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DIE FRAUEN - Feministische Partei DIE FRAUEN

Präambel:

 



1. FRAUEN IN DIE POLITIK

1.1 Historische Grundlagen feministischer Politik

Der Weg der Frauen in die Politik war steinig. Der modernen Frauenbewegung gingen erbitterte Kämpfe der Frauen der Frauenbewegung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts um folgende existentiellen Rechte voraus:

l Das Recht auf politische Betätigung

l Das aktive und passive Wahlrecht

l Zugang zu allen Formen der Ausbildung

l Der Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz

l Das Recht, unabhängig von der Erlaubnis des Ehemanns arbeiten zu gehen

l Das Recht auf freie Verfügung über Eigentum, z. B. den so erlangten Arbeitslohn behalten zu dürfen

Erst nachdem diese Rechte erkämpft waren, konnte die moderne Frauenbewegung in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstehen. Sie stellt eine der breitesten und mächtigsten, wenn nicht sogar die breiteste und mächtigste politischen Bewegungen der Nachkriegszeit dar.

1.2 Feminismus ist die Theorie und die Praxis der Befreiung der Frau.

Feministisches Bewusstsein ist die Erkenntnis, dass Frauen „einer untergeordneten Gruppe angehören; dass sie als Gruppe unter Missständen leiden; dass ihr untergeordneter Status nicht naturbedingt, sondern gesellschaftlich produziert ist; dass sie sich mit anderen Frauen zusammentun müssen, um die Missstände abschaffen zu können; und schließlich, dass sie eine Gegenvision von einer gesellschaftlichen Ordnung erarbeiten können und müssen in der Frauen wie Männern Autonomie und Selbstbestimmung zustehen.“ (Gerda Lerner) Die feministische Gesellschaftsanalyse und die daraus resultierende Weltanschauung – der Feminismus - geben den Frauen die Mittel an die Hand, ihre Lage zu analysieren und können den Frauen eine gesellschaftliche Perspektive weisen.

1.3 Die Gründung der Feministischen Partei DIE FRAUEN

In Deutschland haben Frauen das Wahlrecht seit 1918. Seitdem wurden über 100 Frauenparteien gegründet und sind wieder verschwunden. Diese Parteien waren keine feministischen Parteien und sie sind gescheitert. Denn Frau sein alleine ist kein Programm und „Frauenforderungen“ alleine reichen für ein eigenständiges Parteiprogramm nicht aus. Die Feministische Partei DIE FRAUEN ging aus der modernen Frauenbewegung hervor und wurde 1995 gegründet. Sie wurde durch die neue Frauenbewegung sowohl historisch notwendig als auch möglich. Ihre Aufgabe ist es, die Bestandteile der modernen Frauenbewegung miteinander zu verbinden. Diese sind: Bürgerinnenrechtsbewegung, Identitätsbewegung sowie Befreiungsbewegung. Die moderne Frauenbewegung ist eine Bürgerinnenrechtsbewegung, weil sie die für Männer erkämpften bürgerlichen Rechte gleichermaßen für Frauen einfordert. Zum Beispiel: sexuelle Selbstbestimmung, Freizügigkeit und Unantastbarkeit der Person und die sich in Demontage befindlichen sozialen Errungenschaften wie existenzsichernder Arbeitslohn, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlten Urlaub usw. Die moderne Frauenbewegung ist eine Befreiungsbewegung, weil sie die Beendigung der Ausbeutung und Unterdrückung aller Frauen durch Männer, bzw. durch patriarchale Strukturen fordert. Aus diesen beiden Gründen ist die moderne Frauenbewegung auch eine Identitätsbewegung.

1.4 Feministische Politik unabhängig von männlicher Dominanz

In keiner der im Bundestag vertreten Parteien übersteigt der Frauenanteil 40%. Das bedeutet, dass in diesen Parteien die Frauen bei allen zur Abstimmung stehenden Entscheidungen von männlichen Mehrheiten abhängig sind. Demgegenüber bietet die Feministische Partei DIE FRAUEN einen unabhängigen und organisatorischen Rahmen, in dem Frauen ungestört von männlicher Dominanz und ohne die Rücksichtnahme auf männliche Mehrheiten ihre politischen und emanzipatorischen Überzeugungen entwickeln und damit an die Öffentlichkeit treten können. Ebenso bietet sie einen organisatorischen Rahmen, der es Frauen erlaubt, gemeinsam und ohne männliche Konkurrenz zu Wahlen anzutreten und ihre Forderungen in Parlamente einzubringen.

1.5 Feministische Politik überall und für alle Frauen

Während feministische Frauenaktivitäten meist auf größere Städte beschränkt bleiben, ist der von der Feministischen Partei DIE FRAUEN geschaffene Raum für jede Frau zugänglich. Er bietet auch Frauen ohne deutsche Staatsbürgerschaft oder ohne politische Erfahrung Zugang zu politischen Entscheidungsprozessen.

1.6 Nie wieder ohne Geld und Macht

Die Feministische Partei DIE FRAUEN bietet einen politischen und organisatorischen Rahmen, der es Frauen ermöglicht, öffentliche Gelder für ihre Tätigkeiten zu erlangen, die nur von der Einhaltung des Parteiengesetzes und Erlangung von Wählerinnenstimmen, nicht aber von der Zustimmung anderer Parteien in Parlamenten abhängig sind. Damit ist die politische Tätigkeit der Feministischen Partei DIE FRAUEN - anders als die vieler Frauenprojekte, die auf öffentliche Förderung angewiesen sind - unabhängig von der Zustimmung anderer Parteien oder Stiftungen deren Entscheidungen wiederum von männlichen Mehrheiten bestimmt werden. Der organisatorische Rahmen einer Partei bietet obendrein perspektivisch die Möglichkeit, nicht unbeträchtliche öffentliche Gelder für eine eigene Stiftung zu erlangen, die politisch unabhängige Frauenforschung, Wissenschaftlerinnen und Frauenprojekte finanzieren kann.

1.7 Frauen machen dauerhaft Geschichte

Nur durch die Erkenntnisse der Frauengeschichte lässt sich die angebliche Universalität weiblicher Unterordnung widerlegen. Die Frauengeschichte beweist, dass das System patriarchaler Herrschaft unter bestimmten historischen Bedingungen entstanden ist und unter veränderten historischen Bedingungen auch beendet werden kann. Die bisherige Geschichtsschreibung ist maskulin und männerzentriert. Sie verleugnet die Existenz von Matriarchaten von den Anfängen der menschlichen Gesellschaft bis in unsere Zeit und verschweigt den Widerstand von Frauen gegen das Patriarchat von dessen Beginn bis heute. Um diesen Mangel an weiblicher Geschichtsschreibung zu verändern, hat die Frauenbewegung Frauenarchive, Frauenmuseen und Frauenstudien erkämpft. Das alleine reicht nicht aus. Solange das Patriarchat die vorherrschende Gesellschaftsform ist, bedarf es der kontinuierlich organisierten, politischen Anstrengung von Frauen und der Institution einer feministischen Partei. Auf diese Weise werden die Erkenntnisse und Errungenschaften der Frauenbewegung über ihre Flauten hinweg erhalten und an die nächste Generation weitergegeben, damit sie nicht in Vergessenheit geraten oder verloren gehen.

1.8 Frauen in die Politik!

Das Ziel der Feministischen Partei DIE FRAUEN ist nicht alleine, den organisatorischen Rahmen für eine unabhängige kontinuierliche feministische Frauenpolitik für gesellschaftliche Veränderungen zu bilden sowie als unabhängige Partei in den Parlamenten Mandate und mehr politische Macht für Frauen zu erlangen. Das Prinzip affidamento verlangt, dass sie darüber hinaus darauf hinwirkt, den Frauenanteil in der Politik insgesamt zu vergrößern und die Position von Frauen in anderen Parteien und Verbänden zu stärken. Deswegen verzichten wir bewusst auf eine Klausel, die die Mitfrauenschaft von Frauen aus anderen Parteien in der Feministischen Partei DIE FRAUEN verbietet. Unsere Parteigründung 1995 hat dazu beigetragen, dass Frauen innerhalb aller Parteien seither mehr Macht und bessere Positionen erlangen konnten. Die bloße Existenz einer unabhängigen feministischen Partei stellt ein starkes Druckmittel für Frauen in allen Parteien und Verbänden dar. Wir verstehen Gleichberechtigung und Feminismus als globale Zukunftsfrage. Unser Ziel ist Gerechtigkeit durch die politische und ökonomische Teilhabe von Frauen gemäß ihrem Bevölkerungsanteil auf allen Entscheidungsebenen und in allen gesellschaftlichen Bereichen!

 

2. FEMINISTISCHE ÖKONOMIE

2.1 Analyse

2.1.1 Basis der Feministischen Ökonomie

Macht und Machtverhältnisse zeigen sich massiv in ökonomischen Verhältnissen, in denen Menschen leben. Feministische Ökonomie zeigt die Grundlagen ökonomischer Diskriminierung auf und fragt danach, was, wie, wo, von wem gearbeitet, produziert, geleistet und verteilt wird. Wesentlich dabei ist auch, wer seine/ihre Interessen wie artikulieren, einbringen und durchsetzen kann. Ausgangspunkt der Feministischen Ökonomie ist die Lebensrealität von Frauen und die damit verbundenen Erfahrungen von Frauen in der Gesamtwirtschaft. Es wird nach Strukturen und Machtverhältnissen gefragt, die die Frauen ökonomisch diskriminieren und wie diese verändert werden können. Feministische Ökonomie schaut aus der Perspektive von Frauen auf wirtschaftliche Vorgänge und analysiert diese. Sie hinterfragt die Bewertungssysteme des Marktes, denn sie versteht Wirtschaften als Einheit von Erwerbsund Versorgungswirtschaft und als eingebettet in die natürliche Mitwelt und das soziale Leben der Menschen. Feministische Ökonomie geht davon aus, dass die herrschende Ökonomie auf sexistischen und rassistischen Annahmen basiert. Eine davon ist das Menschenbild des Homo Oeconomicus. Bei diesem handelt es sich um einen Akteur ohne Verpflichtungen oder Verantwortlichkeiten mit den Eigenschaften Eigennutzorientierung und Konkurrenzverhalten. Der Homo Oeconomicus ist als Idealtypus ein autonomes, vollkommen informiertes, von sozialen Zusammenhängen unabhängiges Wesen. Er versucht tapfer, listig und ausschließlich rational, die Unberechenbarkeit von Markt, Natur und Frauen in den Griff zu bekommen. Geburt, Tod, Krankheit, Abhängigkeit, Beziehungen kommen in diesem Menschenbild nicht vor, was auf ein besonders asoziales Männlichkeitsbild als Basis der Wirtschaftstheorie hinweist. Dieses Menschenbild wird von der Feministischen Ökonomie hinterfragt; sie geht von einem Menschenbild aus, das Menschen in ihren vielfältigen Dimensionen erfasst. Sie berücksichtigt Frauen und Männer auch als körperliche Wesen, ausgehend vom Bewusstsein, dass Menschen einen Körper haben und Körperlichkeit eine bedeutsame, aber in der Ökonomie vernachlässigte Tatsache ist. Darauf aufbauend fordert Feministische Ökonomie, dass wirtschaftliches Handeln vorrangig mit dem Organisieren des Lebensnotwendigen in Verbindung gebracht werden muss.

2.1.2 Kritik der neoliberalen Ökonomie

2.1.2.1 Androzentrismus

Ökonomische Analysen nehmen nur einen Teil der wirtschaftlichen Aktivitäten wahr; sie sind überdies nicht wertfrei, sondern androzentrisch. Das ökonomische Leben von Frauen, das weltweit vor allem auf Subsistenz, Versorgungstätigkeiten und Sorgearbeit basiert, findet keine Berücksichtigung. Denn unser Wirtschaftssystem dient den kurzfristigen Interessen einer weißen, männlichen Minderheit.

2.1.2.2 Wachstum und Fortschrittsdenken

Die Vorstellung eines unbegrenzten Wachstums ist Teil der patriarchalen Ideologie. Im gängigen Wirtschafts- und Geldsystem muss diese Wachstumsideologie zu Zusammenbruch und Katastrophen sowohl in ökonomischen als auch in ökologischen und sozialen Bereichen führen. Die Marktprinzipien Wachstum, Effizienz- und Profitsteigerung basieren auf der weltweiten Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen. Die Schere zwischen sehr wohlhabenden und sehr armen Menschen öffnet sich immer weiter. Die mit der globalen Ausbeutung verbundene Verknappung von Ressourcen, Umweltzerstörung und Klimawandel führen zur weiteren Verschlechterung der Lebensumstände insbesondere von Frauen und Kindern im globalen Süden. Dabei müssen auch die Folgen des zunehmenden Hungers und der Armut vorwiegend von Frauen aufgefangen werden, da sie eine Schlüsselrolle für Ernährung, Gesundheit und Kindererziehung, für Überlebenssicherung und den sozialen Zusammenhalt von Familien und Gesellschaften innehaben.

