bedeutung zu. Daher sind Schutz und Ausgestaltung des geistigen Eigentums wichtige Zukunftsaufgaben. Denn nur, wenn auch geistige Schöpfungen die Chance bieten, dass man von ihnen leben beziehungsweise mit ihnen Gewinne erzielen kann, wird es private Kreativleistungen, Forschung und Entwicklung geben. Ein Unternehmer, der mit hohen Risiken in neue Technologien und deren Marktreife investiert, hat zugleich auch Anspruch darauf, dass er die faire Chance am Markt hat, für seine Leistung eine Gegenleistung zu verlangen. Die bestehende Rechtsunsicherheit in einer digitalisierten Welt gilt es durch ein modernes Urheberrecht zu ersetzen, das den Interessenausgleich zwischen Urhebern und Rechteinhabern sowie Nutzern fair gestaltet und den Zugang zu Wissen und Innovationen ermöglicht. Die Absage an geistiges Eigentum ebnet den Weg in einen Sozialismus geistiger Leistungen zum Schaden aller Beteiligten: Den schöpferisch Tätigen fehlt jeder Anreiz, sodass unserer Gesellschaft Innovations- und Kreativpotentiale verloren gehen. Die Ausgestaltung geistigen Eigentums muss sich an den Bedingungen orientieren, die die Ordnungsidee des Eigentums so erfolgreich machen: Dazu gehören Klarheit und Transparenz durch Publizität. Nur wenn klar ist, wem welche geistige Leistung gehört, können die Menschen dieses Eigentumsverhältnis respektieren, faire Handelsbeziehungen darauf aufbauen und neue Geschäftsmodelle damit entwickeln. Neue Klarheit und Transparenz im Recht des geistigen Eigentums ist daher eine wichtige politische Gestaltungsaufgabe. Die Durchsetzung bestehender Regelungen zum geistigen Eigentum muss stets Vorrang vor der Schaffung neuer Regelungen haben.

Bürgersouveränität gewährleisten

Nur in einer freien Gesellschaft ist es möglich, dass sich die Menschen ihren Interessen, Fähigkeiten und Neigungen entsprechend entfalten und sich am Gemeinwesen beteiligen können. Die Grundrechte schützen die freie Gesellschaft. In ihr können die Menschen offen ihre Meinung äußern, sich informieren und ihren Glauben leben. Sie können sich in Gewerkschaften und Vereinen zusammenschließen oder sich in Parteien einbringen, sie können für ihre Belange demonstrieren, ohne dabei Repressionen fürchten zu müssen. Für Liberale ist es unabdingbar, dass Freiheitsrechte nicht ausgehöhlt werden: Die Dynamik einer freien und vielfältigen Gesellschaft muss sich entfalten können. Die Teilhabe an der Gesellschaft muss gewährleistet sein, denn liberale Demokratie lebt von der Mitwirkung der Menschen. Je mehr und je stärker die Bürger sich an der Gestaltung des Gemeinwesens beteiligen, desto demokratischer ist der Staat. Deshalb werden wir jede Chance nutzen, um durch neue Medien ebenso wie durch eine neue Offenheit den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu suchen. Der Staat ist nicht Vormund der Bürger, sondern ihr Diener zur Gestaltung und Sicherung der offenen Bürgergesellschaft.

Vertragsfreiheit statt staatlicher Bevormundung

Das Ideal eigenverantwortlichen Freiheitsgebrauches verwirklicht sich im Privatrecht: Dort, wo die Bürger ihre Angelegenheiten auf Augenhöhe selbst regeln, herrschen Freiheit und Verantwortung. Das setzt Vertragsfreiheit und den Vorrang der privatautonomen Übereinkunft vor staatlicher Bevormundung voraus. Sie sind daher wichtige Leitmotive unserer Rechtspolitik. Vertragsfreiheit sichert zudem das Innovationspotential unserer Rechtsordnung: Nur wenn Bürger und Unternehmen selbst frei sind, maßgeschneiderte Lösungen für ihre Bedürfnisse rechtssicher vereinbaren zu können, kann das Privatrecht die rasanten Innovationen und die Vielfalt in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft schnell genug nachvollziehen und darauf innovativ reagieren. Wo Bürger oder Unternehmen sich nicht auf Augenhöhe begegnen, muss das Recht den Schwachen vor Machtmissbrauch des Starken schützen. In Anbetracht der Bedeutung der Vertragsfreiheit und aus Respekt vor dem selbstbewussten Bürger darf die Politik die Rollen ungleich Starker und Schwacher aber nicht vorschnell festlegen. Wir setzen immer zuerst auf den eigenverantwortlichen Bürger, der seine eigenen Interessen am besten wahrnimmt und durchsetzt. Nur wo dies typischerweise nicht gelingt, ist der Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert. Wir wenden uns dagegen, das Privatrecht dafür zu missbrauchen, die Gesellschaft nach paternalistischem Muster zu erziehen. Das Privatrecht soll den Bürgern praktische Instrumente zur selbständigen Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten an die Hand geben. Es soll kein Mittel zur „Besserung“ von Bürgern und Gesellschaft nach politischer Vorgabe sein. Maßnahmen wie Zwangsquoten im Gesellschaftsrecht sind mit unserer Vorstellung von Privatrecht nicht vereinbar.

Das Recht auf Selbstbestimmung und Ethik in der Medizin

Zur Freiheit des Einzelnen gehört das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Selbstbestimmung geht vor Fürsorge-Überlegungen Dritter. Es ist das Recht jedes Einzelnen, eigenverantwortlich über medizinische Behandlungen zu entscheiden und im Voraus entsprechende Verfügungen zu treffen. Medizinische Behandlungen gegen den Willen des Betroffenen lehnen Liberale strikt ab. Wir wollen für alle Menschen ein menschenwürdiges Leben bis zuletzt ermöglichen. In der Reproduktionsmedizin gilt für uns das Entscheidungsrecht der werdenden Eltern über medizinische Maßnahmen, soweit die Menschenwürde nicht beeinträchtigt wird. Wir wollen für alle Menschen unabhängig vom Familienstand den Zugang zur Reproduktionsmedizin ermöglichen. Liberale stehen für eine Ethik des Helfens und Heilens. Die Freiheit der Forschung findet ihre Grenze an der Menschenwürde.

Religion, Staat und Republik

Zur Freiheit gehört die Suche nach dem Sinn und den Werten des eigenen Lebens. Religion und Weltanschauungen können helfen, eine für den Einzelnen stimmige und sinnvolle Einordnung ins Weltganze zu finden. Der liberale Verfassungsstaat steht deshalb nicht im Wettbewerb zu Religionen. Die freiheitlich-demokratische Werteordnung des Grundgesetzes ist ein Identifikationsangebot für alle Bürger – ganz gleich ob oder welcher religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung sie anhängen. Kern dieser Werteordnung sind die Grundrechte des Grundgesetzes. Im Verhältnis zu den einzelnen Religionen muss der Staat neutral bleiben. Nur ein weltanschaulich offenes Recht kann ein wirksames Instrument zur Befriedung und Versöhnung in einer multireligiös geprägten Gesellschaft sein. Solange christlicher Religionsunterricht erteilt wird, muss auch anderen nach dem Grundgesetz anerkannten Religionsgemeinschaften Religionsunterricht möglich sein. Die Liberalen setzen sich über die Gewährleistung von Religionsfreiheit und der Gleichbehandlung von Religionen hinaus für eine größtmögliche Trennung von Kirche und Staat ein.

4.4 Selbstbestimmung in der offenen Bürgergesellschaft und Demokratie

Die offene Bürgergesellschaft ist das umfassende Projekt der Freiheit.

Eine Politik der zentralen Steuerung kann die Herausforderungen nicht bewältigen, denen sich die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts gegenüber sieht. Die offene Bürgergesellschaft souveräner Bürger ist ein umfassendes historisches, ökonomisches, soziales, ökologisches und kulturelles Projekt der Bürger, für das eine liberale Partei im Parlament Voraussetzungen schafft. Sie ist von Vielfalt geprägt, die Lebenschancen schafft. Die offene Bürgergesellschaft ist der Ausdruck einer modernen, der Freiheit verpflichteten Gesellschaft. Selbstorganisation und Entstaatlichung der aktiven Bürgergesellschaft Bürgerschaftliches Handeln hat Vorrang vor dem staatlichen. Die Bürgergesellschaft hat nur dann Bestand, wenn die freie Entfaltung ihrer Mitglieder immer wieder gefördert wird. Im bürgerschaftlichen Engagement für Mitwelt, Umwelt und Nachwelt, in Kunst, Kultur und Sport üben Bürger Selbstorganisation, verwirklichen ihre Werte und stiften Zusammenhalt. Dabei spielt der Sport als größte Bürgerbewegung eine besondere Rolle. Dieses Engagement verändert die eigene Lebenswelt und prägt das Miteinander der offenen Bürgergesellschaft. Jeder, der dazu beiträgt, Potentiale der individuellen Entfaltung zu erschließen – ob im täglichen Leben, der Zivilgesellschaft, in Wirtschaft oder Politik – ist in kulturellem Sinne Träger des Projekts der liberalen Bürgergesellschaft. Die Bürgergesellschaft entsteht nur im Miteinander freier Bürger. Sie ist davon geprägt, dass sich Bürgerinnen und Bürger in der Zivilgesellschaft, in Vereinigungen aller Art, Bürgerinitiativen, Parteien, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften, Stiftungen und vielen anderen Formen des Miteinanders ebenso engagieren wie in Gewerkschaften und Unternehmen. Die aktive Bürgergesellschaft lebt vom millionenfachen Einsatz ehrenamtlich und gemeinnützig tätiger Menschen, ohne den unser Land ärmer und kälter wäre. Selbstgetragenes Engagement entscheidet über das Wohlergehen unserer Gesellschaft. Im Unterschied zu anderen Gesellschaften werden Engagement und Kraft der Gesellschaft in Deutschland systematisch unterschätzt, bürokratisiert und damit im Ergebnis an den Rand gedrängt. Wir Liberalen dagegen wollen das private Engagement und die Selbstorganisation der Bürger nicht durch den Staat behindern oder gar verdrängen lassen, sondern uneingeschränkt ermutigen und fördern. Wo immer es private Initiativen gibt, räumen wir ihnen den Vorrang vor dem Staat ein.

Demokratie heißt Selbstregierung

Individuelle Selbstbestimmung und Verantwortung führen zu politischer Mitbestimmung und Mitverantwortung. Deshalb ist der Grundgedanke der politischen Freiheitsordnung die Selbstbestimmung souveräner Bürger die eine gemeinsame Republik bilden. Die Voraussetzung dafür ist der Rechtsstaat. Er gewährleistet politische Freiheit, Gleichheit und Gewaltenteilung und sorgt für Rechtssicherheit. In unserem Verständnis ist Demokratie die Selbstregierung freier Bürger mit gleichen Rechten – für die Bürger und durch die Bürger. Die Demokratie der Bürgergesellschaft lebt vom offenen und öffentlichen Diskurs und dem selbstorganisierten Engagement der Bürger auch in Parteien und politischen Vereinigungen. Die Parteien wirken an der Willensbildung lediglich mit, ohne sie je zu ersetzen. Die Wissensgesellschaft ermöglicht Formen und Chancen der politischen Teilhabe, die experimentell und vertrauensvoll weiterentwickelt werden müssen. Hier sind Bürger und Parteien gleichermaßen gefordert. Liberale wissen um die Errungenschaft der Demokratie. Wir wollen eine neue gesellschaftliche Wertschätzung für unsere Republik schaffen und die Berührungsängste zwischen den Menschen und dem politischen System abbauen.

Aufgaben einer Regierung

Die repräsentative Demokratie ist die politische Ordnung der Freiheit. Bürger wählen Bürger in die Parlamente. Die von diesen Parlamenten gewählten und kontrollierten Regierungen führen den Staat und seine Verwaltung auf Zeit. Probleme, die sie nicht selbst in der Wirtschaft, Wissenschaft oder in bürgergesellschaftlicher Selbstorganisation lösen können, bearbeiten die Bürger in der Politik. Politik ist also die Sphäre des Bürgers und nicht des Staates. Nach liberaler Vorstellung gehört es zu den wesentlichen Aufgaben einer guten Regierung, die Freiheitsordnungen zu pflegen und auszubauen, das Machtstreben staatlicher Bürokratie zu begrenzen, den Haushalt verantwortlich zu führen und Voraussetzungen für mehr Chancen für mehr Menschen zu schaffen – beispielsweise durch die Sicherung leistungsfähiger Infrastrukturen. Regierungspolitik in unserem Sinne ist zugleich Chancenpolitik für das Individuum und Ordnungspolitik für die Gesellschaft.

Für eine neue Balance zwischen Bürger und Staat

Zur Bürgergesellschaft gehören Argumentation und Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit und Kooperation in Vereinigungen, Vereinen und Verbänden. Demokratische Prozesse der Verständigung und Veränderung brauchen Zeit. Dafür wollen wir Parlamente und moderne Partizipation in den Parteien stärken. Dabei wollen wir neue Technologien nutzen und unsere Anhängerschaft stärker einbinden, etwa durch Versuche mit Vorwahlmodellen. Wir Liberalen wollen bei der Einbindung von Bürgern Vorreiter sein. Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung geht vom souveränen und mündigen Bürger aus. Dabei vertrauen wir auf die Vernunft jedes Einzelnen. Die repräsentative Demokratie sollte deshalb um direktdemokratische Elemente ergänzt werden. In den Bundesländern konnten in der Vergangenheit erste Erfahrungen damit gesammelt werden. Diese Verfahren sollen ausgebaut und verbessert werden. Wir Liberalen setzen uns darüber hinaus für die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheiden auch auf der Ebene des Bundes ein. Offene Gesellschaften sind zugleich vernetzte, komplexe Gesellschaften. Die Zuständigkeit für alle gesellschaftlichen Problemlösungen überfordert Verwaltung und Staatshaushalt. Der Staat stößt an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Was wir brauchen, ist eine neue Arbeitsteilung zwischen Staat, Markt, Zivilgesellschaft und Bürgern. Die Regierungen stehen nun vor der großen Herausforderung, die schlechten Gewohnheiten der Gefälligkeitspolitik zu beenden, die Staatskassen zu entschulden und die Souveränität der Bürger zu stärken. Dies können wir nur in Verständigung mit den Bürgern erreichen und dabei führungsstarke Reformfähigkeit unter Beweis stellen. Die Herrschaft des Rechts, politische Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung und wirksame Regierung brauchen heute eine neue Balance. Damit die Stabilität der Demokratie gewahrt wird. Mit dieser Balance sichern wir demokratische Regierungsfähigkeit für die Zukunft. Das ist das Ziel liberaler Demokratiepolitik.

Föderalismus heißt Einheit in Vielfalt

Liberale Prinzipien für eine vertiefte Integration Europas sind Bürgersouveränität, Subsidiarität und demokratische Kontrolle. Die europäische Einigung muss konsequent der Freiheit der europäischen Bürger dienen. Wir wollen den lebendigen Föderalismus auf allen Ebenen zwischen Kommunen und Bund um föderative Elemente in Europa ergänzen. Gleichzeitig wollen wir das Vertrauen der Bürger in die europäische Einigung fördern. Dazu ist eine intensivere demokratische Kontrolle durch die Parlamente ebenso nötig wie eine Stärkung der kommunalen und stadtregionalen Ebenen. Eine Stärkung des Föderalismus in Deutschland braucht aber auch transparentere Entscheidungswege und klare Verantwortlichkeiten. Politische Verschränkungen sollten bereinigt werden. Auch die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern müssen klarer strukturiert werden. Langfristiges Ziel sollte es sein, zwischen Bundes- und Landessteuern klar zu trennen und schließlich die Gemeinschaftssteuern einvernehmlich abzuschaffen. Gleichzeitig wird in der Verfassung ein echtes Konnexitätsprinzip gebraucht: Gemeinden dürfen von Bund oder Ländern nur noch mit zusätzlichen Aufgaben betraut werden, wenn die Finanzierung durch den Gesetzgeber gewährleistet ist. Schließlich muss gelten: Wer bestellt, der bezahlt. Staatliche Programme, die mit Ausgaben verbunden sind, bedürfen künftig der genauen Bestimmung eines Enddatums, um die Entscheidungsmöglichkeiten über das Budget den zukünftigen Generationen zu überlassen.

Die Bürgergesellschaft braucht starke Kommunen

Der demographische Wandel ist eines der Zukunftsthemen für die Entwicklung der ländlichen Räume. Die Situation ist davon gekennzeichnet, dass die Bevölkerung immer älter wird, die Anzahl jüngerer Menschen drastisch abnimmt und es eine immer größere Wanderbewegung der Menschen weg von den ländlichen Räumen hin zu den Ballungsgebieten gibt.

Die Bürgergesellschaft ist ein Auftrag zur Verwirklichung von Subsidiarität

Politische Entscheidungen müssen bürgernah getroffen werden. Legitimität und Akzeptanz entstehen durch faire und transparente Verfahren, die die Beteiligung an der Willensbildung mit einer effektiven Regierung vereinen. Bürgersouveränität heißt, dass die selbstorganisierte Problemlösung der Bürger in der offenen Bürgergesellschaft Vorrang vor staatlichen Lösungen hat. Subsidiarität heißt, dass die jeweils höhere Entscheidungsebene nur regeln darf, was die unter ihr liegende Ebene nicht besser regeln kann. Dieses Prinzip der Subsidiarität ist für uns nicht nur ein Ordnungsprinzip, es ist gleichzeitig ein Gestaltungsauftrag zur Dezentralisierung, wo immer sie möglich ist. Dies gilt auch für die Verteilung der Kompetenzen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten. Wie sich diese Kompetenzverteilung im Einzelnen darstellt, muss immer wieder neu bestimmt werden.