2.1.2.3 Finanzmarkt-Ökonomie

Wirtschaftliches Handeln muss dem Austausch von gesellschaftlich nützlichen Waren und Dienstleistungen dienen. Die Finanzmarkt-Ökonomie ist für die Versorgung von Menschen mit notwendigen Gütern und Dienstleistungen nicht nur überflüssig, sondern für das Funktionieren der so genannten Realwirtschaft – Produkte und Dienstleistungen jenseits von Kapitalspekulationen - außerordentlich schädlich.

2.1.2.4 Zu viel vom Schädlichen – zu wenig vom Notwendigen

Die Wirtschaft produziert weltweit zu viel von Unnützem und Schädlichem, aber zu wenig vom gesellschaftlich Notwendigen. Dabei wird Überproduktion gezielt gefördert und die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen und anderer Lebewesen zerstört.

2.1.2.5 Frauenarbeit wird weltweit marginalisiert

Eine der Hauptstützen unseres destruktiven Wirtschaftssystems ist die schlecht oder unbezahlte Frauenarbeit, insbesondere im Sorge, Versorgungs- und Substistenzbereich. Obwohl sie den größten Anteil der gesamten weltweit geleisteten Arbeit ausmacht, gilt sie als „unproduktiv“ und taucht in keiner ökonomischen Analyse auf.

2.1.2.5.1 Konzentration auf Produktivität diskriminiert Care-Ökonomie

Unter Care-Ökonomie werden wirtschaftliche Tätigkeiten verstanden, die sich mit der Versorgung, der Pflege, bzw. der Sorge um und für andere Menschen befassen. Durch die Leistungssteigerungen in der Produktion wurden in den vergangenen Jahrzehnten die Lohnstückkosten drastisch reduziert. Diese Produktivitätssteigerung ist jedoch auf diejenigen Tätigkeiten nicht übertragbar, die sich mit der Pflege und Versorgung von Menschen beschäftigen. Autos oder Waschmaschinen können immer billiger gebaut werden, aber Kinder können nicht „effektiver“ betreut, Kranke nicht schneller gepflegt werden. Die Arbeit mit und am Menschen verlangt ein anderes Verständnis von Zeit sowie Umstände, die mit der Logik der „Lohnstückkosten“ nicht vergleichbar sind. Berufe der Care-Ökonomie wie zum Beispiel Pflege und Erziehungsberufe, die vor allem von Frauen ausgeübt werden, sind dadurch stärker von der Abnahme der Reallöhne betroffen. Diese Besonderheiten der Care-Ökonomie werden in der herrschenden Ökonomie-Theorie ignoriert.

2.1.2.6 Neoliberale Politik verstärkt die Spaltung unter Frauen.

Die berufliche Integration von Frauen in formale Wirtschaftsstrukturen wird hoch bewertet. Frauen, die dem Marktmodell entsprechen können und wollen, dürfen an den neoliberalen Gewinnen teilhaben. Die grundlegende feministische Forderung nach verstärkter Einbindung von Männern in die unbezahlte Haus- und Versorgungsarbeit bleibt auf der Strecke; die bestehenden Geschlechterarrangements und Geschlechterstereotypen werden nicht aufgehoben. Stattdessen sind die Frauen aufgefordert, diese Tätigkeiten als Nachfrage auf den Markt zu bringen. Denn karriereorientierte Berufstätigkeit ist auf ein Individuum ausgerichtet, das keine Versorgungsarbeiten zu übernehmen hat, bzw. das von der Arbeit des Alltags entlastet ist. Insbesondere Mutterschaft und anspruchsvolle Erwerbstätigkeit sind heutzutage oft nur mit Hilfe von Dienstpersonal miteinander zu vereinbaren. Die Delegation von Haus- und Versorgungsarbeiten erfordert hohe Einkommensunterschiede zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin („Herrin und Magd“). Die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen einer bestimmten Schicht erfolgt also auf Kosten einer neuen sozialen und ethnischen Ungleichheit zwischen Frauen und trägt zur Stabilisierung des patriarchalen Systems bei. Ähnlich wie Anfang des 20. Jh. wird auch heute wieder der größte Teil der schlecht bezahlten Dienstleistungsarbeiten für Privathaushalte von Frauen geleistet – vor allem durch Migrantinnen in sozialversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnissen. Ihre eigenen Kinder müssen diese Frauen im Heimatland zurücklassen. Dieser „globalen Fürsorgekette“ entlang werden Haus- und Versorgungsarbeiten auf der sozialen Klassenleiter nach unten gereicht. Es entsteht eine neue ethnisch definierte weibliche Unterklasse.

2.1.2.7 Übernutzung von Gemeingütern

Gesellschaftliche, bzw. ökonomische Teilhabe bestimmt sich nicht nur aus dem Zugang zu Konsum- und Arbeitsmärkten, sondern auch durch Zugang zu Gemeingütern: Saubere Umwelt (Luft, Wasser, Boden, Erdatmosphäre, intakte Natur), aber auch regionale Mobilität, Bildung und Wissen, öffentliche Sicherheit. Diese kulturellen Errungenschaften sowie die natürlichen Ressourcen werden von verschiedenen Interessensgruppen (Unternehmen, private und öffentliche Haushalte) übernutzt. Die Kosten für die Reparatur der Schäden an Gemeingütern und an der menschlichen Gesundheit werden auf die Gemeinschaft abgewälzt. Es wird geschätzt, dass diese Kosten etwa einem Fünftel des Weltsozialproduktes entsprechen. Die klassische Wirtschaftstheorie ignoriert die Fähigkeit von sozialen Gemeinschaften zur Selbstorganisation. Sie vermittelt die Botschaft, dass Allgemeingüter – wie z.B. Wasser oder Bildung – effektiver genutzt werden, wenn sie sich in Privateigentum befinden. In Folge dieser Politik wurden die gesellschaftlichen Gemeingüter immer mehr einem Ausverkauf unterworfen. Die negativen Folgen machen sich zunehmend bemerkbar: eingeschränkter Zugang zu Gemeingütern, Verschlechterung der Qualität von Gemeingütern (z.B. Trinkwasser, Mobilität, Atemluft, Klimaveränderung) und mittelfristig erhöhte Kosten, die die Allgemeinheit zu tragen hat. Insbesondere Frauen und Kinder sind hier die Leidtragenden, da sie in erhöhtem Umfang auf gesellschaftliche Daseinsfürsorge angewiesen sind (Bildung, Gesundheit, intakte Natur, Nahverkehrsmobilität) und auf deutlich weniger Geld als Männer zurückgreifen können.

2.1.2.8 Wirtschaftspolitik und Demokratieverständnis

Frauen konnten bis in das 20. Jahrhundert ökonomische Erfahrungen nur in Räumen und Orten machen, die ihnen von Männern zugewiesen und gelassen wurden sowie unter den Strukturen, die Männer schufen, und Werten, die Männer setzten. In Deutschland endete das Organisationsverbot für Frauen erst 1908. Auch heute noch sind Frauen in den entscheidenden Stellen der Wirtschaftswissenschaften und der Wirtschaft nur marginal vertreten. Hauptsächlich Männer entscheiden über die Belange der Bürgerinnen und Bürger und über die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik. Es waren Männer, die dem Homo Oeconomicus zu seiner Berühmtheit verholfen hatten. Und es sind hauptsächlich Männer, die sich in der Ausrichtung der Wirtschafttheorie weiterhin auf diesen unsozialen ökonomischen Archetypen beziehen, der mit der realen Lebenswelt von Frauen und Kindern nichts zu tun hat. Weltweit werden sie auf die schlecht bezahlten Arbeitsplätze verwiesen und gezwungen, sich an einen Arbeitsmarkt zu verkaufen, der keine Rücksicht auf die immer noch geschlechtsstereotype Arbeitsteilung in Haushalt und Sorgearbeit nimmt, obwohl er von ihr profitiert. In ökonomischen Entscheidungsfunktionen sind Frauen nur vereinzelt vertreten, so dass ihr Einfluss in der Privatwirtschaft gering ist. Es handelt sich also in der Wirtschaftspolitik einerseits um einen eklatanten Mangel an weiblicher Mitbestimmung und anderseits um ein rücksichtsloses Ignorieren der Lebenswelt von Frauen und Kindern. Darüber hinaus ist es der Lobby der Großunternehmen - insbesondere derjenigen aus der Finanzökonomie - gelungen, die Politik zur Handlangerin ihrer profitorientierten Interessen zu machen. Die entsprechende Subventionspolitik ist meist intransparent und sie nützt vorrangig den Konzernen statt dem gesamtgesellschaftlichen Wohlergehen.

2.1.3 Die deutsche Wirtschafts- und Fiskalpolitik benachteiligt Frauen

Heutzutage wird von Frauen eine eigenständige Existenzsicherung erwartet, was sich z.B. in der Änderung der Unterhaltsgesetze ausdrückt. Auf der anderen Seite jedoch wird selbst Frauen mit einer guten Ausbildung eine gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsarbeitsmarkt nicht zugestanden. Es existiert eine strukturelle Diskriminierung von Frauen im Erwerbsarbeitsmarkt.

2.1.3.1 Mythos von fehlenden Arbeitsplätzen, falsche Verteilung von Arbeit

Entgegen weit verbreiteten Behauptungen gibt es in Deutschland genug gesellschaftlich notwendige und nützliche Arbeit. Das bestehende Wirtschaftssystem versagt jedoch bei der Organisation, Verteilung und Bewertung dieser Arbeit, mit der Folge, dass ein Teil der gesellschaftlich notwendigen Arbeit unterbleibt und ein Teil unbezahlt geleistet werden muss, während gleichzeitig gesellschaftlich und/oder ökologisch schädliche Arbeit überbezahlt wird. Auch die Verteilung der Menge der heute geleisteten Arbeit führt zu destruktiven gesellschaftlichen Bedingungen: viele Menschen erhalten keine bezahlte Arbeit und leben unter dem Existenzminimum, während andere mehr arbeiten als es ihnen gesundheitlich gut tut, andere erzielen dabei ein Einkommen in einer Höhe, das aus gesamtgesellschaftlicher Sicht nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind die Niedriglohnbeziehenden und mit Lohnarbeit Unterbeschäftigten überwiegend Frauen, während Männer nach wie vor höhere Erwerbsarbeitszeiten und –einkommen aufweisen können.

2.1.3.2 Frauenberufe erfahren geringe Wertschätzung

Besonders am Erwerbsarbeitsmarkt wird deutlich, dass die Leistung von Männern und Frauen unterschiedliche Wertschätzung erfährt. Dies zeigt sich in der in Deutschland über Jahre nahezu konstanten Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern von ca. 23% sowie in den tariflichen Arbeitsbewertungen: beispielsweise wird der Einsatz von Körperkraft durch ständiges Heben und Tragen bei gewerblichen Tätigkeiten honoriert, bei Pflegekräften jedoch nicht. In die Bezahlung fließt ein, ob eine Person Verantwortung für technische Geräte oder Budget trägt, nicht aber für Menschen. Die strukturelle Geringschätzung von weiblicher Arbeitsleistung zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche der Gesellschaft.

2.1.3.3 Frauen sitzen zwischen allen Stühlen

Die geschlechtsstereotype Arbeitsteilung im häuslichen Umfeld trägt dazu bei, dass Frauen mit Kindern ihre Arbeitszeit drastisch reduzieren müssen. Die steuerliche Bevorzugung von Einkommensunterschieden in der Ehe schafft zusätzliche Anreize dafür, dass sich die Erwerbsarbeitszeiten sowie die Erwerbseinkommen weiter auseinander entwickeln. Mit 20 Milliarden Euro jährlich subventioniert der Staat Ehepaare unabhängig davon, ob Kinder zu versorgen sind. Auch das Sozialversicherungsrecht begünstigt insbesondere Ehemänner, die mit einer nicht oder geringfügig erwerbstätigen Ehefrau leben, mit zusätzlich jährlich mindestens 25 Milliarden Euro, da sie für diese keine Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung entrichten müssen, während erwerbstätige Ehefrauen eigene Beiträge zu entrichten haben. So arbeitet eine zunehmende Anzahl von Frauen in ungeschützten Arbeitsverhältnissen – auch über die Zeit der Familienarbeit hinaus. Sie bleiben finanziell vom Mann abhängig, erhalten ein niedrigeres Arbeitslosengeld, sind in ihrer beruflichen Entwicklung gebremst und ihre Rente ist nur halb so hoch wie die der Männer.