Liberale Kulturpolitik sichert das Wachstum kreativen kulturellen Engagements

Die offene Bürgergesellschaft. drückt sich nicht zuletzt in liberaler Kulturpolitik aus, die zu den wichtigsten Aktionsfeldern liberaler Politikgestaltung gehört. Die Kultur einer Gesellschaft ist zugleich ihr Nährboden und Spiegel. Im Mittelpunkt kultureller Aktivität stehen die Künste. Der Dialog, den sie im Einklang von Kreativität und Freiheit anregen, trägt wesentlich zur gesellschaftlichen Erneuerung bei. Den Freiraum zur Entfaltung dieses Dialogs zu sichern, ist daher Aufgabe liberaler Kulturpolitik. Sie umfasst die Förderung kultureller Bildung, die zu diesem Dialog befähigt. Dabei geht jedoch die Gestaltung von Kultur nach liberalem Verständnis von den Bürgerinnen und Bürgern aus. Daher muss die Kulturhoheit bei den Bürgern liegen. Ihr kreatives und kulturelles Engagement zu ermöglichen, ist unser Ziel. Deshalb ist Kulturförderung eine notwendige Investition in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Liberale Kulturpolitik bildet eine Querschnittsaufgabe von hoher Priorität. Dies gilt auch für die kulturelle Bildung. Sie fördert die Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe und den künstlerischen Ausdrucksformen unserer Zeit ebenso wie die selbstbestimmte Entfaltung von Kreativität und das bürgerschaftliche Engagement in kulturellen Zusammenhängen. Liberale Kulturpolitik widmet zeitlichem und finanziellem Engagement sowie der Kultur- und Kreativwirtschaft hohe Aufmerksamkeit und erkennt an, dass dies wesentliche Träger kultureller Aktivität sind.

Wachsende Selbstbestimmung durch liberale Sportpolitik

Immer mehr Menschen werden immer älter und wollen ihr Leben solange wie möglich selbstbestimmt führen. Der Sport bietet Möglichkeiten, die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit der Bürger bis ins hohe Alter zu stärken. Primär in den Sportvereinen finden nicht nur Ältere wichtige soziale Kontakte und gezielte Angebote zur regelmäßigen Bewegungsförderung vor. Haupt- und Ehrenamtliche in diesem Bereich wollen wir weiter von Bürokratie und staatlichen Vorschriften entlasten. Unter dem Gesichtspunkt der Prävention von Krankheiten und in der Rehabilitation leistet der Sport für den Einzelnen einen wichtigen Beitrag und dämpft die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen. Wir begrüßen Anreize von Krankenkassen und Arbeitgebern zur Steigerung der sportlichen Betätigung ihrer Mitglieder und Mitarbeiter. Daneben erkennen wir Liberalen an, dass der Sport zu einem bedeutsamen weichen Standortfaktor für Städte und Gemeinden und einem starken Wachstumsfaktor mit hoher Wertschöpfung für unsere Wirtschaft geworden ist.

Liberale Tugenden

Eine offene Bürgergesellschaft bedarf einer gemeinsamen Ethik der Freiheit. Bürger achten einander als freie und gleichberechtigte Mitglieder einer gemeinsamen und fair geordneten Republik. Zu ihren Tugenden zählen neben Fairness und Verantwortung auch Toleranz und Solidarität. Die Tugend der Toleranz erfordert einerseits die Geduld, unbequeme Meinungen und politische Programme auszuhalten und andererseits den Mut und das Selbstvertrauen, eigene Meinungen in offenen Auseinandersetzungen sachlich, aufrichtig und entschieden zu vertreten. Liberale stehen für Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt ein. Meinungsfreiheit räumt aber niemals das Recht ein, unwidersprochen zu bleiben. Denunziantentum beschädigt unsere Werte und gefährdet den inneren Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Toleranz findet ihre Grenze im Nicht- Tolerierbaren. Dazu gehören Diskriminierung, Gewalt und Fremdenhass. Sie bedrohen die Freiheit als Ganzes und die Grundlagen des sozialen Friedens. Die Tugend der Solidarität zeigt sich in sozialer Verantwortung. Sie setzt Selbstverantwortung voraus, übt sich in Rücksicht auf andere und vollendet sich in der Sorge um die fairen Chancen der Anderen. Wer die soziale Verantwortung vernachlässigt, schädigt das freiheitliche Miteinander und seine Ordnungen und damit die Freiheit aller anderen.

Offene Bürgergesellschaft im digitalen Wandel

Die zunehmende Digitalisierung schafft bisher nicht gekannte Räume zur Persönlichkeitsentfaltung, für bürgerschaftliche Kreativität, Kritik und Kooperation über alle nationalen Grenzen hinweg. Es entstehen neue Öffentlichkeiten und neue Plattformen für gegenseitiges Lernen. Zudem eröffnen sich neue Formen der Interaktion und Partizipation. Die Hürden zur Artikulation von Interessen und für die Organisation gemeinschaftlicher Interessenwahrnehmung sind gesunken. Neue Möglichkeiten gesellschaftlicher und politischer Partizipation sind entstanden. Diese Chancen der digitalen Gesellschaft für vernetzte politische Problemlösung wollen wir nicht behindern, sondern entfalten. Aus dem großen Gespräch der Demokratie können die vielen Experimente einer lernenden Gesellschaft werden.

4.5 Die Soziale Marktwirtschaft als Chancenordnung für Wachstum und Wohlstand

Die Soziale Marktwirtschaft ist eine Werteordnung, die Wachstum schafft und Chancen eröffnet Die Soziale Marktwirtschaft ist die liberale Werteordnung für die Wirtschaft. Sie ist eine Wirtschaftsordnung, die darauf angelegt ist, Wohlstand, Beschäftigung und sozialen Ausgleich zu schaffen und die Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften ermöglicht. In dieser Verbindung liegt seit jeher ihre besondere Stärke. Die Soziale Marktwirtschaft eröffnet in einer offenen, zukunftsgerichteten und freiheitlichen Gesellschaft, in deren Mittelpunkt der Mensch steht, jedem einzelnen die Chance, durch eigene Arbeit, Ideen und Anstrengung an materiellem Wohlstand teilzuhaben. Die konstituierenden Elemente der Sozialen Marktwirtschaft sind deshalb sozialer Ausgleich und Wettbewerb. Der soziale Ausgleich hat zum Ziel, den Zusammenhalt der Bürger unseres Landes zu fördern. Der Wettbewerb hingegen fördert durch die stetige Suche nach effizienteren Lösungen und neuen und besseren Produkten die wirtschaftliche Dynamik und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Er verhindert Machtkonzentration und sorgt für eine Kontrolle der Kosten, für wirtschaftliche Dynamik und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Wettbewerb verteilt den Gewinn nach Leistung und schafft weltweiten Wohlstand und Stabilität. Im Ergebnis schafft die Soziale Marktwirtschaft für Wohlstand, Beschäftigung und sozialen Ausgleich und ermöglicht die Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften. Sie verknüpft Transparenz und Wettbewerb mit individueller Haftung für Eigentum und Verluste. Damit verwirklicht sie ein soziales und ethisches Ordnungswollen. Diese Verbindung zeichnet sie seit jeher aus.

Sozialer Ausgleich fördert Teilhabe und Zusammenhalt

Der soziale Ausgleich ist Ausdruck und Förderung des Zusammenhaltes der Bürger unseres Landes. Er nimmt alle Bürger in die Pflicht, nicht nur für sich, sondern auch für die Gemeinschaft zu sorgen, und zwar jeder so, wie er kann. Dieser Ausgleich gibt der Sozialen Marktwirtschaft die Kraft, als Gemeinschaft mehr zu erreichen, als es jeder Einzelne könnte. Sozialer Ausgleich ermöglicht auch eine Grundabsicherung aller Bürger gegenüber den großen Lebensrisiken, unabhängig davon, ob der Einzelne sich aus eigener Kraft schützen kann. Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft erfordert Zugehörigkeit, die durch Teilhabe immer wieder erneuert werden muss. Deshalb ist es wichtig, möglichst allen eine faire und greifbare Chance auf Teilhabe zu eröffnen. Teilhabe erfordert nur ein Minimum an finanziellen Mitteln, viel wichtiger dabei ist allerdings ein Mitmachen-Können. Hier stehen wir vor großen Herausforderungen – speziell in einer Zeit, in der der Wettbewerb im Arbeitsmarkt über nationale Grenzen hinausgeht.

Der Staat ist Schiedsrichter des Marktes, nicht Mitspieler

Das Marktgeschehen wird durch die staatliche Rahmenordnung reguliert. Ihre Regeln müssen für alle gleich gelten. Die Herrschaft des Rechts schützt zwar die Freiheit des Einzelnen im Markt, nicht aber die Freiheit des Marktes oder marktbeherrschender Unternehmen. Sie zielt vielmehr darauf ab, Macht zu brechen und einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Der Staat ist Schiedsrichter, nicht Mitspieler. Kommunal- und Staatsunternehmen verzerren den Wettbewerb. Wo Banken, Fonds oder Unternehmen systemrelevant sind, können sie für die Soziale Marktwirtschaft bedrohlich werden. Es bedarf einer Stärkung der Bankenaufsicht. Unabhängige Banken sind für Liberale unabdingbarer Teil unseres Finanzsystems. Unbegrenzte Existenzgarantien für Marktteilnehmer führen zu Verantwortungslosigkeit und behindern die Selbstregulierung des Marktes.

Das Prinzip der Haftung und die Bildung von Eigentum verpflichten zur Wahrnehmung von Verantwortung

Eigentum ist ein Schlüssel zur Freiheit. Geistiges und materielles Eigentum sind einerseits Ausdruck und Ergebnis der individuellen Schaffenskraft, die die materielle Unabhängigkeit stärken. Andererseits ermöglicht und motiviert Eigentum zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Für uns Liberalen ist der Erwerb von Eigentum eine Möglichkeit, Mitverantwortung für die Welt zu übernehmen. Deshalb wollen wir eine Gesellschaft von Eigentümern, und deshalb wird Eigentum durch unsere Verfassung geschützt. Eigentum stellt aber auch eine Verpflichtung zu seiner Pflege und zu einem verantwortungsbewussten Verhalten dar. Eigentum verpflichtet. Dass der Gebrauch des Eigentums dem Wohl der Allgemeinheit dient, wird in der Sozialen Marktwirtschaft vor allem durch das Prinzip des Wettbewerbs und der Haftung sichergestellt. Nur wo der Wettbewerb um das beste Angebot stattfindet, dient der Gebrauch des Eigentums in erster Linie den Interessen der Verbraucher. Und nur wo der Grundsatz gilt, dass, wer den Nutzen hat, auch den Schaden tragen muss, ist gewährleistet, dass individuelle Fehlentscheidungen am Ende nicht auf Kosten der Gesellschaft gehen. Der Schutz des Eigentums, die Durchsetzung und Erhaltung von Wettbewerb sowie der Grundsatz individueller Haftung sind deshalb in der Sozialen Marktwirtschaft untrennbar miteinander verbunden. Diesen Prinzipien sind wir Liberalen uneingeschränkt verpflichtet.

Verantwortung am Markt, Mündige Verbraucher, ehrbare Kaufleute, mitbestimmende Arbeitnehmer

Im Geist der Sozialen Marktwirtschaft wollen wir die Bürger nicht vom Markt abschirmen. Vielmehr wollen wir, dass der mündige und eigenverantwortliche Verbraucher selbstbestimmt am Markt entscheidet. Ein aufgeklärter Verbraucher ist der beste Garant, um die produktiven und innovativen Energien von Wettbewerb und Wachstum freizusetzen. Wir trauen den Menschen etwas zu, deshalb überlassen wir die Verantwortung für den eigenen Konsum bewusst dem Bürger selbst. Voraussetzung dafür sind bessere und umfassende Informationen und Transparenz sowie mehr Wissen über Produkte. Dieses Prinzip der Eigenverantwortung und der Verantwortlichkeit gilt selbstverständlich auch für die Wirtschaft – in der Industrie und im Mittelstand, in der Landwirtschaft ebenso wie im Dienstleistungs- und Finanzsektor. Die Soziale Marktwirtschaft lebt gleichermaßen von Unternehmergeist und Arbeitnehmern, die sich in ihr Unternehmen einbringen. Menschen, die sich für die Freiheit der Selbständigkeit entscheiden, bereichern unsere Gesellschaft mit Kreativität und Innovation. Und auch wenn Unternehmen in erster Linie für den finanziellen Gewinn arbeiten, erwarten wir von ihnen, dass sie sich nicht nur als Unternehmen, sondern gleichzeitig als „gute Mitbürger“ begreifen, die sich um gesellschaftliche Akzeptanz bemühen. Größere Investitionen erfordern ein konstruktives Klima und einen gesellschaftlichen Konsens. Dazu brauchen wir den Dialog mit der Öffentlichkeit. Liberale Wirtschaftspolitik und effizienter Verbraucherschutz sind kein Gegensatz, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Effizienter Verbraucherschutz ist Wirtschaftspolitik für jedermann. Eine funktionierende Marktwirtschaft braucht das Vertrauen der Marktteilnehmer zueinander. Dies setzt ein Vertrauensverhältnis von Verbrauchern und Unternehmern zwingend voraus. Dort, wo dieses Vertrauensverhältnis gestört ist, gerät auch unsere Marktwirtschaft in Erklärungsnot. Deshalb benötigt der mündige Verbraucher einen Rechtsrahmen, der ihm im Streitfall eine Möglichkeit zur Rechtsdurchsetzung gibt und ihn wirksam vor Betrügern schützt. Wir erwarten von Unternehmern und Managern, dass sie nach dem Vorbild ehrbarer Kaufleute langfristige Verantwortung für den Unternehmenswert und das Wohl von Mitarbeitern und Vertragspartnern übernehmen. Die Sorge um die Belange der Belegschaft sollte für Unternehmer ebenso selbstverständlich sein wie die Erwirtschaftung angemessener Gewinne. Die Arbeitnehmer sollen stärker als bisher am Unternehmenserfolg beteiligt werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gleichermaßen verantwortlich für die betriebliche und individuelle Weiterbildung der Mitarbeiter. Denn Weiterbildung ist die beste persönliche Absicherung gegen Arbeitslosigkeit. Durch Eigenverantwortung der Vertragsparteien kann auf den Eingriff in die Tarifautonomie durch den Staat verzichtet werden.

Den demographischen Wandel in der Arbeitswelt gemeinsam angehen

Die Herausforderungen des demographischen Wandels können langfristig nur in gemeinsamer Verantwortung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bewältigt werden. Es reicht nicht, Ältere vor dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes und Unternehmen vor dem drohenden Verlust von Expertise zu schützen. Stattdessen können durch laufbahnbegleitende Weiterbildung der Beschäftigten, familienorientierte Arbeitszeiten und altersentsprechende Arbeitsplätze Qualifikationsverluste vermieden werden. Nicht das Alter, sondern das Altern als Prozess muss gemanagt werden. Die Liberalen befürworten daher das sogenannte „AlterNsmanagement“, das Junge wie Ältere als Ausdruck einer lebensphasenorientierten Personalpolitik betrifft. Es liegt im Interesse und in der Verantwortung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen.

Gleichberechtigte und faire Teilhabe am Wohlstand entsteht aus Leistung und Wettbewerb

Fairness bestimmt unsere Vorstellungen zur Teilhabe am Wohlstand. Wir setzen dabei in erster Linie auf das Bekenntnis zum Wettbewerbs- und Leistungsprinzip. Es verhindert, dass gesellschaftliche Positionen nach Herkunft, Gesinnung oder Geschlecht vergeben werden. Das ist Teil unseres Aufstiegsversprechens. Wir Liberalen wollen, dass jeder und jede die Chance erhält, sich und seine Fähigkeiten entfalten zu können. Wo äußere Umstände diese Chance verwehren, ist unser Ideal einer freien Gesellschaft noch nicht verwirklicht. Dies gilt zum Beispiel immer noch für die beruflichen Chancen von Frauen, die Beschäftigung von Älteren und die Integration von Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Hier ist auch die Politik aufgefordert, weitere Chancen zur Selbstbestimmung zu schaffen – etwa durch Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote, durch unterstützende und fördernde Maßnahmen sowie durch vorbildliches Verhalten und politische Führung.

Erneuerung der Wirtschaftsordnung, für eine streitbare und wehrhafte Marktwirtschaft

Unsere Soziale Marktwirtschaft ist einerseits von innen bedroht, wenn die Tugenden der ehrlichen Kaufleute gering geschätzt, wenn die Folgen privater Risiken vom Staat übernommen, wenn die Komplexität unüberschaubar und einzelne Akteure zu machtvoll werden. Hier gilt es, die Regeln der Wirtschaft wie das Kartellrecht zu erneuern. Die Soziale Marktwirtschaft ist aber auch von außen bedroht – durch jene, die im Windschatten akuter Krisen die Marktwirtschaft diffamieren. Eine Besteuerung von Finanzmarkttransaktionen führt in der Regel zu einer Belastung von Unternehmen der Realwirtschaft und der Verbraucher, zum Beispiel durch niedrigere Renditen von Rentenversicherungen oder Verteuerung von Darlehen. „Schädliche“ Geschäfte werden besser durch Haftung begrenzt oder gesetzlich verboten. Eine gezielte effektive Besteuerung führt zu keinen Steuereinnahmen, sondern lediglich zu administrativem Aufwand. Liberale setzen deshalb auf eine streitbare und wehrhafte Marktwirtschaft, die sich gegen solche inneren und äußeren Gefährdungen verteidigt. Der Staat als Ordnungsmacht muss Risiken durch Haftung und Marktmacht durch funktionierenden Wettbewerb begrenzen. Dann wird unsere Wirtschaftsordnung wieder neue Akzeptanz erhalten.