2.1.3.4 Das Steuerrecht benachteiligt Frauen

Das Steuerrecht hat Auswirkungen auf private Entscheidungen und auf die Chancen von Frauen und Männern am Erwerbsarbeitsmarkt. Das herrschende Steuerrecht begünstigt männliche Lebensrealitäten und benachteiligt Frauen. Es spiegelt gesellschaftliche Normvorstellungen wider, die die gesellschaftlichen Leistungen von Frauen marginalisieren, bzw. ignorieren. Beispiele dafür sind der (männliche) Vollzeitarbeitnehmer oder der „Eckrentner“ mit 45 Jahren ununterbrochener sozialversicherungspflichtiger Erwerbsarbeit. Das Einkommenssteuerrecht unterscheidet zwischen privaten und betrieblichen Aufwendungen: Kinderbetreuungskosten werde als private Aufwendungen (beschränkte Sonderausgaben) definiert, während Werbungskosten als betriebliche Aufwendungen begünstigt werden. Diese Trennung definiert unbezahlte Haus- und Versorgungsarbeit generell als unproduktiv und betriebliche Aufwendungen generell als produktiv. Sie basiert auf dem Verständnis des „Normalarbeiters“, der nicht für Betreuungs- und Versorgungstätigkeiten zuständig ist. Es ist daher nicht überraschend, dass Frauen seltener als Männer sowie im geringeren Umfang von steuerlichen Entlastungen profitieren.

2.2 Unsere Forderung: Globaler Wertewandel

2.2.1 Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks

Das Weiterleben der Menschheit und die Qualität der Lebensbedingungen hängen davon ab, ob es gelingt, die Erderwärmung auf ein überlebensfähiges Maß zu begrenzen. Dazu ist es notwendig, den Energie- und Ressourcenverbrauch und - damit verbunden – Produktion, Konsum und Mobilität zu reduzieren. Das betrifft insbesondere den Lebensstil in Konsumgesellschaften. Viele der im vorliegenden Programm der Feministischen Partei DIE FRAUEN geforderten Maßnahmen können einen Beitrag zur Reduzierung dieses sogenannten „ökologischen Fußabdrucks“ leisten:

Voraussetzung für eine ökologisch nachhaltige Weltwirtschaft ist die Überwindung von kapitalistischem Denken und Handeln. Wirtschaftswachstum darf nicht die Grundlage politischer Entscheidungen sein, denn die Ressourcen unserer Erde sind weitgehend verbraucht(1).

Es ist dringend notwendig, dass der gesellschaftliche Zwang zur Mobilität für Menschen und Waren verringert wird. Dadurch erhöht sich die Lebensqualität der gesamten Menschheit.

Die monopolisierte landwirtschaftliche Produktion muss umgestellt werden auf nachhaltige und ökologische Landwirtschaft(2).

Das weltweite Bevölkerungswachstum kann verringert werden, indem Frauen selbst über ihre Sexualität und Fortpflanzung entscheiden.

Dabei muss die Grenze, die GENUG von ZUVIEL trennt, demokratisch ausgehandelt werden(3)

2.2.2 Ökofeministische Weltinnenpolitik

Wir wollen ein Wirtschaftssystem, das nicht länger auf der Ausbeutung der Natur und der Menschen beruht. Dazu ist nicht nur eine ökologische Wirtschaftsreform, sondern vor allem eine grundlegende Neuerung des internationalen Wirtschaftens notwendig. Es müssen andere Werte und Wirtschaftsformen gelten, die sich an einer sozialen Gemeinschaft, an Lebensqualität für alle weltweit und an der Vielfalt der Menschen und der Natur orientiert. Die kulturelle und biologische Vielfalt ist zentraler Bestandteil dieser Werte. Um dies zu erreichen, muss "Entwicklungspolitik" durch eine Ökofeministische Welt-Innenpolitik ersetzt werden. Dies ermöglicht die Entwicklung einer neuen Wirtschaft und Gesellschaft.

2.2.2.1 Umbau zur Kreislaufwirtschaft

(in Bearbeitung)

2.2.2.2 Neudefinition von Lebensqualität

In Anbetracht unseres Anteils an der Zerstörung der Erde und der Verarmung und Verelendung großer Teile der Weltbevölkerung müssen wir unsere Grundbedürfnisse und Lebensqualität neu definieren

2.2.2.3 Berücksichtigung von Care-Arbeit in der Ökonomie-Theorie

(in Bearbeitung)

2.2.2.4 Vorrang der Regionalität, Unterstützung von Subsistenzarbeit

Subsistenz macht unabhängig und muss unterstützt werden. Dezentralität erlaubt die Rückkehr zur Regionalität und zur Unabhängigkeit von globalen Strukturen. Eine regionale und dezentrale Organisation von Lebensnotwendigkeiten geht Hand in Hand mit demokratischer Teilhabe.

2.2.2.5 Gemeingüter und Organisation von Kooperation

Feministische Ökonomie und Ökologie basieren auf kooperativem Verhalten von Menschen und Gruppen. Diese haben einen Anspruch darauf, an Gemeingütern teilhaben zu dürfen anstatt sich auf die Rolle von marktfähigen Produzierenden und Konsumierenden reduzieren lassen zu müssen. Für die Idee von Gemeingütern sind soziale Zusammenschlüsse notwendig, die die gemeinsame Nutzung von Gütern organisieren. Frauen agieren weltweit als Garantinnen für soziale Zusammenschlüsse, in denen für das Wohl der Gemeinschaft gesorgt wird. Kooperationsformen, in denen Dominanz über andere keinen Raum findet, müssen politische Unterstützung erhalten. Denn menschliche Gemeinschaft ist nicht nur ein fördernswertes Gut, sie kann darüber hinaus die Grundbedürfnisse von Menschen besser decken als ausschließlich profitorientierte Märkte dies vermögen.

2.2.2.6 Zurückdrängung der Finanzmarkt-Ökonomie

Die Finanzmarkt-Ökonomie muss konsequent zurückgedrängt werden. Wichtige Schritte sind Gesetze zur Regulierung des Kapitalverkehrs, z.B. durch die Einführung einer Steuer auf internationale Finanztransaktionen, die Unterbindung von Steuerflucht und die stärkere Besteuerung von Kapital. Wir fordern zudem einen konsequenten Schuldenerlass für die Länder des globalen Südens, da diese Schulden aufgrund der ausbeuterischen Austauschverhältnisse im internationalen Handel entstanden sind.

2.2.2.7 Partizipative Demokratie

Voraussetzung für eine Wirtschaft, die den menschlichen Daseinsbedürfnissen dient, ist die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungen. Partizipative Demokratie basiert auf kleinräumigen Entscheidungsstrukturen und gleicher Teilhabe von Frauen und Männern. Demokratie soll nicht nur als Staatsform, sondern auch als Lebensform dienen, um eine Ausdehnung des Politischen auf alle Sphären der Gesellschaft und somit eine unmittelbare Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Frauen müssen gleichen Zugang zu Strukturen, Ressourcen und Macht in allen ökonomischen und politischen Bereichen erhalten.

2.2.2.8 Ausgleich der internationalen Ungleichverteilung: zurückfließende internationale Solidaritätsabgabe

Wir setzen uns für eine "zurückfließende internationale Solidaritätsabgabe" ein: Wir wollen die Verschlechterung der internationalen Austauschbeziehungen (terms of trade) zum Nachteil der Länder des globalen Südens stoppen und umkehren. Diese Abgabe soll auf den Import von Waren und Dienstleistungen erhoben werden und vollständig an die Länder des globalen Südens zurückfließen. Die Abgabe soll:

l auf grenzüberschreitende Einfuhren aus Ländern außerhalb der EU erhoben werden unabhängig davon, ob es sich um eine Transaktion zwischen Unternehmen oder innerhalb eines transnationalen Unternehmens handelt;

l umso höher sein, je höher der "Ausbeutungs- bzw. Zerstörungsgrad" bei der betreffenden Ware oder Leistung ist. Der Ausbeutungsgrad soll ökologische und soziale Faktoren berücksichtigen. Die Produktion von Produkten mit hohem Ausbeutungsgrad ist schnellstmöglich einzustellen.

l Die "zurückfließende internationale Solidaritätsabgabe" soll Unternehmen begünstigen, die zu fairen Preisen kaufen bzw. höhere Löhne bezahlen. Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, fair zu handeln.

l Die Einnahmen aus der Internationalen Solidaritätsabgabe sollen nicht an die Regierungen der betreffenden Länder zurückfließen, sondern an Basiseinrichtungen, z.B. Frauenkooperativen, Genossenschaften, regierungsunabhängige Gewerkschaften und regierungsunabhängige Organisationen (NGOs). Zusätzlich wird ein Fonds geschaffen zur Förderung der eigenständigen Existenzsicherung von Frauen in den Ländern des globalen Südens.

2.2.2.9 Simultanpolitik

Wir sehen in der Initiative Simultan-Politik – „Simpol“(4) eine kluge Strategie zur Lösung der oben aufgeführten globalen Probleme. Wie Simultanpolitik strebt die Feministische Partei DIE FRAUEN eine global verbesserte Zusammenarbeit, gemeinsame Regulierungen der Finanzmärkte, nachhaltigen Umweltschutz, Existenzrechte für Menschen, Tiere und Pflanzen, Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen für alle Menschen, Friedenspolitik, gute soziale Standards weltweit und mehr direkte Bürgerinnen-Beteiligung an.

2.2.3 Nationale Maßnahmen zum Umbau der Ökonomie: vom Falschen zum Notwendigen

Es steht zu erwarten, dass die von der feministischen Partei DIE FRAUEN geforderte Umverteilung der Erwerbsarbeit und der Einkommen zu einer Veränderung des Konsumverhaltens führen. Durch die Verbesserung ihres Einkommens werden mehr Menschen in die Lage versetzt, zum Leben Notwendiges zu konsumieren, während die Nachfrage nach Luxusgütern sinken wird. Zum Abbau der Naturzerstörung und zum Aufbau einer gebrauchswertorientierten Wirtschaft genügt dies allerdings nicht. Denn die Konsumentlnnen haben nur begrenzt Einfluss auf die Produktionsmethoden, mit denen ein Produkt hergestellt wird. Außerdem sind die größten "Konsumenten" der Staat und die Unternehmen selbst. Wir brauchen deshalb Maßnahmen, die die Wirtschaftstätigkeit unmittelbar beeinflussen. Dabei muss darauf geachtet werden, nicht nur die Existenzbedingungen für Frauen im globalen Norden zu verbessern, sondern auch Naturzerstörung, Ausbeutungsverhältnisse und Rüstungsproduktion weltweit abzubauen.

2.2.3.1. Schaffung von gesellschaftlich nützlichen Erwerbsarbeitsplätzen

Schaffung zusätzlicher Erwerbsarbeitsplätze durch Umverteilung der vorhandenen Erwerbsarbeit

Zur Schaffung von mehr Erwerbsarbeitsplätzen und zur Verringerung der Einkommensunterschiede muss die Erwerbsarbeit umverteilt werden. Diese Umverteilung soll erreicht werden durch Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich bei unteren Einkommensgruppen und ohne Lohnausgleich im oberen Einkommensbereich. Dadurch können mehrere Ziele gleichzeitig erreicht werden:

l Alle Menschen, die dazu in der Lage sind, können einer existenzsichernden Erwerbsarbeit nachgehen.

l Die Erwerbsarbeit nimmt wesentlich weniger Zeit für die Einzelnen in Anspruch, so dass sie sich mehr Zeit für sich und für gesellschaftsrelevante Aufgaben nehmen können.

l Geringe Einkommensunterschiede fördern die Zufriedenheit der Menschen.

Neuschaffung von Erwerbsarbeit durch Vergesellschaftung und Professionalisierung der Versorgungs- und Pflegearbeit

Die bisher nicht in unserer Wirtschaftstheorie erfasste Haus-, Versorgungs- und Pflegearbeit muss als gesellschaftlich nützliche und notwendige Arbeit anerkannt werden. Sie muss soweit möglich professionalisiert werden. Der Teil dieser Arbeit, der nicht professionalisiert werden kann oder soll, muss gleichmäßig auf Frauen und Männer aufgeteilt werden.

Neuschaffung von Erwerbsarbeit durch Abbau der Naturzerstörung

Nachhaltiges, umweltschonendes Wirtschaften ist arbeitsintensiver als die heutige umweltzerstörende Wirtschaftsweise der Industrienationen. Durch eine nachhaltige, umweltschonende Wirtschaftsweise können also Erwerbsarbeitsplätze geschaffen werden - nicht nur im sogenannten (nachsorgenden) Umweltschutz, sondern vor allem durch die Umstellung auf ressourcenschonende Produktionsverfahren, die in aller Regel arbeitsaufwendiger sind, da sie bestimmte "Rationalisierungen" nicht zulassen. Als Beispiel sei nur der ökologische Landbau erwähnt, der ungleich arbeitsintensiver ist als der chemisch-maschinelle, dafür aber auch weit bessere und gesündere Produkte liefert. Ökologisches Wirtschaften steigert also auch die Lebensqualität.

Neuschaffung von Erwerbsarbeit durch Abbau der Ausbeutung anderer Länder und Völker

Auch der von uns angestrebte Abbau der Ausbeutung von Menschen und Ländern des Südens und Ostens kann Erwerbsarbeitsplätze in Deutschland schaffen bzw. sichern: Wenn z.B. für Rohstoffe und importierte Produkte ein fairer Preis bezahlt wird, müssen zur Bezahlung dieses Imports mehr Waren exportiert werden - oder die importierten Waren müssen durch inländische Produkte ersetzt werden. In beiden Fällen wird zusätzliche (Erwerbs-) Arbeit in Deutschland notwendig. Zum Teil wird eine Verteuerung von Importen allerdings auch durch eine Verringerung des inländischen Konsums aufgefangen. Dies halten wir dann für akzeptabel bzw. richtig, wenn gleichzeitig die Einkommen gerechter verteilt werden, so dass vor allem der Konsum derjenigen eingeschränkt wird, die heute am meisten von der Ausbeutung der Länder des Südens und Ostens profitieren. (Siehe dazu auch den Vorschlag einer "zurückfließenden" internationalen Solidaritätsabgabe).

2.2.3.2 Abbau der Diskriminierung von Frauen am Erwerbsarbeitsmarkt

Um das Recht auf einen existenzsichernden Arbeitsplatz für Frauen zu sichern, brauchen wir eine Mindestquotierung von 50 % in allen Bereichen der Erwerbsarbeit, im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft. Staatliche Subventionen dürfen nur an solche Betriebe gehen, die Frauen bei Neueinstellungen und bei Beförderungen nachweislich gleiche Chancen – z.B. durch den Nachweis von quotierten Führungspositionen, arbeitnehmerinnenfreundlichen Arbeitsbedingungen sowie der Gewährleistung von gleicher Bezahlung von Frauen und Männern – geben.

2.2.3.3 Schaffung einer von Erwerbsarbeit unabhängigen existenzsichernden Grundsicherung

Zur Gewährleistung einer eigenständigen Existenzsicherung muss ein individuelles Recht auf eine existenzsichernde Grundsicherung durchgesetzt werden. Die Grundsicherung soll bezahlt werden an: Kinder (gestaffelt nach dem Alter), an Personen, die an der Erwerbsarbeit gehindert sind, weil sie alt, krank oder erwerbsbehindert sind, sich in Ausbildung befinden oder weil sie andere versorgen, soweit sie aus den Sicherungssystemen keine existenzsichernden Leistungen bekommen. Die Grundsicherung muss ein Leben in Würde sichern und den Bezieherlnnen die volle Teilhabe am gesellschaftlichen, sozialen und politischen Leben erlauben. Die Grundsicherung darf in keiner direkten oder indirekten Weise mit einem Zwang zur Arbeit verbunden werden. Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert jedoch ein Wirtschaftssystem, in dem möglichst wenig Menschen Grundeinkommen beziehen müssen, bzw. das ihnen hilft, möglichst schnell wieder aus dieser Situation herauszukommen. Der Empfang von Grundsicherung schließt deshalb die Möglichkeit einer Erwerbsarbeit mit eigenem Einkommen innerhalb bestimmter Grenzen ausdrücklich nicht aus. Staatsausgaben, müssen zu Lasten der Vermögenden und Besserverdienenden und zu Gunsten des Bevölkerungsteils mit niedrigeren Einkommen, zu dem vor allem Frauen gehören, umverteilt werden. Wir wollen mit der Steuerpolitik die Schaffung von sinnvollen und existenzsichernden Arbeitsplätzen unterstützen und dazu beitragen, dass Ressourcen geschont werden. Außerdem soll die Finanzpolitik transparent und für jeden Bürger und jede Bürgerin nachvollziehbar werden. Die Steuereinnahmen und die Staatsausgaben sollen so veröffentlicht werden, dass deutlich wird, in welcher Höhe Frauen Steuern gezahlt und wie viel sie von den Staatsausgaben erhalten haben.

2.2.3.4 Finanz- und Steuerpolitik

(in Bearbeitung)

2.2.3.5 Regionale Komplementärwährungen

Die Feministischen Partei DIE FRAUEN unterstützt die Entwicklung von regionalen Komplementärwährungen als wirksames Gegengewicht zur neoliberalen Globalisierung der Wirtschaft. Regionale Komplementärwährungen dienen dazu, die regionale Wirtschaft zu stärken und die Produkte der Region vorrangig zu vermarkten. Da regionale Währungen nur in einer bestimmten Region gültig sind, verbleibt das Regio-Geld in der Region und wandert nicht ab in obskure Steueroasen. Das Konzept regionaler Komplementärwährungen enthält die Abschaffung des Zinswesens, das als Ausbeutungsmechanismus dient: Zins und Zinseszins sind die Hauptursache dafür, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer, aber zahlreicher werden. Regionale Komplementärwährungen eignen sich nicht für Spekulationen an den Börsen. Ihnen liegen reale wirtschaftliche Tätigkeiten zugrunde.

 

3. ÖKOLOGIE UND LEBENSGRUNDLAGEN

Unser gegenwärtiger Umgang mit unserer Umwelt und unseren Lebensgrundlagen beruht auf ihrem Verbrauch und ihrer Ausbeutung bis hin zu ihrer Zerstörung. Zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen und zur weltweiten Verbesserung der Situation der Frauen sind daher bis zum notwendigen Umbau der Ökonomie in eine Kreislaufökonomie die folgenden Forderungen zu erfüllen.

3.1 Vorrang für ökologische Landwirtschaft

3.1.1 Folgen konventioneller Landwirtschaft

Konventionelle, globalisierte Landwirtschaft ist gekennzeichnet:

l durch einen hohen Verbrauch an Pestiziden und Kunstdüngern. Dies bedeutet einen hohen Verbrauch von Energie und endlichen Rohstoffen. Außerdem führt es zu einer starken Belastung von Umwelt und Menschen, da die verwendeten Giftstoffe unkontrolliert in die Nahrungskreisläufe eingeschleust werden.

l durch eine Massentierhaltung, die Tiere ausschließlich als Produktionsmittel betrachtet und ihnen kein würdiges Leben zugesteht. Diese Tierhaltung verbraucht viel Energie und Boden und erhöht die Abgabe klimaschädlicher Stoffe. Durch den massiven Verbrauch von importierten Futtermitteln verstärkt sie zudem die Ausbeutung der Länder des globalen Südens.

l durch Großbetriebe, die zur Verarmung und Zerstörung von Lebensräumen und zur Verdrängung der Kleinbäuerinnen von den Märkten führen.

l durch Subventionen, die Überflussproduktion und Preisdumping fördern. Dadurch wird umweltverträgliche, regional ausgerichtete Landwirtschaft vernichtet, insbesondere im globalen Süden.

3.1.2 Notwendige Umstellungen im Bereich der Landwirtschaft

Ausschließlich die ökologische Landwirtschaft darf gefördert werden. Diese produziert vor allem in regionalen Kreisläufen und erhält die Fruchtbarkeit der Böden. Sie erwirtschaftet unbelastete Lebensmittel und Futtermittel müssen überwiegend aus Eigenanbau stammen. Dabei muss auf artgerechte Tierhaltung geachtet werden. Zusätzlich schützt sie Wasser, Boden und Luft und erhöht die Vielfalt an Lebensräumen in der Region und dient somit auch dem Artenschutz. Landwirtschaftliche Produkte aus Drittländern dürfen nur aus ökologisch unbedenklicher Produktion und aus fairem Handel unter Stützung von Genossenschaften und Kleinbäuerinnen bezogen werden. Spekulationsgeschäfte mit Lebensmitteln müssen verhindert werden.

3.2 Frauen in Ernährung und Landwirtschaft

Die Landwirtschaft wäre in der Lage, die Weltbevölkerung zu ernähren. Tatsächlich aber steigt die globale Nahrungsunsicherheit. Diese Entwicklung im landwirtschaftlichen Bereich geht weltweit insbesondere zu Lasten der Frauen:

3.2.1 Lage der Landwirtinnen im globalen Norden

Im globalen Norden ist die Leitung landwirtschaftlicher Betriebe einschließlich der Nutzung der zugehörigen Wälder zu großem Teil bis heute in männlicher Hand, obwohl der Anteil ausgebildeter Frauen in diesem Bereich stetig steigt und ihre Arbeit häufig für die Existenz der Betriebe unabdingbar ist. Landwirtinnen besitzen meist die geringste Freizeit.

3.2.2 Von der Subsistenz zur Saisonarbeit

Im globalen Süden sind Frauen meist zuständig für die Subsistenzlandwirtschaft, die in der Regel eine nachhaltige Landwirtschaft darstellt, während Männer eher für überregionalen Verkauf und Export produzieren. Durch die Überschwemmung der Märkte mit billigen Importen aus den industrialisierten Ländern entsteht für die Frauen die Notwendigkeit, einen Zuverdienst zu suchen. Auch verlieren sie oft Grund und Boden an internationale Konzerne (land grabbing). Ihre kleinbäuerliche Produktion wird mit der Zeit verdrängt. Dies führt zu einer immer stärkeren Feminisierung landwirtschaftlicher Lohnarbeit, die Arbeitsbelastung der Frauen wird immer höher. Dadurch besitzen diese Frauen und ihre Töchter immer weniger Zeit für Bildung und politische Teilhabe.

3.2.3 Die Folgen grüner Gentechnik

Der Einsatz von Gentechnik führt besonders im globalen Süden zu einer Reihe negativer Folgen für die dortigen Frauen: Da sie in den meisten Gebieten diejenigen sind, die für Erhalt und Züchtung von Saatgut zuständig sind, bedeutet der Ersatz traditioneller Saatgutsorten durch genverändertes Saatgut für sie eine Wegnahme von Entscheidungsgewalt und damit eine Entmachtung der Frauen. Weiter führt die Verwendung von genverändertem Saatgut zu einseitigem Anbau weltwirtschaftlich interessanter Pflanzen bei gleichzeitigem Rückgang der regionalen Nahrungsmittelproduktion,. Dies zerstört die Nahrungssicherheit der Bevölkerung. Der notwendige Ankauf des genveränderten Saatgutes stellt eine erhebliche finanzielle Belastung der Landwirtinnen dar. Grüne Gentechnik verstärkt also die Abdrängung der Frauen aus der relativ autonomen SubsistenzLandwirtschaft in schlecht bezahlte Lohnarbeit im landwirtschaftlichen Bereich. Zusätzlich verschiebt sich die Ausübung der Macht zugunsten der Männer.

3.2.4 Stärkung der Stellung von Frauen in der Landwirtschaft

Da Frauen weltweit für die landwirtschaftliche Produktion tragend sind, muss ihre Stellung gestärkt werden: Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Landwirtschaft muss umverteilt werden, um die Frauen zu entlasten. Dies ermöglicht die stärkere Förderung der Bildung von Mädchen und Frauen und die Einbeziehung von Frauen in regionalen und globalen Entscheidungsprozessen. Neben der Förderung der Frauen ist dadurch ein zusätzlicher positiver Effekt auf die Landwirtschaft selbst zu erwarten, da Frauen oft diejenigen sind, die für umweltschonenden und ökologischen Landbau offen sind. Die Kontrolle über die regionalen Ressourcen muss in den Händen von BäuerInnen und Gemeinschaften liegen. Dazu müssen regionale, sozial kontrollierbare Wirtschaftsräume geschaffen werden. In denen muss im Einklang mit der Natur und in demokratischer, kreativer und selbstbestimmter Weise das produziert werden, was den Grundbedürfnissen der Menschen in der Region entspricht. Das bedeutet neben der Bedarfsorientierung der Produktion eine saisonale Orientierung unter Berücksichtigung der in der Region vorhandenen Voraussetzungen wie Rohstoffe, Natur und Qualität. Die Regionen sollen - so weit möglich - ihren Grundbedarf eigenständig decken können. Was darüber hinaus produziert wird, geht in den Austausch mit anderen Wirtschaftsräumen. In landwirtschaftlicher Forschung und Saatgut-Züchtung muss verstärkt auf die Erfahrungen und Bedürfnisse von Frauen geachtet werden. Die grüne Gentechnik ist zu verbieten.

3.3 Waldbau und Jagd

Wald ist ein Gemeingut, das weltweit geschützt werden muss.

3.3.1 Waldbau in Europa

Der Waldbau in Europa unterliegt theoretisch dem Prinzip der nachhaltigen Waldwirtschaft. Bei der realen Bewirtschaftung ist aber festzustellen, dass oft finanzielle Interessen oder Lobbyorganisationen wie der Jagdverband in Deutschland starken Einfluss auf die Bewirtschaftung besitzen. Deshalb werden Einschränkungen der Schutzfunktionen des Waldes hingenommen und Schutzgebiete verhindert.