Die wehrhafte Marktwirtschaft braucht besser regulierte Finanzmärkte

Mangelhafte Regulierung, unverantwortliches Handeln und staatliche Schuldenmacherei haben die Krise der Finanzmärkte und des Euro ausgelöst. Dabei war eines der zentralen Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft außer Kraft gesetzt: der Zusammenhang von Eigentum und Haftung. So stellen wir uns den fairen und geordneten Wettbewerb der Sozialen Marktwirtschaft nicht vor. Keine Bank und kein Unternehmen dürfen so relevant werden, dass bei einer Pleite ein Land oder gar die Weltwirtschaft in eine Krise stürzt. Kein Staat darf sich so hoch verschulden, dass er abhängig von Spekulationen an den Finanzmärkten wird. Wir Liberalen setzen uns für freie, aber nicht für ungezügelte Finanzmärkte ein. Hierzu gehören klare Regeln, die das Prinzip der Verursacherhaftung einschließen. Aufgabe des Staates ist es zu verhindern, dass einzelne Marktteilnehmer das Gleichgewicht der freien Märkte nachhaltig stören. Aufgabe einer liberalen Wirtschaftspolitik ist es aber auch, dafür zu sorgen, dass die Folgen wirtschaftlichen Scheiterns die hierfür Verantwortlichen treffen, nicht die Allgemeinheit. Die Folge wirtschaftlichen Misserfolges muss die Insolvenz, nicht eine staatliche Subvention oder Rettung sein. Dies gilt für Staaten wie für Unternehmen und insbesondere auch für Banken. So wollen wir Liberalen das Auseinanderdriften von Real- und Finanzwirtschaft stoppen und sie stattdessen wieder zusammenführen. Zu diesen zentralen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte gibt nur der Gestaltungsanspruch der Liberalen funktionierende Antworten. Uns geht es darum, den Ordnungsrahmen der Sozialen Marktwirtschaft wieder in den Mittelpunkt der Finanzmärkte zu stellen und Schulden zu begrenzen. Wir wollen aus unseren Schulden herauswachsen.

Die streitbare Marktwirtschaft stärkt Realwirtschaft und Mittelstand

Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft. Die Finanz- und Bankenkrise wurde zwar unmittelbar durch staatliche Hilfen eingedämmt, wird auf Dauer aber erst durch das starke Wachstum der Realwirtschaft aufgefangen. Mit Pioniersinn und Patriotismus, Mut und Kreativität, Leistungsbereitschaft und Verantwortungsgefühl hat der Mittelstand unser Land einst wieder aufgebaut und so das deutsche Wirtschaftswunder möglich gemacht. Wir Liberalen wollen diese mittelständischen Tugenden stärken. Dazu brauchen wir Maßnahmen zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und mehr Flexibilisierungen am Arbeitsmarkt. Wir wollen dabei ausdrücklich nicht einzelne Unternehmensgruppen bevorzugen, sondern das gesamte wirtschaftliche Herz unseres Landes beleben. In diesem Sinne wollen wir auch bei großen Konzernen die Rolle der Eigentümer und Aktionäre gegenüber dem Management stärken. Denn starke Eigentümer sind seit jeher die beste Aufsicht für das angestellte Management, weil sie mit ihrem eigenen Kapital unmittelbar für die Risiken des Unternehmens haften.

Mehr Wettbewerb und mündige Kunden bei sozialen Dienstleistungen

Aus liberaler Sicht müssen der Staat oder die Sozialversicherungen zwar den Zugang zu sozialen Dienstleistungen für alle Bürger sicherstellen und gegebenenfalls finanzieren. Der Staat muss diese Dienstleistungen aber nicht selbst erbringen. Im Gegenteil: Der Staat ist auch im sozialen Bereich ein schlechter Produzent – sei es als monopolistischer Anbieter oder als unfairer Konkurrent auf dem Markt. Wir setzen im Sozialmarkt auf Wettbewerb von Privatunternehmen, Sozialunternehmern und gemeinnützigen Organisationen. Wir wollen den Leistungsempfänger zum Kunden machen. Deshalb sollte die Subventionsfinanzierung von Einrichtungen, wo immer möglich, durch Gutscheinfinanzierung oder Geldleistungen an die zu Unterstützenden abgelöst werden. Subjekt- vor Objektfinanzierung muss Leitlinie sein. Wo dies nicht möglich ist, sind Ausschreibungslösungen zu prüfen. Wir wollen faire Wettbewerbsbedingungen für kleine, innovative und private Anbieter gegenüber Sozialkonzernen und staatlichen Einrichtungen.

Politik auf Pump beenden: Von der Schuldenbremse zur Schuldenfreiheit

Gefälligkeitspolitik, die heute verspricht, was morgen teuer bezahlt werden muss, hat den Staat letztlich in die Abhängigkeit von Finanzmärkten geführt. Das widerspricht den Prinzipien von Generationengerechtigkeit und Bürgersouveränität die für uns auch Gebote zur fiskalpolitischen Disziplin sind. Staaten, die mehr ausgeben als sie einnehmen, sind auf einem unausweichlichen Weg in den Bankrott. Wir Liberalen wollen einen finanziell gesunden Staat, der nachhaltigem Wirtschaften verpflichtet ist. Die Politik darf nicht mehr verteilen, als die Bürger zu erwirtschaften in der Lage sind. Deswegen haben wir für die Einführung der Schuldenbremse gekämpft. Durch automatische Sanktionen für Schuldensünder sollte die Schuldenbremse im Bund und in den Ländern noch stärker gegen Missbrauch gesichert werden. Den Gedanken der Schuldenbremse wollen wir auch auf die langfristige Generationenbilanz ausdehnen. Daher verbietet sich ein Aufblähen der staatlichen Bürokratie. Mit Blick auf die Herausforderung bei Infrastrukturprojekten sind darüber hinaus auch hohe bürokratische Standards und Vorschriften wieder zu reduzieren, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Stattdessen müssen vom Staat geschaffene und übernommene Aufgaben regelmäßig überprüft werden. Neue Staatsaufgaben dürfen nur beschlossen werden, wenn ihre Finanzierung auch langfristig gesichert ist. Gleichzeitig wollen wir durch wirtschaftliches Wachstum dafür Sorge tragen, dass der Staatshaushalt weiter gesundet und wir aus unseren Schulden herauswachsen können. Grundsätzlich sollen Steuermehreinnahmen zur Verringerung von Staatsschulden eingesetzt werden. Nach Erreichen der „schwarzen Null“ im Bundes- sowie in den Länderhaushalten muss der stetige Abbau von bestehenden Schulden beginnen. Aber auch für die Belastung gegenwärtiger Steuerzahler halten wir Liberalen eine Leitplanke für erforderlich: Die Belastung durch direkte Steuern sollte niemals mehr als 50 Prozent betragen. Das Prinzip der Halbteilung sollte verfassungsrechtlich ausdrücklich geregelt werden. Im Steuersystem entscheidet sich das Verhältnis von staatlicher Steuerung und privater Eigenverantwortung. Wir setzen auf Wachstum und Ausgabendisziplin statt auf immer höhere Steuern und Abgaben zu Lasten der Mitte unserer Gesellschaft. Wir streben eine deutliche Vereinfachung des deutschen Steuerrechts an. Steuerrecht muss, wie alle gesetzlichen Regelungen, ohne Hilfe von Spezialisten verständlich sein. Wir Liberalen fordern nach wie vor ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem. Hierbei darf die Hauptfunktion des Steuerwesens, nämlich eine hinreichende Finanzausstattung der öffentlichen Hand, nicht außer Acht gelassen werden. Dies ist kein Widerspruch, sondern erfordert eine stetige und strenge Prüfung der Notwendigkeit sämtlicher Positionen auf der Ausgabenseite.

Globalisierung als Chance begreifen

Die Globalisierung prägt alle Teile unserer Gesellschaft. Dadurch werden national geprägte Gesellschaften nach und nach zu offenen Gesellschaften, in denen Weltgemeinschaft erfahrbar wird. Die Globalisierung schafft weit mehr Chancen als Risiken. Diese Chancen gilt es zu nutzen und freiheitlich zu gestalten. Toleranz und Internationalität in unserer Gesellschaft wollen wir deshalb weiter stärken – auch durch entsprechende Bildungsangebote an Schulen und Hochschulen. Vor allem aber bietet Globalisierung die Aussicht auf Erfolg im weltweiten Kampf gegen die Armut. Dafür braucht die Welt vorrangig mehr Freiheit und offene Märkte für Güter, Dienstleistungen und Kapital. Damit können neue Wachstumsmärkte erschlossen werden. Gleichzeitig braucht es mehr öffentliche Akzeptanz für den globalen Wettbewerb und seine Vorteile. Die Welt kann von weiterer Kooperation und Integration stark profitieren. Wirtschaftliche Globalisierung muss nicht zwangsläufig im Widerspruch zu kultureller Diversität und nationaler Eigenverantwortung stehen. Globalisierung eröffnet uns die Möglichkeit, unseren Wirkungsradius auszuweiten und gleichzeitig unsere Wurzeln zu stärken.