3.3.2 Jagd als Hobby

In Deutschland dient die Jagd nicht dem Erhalt des Waldes, sondern dem Privatvergnügen der meist männlichen Jäger. Dies führt dazu, dass auf Kosten der Waldverjüngung für die Jagd interessante Tierarten in künstlich hohen Populationen gehalten werden. Darunter leiden neben dem Wald auch die Tiere selbst, da häufig saisonaler Nahrungsmangel und Krankheiten auftreten. Unliebsame Konkurrenten der Jäger wie Bär, Wolf und Luchs werden dagegen daran gehindert, sich wieder anzusiedeln.

3.3.3 Weltweite Waldvernichtung für den Norden

Tatsache ist, dass weltweit die meisten Wälder für die Bedürfnisse des globalen Nordens vernichtet werden. Großflächige Waldrodung findet in der Regel statt, um die Länder des globalen Nordens mit Holz, Genussmitteln, Futtermitteln und pflanzlichen Energieträgern zu versorgen. Walderhaltende Bewirtschaftungsformen der ansässigen Bevölkerung werden abgelöst von der Waldvernichtung durch meist internationale Konzerne. Die Menschen werden dabei in schlecht bezahlte Lohnarbeit gezwungen.

3.3.4 Durchsetzung der nachhaltigen Waldwirtschaft in Europa

Bei der Nutzung des Waldes muss neben der langfristigen regionalen Versorgung mit Waldprodukten die Erhaltung der Schutzfunktionen des Waldes im Vordergrund stehen. Dafür muss das Prinzip der nachhaltigen Waldwirtschaft, der Aufbau einer vielfältigen Waldstruktur und die Einrichtung und Erhaltung ausreichender unbewirtschafteter Schutzgebiete durchgesetzt werden. Voraussetzung dafür ist im Bereich Deutschlands, dass früherer Staatswald in Gemeineigentum zurückgeführt wird.

3.3.5 Bedingungen für die Jagd in Deutschland

Die Jagd darf nur dem Erhalt des Waldes dienen, die Festlegung von Abschussplänen ist ausschließlich unter Gesichtspunkten der Erhaltung eines vielfältigen Waldes zu treffen. Wildfütterung darf nur in begründeten Ausnahmefällen stattfinden, es dürfen keine Tiere zu Jagdzwecken ausgesetzt werden. Tierarten, die den Erhalt des Waldes nicht stören und keine Probleme in der Landwirtschaft bereiten, dürfen nicht bejagt werden. Für den Aufbau und den Erhalt des Lebensraumes und der Wiederansiedlung vollkommen geschützter Arten ist zu sorgen.

3.3.6 Maßnahmen zum Erhalt des Waldes weltweit

Es muss ein Verbot der Einfuhr von tropischen Hölzern und aller anderer Holzprodukte aus Urwäldern durchgesetzt werden. Die Einfuhr von Futtermitteln und Energieträgern aus landwirtschaftlichen Monokulturen im globalen Süden muss verboten werden, um weiteren Urwaldabholzungen entgegenzusteuern. Weiterhin muss bei der Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte darauf geachtet werden, dass der jeweiligen Anbaufläche keine Urwälder zum Opfer gefallen sind. Kleinbäuerinnen und genossenschaftlich strukturierte Erzeugergemeinschaften, die nachhaltig Produkte dem Wald entnehmen, sind zu fördern.

3.4 Wasser

Wasser wird – ausgelöst durch die Klimaerwärmung - in vielen Ländern des globalen Südens wie auch in einigen industrialisierten Ländern ein immer knapperes Gut. Gleichzeitig wächst weltweit der Privatisierungsdruck auf diese Ressource. Die Konsequenz ist im globalen Süden eine verstärkte Belastung der Frauen. Sie müssen für den Erwerb des notwendigen Wassers zusätzliche Geldmittel erwirtschaften oder immer mehr Zeit für die Beschaffung von Wasser aufwenden. Weltweit führt die Privatisierung der Wasserversorgung zur schlechteren Verfügbarkeit und schlechteren Qualität des Wassers. Deshalb muss die Bereitstellung von Wasser eine Aufgabe der Gemeinwirtschaft bleiben: In der Entwicklungszusammenarbeit muss zusätzlich darauf geachtet werden, dass die Bedürfnisse der Frauen hinsichtlich der Wasserbereitstellung stärker berücksichtigt werden. Sie müssen außerdem bei der Übernahme neuer Aufgaben im Wassermanagement einen Ausgleich durch Entlastung von anderen Pflichten erhalten. Auch muss darauf geachtet werden, dass sie den Machtzuwachs, den sie durch diese neuen Zuständigkeiten erhalten, auch halten können.

3.5 Tierrechte

(in Bearbeitung)

 

4. ENERGIE UND VERKEHR

4.1 Energie

Es gibt im Grunde kein Energie-Problem; die Probleme, die die Energieerzeugung und ihr Verbrauch machen, sind "man-made". Sonne, Wind, Wasserkraft und Biomasse liefern genügend Energie - vorausgesetzt, alle Möglichkeiten zur Energieeinsparung werden genutzt. Der vermeintlich notwendige Einsatz von Atomkraftwerken zur Erzeugung von Energie ist ein dauerhaftes Risiko. Kostbare Jahrzehnte gingen und gehen verloren, in denen alternative Möglichkeiten zur Energieerzeugung hätten weiterentwickelt werden können. Der Betrieb von Atomkraftwerken birgt immer ein Restrisiko, das zu einem fatalen Unfall führen kann, sei es durch menschliches Versagen oder einen gezielten Terroranschlag. Die Folgen wären Millionen Tote, Strahlenkranke und ein für lange Zeit unbewohnbares Land. Ein zusätzliches Risiko sind die Wiederaufbereitungsanlagen, die Atommülllager und die Atommülltransporte. Diese ermöglichen den dauerhaften Weiterbetrieb der Atomkraftwerke. Es ist beängstigend zu beobachten, wie das ohnehin geringe, politische Engagement für eine ökologische Wirtschaftsweise schwindet: In GATS (General Agreement on Trade and Services - Allgemeines Handels- und Dienstleistungsabkommen) und WTO- (Welthandelsorganisation) – Verhandlungen wird deutlich, dass lebens- und menschenfreundliche Erfordernisse dem Profit untergeordnet werden. Ziel der GATS- und WTO-Verhandlungen ist es, innerstaatliche Regelungen aufzuheben, weil sie als Handelshemmnisse für den freien Markt angesehen werden. Dadurch werden die Nationalstaaten ihrer Regelungshoheit enthoben. Ein Atomausstieg im nationalen Alleingang und eine Wende in der Energieerzeugung zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse etc.) wäre dann nicht mehr möglich. Es ist also höchste Zeit, die Energiewende auf nationaler Ebene voranzutreiben, Entwicklungsmöglichkeiten der Länder der 3. Welt zu fördern und ihre Unabhängigkeit von den Energiemärkten der Industriestaaten zu realisieren. Gerade im Bereich der Energieversorgung ist die Vertretung von Frauen auf allen Ebenen, in denen Entscheidungen getroffen werden, besonders wichtig. Wir fordern folgende Schritte zu einer vorsorgenden, umweltfreundlichen und sozialverträglichen Energieversorgung:

l Sofortige Stilllegung der Atomkraftwerke. Das ständige Risiko eines schweren Unfalls und das ungelöste Problem der Endlagerung über viele Generationen erfordern einen sofortigen Ausstieg aus dieser Risikotechnologie.

l Konzept einer Energiesparpolitik in allen Bereichen (Industrie, Haushalt, Handel, Verkehr). Es ist technisch möglich, den Energieverbrauch in Industrieländern ohne Einschränkung der Lebensqualität zu halbieren.

l Konsequente und ökologische Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Ziel ist die Deckung des Strombedarfs aus regenerativen Energien zu 100%.

l Dezentralisierung der Energieversorgung und Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen.

l Keine neuen Kohlekraftwerke. Kohle ist der Brennstoff mit der höchsten CO2 Emission pro kWh. Das klimafreundliche Kohlekraftwerk gibt es nicht.

l Als Übergangslösung für eine mögliche Energielücke können Gaskraftwerke genutzt werden. Die dazu benötigte Gasmenge kann durch eingesparte Ressourcen bei der Gebäudedämmung und durch den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung kompensiert werden.

l Mengenrabatte für Großverbraucher müssen abgeschafft werden. Sparsamer Verbrauch muss belohnt werden. Wir fordern die realistische Berechnung des Strompreises unter Einbezug sämtlicher Kosten, auch der Folgekosten und die Abschaffung der verschleierten Subventionen (beispielsweise fließen die enormen Kosten für Atommülltransporte nicht in den Strompreis ein).

4.2 Verkehr

Eine Verkehrswende ist nicht nur aus ökologischen Gründen notwendig, sondern auch deswegen, weil Autoverkehr und Autozwang die Unabhängigkeit von Frauen verhindert. Frauen sind heute immer noch am meisten zu Fuß, mit dem Rad, dem Bus oder der Bahn unterwegs, nur etwa ein Drittel aller Frauen besitzt ein Auto. Diese Tatsache verhindert die Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit von Frauen, denn Frauen haben i. A. einen von Männern unterschiedlichen Lebensalltag. Weil ihnen in der Regel die täglichen Versorgungsaufgaben aufgebürdet werden, ist für sie der öffentliche Raum der Arbeitsplatz. Dieser wird durch die autofixierte Verkehrspolitik nachhaltig entwertet. Frauen leiden besonders unter den negativen Auswirkungen des Autoverkehrs: Lärm, Gestank, Gefährdung, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Umwege und Wartezeiten, die Verbannung unter die Erde durch U-Bahnen und Unterführungen, Verschlechterung und Abbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gehen zu Lasten von Frauen, Kindern und alten Menschen. Fehlende Anschlüsse, Verspätungen, fehlende Bahn- und Buslinien kosten die Zeit von Frauen. Eine autofixierte Siedlungs- und Stadtentwicklungspolitik hat dazu geführt, dass die Stätten des Wohnens, Versorgens, Arbeitens und Erholens voneinander isoliert und schlechter erreichbar geworden sind. Da Frauen die Arbeiten des Hervorbringens und Erhaltens von Leben, der häuslichen Kleinproduktion, des Versorgens, Pflegens und Reparierens sowie der Kindererziehung, -beaufsichtigung und -bildung, häufig zusätzlich zu eigener Berufstätigkeit leisten, geht der Zeitaufwand durch die langen Wege zu ihren Lasten. Die langen Wege beeinträchtigen die Entscheidungsfreiheit von Frauen im Hinblick auf ihre qualifizierte Berufsausübung. Da sie Erwerbsarbeit mit Haushalt und Kinderversorgung vereinbaren müssen, spielt bei der Auswahl der Erwerbsarbeit die bessere Erreichbarkeit eine größere Rolle als qualifiziertere und finanziell bessere Berufsaussichten. Wir fordern daher eine feministische Stadtplanungs- und Siedlungspolitik (s. Programmpunkt 14. „Architektur und Stadtplanung“) und eine feministische Verkehrspolitik, die:

l sicherstellt, dass bei allen Planung- und Entscheidungsprozessen Frauen entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil beteiligt werden.

l die objektive und subjektive Sicherheit für Frauen erhöht: Die Aufenthaltsqualität im und um den ÖPNV muss gesteigert werden.

 

5. FRAUEN FÜR EUROPA

5.1 Grundverständnis der Europäischen Gemeinschaft

Die Feministische Partei DIE FRAUEN befürwortet einen europäischen Einigungsprozess als Instrument, um die negativen Auswirkungen der Globalisierung (Umweltzerstörung, Arbeitslosigkeit und Armut, ausufernde Macht der Finanzmärkte) zu bekämpfen, bzw. abzuschwächen. An der tatsächlichen Umsetzung des europäischen Gemeinschaftsgedankens kritisieren wir, dass nicht der Gedanke des europäischen Sozialmodells im Mittelpunkt steht, sondern wirtschaftspolitische Interessen wie „freier Waren- oder Kapitalverkehr“. Statt sozialer Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger wird „Wettbewerbsfähigkeit“ angestrebt. Dies steht den Forderungen der Feministischen Partei DIE FRAUEN völlig entgegen, die das Wohl der Menschen und nicht das der Wirtschaft in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt. Diese soll den Menschen dienen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN möchte die Entwicklung der Europäischen Union in Richtung einer sozialen, geschlechtergerechten, demokratischen und ökologischen Gemeinschaft. Die Vielfalt der verschiedenen europäischen Regionen soll genauso Berücksichtigung finden wie die Unterhaltung von fairen ökonomischen Beziehungen zu den anderen Teilen der Welt. Die bereits in den europäischen Verträgen von Maastricht, Amsterdam und Rom bzw. Lissabon festgelegten undemokratischen Strukturen in Europa lehnen wir ab. Wir wollen eine klare Gewaltenteilung und die Stärkung der Rechte des Europaparlamentes, das als einziges Organ eine direkte Legitimation durch das Volk hat. Wir wollen ein friedliches und soziales Europa, das mit allen Ländern fair umgeht, statt ihnen durch Subventionspolitik und ökonomische Zwänge die Lebensgrundlagen zu entziehen. Wir Feministinnen wollen für Frauen den Anteil an politischer Macht und gesellschaftlichem Reichtum, der ihnen auf Grund ihres Bevölkerungsanteils und ihrer freiwillig geleisteten gesellschaftlich notwendigen Arbeit zusteht. In allen Institutionen der Europäischen Gemeinschaft müssen Frauen und Männer entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil sichtbar vertreten sein. Das ist ein Gebot der Demokratie und der Gerechtigkeit. Die Konzepte zur Durchsetzung unserer Forderung basieren auf Kooperation und gerechter Teilhabe und reichen von feministischer Erziehung, der verbindlichen Quotierung aller Positionen in allen gesellschaftlichen Bereichen bis zur Professionalisierung und Aufwertung der gesellschaftlich notwendigen Pflege-, Betreuungs- und Erziehungsarbeit. Die Verwirklichung einer gerechten, demokratischen, gewaltfreien Gesellschaft ist überfällig, erstrebenswert für alle und die Voraussetzung für den Frieden zwischen den Menschen, mit den Tieren und der Natur.