4.6 Für ein liberales Europa in der Welt

Globalisierung als Chance für die Freiheit nutzen

Wir leben in einer offenen und vielfach vernetzten Weltgesellschaft. Menschen, Informationen, Waren und Kapital bewegen sich immer freier und schneller rund um den Globus. Staatsgrenzen verlieren zunehmend an Bedeutung. Globale Herausforderungen wie etwa die Bekämpfung des Klimawandels, des Hungers in der Welt oder die Ordnung der internationalen Finanzmärkte verlangen deshalb globale Antworten. Außenpolitik wird mehr und mehr zu einer Weltinnenpolitik. Wir Liberalen sehen mehr Chancen als Gefahren der Globalisierung. Freiheit und Sicherheit sowie die wirtschaftliche Stärke unseres Landes erklären sich zu erheblichen Teilen aus unserer internationalen Vernetzung. Es liegt deshalb in unserem nationalen Interesse, protektionistischen Tendenzen in jeder Form – wirtschaftlich, politisch und auch kulturell – eine klare Absage zu erteilen. Zugleich bietet uns die Globalisierung die Chance, der universellen Gültigkeit der Menschenrechte und dem Anspruch jedes einzelnen Menschen nach einem Leben in Würde und einem Höchstmaß an individueller Entfaltung stärker Geltung zu verschaffen, als dies in vergangenen Epochen der Fall war. Dabei ist uns bewusst, dass Freiheit und offene Gesellschaften auch im internationalen Kontext Ordnung brauchen, wenn sie dauerhaft Bestand haben sollen. Deshalb setzen wir auch in den internationalen Beziehungen auf die Stärke des Rechts anstatt auf das vermeintliche Recht des Stärkeren. Wir bekennen uns zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und treten für eine bessere Durchsetzung des Völkerstrafrechts ein. Wir unterstützen daher den Internationalen Strafgerichtshof als unentbehrliches Instrument im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen.

Internationale Freiheitsordnungen in Kooperation und Partnerschaft gestalten

Für viele Völker und für regionale und internationale Organisationen stellt sich die Frage nach einem wirksamen Rahmen für Recht und Politik, für Märkte und offene Gesellschaften völlig neu. Dabei konkurrieren unterschiedliche Leitbilder miteinander: Neo-autoritäre Gesellschaftsentwürfe einer scheinbar harmonischen Welt oder auch totalitäre Religionsvorstellungen stehen dem Entwurf der aufgeklärten, rechtsstaatlich organisierten und demokratisch verfassten Gesellschaften gegenüber, die den einzelnen Menschen und seine Freiheit in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen. Wir stehen als westliche Wertegemeinschaft in einem Wettbewerb, in dem Multipolarität längst Realität geworden ist. Deshalb haben wir ein überragendes Interesse daran, auf globale Trends nicht nur zu reagieren, sondern die Globalisierung umfassend aktiv zu gestalten. Dazu gehört, dass wir die Interessen neuer Gestaltungsmächte bei unseren Strategien und in den Formaten internationaler Kooperation berücksichtigen, lange bestehende Partnerschaften pflegen und, wo möglich, neue hinzugewinnen. Die transatlantische strategische Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada behält ihre zentrale Rolle und sollte durch neue Elemente wie eine Zollunion gestärkt werden.

Bündnisse globaler Ordnungspolitik weiterentwickeln

Ziel unseres internationalen Engagements ist es, Frieden und Wohlstand in Freiheit für uns und andere zu ermöglichen. Dabei setzen wir auf die feste Einbettung deutscher Außenpolitik in die Systeme der Vereinten Nationen, der NATO, der OSZE und der Europäischen Union, in denen wir uns für Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit, Freiheit und Wohlstand einsetzen. Es liegt in unserem ureigenen Interesse, diese Systeme kollektiver Ordnungspolitik weiterzuentwickeln und an die Herausforderungen der Globalisierung anzupassen. Die Vereinten Nationen und die mit ihr verbundenen Organisationen sind das Fundament einer auf dem Völkerrecht gründenden weltweiten Ordnung. Sie müssen das entscheidende Forum zur Lösung internationaler Konflikte bleiben. Dafür müssen sie weiterentwickelt werden – ihre Organisation muss die geopolitischen Realitäten des 21. Jahrhunderts widerspiegeln. Das erfolgreichste Sicherheitsbündnis in der Geschichte, die NATO, ist Ausdruck der Werte- und Verantwortungsgemeinschaft der westlichen Welt. Sie bleibt der bewährte Anker deutscher Sicherheitspolitik und unserer globalen Außenpolitik. Die Europäische Union ist unsere Versicherung für Frieden, Stabilität, Rechtsstaatlichkeit, Wohlstand und Freiheit auf unserem Kontinent. Sie ist zugleich der Rahmen, in dem wir Europäer unsere Antworten auf die Herausforderungen der Globalisierung finden und verwirklichen. Auf dem europäischen Kontinent – und darüber hinaus – unterstützen wir die OSZE in ihrer herausragenden Arbeit für das Modell der kooperativen Sicherheit sowie in ihrer Arbeit für eine demokratische Entwicklung und die Förderung der Menschenrechte durch das Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR).

Europa als liberales Versprechen und Verpflichtung

Europa ist für uns Liberale ein Teil unserer kulturellen Identität, Rückversicherung unserer Freiheit und zugleich Notwendigkeit, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. 60 Jahre Frieden auf dem europäischen Kontinent, eine weltweit einzigartige Zone der Freiheit und des Wohlstands und mannigfacher kultureller Bereicherung sind Ergebnisse des sehr erfolgreichen europäischen Integrationsprozesses. Dieser ist aber noch nicht beendet. Wir wollen diese Errungenschaften bewahren und vertiefen. Gleichzeitig müssen wir Europa mit Blick auf die Herausforderungen der Globalisierung weiterentwickeln. Es ist eine ebenso naive wie gefährliche Illusion zu glauben, dass sich Deutschland in einer globalisierten Welt wirtschaftlich, politisch oder auch kulturell allein behaupten könnte. Deshalb wollen wir den Weg der Vertiefung der Europäischen Union weitergehen. Globale Freiheitsordnungen werden wir Europäer nur gemeinsam mit gestalten können – von Handelsregeln über die Achtung der Menschenrechte bis hin zu Fragen von Frieden und Sicherheit. Deshalb wollen wir eine starke und handlungsfähige EU, die aber nur dort tätig wird, wo eine europäische Lösung besser ist als eine von nationaler Eigenverantwortung. Zu einem starken Europa gehört nach dem Verständnis von Liberalen nicht nur die EU, sondern auch der Europarat mit seinen Organen. Mit seinen 47 Mitgliedstaaten kommt dem Europarat gerade bei der Umsetzung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten eine elementare Rolle zu, die wir Liberalen stärken wollen. Wir bekennen uns zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und unterstützen aktiv seine Reform, damit er den Herausforderungen einer nach wie vor stetig wachsenden Zahl von Eingaben gewachsen ist. Nur so kann die Operabilität des EGMR gesichert werden. Mit dem Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention wird sich ein wichtiger Lückenschluss im europäischen Menschenrechtsschutz vollziehen. Für uns Liberale bedeutet dies eine begrüßenswerte Erweiterung des Systems der Europäischen Menschenrechtskonvention, nicht eine Veränderung in der Substanz.

Europa soll ein Kontinent der Lebenschancen für alle sein

Klare Regeln für dezentralen Wettbewerb und subsidiäre Selbstverantwortung, nicht bürokratischer Zentralismus machen ein wettbewerbs- und handlungsfähiges Europa zum Kontinent der Lebenschancen für alle – und als erfolgreiches Modell attraktiv für jene, die noch in Unfreiheit leben müssen. Für unseren Kontinent ist die europäische Einigung eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte. Nach außen ist sie gelebter Beweis dafür, dass sich Rechtstaatlichkeit, Sicherheit und Wohlstand als echter Mehrwert und nicht auf Kosten anderer gestalten lassen. Gerade um in ganz Europa Lebenschancen zu eröffnen, erkennen Liberale die Bedeutung des gemeinsamen Binnenmarktes und der Arbeitsteilung mit Produktionsstätten in allen Teilen eines vereinten Europas ausdrücklich an. Die Europäische Union bleibt offen. Wir sehen in der Erweiterung der Europäischen Union eine große Chance, sofern Kandidaten beitrittsfähig sind und die Europäische Union aufnahmefähig ist. Liberale haben sich stets für ein menschenwürdiges Asylrecht eingesetzt. Auch als Mitglied der Europäischen Union ohne eigene Außengrenze wollen wir einen solidarischen Beitrag dafür leisten, dass Europa in der Welt ein sicherer Zufluchtsort für politisch Verfolgte ist. Deswegen setzen wir uns für eine europaweite menschenwürdige Regelung des Grundrechts auf Asyl ein. Ziel darf dabei nicht der kleinste gemeinsame Nenner in Europa sein. Wir fordern einen möglichst umfassenden Flüchtlingsschutz auf hohem Niveau, welcher die faire Durchführung von Asylverfahren gewährleistet. Auch bei bereits in Deutschland und Europa lebenden Asylbewerbern und Flüchtlingen müssen die Lebensbedingungen verbessert werden.