5.2 Für ein friedliches Europa

Mit dem Vertrag von Lissabon wird eine Militarisierung der EU-Außenpolitik angestrebt, die vor allem „die Handelswege und den freien Fluss der Rohstoffe“ schützen soll. Für die Europäischen Streitkräfte ist eine Selbstermächtigung zu jeder militärischen Handlung vorgesehen, die den wirtschaftlichen und politischen Interessen der EU dient. Sie müssen sich dazu keiner parlamentarischen Kontrolle unterziehen. Statt einer europäischen Abrüstungs- und Friedenspolitik werden militärische Gewalt verfassungsmäßig gerechtfertigt, ja sogar gefordert (Pflicht zur nationalen Aufrüstung).

5.2.1 Ächtung militärischer, sexualisierter und struktureller Gewalt

Wir wollen die gesellschaftliche Ächtung militärischer, sexualisierter und struktureller Gewalt. Kriege und deren Vorbereitung wie die Bereitstellung von Armeen und die Waffenproduktion müssen verboten werden. Statt des Zwangs zur Aufrüstung in der Europäischen Union, der sich aus dem Verfassungsvertrag von Lissabon ergibt, müssen sich alle Mitgliedstaaten zur Abrüstung und Ächtung der Gewalt verpflichten. Das schließt Pornografie, Prostitution, Frauen- und Kinderhandel sowie religiös motivierte Gewalt gegen Frauen ein. All das ist mit der Würde des Menschen unvereinbar. Wir setzen darauf, dass eine Gesellschaft ohne Gewalt menschlichen Erfindungsgeist und enorme Ressourcen freisetzen wird, die zum Aufbau einer zivilen, gerechten Gemeinschaft notwendig sein werden. Eine konsequente Ächtung der Gewalt sollte gerade von Deutschland ausgehen und von der Europäischen Union übernommen und fortgeführt werden. Davon versprechen wir uns gewaltfreie Problemlösungen auf internationalem Gebiet,

5.2.2 Selbstbestimmung und ökonomische Unabhängigkeit

Wir wollen eine Politik, die unsere Rechte auf Selbstbestimmung in Bezug auf Sexualität, Schwangerschaft und die Wahl der Lebensweise garantiert - gleichgültig, ob wir allein, mit Partnerinnen oder Partnern, mit Kindern oder ohne leben. So gibt es seit einigen Jahren in Europa rückschrittliche Entwicklungen: Die sogenannten Moralklauseln, die einen Schwangerschaftsabbruch in allen Fällen verbieten, müssen wieder gestrichen werden. Wir vertreten das strikte Individualprinzip bei allen Steuern und sozialen Sicherungssystemen und fordern die sofortige Umsetzung der Richtlinien zur Chancengleichheit.

5.2.3 Trennung von Staat und Religion

Wir fordern eine konsequente Trennung von Staat und Religion. Religion ist Privatsache und darf keine finanzielle Förderung aus Steuergeldern erhalten. Menschenrechte und demokratisch legitimierte Gesetze stehen selbstverständlich über religiösen Überzeugungen. Wir wollen eine Politik, die allen das Recht auf Arbeit und soziale Sicherheit garantiert. Dazu gehört das Recht auf einen existenzsichernd bezahlten Arbeitsplatz unter menschenwürdigen Bedingungen, Gesundheitsschutz und Schutz vor ungerechtfertigter Kündigung. Alle müssen den gleichen Lohn für gleiche Arbeit und Zugang zu allen Positionen haben. Bei gleicher Eignung müssen Frauen bzw. Männer dort bevorzugt werden, wo sie unterrepräsentiert sind. Bei Krankheit, Schwangerschaft und in Erziehungszeiten und alters- oder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird Lohnfortzahlung gewährt. Außerdem bietet ein dichtes Netz kostenloser wohnortnaher Betreuungs-, Schul- und Beratungszentren die Garantie für professionelle, liebevolle, außerhäusliche Betreuung, Erziehung und Ausbildung in kleinen Gruppen.

5.3. Infrastruktur und Geschlechtergerechtigkeit / Kommunale Daseinsvorsorge

Die kommunalen Rechte in der Daseinsvorsorge werden durch die EU-Politik immer weiter eingeschränkt. Sie sollen zunehmend dem profitorientierten Wettbewerb und der Privatisierung unterworfen werden. Im Rahmen der finanziellen Umverteilung zwischen Kapital und Zivilgesellschaft zugunsten der Finanzmärkte werden die nationalen und v. a. kommunalen Budgets für soziale Infrastrukturleistungen immer stärker reduziert. Frauen und Kinder sind besonders von der unsozialen europäischen Politik betroffen. Sie sind als Hauptgarantinnen von Pflege- und Betreuungsaufgaben überdurchschnittlich stark auf soziale Infrastrukturpolitik angewiesen. Sie haben geringere Einkommen und weniger Kapitalbesitz, sind somit besonders armutsgefährdet und damit häufiger auf soziale Transferleistungen des Staates angewiesen. Darüber hinaus profitieren sie in deutlich geringerem Umfang von der staatlichen Politik der Kapitalförderung. Dies führt zu einer zunehmenden Verschärfung der Geschlechter-Ungerechtigkeit. Die Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge (Bildung, Energie, Wasser, öffentlicher Verkehr, Post und Telekommunikation, kommunale Wohnungswirtschaft, Medien und Gesundheit) dürfen weder privatisiert noch in den Wettbewerb mit privaten Anbietern gezwungen werden. Die Nutzung dieser Güter und Dienstleistungen sind von allgemeinem öffentlichem Interesse und lebenswichtig. Das Konzept des Public Private Partnership für öffentliche Aufgaben lehnen wir ab, weil es die existenzielle Versorgung der Gesellschaft mit öffentlichen Gütern gefährdet.

5.4 Ökologie und Verantwortung für die nächste Generation

Wir wollen eine Politik, die allen saubere Luft, sauberes Trinkwasser und unbelastete Lebensmittel in unmittelbarer Wohnortsnähe garantiert. Dazu brauchen wir weder die Natur auszubeuten, noch die unverantwortbare Chemie-, Gen- oder Atomtechnik und Nanotechnologie, deren Folgen nicht rückholbar und deren Probleme bisher ungelöst sind. Wasser ist Lebensmittel. Seine Verknappung ist besorgniserregend. Statt die Privatisierung der Wasserversorgung voranzutreiben, muss die Wasserverschwendung in der Industrie und anderswo beendet werden. Siedlungsräume, Erwerbsarbeitsplätze und Versorgungsinfrastruktur müssen (wieder) zusammengeführt werden, um den Individualverkehr einzuschränken und ein öffentliches Verkehrsnetz aufzubauen, das bequem, erreichbar und kostenlos für alle ist. Damit lässt sich ohne Verlust an Lebensqualität der Klimaschutz verwirklichen. Die Güterproduktion muss sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen ausrichten und keinesfalls an Gewinnmaximierung.

5.5 Europa ohne Grenzen

Wir wollen offene Grenzen haben für alle, die in Europa Zuflucht suchen, weil sie anderswo verfolgt, bedroht oder benachteiligt werden. Wir wollen das aktive und passive Wahlrecht für alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Europa haben. Dem widerspricht der Begriff „Bürger“, wie er in den europäischen Verträgen festgelegt ist, denn er bezieht sich ausschließlich auf Menschen mit einem europäischen Pass und schließt alle anderen aus, die in Europa arbeiten und leben.

Der Festung Europa mit Schengen-Abkommen, Schleierfahndung bis zur Überwachung mit elektronischen Augen und ähnlichen von der Rüstungsindustrie ersonnenen Einschränkungen der Freizügigkeit und der BürgerInnenrechte erteilen wir eine Absage.

5.6 Für ein Europa der echten Demokratie

Der im Dezember 2007 verabschiedete Reformvertrag („Lissabon-Vertrag“), der sich vom ursprünglichen Verfassungsentwurf vom Juni 2004 kaum unterscheidet, ignoriert die Interessen der Mehrheit der Menschen. Der vorliegende Vertrag bedeutet einen Rückschritt in Sachen Demokratie und Menschenrechte. Er wurde unter 17 % Frauenbeteiligung hinter mehr oder weniger verschlossenen Türen erarbeitet und verfolgt vorrangig das Ziel, die Interessen der Staatschefs und der EU-Kommission auf eine vertragliche Grundlage zu stellen. Dabei sollen auch nationale Grundgesetze ausgehebelt werden (z.B. nationale Pflicht zur Aufrüstung, Ausnahmerecht für Todesstrafe bei Kriegsgefahr). Die Wählerinnen und Wähler in Europa sollen gezielt davon abgehalten werden, dieses (in deutscher Fassung) über 800 Seiten lange verwirrend aufgemachte Vertragswerk zu lesen und sich am Verabschiedungsprozess beteiligen zu wollen. Dabei soll es offiziell die Interessen und das Rechtsempfinden der Menschen in Europa zum Ausdruck bringen. 80 % der Deutschen hatten sich in einer Umfrage für ein Referendum zum Verfassungsvertrag ausgesprochen. Dies wurde im Mai 2005 mit 98 % der Abgeordneten-Stimmen des deutschen Bundestags abgelehnt. Die Mitbestimmungsrechte der Europäerinnen und Europäer sind beschränkt auf die Wahl eines Gremiums - das Europäische Parlament -, das selbst keine Gesetze einbringen, sondern lediglich über die von der Europäischen Kommission vorgelegten Gesetze entscheiden kann. Damit fehlen ihm die wesentlichen Rechte eines Parlamentes. Die Europäische Kommission als diejenige Institution, die die alleinige Gesetzgebungskompetenz innehat, muss sich keiner Wahl stellen; ihre Mitglieder werden in einem völlig undurchsichtigen Verfahren von den nationalen Regierungen willkürlich bestimmt. Die Europäische Kommission besitzt das Initiativ - Monopol auf Rechtsakte und vollzieht gleichzeitig die Umsetzung von Beschlüssen des Parlaments und des Rates. Damit ist die legislative und exekutive Gewalt in einer Hand – normalerweise ein Kennzeichen totalitärer Staaten. Der Europäische Gerichtshof als Judikative ist nicht auf Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit vereidigt, sondern auf die Durchsetzung der neoliberalen europäischen Prinzipien bedacht. Der Europäische Rat, bestehend aus den nationalen RegierungsvertreterInnen, ist eine Art „Geheimgremium“, das grundsätzlich nicht öffentlich tagt. Entscheidungen des Rates der EU werden vorwiegend von nationalen Beamten und Lobbyisten gefällt. Diese sind in ca. 250 Arbeitsgruppen organisiert, um auf diesem undurchsichtigen Weg die Politik der EU zu kontrollieren und zu steuern. Somit sind der Korruption und dem Lobbyismus durch die Eliten der nationalen Verbände und der Wirtschaft bereits jetzt Tür und Tor geöffnet. Den 40.000 EU-Beamten soll jedoch laut Lissabon-Vertrag zukünftig noch eine dauerhafte Immunität zugestanden werden. Wir fordern eine korrekte Gewaltenteilung auf europäischer Ebene. Dazu gehören vollständige gesetzgeberische Entscheidungsrechte für das Europaparlament und eine unabhängige europäische Rechtsprechung. Die EU-Kommission muss demokratisch gewählt werden. Die Sitzungen des Europäischen Rates und der EU- Kommission müssen öffentlich und ihre Arbeit muss transparent sein. Nur so kann Lobbyismus und Korruption verhindert werden. Der in den europäischen Verträgen festgelegte Begriff „Bürger“ bezieht sich ausschließlich auf Menschen mit EU-Pass und schließt Menschen ohne EU-Pass, die in Europa leben und arbeiten, aus. Wir wollen das aktive und passive Wahlrecht für alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Europa haben.

5.7 Europäisches Steuerunrecht

Europa beherbergt viele prominente Steueroasen: Luxemburg, Monaco, Liechtenstein, die Schweiz, Österreich. Die Finanzflucht-Begünstigung dieser Länder verursachen jährlich Steuerausfälle bis zu 144 Mrd. Den Mitgliedsstaaten steht immer weniger Geld für die Wahrnehmung ihrer sozialen Infrastruktur-Aufgaben zur Verfügung; ein parallel dazu forciertes Lohndumping treibt große Mengen von BürgerInnen in die Verarmung. Einzige Gewinner: die global agierenden Konzerne, die aufgrund ihrer internationalen Finanzmachtstellung kaum mehr auf Standortproduktion angewiesen sind, sondern ihre Gewinne zunehmend mit Hilfe von Finanztransaktionen erzielen. Wir wollen nicht länger zusehen, wie die Vision eines vereinten Europas immer mehr zu einer unsozialen Freihandelszone verkommt. Daher ist es dringend nötig, die europäische Politik dahingehend auszurichten, einheitliche steuerliche Behandlung von Kapital durchzusetzen und damit die zunehmende innereuropäische Steuerflucht von Firmen und Privatleuten zu unterbinden. Die 2005 eingeführte Zinsrichtlinie war ein erster Schritt in diese Richtung. Sie wurde jedoch von Belgien, Luxemburg und Österreich boykottiert. Eine Lockerung des Bankgeheimnisses muss jedoch für alle EU-Staaten durchgesetzt werden, um zukünftig alle Kapitalerträge nach dem Wohnsitzlandprinzip einheitlich zu versteuern. Dies würde auch für Erträge gelten, die außerhalb der EU erbracht werden: liegt der Gewinnsteuersatz in diesem Land niedriger, muss die Differenz zum EU-Steuersatz nachversteuert werden. Wir fordern, dass Kapitalerträge nicht geringer besteuert werden dürfen als Einkommen aus Arbeit. Dies widerspricht einem gerechten Steuersystem, da damit ausgerechnet diejenigen Einkommen finanziell bessergestellt werden, die ohne Arbeit entstehen und nur der finanziell bessergestellten Bevölkerung – in der großen Mehrheit Männer - zufallen. Diese Ungleichheiten zu Ungunsten von Frauen müssen innerhalb der Steuersysteme angemessen Berücksichtigung finden. Dazu gehört u. a. eine Entlastung der unteren Einkommen, die Einbeziehung aller Einkunftsarten in die Besteuerung und die Abschaffung von negativen Erwerbsanreizen für Frauen wie z.B. Ehegattensplitting (Deutschland) oder Alleinverdienerprämien (Österreich).

5.8 Forderungen an Europa

Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert:

l Eine generelle Umgestaltung der europäischen Institutionen. Das bedeutet beispielsweise, dass die Gesetzgebungskontrolle von der Kommission auf das demokratisch legitimierte Parlament verschoben werden muss.

l die Repräsentation von Frauen in allen europäischen Gremien mindestens in der Höhe, die ihrem Anteil in der Bevölkerung entspricht. Das ist ein Gebot der Demokratie und der Gerechtigkeit.

l Initiativ- und Beteiligungsrechte für die europäischen WählerInnen

l nachhaltige Transparenz durch eine wirkungsvolle demokratische Kontrolle über das Lobbying- Geschäft. Dies soll mit EU-Gesetzen zur Auskunftspflicht der Brüsseler LobbyistInnen und durch bessere Transparenz ihrer Einflüsse ermöglicht werden.

Wir fordern ein Europa,

l in dem militärische, sexualisierte und strukturelle Gewalt gesellschaftlich geächtet wird. Das schließt Pornographie, Prostitution und religiös motivierte Gewalt gegen Frauen ein.

l das allen das Recht auf Arbeit und soziale Sicherheit garantiert.

l das die Rechte auf Selbstbestimmung in Bezug auf Sexualität, Schwangerschaft und die Wahl der Lebensweise garantiert.

l mit einer konsequenten Trennung von Staat und Religion.

l der offenen Grenzen für alle, die in Europa Zuflucht suchen, weil sie anderswo verfolgt, bedroht oder benachteiligt werden.

l mit sauberer Luft, sauberem Trinkwasser und unbelasteten Lebensmitteln

l des strikten Individualprinzips bei allen Steuern und sozialen Sicherungssystemen

 

6. FRIEDEN

Die Feministische Partei DIE FRAUEN ist eine pazifistische Partei, das heißt, sie ist antimilitaristisch. Sie lehnt militärische Gewalt auch als letztes Mittel zur Konfliktlösung ab. Wer aufrüstet, Waffen herstellt, sie exportiert und an Militäreinsätzen teilnimmt, will keinen Frieden, sondern fördert Kriege und zieht Nutzen daraus. Frauen der Welt und gerade wir Frauen in der Bundesrepublik Deutschland haben aus der Geschichte gelernt und stehen zu unserer besonderen Verantwortung für einen dauerhafte Frieden. Daher fordern wir die völlige Entmilitarisierung aller Staaten und Nationen. Die Bundesrepublik Deutschland muss hier den ersten Schritt tun und einseitig auf Militarisierung und Rüstung, Gewaltverherrlichung und Kriegspropaganda verzichten. Sämtliche direkten und indirekten Militärausgaben der Bundesrepublik Deutschland sowie die Ausgaben für die Subventionierung der Waffenindustrie und des Waffenexportes sollen eingespart werden und in den Sozial- und Kulturhaushalt fließen. Derzeit werden in der Welt immer neue Kriege angezettelt. Eine wichtige Ursache ist das Streben weniger Männer nach immer mehr Macht und Reichtum sowie die Verblendung und vermeintliche Hilflosigkeit vieler Frauen und Männer. Eine weitere Ursache für Kriege ist die Tatsache, dass die betroffenen Länder Waffenarsenalen gleichen und dass in vielen Ländern ganze Industrien davon leben, Waffen zu produzieren und zu verkaufen. Weil es Armeen gibt, werden Kriege gemacht. Sie werden durch die Rüstungsindustrie verursacht, gefördert und verlängert. Die bundesdeutsche Rüstungsindustrie versorgt nicht nur die Bundeswehr mit Waffen, sondern sie ist vor allem darauf ausgelegt, Waffen zu exportieren. Die Rüstungsindustrie braucht internationale Krisenherde und Kriege, damit sie Waffen verkaufen kann, die im Einsatz gegen Menschen "verbraucht" werden. Die Behauptung "friedliebender Mächte", Kriege mit Hilfe von Waffengewalt beenden zu wollen, heißt nichts anderes, als Feuer mit Benzin löschen zu wollen. Wer Militäreinsätze - aus welchen Gründen immer - gutheißt, bringt damit zum Ausdruck, dass Armeen für alle Fälle bereitgehalten und ausgerüstet werden müssen, weshalb auf die Produktion von Waffen nicht verzichtet werden kann. Zwar wurde der 2. Weltkrieg durch die Armeen der Alliierten mit Waffengewalt beendet, doch sind wir der Überzeugung, dass es denselben Mächten möglich gewesen wäre, die Erstarkung des Nationalsozialismus schon im Vorfeld des 2. Weltkrieges durch Wirtschaftsboykotte, internationale Ächtung und durch massive Unterstützung des Widerstands in Deutschland zu verhindern. Um die Notwendigkeit internationaler Militäreinsätze zu begründen, wird neuerdings gerade das Leid von Frauen aufgeführt. Dieses Argument ist heuchlerisch, wenn es von Politikern verwendet wird, die nicht mit gleicher Vehemenz gegen die ebenso häufige Vergewaltigung von Frauen und Mädchen in der Bundesrepublik Deutschland einschreiten. Nicht der Wunsch, Frieden zu stiften oder Menschenleben zu retten, motiviert Staaten dazu, Kriege zu führen, sondern ausschließlich eigene, meist wirtschaftliche Interessen. Als Pazifistinnen und Gegnerinnen jeglichen Militärs lehnen wir eine solche Politik grundsätzlich ab. Die Feministische Partei DIE FRAUEN tritt für eine Demokratisierung der UNO und für deren Ausbau zum Weltparlament ein. Aufgabe dieses Weltparlamentes soll es sein, gegen Kriege und Menschenrechtsverletzungen mit zivilen Mitteln vorzugehen. In diesem Weltparlament müssen alle Staaten und Völker vertreten sein, und zwar durch Frauen und Männer gemäß ihrem Anteil an der Weltbevölkerung. Alle diese Personen müssen den Kriegsdienst total verweigert haben. Kriege und innerstaatliche Gewalt, Waffenexporte, staatlich sanktionierte Repression und Gewalt gegen Frauen, wie zum Beispiel Genitalverstümmelung, Schleierzwang, Witwenverbrennung und Vergewaltigung, müssen durch internationale Ächtung und Boykotte geahndet werden. Der Widerstand von Frauen innerhalb solcher Länder muss unterstützt werden. Die Feministische Partei DIE FRAUEN solidarisiert sich mit den Frauen, die ihre Söhne und Männer davon abhalten, an Kriegen teilzunehmen und die sie aus den Kasernen und Kriegsgebieten wieder herausholen. Frauen und Männer, die den Kriegsdienst verweigern bzw. desertieren, müssen in allen Mitgliedsstaaten einer reformierten UNO Aufnahme und Unterstützung finden. Die Produktion von Waffen wird durch internationale Konventionen verboten, Programme zur Rüstungskonversion werden entwickelt und weltweit unterstützt. Deutschland muss als Verursacher des zweiten Weltkrieges und als einer der größten Waffenexporteure im eigenen Lande beispielhaft und effektiv für Abrüstung und Rüstungskonversion sorgen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN setzt sich für den Erhalt des Lebens und der Natur ein und ist daher konsequente Friedenspartei.

 

7. MIGRANTINNEN UND FLÜCHTLINGE

In der Bundesrepublik Deutschland leben etwa 7,3 Millionen Menschen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Etwa 48 Prozent von ihnen sind Frauen. Obwohl sie ihren Lebensmittelpunkt hier haben, fehlen ihnen elementare Rechte. Sie sind vielen reglementierenden und diskriminierenden Sondergesetzen ausgesetzt und dürfen nicht wählen. Die Situation von Frauen, deren Aufenthaltsrecht von ihren Ehemännern abgeleitet wird, ist besonders prekär: Um ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu erhalten, müssen sie eine Ehedauer und eine gemeinsame Haushaltsführung in der Bundesrepublik von mindestens vier Jahren nachweisen. Frauen, die von ihren Ehemännern verlassen werden oder diese - z.B. weil sie von ihnen misshandelt werden - selbst verlassen, verlieren ihr Aufenthaltsrecht und können ausgewiesen werden. Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert die sofortige Einführung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts für ausländische Ehefrauen ab dem Tag ihrer Einreise an. Wir setzen uns dafür ein, dass sich jede Person in dem Land niederlassen kann, in dem sie sich niederlassen will. Diejenigen, die als Flüchtlinge in dieses Land kommen, müssen erst recht besondere Unterstützung erfahren. Selbstverständlich müssen sie auch schon während des Asylverfahrens erwerbstätig sein können. Ausreden wie "das Boot ist voll" oder die Angst, dass die reichen Länder von Menschen aus armen Ländern "überflutet" werden, überzeugen uns nicht, zumal die Bundesrepublik Deutschland durch die Produktion und den Export von Waffen, durch die Unterstützung autoritärer Regime und durch die Beteiligung an umwelt- und strukturzerstörenden Industrien viele Fluchtgründe selbst mit verursacht. Wir halten den krassen Unterschied zwischen dem Lebensstandard in den reichen und den armen Ländern für ungerecht und sind nicht der Meinung, dass dies auf Dauer so aufrechterhalten werden kann oder soll, wobei für uns klar ist, dass die Bessersituierten und nicht die Armen ihren Lebensstandard einschränken müssen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN setzt sich für die Gleichberechtigung aller Menschen, die hier leben, ein. Angehörige anderer Nationalitäten sollen auch im Berufsleben völlig gleichgestellt werden. Nach zweijährigem Aufenthalt hier sollen sie das aktive und nach fünfjährigem Aufenthalt das passive Wahlrecht bekommen. Da dies nach geltender Auslegung des Grundgesetzes an die deutsche Staatsangehörigkeit geknüpft ist, muss diese nach zwei Jahren auf vereinfachtem Wege an diejenigen verliehen werden, die sie haben wollen. Die doppelte Staatsangehörigkeit muss selbstverständlich möglich sein. Kinder, die hier geboren wurden, sollen die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern und die deutsche Staatsangehörigkeit von ihrer Geburt an haben. Wenn sie volljährig sind, sollen sie darüber entscheiden können, ob sie nur eine oder mehrere Staatsangehörigkeiten behalten wollen. Frauen, deren Menschenrechte wegen ihres Geschlechts oder wegen ihrer sexuellen Orientierung in Gefahr sind, Kriegsdienstverweigerer, Deserteure, Flüchtlinge aus Ländern mit autoritären Regimen und Kriegsflüchtlinge - insbesondere Frauen - sollen schon auf ihrem Fluchtweg in die Bundesrepublik besondere Unterstützung erhalten. Die Feministische Partei DIE FRAUEN lehnt die Quasi-Abschaffung des Asylrechts ab und wehrt sich gegen die ständig zunehmende Repression gegenüber Flüchtlingen. Die Zwangsunterbringung in Sammellagern, die Kürzung der Sozialhilfe sowie deren Ausgabe in Naturalien lehnen wir ebenso ab wie die Inhaftnahme unbescholtener Personen und deren Abschiebung. Wir unterstützen alle politischen Bestrebungen, deren Ziel es ist, die Situation von Flüchtlingen in der Bundesrepublik zu erleichtern und zu verbessern.