Wir wollen die politische Union Europas

Wir wollen die europäische Einigung vertiefen und eine politische Union schaffen. Dabei setzen wir auf starke europäische Institutionen. Die Betonung des gemeinschaftlichen Handelns hat in Europa Vertrauen gestiftet. Gemeinsames Handeln ist die richtige Lehre aus der Geschichte. Es stellt sicher, dass Europas Stimme in der Welt gehört wird. Wir Liberalen streiten für eine vertiefte europäische Integration. Damit sich diese nicht in Überregulierung verliert, muss sie sich auf Schlüsselbereiche konzentrieren, in denen europäisches Handeln nationalem oder regionalem Handeln überlegen ist. Der europäische Gedanke ist aus der Vernunft geboren. Wirkliche, dauerhafte Stärke entfaltet er aber nur, wenn wir auch den Boden für ein gemeinsames Wir-Gefühl aller Europäer schaffen. Europa ist ein Staatenverbund mit einzigartigen gesellschaftlichen, politischen, rechtsstaatlichen und ökonomischen Gemeinsamkeiten. Wir Liberalen wollen dass Europa diesen Weg der Vertiefung weitergeht und dabei zu einer politischen Union mit festen föderalen Grundsätzen, demokratischen Strukturen und einer klaren subsidiären Ordnung wird. Am Ende dieser Entwicklung sollte ein durch Volksabstimmungen in den Mitgliedstaaten legitimierter europäischer Bundesstaat stehen. Auf dem Weg hin zu einer politischen Union mit einer europäischen Verfassung fordern wir ebenso eine verstärkte Koordinierung der Wirtschafts-, Umwelt-, Finanz- und Währungspolitik wie eine Weiterentwicklung der europäischen Demokratie. Wir wollen den europäischen Binnenmarkt vollenden, die gemeinsame Agrarpolitik stärker an den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft und Nachhaltigkeit ausrichten und Europas Führungsrolle in den Schlüsselbereichen von Forschung, Technologie und Dienstleistungen stärken. Dabei müssen Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit die Richtung vorgeben. Wir wollen die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in der Europäischen Union so fortentwickeln, dass die EU nach außen konsequent mit einer Stimme spricht. Europa soll Beispiel sein für ein friedliches Miteinander der Völker.

Ein subsidiäres Europa der Bürger und der demokratischen Kontrolle

Wir Liberalen streben ein Europa der Bürger an. Es ist der Souveränität der Bürger verpflichtet. Die immer tiefer gehende Einigung der Europäischen Union ist kein Projekt von Eliten, sondern eine Frage der Zukunftsfähigkeit unseres gesamten Kontinents. Mehr Europa macht uns nicht schwächer, es stärkt uns vielmehr weltweit. Europa existiert nicht auf Kosten seiner Bürger, sondern steht in ihrem Dienst. Das Europa der Bürger zeichnet sich durch feste und klare Kompetenzen und das Prinzip der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit aus. Bürokratie oder Zentralismus haben darin keinen Platz. Wir wollen vielmehr starke Regionen, da sie nahe am Bürger sind. Wir wollen den Rechtsgrundsatz der Subsidiarität institutionell besser absichern und ein europäisches Subsidiaritätsgericht einrichten. Bürgersouveränität heißt auch, dass eine politische Union auf demokratischer Legitimation und Kontrolle beruht. Daher muss das Europäische Parlament zu einem Vollparlament mit gleichberechtigtem Initiativrecht in der Gesetzgebung und umfassendem Haushaltsrecht werden. Wir wollen eine Europäisierung des Wahlrechts zum Europäischen Parlament durch die Einführung eines Zweistimmen-Wahlrechts. Außerdem sollen zum Europäischen Parlament künftig die europäischen Parteien mit länderübergreifenden Listen antreten. Als sichtbares Zeichen direkter Legitimation wollen wir die Direktwahl des Präsidenten der Europäischen Kommission. Wir wollen die Stellung der Kommission als Hüterin der Verträge stärken. Dafür muss die Kommission effizienter, nicht aber größer werden. Im Gegenteil: Wir plädieren für die Verkleinerung der Europäischen Kommission. Neben dem Europäischen Parlament verkörpert der Europäische Rat den notwendigen zweiten Bestandteil demokratischer Entscheidungsfindung im Sinne von Kontrolle und Ausgleich (checks and balances). Als Länderkammer hat er auch in Zukunft eine essentielle Rolle im europäischen Mehrebenesystem.

Selbstverständnis liberaler Außen- und Sicherheitspolitik

Liberale Außen- und Sicherheitspolitik basiert auf den Werten und Normen des Grundgesetzes und des Völkerrechts. Gleichzeitig ist sie durch die nationalen Interessen unseres Landes geleitet. Deutschlands Zukunft in Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand ist untrennbar mit der politischen Entwicklung Europas und der Welt verbunden. Deshalb bekennen wir uns zur Verankerung Deutschlands in Europa und zur Charta der Vereinten Nationen mit ihren universell geltenden Menschenrechten. Liberale Außen- und Sicherheitspolitik ist Friedenspolitik. Sie trägt zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Deutschlands, dem Erhalt seiner territorialen Integrität und seiner politischen Handlungsfähigkeit bei. Sie gewährleistet innere und äußere Sicherheit sowie den Schutz des freien Welthandels und sichert die Versorgung mit Rohstoffen. Unsere Außen- und Sicherheitspolitik bleibt aber grundsätzlich der Kultur militärischer Zurückhaltung verpflichtet. Der Einsatz von Streitkräften bleibt grundsätzlich nur eine letzte Option. Immer muss sie mit politischen und zivilen Maßnahmen zur Wiederherstellung und Sicherung von Frieden und Freiheit in den betroffenen Regionen verbunden sein. Lösungen auf dem politischen und diplomatischen Verhandlungsweg mit den Mitteln der zivilen Krisenprävention ist stets der Vorrang einzuräumen. Liberale Politik bedeutet, dass Deutschland militärisch nur dann handeln sollte, wenn dies gemeinsam mit den Partnern in der Europäischen Union und in der NATO auf der Grundlage einer klaren völkerrechtlichen Legitimation geschieht. Dabei bekennen wir uns uneingeschränkt zum Parlamentsvorbehalt bei der Entsendung deutscher Soldaten in militärische Einsätze. Die Bundeswehr als Freiwilligenarmee ist ein unverzichtbares Instrument deutscher Außenpolitik. Deshalb wollen wir die bestmögliche Ausbildung für unsere Soldatinnen und Soldaten. Wenn es zu Situationen kommt, in denen der Einsatz militärischer Mittel unausweichlich ist, wollen wir gut vorbereitet sein. Wir Liberalen wollen im nationalen Bereich eine laufend aktualisierte, kohärente Sicherheitsstrategie und die Bereitstellung des dafür erforderlichen Instrumentariums. Diese Sicherheitsstrategie muss stets auf der Grundlage deutscher und europäischer Interessen einen klaren politischen Auftrag, erfüllbare Vorgaben und verlässliche Abläufe zur gemeinsamen europäischen Willensbildung im Konfliktfall definieren. Vor dem Einsatz militärischer Mittel muss immer eine Exit-Strategie formuliert sein, die mit Maßnahmen zur friedlichen Überwindung der Konfliktursachen verbunden ist. Das Existenzrecht Israels als jüdischer Staat ist für die FDP unverzichtbare Konstante liberaler Außenpolitik. Wir treten für dieses Recht in sicheren Grenzen ein und gleichzeitig für eine dauerhafte und gerechte Friedensordnung im Nahen Osten.

Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union weiter entwickeln

Es gilt, die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU weiter zu entwickeln und damit die Vision eines Europas zu stärken, das gemeinsam Verantwortung für Frieden, Freiheit und Sicherheit trägt. Liberale setzen sich für eine gemeinsame, umfassende EU-Außen- und Sicherheitspolitik, verbunden mit einer gemeinsamen EU-Friedens- und Sicherheitsstrategie ein. Bei der zukünftigen Entwicklung geht es vor allem darum, die EU in die Lage zu versetzen, in außen- und sicherheitspolitischen Fragen zu jeder Zeit und auf allen Ebenen politisch gemeinsam und operativ vernetzt zu handeln. Hierin kann die sicherheitspolitische Stärke der EU liegen. Sie muss genutzt und ausgebaut werden. Das langfristige Ziel, handlungsfähige europäische Streitkräfte zu schaffen, setzt voraus, dass gemeinsame sicherheitspolitische Interessen politisch definiert werden und als solche von der Politik und von der Bevölkerung auch wahrgenommen und akzeptiert werden. Dafür setzen wir uns ein. Neben der Weiterentwicklung einer handlungsfähigen Gemeinsamen Europäischen Sicherheitspolitik bleibt die NATO weiterhin die Garantin unserer nationalen Sicherheit. Die NATO ist das erfolgreichste Sicherheitsbündnis der Geschichte. Sie ist Ausdruck einer Werte- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen Europa und Nordamerika und stellt deshalb den wichtigsten Anker deutscher Außen- und Sicherheitspolitik dar. Aus liberaler Sicht ist die NATO auszubauen. Gleichzeitig wird das europäische Gewicht innerhalb der NATO vergrößert werden. Gerade weil liberale Außen- und Sicherheitspolitik Friedenspolitik ist, setzen wir Liberalen uns für weltweite Abrüstung und Rüstungskontrolle ein.

Asymmetrischen Bedrohungen von Frieden, Freiheit und Sicherheit begegnen

Die Bedrohungen für Frieden, Freiheit und Sicherheit sind vielfältiger geworden und haben sich gewandelt. Seit dem Ende des Ost-West- Konfliktes haben sich die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen deutlich verändert. In den vergangenen Jahrzehnten war der Frieden durch die unmittelbare Konfrontation zwischen Staaten bedroht. Diese sind zwar auf lange Sicht unwahrscheinlich geworden. Dennoch sind sie nicht auszuschließen und daher zu einem gewissen Anteil unverändert in eine Bedrohungsanalyse mit einzubeziehen. Die Bedrohungen für Frieden, Freiheit und Sicherheit führen heute dazu, dass sich die Sicherheitsherausforderungen kaum mehr regional eingrenzen und nicht immer in Kategorien von Staatlichkeit fassen lassen. Globale Terrornetzwerke und organisierte Kriminalität machen sich schwache staatliche Autoritäten zunutze. Lokale und regionale Konflikte erlangen zunehmend globale Auswirkungen. Die Ausbreitung der Wüsten, der Mangel an sauberem Trinkwasser, die abschmelzenden Polkappen, steigende Meeresspiegel, extreme Klimaveränderungen, Hungersnöte – all das kann zu innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen mit führen. Hohes Bevölkerungswachstum in den am wenigsten entwickelten Staaten und die ungeregelte Landflucht in städtische Ballungszentren verursachen und verschärfen Konflikte, die Konkurrenz um knapper werdende Nahrungsmittel und Ressourcen nimmt an Härte zu. Auch Gesundheitsrisiken durch Pandemien breiten sich durch die Globalisierung deutlich aus. Zudem können Finanz- und Wirtschaftskrisen Staaten destabilisieren und zu internen Unruhen führen. Dazu kommen die Herausforderungen des Cyberspace und des Weltraums.

Liberale Sicherheitspolitik setzt vorrangig auf zivile Mittel

Vor dem Hintergrund solch komplexer Herausforderungen muss Sicherheitspolitik heute global und vernetzt agieren. Zum Konzept der vernetzten Sicherheit gehört es, über notwendige Instrumente zum Schutz unseres Staates zu verfügen. Im Rahmen eines vernetzten Ansatzes werden auch alle relevanten Ressorts miteinander sowie innerhalb der Staatengemeinschaft koordiniert. Dabei steht für uns Liberalen die bewährte Trennung zwischen den Zuständigkeiten für die innere und äußere Sicherheit nicht in Frage. Sicherheitspolitik muss vorrangig eine zivil ausgerichtete Präventionspolitik umfassen. Liberale Politik setzt sich hauptsächlich für die Bekämpfung der Ursachen, nicht nur der Symptome von Konflikten ein. Wir wollen den Menschen individuelle Wohlstands- und Wachstumsperspektiven bieten, denn Chancenlosigkeit bildet den Nährboden für religiösen und politischen Extremismus. Nicht Konfrontation, sondern Dialog ist der Schlüssel zu dauerhaftem Frieden. Dafür setzen wir auf Diplomatie, Entwicklungszusammenarbeit, wirtschaftliche Partnerschaften und polizeiliche und rechtsstaatliche Zusammenarbeit. Wesentliche Instrumente einer vorausschauenden Politik sind Streitschlichtung und Interessenausgleich sowie die Förderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit: von Rechtsstaatsdialogen und ländlicher Entwicklung, von Bildungs- und Wissenschaftskooperation, von Verwaltungs-, Justiz-, Polizei- Militär- und Staatsaufbau. Mit dem Ziel der Erhöhung der Handlungsfähigkeit und der Vervielfachung der Wirkung müssen dabei die supra- und internationalen Strukturen reformiert und ausgebaut werden. Dabei fällt den neuen Gestaltungsmächten wie Indien, Brasilien oder Südafrika mehr Verantwortung zu.

Zusammenarbeit und Entwicklung fördern freie Gesellschaften

Der beste Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand sind Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Eigentum und Soziale Marktwirtschaft. Im Mittelpunkt unserer internationalen Entwicklungspolitik steht die Verantwortung für Menschen, die weltweit in ihren Lebensbedingungen benachteiligt sind. Die Freiheit des Einzelnen und die Verantwortung für andere gehören deshalb für uns selbstverständlich zusammen. Nach wie vor gibt es Staaten, die durch Regierungsversagen, Krisen, Konflikte bis hin zu Bürgerkriegen und Naturkatastrophen in ihrer Entwicklung gehindert werden. Diejenigen Länder, die sich auf einem positiven Entwicklungspfad befinden, haben das ihren wirtschaftlichen und politischen Reformen zu verdanken. Chancen für die Freiheit ergeben sich deshalb besonders dort, wo Menschenrechte und Demokratie gleichermaßen verwirklicht werden und wo Wirtschaftswachstum und Wohlstand für breite Bevölkerungsschichten gelingen. Der Schutz der Menschenrechte, bürgerlicher und politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte sowie der Frauen- und Kinderrechte – ist eine entscheidende Voraussetzung für Entwicklung.

Entwicklungspolitik schafft Freiheitsordnungen und Lebenschancen

Liberale vertrauen auf die Stärken der Menschen und unterstützen sie darin, ihre Situation aus eigener Kraft zu verbessern. Für uns Liberale ist Entwicklungspolitik im Kern eine Politik der Entwicklungszusammenarbeit auf partnerschaftlicher Grundlage. Die Aufgabe einer liberalen globalen Entwicklungspolitik hat zwei Aspekte. Zum einen soll sie die Rahmenbedingungen für mehr materielle und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen schaffen. Globale Freiheit ist dabei auf globale Institutionen und private Initiativen angewiesen. Die Vereinten Nationen, der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und andere internationale Organisationen ebenso wie die Europäische Union sind dabei wichtige Partner von Nationalstaaten. Der weltweite Fortschritt hat gezeigt, dass die Öffnung von Märkten für Privateigentum, Förderung von Unternehmertum, Marktpreismechanismus, Wettbewerb und Freihandel in Verbindung mit Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Bildungsanstrengungen in vielen Ländern für wirtschaftliche Entwicklung gesorgt haben. Der Ausbau des freien Welthandels liegt deshalb sowohl in unserem wirtschaftlichen als auch entwicklungspolitischen Interesse. Den Grundsätzen des freien Welthandels und dem Abbau von Handelsbarrieren sind wir Liberalen in Europa genau wie in der Welt verpflichtet. Zum anderen begreifen wir die mit der Globalisierung einhergehenden sozialen Umwälzungen in der Zivilgesellschaft als Chance für die Umsetzung liberaler Werte. Der Fokus bleibt dabei auf der Bekämpfung von Armut und ihrer Ursachen. Dabei müssen wir immer wieder überprüfen, ob unsere Programme und Projekte die Lebenschancen der Menschen verbessern. Sie sollen nicht neue Abhängigkeiten schaffen, sondern die Freiheit gewährleisten, für sich selbst zu sorgen. Nur wo sich gesellschaftliche Entwicklung im Rahmen von Freiheitsordnungen vollzieht und nur wo Menschen die Chance auf selbstbestimmte Entfaltung haben, entstehen weltweit vielfältige, langfristig stabile und offene Bürgergesellschaften.

 

 

 

Politisches Programm nach §1 Abs. 3 Parteiengesetz, entnommen aus der Partei-Satzung, die beim Bundeswahlleiter einsehbar ist.

Copyright © 03/2021 by bundestaxwahl.de. Alle Inhalte, insbesondere Texte, Fotografien und Grafiken sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, einschließlich der Vervielfältigung, Veröffentlichung, Bearbeitung und Übersetzung, bleiben vorbehalten.