Frauen auf der Flucht

Der Fluchtweg in ein sicheres Land ist für Frauen unendlich schwerer als für Männer. Sie haben nur selten die finanziellen Mittel zur Flucht, sind auf ihrem Weg wesentlich größeren Gefahren ausgesetzt als Männer und werden an den Grenzstationen oder von Schleppern nicht selten sexuell misshandelt oder vergewaltigt. Die Verfolgung wegen des Geschlechts und wegen Misshandlungen im familiären Bereich wird von der Genfer Flüchtlingskonvention nicht als Fluchtgrund anerkannt, wodurch die Entscheidung von Frauen zur Flucht oft von Anfang an verhindert wird. In der Bundesrepublik müssen Flüchtlingsfrauen in den Aufnahmelagern bereits in den ersten zwei Tagen ihre Fluchtgründe genau schildern. Da diese häufig mit Qualen und Folter im intimen Bereich zusammenhängen, sind die Frauen oft nicht in der Lage, sofort darüber zu reden, zumal sowohl Vernehmungsbeamte als auch Dolmetscher Männer sind. Später, wenn sie versuchen, ihre Fluchtgründe vor Gericht zu schildern, werden diese dann häufig als "nachgeschoben" oder als "überzogen" gewertet. Gefahren und Demütigungen begegnen Flüchtlingsfrauen auch in den Flüchtlingsunterkünften: Häufig müssen sie dort in nicht abschließbaren Räumen leben, in denen sie vor Übergriffen durch Männer nicht geschützt sind. Sanitäre Einrichtungen müssen sie häufig mit Männern teilen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN will sich intensiv für die Rechte von Flüchtlingsfrauen und für die Verbesserung ihrer Lebenssituation in der Bundesrepublik Deutschland einsetzen: Wir fordern die Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe durch die Genfer Flüchtlingskonvention. Geschlechtsspezifische Fluchtgründe gibt es immer dann, wenn es in einem Land Gesetze gibt, die nur für ein Geschlecht gelten. Auch die Diskriminierung von Lesben ist ein geschlechtsspezifischer Fluchtgrund. Als Fluchtgrund dürfen nicht wie heute nur solche Verfolgungen anerkannt werden, die Frauen vom Staat aus zugemutet werden, sondern auch solche, die ihnen durch ihre Familien oder durch ihr gesellschaftliches Umfeld zugefügt werden. Klitorisverstümmelung gehört ebenso dazu wie der Schleierzwang. Die Feministische Partei DIE FRAUEN lehnt die geltenden Asylgesetze grundsätzlich ab. Innerhalb der engen Grenzen der heutigen Gesetzeslage stellen wir jedoch zunächst folgende Forderungen auf: Bei Anerkennungsverfahren dürfen Flüchtlingsfrauen ausschließlich von Beamtinnen und von Richterinnen vernommen werden. Die Übersetzung muss durch Dolmetscherinnen erfolgen, die derselben ethnischen Gruppe angehören wie die Flüchtlingsfrau selbst. Ehepaare sollen getrennt vernommen werden, weil die Anwesenheit des Ehemannes die Fähigkeit der Frau, über sexuelle Folter auszusagen, sehr stark beeinträchtigen kann. Flüchtlingsunterkünfte müssen frauengerecht ausgestattet sein, und für Frauen, die das wollen, muss es Frauenunterkünfte geben. Auch die Beratung von Flüchtlingsfrauen muss erheblich verbessert werden. Beratungsstellen müssen in den Lagern selbst eingerichtet werden. Beratungsangebote, die von Flüchtlingsfrauen in Selbsthilfe organisiert werden, müssen den gleichen Status bekommen wie offizielle Beratungseinrichtungen.

 

8. ANTISEMITISMUS

In der politischen Auseinandersetzung in der bundesdeutschen Gesellschaft wird Antisemitismus als ein Thema zur Kenntnis genommen, das der Vergangenheit angehört. Die tägliche Präsenz von Antisemitismus in der Bundesrepublik wird in der Regel geleugnet oder als Problem deklariert, mit dem Jüdinnen und Juden sich zu befassen hätten. Der Antisemitismus ist aber fester Bestandteil der christlich-abendländischen Kultur, und Menschen, die in dieser Kultur erzogen und geprägt wurden, können sich von ihm nur frei machen, wenn sie sich mit ihm ganz bewusst auseinandersetzen. Aufgrund seiner langen Existenz und seiner vielfältigen Erscheinungsformen kann der Antisemitismus als DAS Beispiel für soziale Vorurteile, Diskriminierung, Verfolgung und Vernichtung von Minderheiten überhaupt gelten. Durch die gegenwärtigen weltweiten Migrationsprozesse mit der damit verbundenen Neuformierung von Gesellschaften mit großen ethnischen Minderheiten in Europa wiederholen sich strukturell viele Konflikte und Probleme, die wir aus der Geschichte des Zusammenlebens von jüdischen und nichtjüdischen Menschen kennen. Gerade in der Bundesrepublik Deutschland muss aus der Vergangenheit endlich die Konsequenz gezogen werden, die Verantwortung gegenüber Minderheiten, welcher Art auch immer, zu übernehmen. Dazu gehört, dass sich Frauen und Männer gleichermaßen ihrer Verantwortung gegenüber dem, was Jüdinnen und Juden in Deutschland zugefügt wurde, bewusst werden. Verantwortung heißt, die Folgen auf sich zu nehmen, die Geschichte nicht zu verschweigen, die Überlebenden individuell zu entschädigen und sich dem Antisemitismus der Gegenwart zu widersetzen. Wir fordern, dass alle Opfer des Nationalsozialismus endlich eine angemessene individuelle Entschädigung erhalten; sie kann nicht nur in Form irgendeiner finanziellen "Abfindung" erfolgen. Eine Anerkennung der Leiden der Opfer muss auch die Möglichkeit psychotherapeutischer und medizinischer Hilfe ohne demütigende bürokratische Hürden einschließen und zwar sowohl für die Überlebenden als auch die Angehörigen der nachfolgenden Generationen. Wir fordern, dass Mittel zur Verfügung gestellt werden, ein würdiges Gedenkstättenkonzept zu entwickeln, das den nachfolgenden Generationen den Schrecken der Vernichtung von Jüdinnen und Juden klarmacht. Darüber hinaus muss die Erinnerung an den Widerstand von Männern und Frauen wach bleiben. Wir halten es deshalb für einen wichtigen Bestandteil der Arbeit an allen Bildungseinrichtungen, den Widerstand der "kleinen Leute", der häufig von Frauen getragen wurde und der in Form solidarischer Handlungen gegenüber Jüdinnen und Juden, ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangenen stattfand, deutlich zu machen. Die Förderung des Themas Antisemitismus/Antijudaismus als Forschungsauftrag und Bildungsbestandteil ist deshalb eine Forderung der Feministischen Partei DIE FRAUEN, nicht nur in den geschichts- und politikwissenschaftlichen Bereichen, sondern genauso in Bereichen wie Psychologie, Pädagogik, Rechtswissenschaften, Philosophie, Religionswissenschaften und Medizin.

 

9. RASSISMUS

Ebenso wie Sexismus ist Rassismus in Deutschland ein "Produkt" des historisch gewachsenen Normen-, Moral- und Gesetzessystems, das unsere Denk- und Handlungsweisen bestimmt. Niemand wird als RassistIn geboren, aber alle werden mehr oder weniger ausgeprägt zu RassistInnen erzogen. Die Ausdrucksformen von Rassismus sind vielfältig. Es geht keineswegs um die Gewalttätigkeit von einigen rechtsradikalen männlichen Jugendlichen. Die subtileren Formen des alltäglichen Rassismus können genauso existenzvernichtend sein. Auch ein gut gemeintes Hilfsangebot kann rassistisch sein, wenn die MigrantInnen nur als hilflose Opfer wahrgenommen werden und nicht als erwachsene mündige Personen. Während Frauen sich fast nie an rassistischen Gewalttaten beteiligen, ist dieser verdeckte Rassismus bei ihnen genauso verbreitet wie bei Männern. Von Rassismus betroffen sind AsylbewerberInnen und Flüchtlinge, aber auch MigrantInnen, die zum Teil schon viele Jahre in Deutschland leben, ihre in Deutschland geborenen Kinder und Enkelinnen, schwarze Deutsche, Sinti und Roma, Jüdinnen und Juden und andere. Durch Rassismus werden Machtstrukturen festgelegt, die den patriarchalen Strukturen entsprechen. Wir wissen, dass weiße deutsche Frauen mit auf der Gewinnerinnenseite stehen. Feministische Politik muss sich aber gegen diese Art von Machtstrukturen richten. Eine Strategie zur Bekämpfung von Rassismus muss gleichzeitig auf mehreren Ebenen wirken:

l Durch entsprechende Gesetze muss sichergestellt werden, dass alle in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Menschen rechtlich gleichgestellt sind.

l Es muss daran gearbeitet werden, die weit verbreiteten, oft unbewussten rassistischen Vorurteile abzubauen.

l Die von Rassismus betroffenen Personen sollen, soweit sie dies wollen, dabei unterstützt werden, sich selbst zu organisieren und ihre politischen Forderungen zu veröffentlichen.

l Personen und Organisationen, die offen rassistische und neofaschistische Ideologien vertreten, müssen konsequent verfolgt werden.

Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert in diesem Zusammenhang:

l Bestehende Gesetze und Verordnungen müssen auf Unterscheidungen zwischen deutschen und ausländischen StaatsbürgerInnen untersucht und diskriminierende Differenzierungen müssen herausgenommen werden. Die Beschränkung von Grundrechten nur auf Deutsche in den Artikeln 8 (Versammlungsfreiheit), 9 (Vereinigungsfreiheit), 11 (Freizügigkeit), 12 (Freiheit der Berufswahl), 20 Abs. 4 (Widerstandsrecht) und 33 Abs. 2 (Zugang zu Behörden) des Grundgesetzes muss aufgehoben werden.

l Interkulturelles Lernen soll als fächer-übergreifendes Unterrichtskonzept in alle Schulen übernommen werden.

l Wahrnehmungsschulung und Antidiskriminierungstraining müssen feste Bestandteile der Aus- und Fortbildung von JuristInnen, PolizistInnen, ÄrztInnen, JournalistInnen, PädagogInnen, SozialarbeiterInnen und allen MitarbeiterInnen von Sozial-, Arbeits- und Ausländerämtern sein.

l Die Selbstorganisation von MigrantInnen und Flüchtlingen soll finanziell und durch Bereitstellung von Räumen gefördert werden.

l In allen Kommunen soll es MigrantInnenbeiräte geben, die von den MigrantInnen direkt gewählt werden.

l Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll derart ergänzt werden, dass die Betroffenen die Möglichkeit erhalten, gegen diskriminierende Darstellung in den Medien zu klagen.

l Dem Pressegesetz soll ein Diskriminierungsverbot beigefügt werden.

l Einrichtung und finanzielle Förderung von unabhängigen Antidiskriminierungsbüros als Anlaufstelle für Betroffene und Zeugen von Diskriminierung.

l Finanzielle Förderung von Forschung und Öffentlichkeitsarbeit über Rassismus, Neofaschismus und deren Ursachen.

 

10. GLEICHSTELLUNG ALLER LEBENSWEISEN

Die Lebensweisen von Frauen sind zahlreich und vielschichtig: Frauen leben allein, verheiratet, in Zweierbeziehungen mit Männern oder mit Frauen, in Wohngemeinschaften, mit ihren Eltern oder mit anderen Verwandten zusammen, mit Kindern oder ohne Kinder. Die gesellschaftliche Dominanz der Heterosexualität und die einseitige Bevorzugung der Ehe durch den Staat schränken die Wahlfreiheit von Frauen in Bezug auf ihre Lebensweise jedoch ein. Die Feministische Partei DIE FRAUEN setzt sich für eine echte Wahlfreiheit und für die Gleichstellung aller Lebensweisen ein. Die ideelle und materielle staatliche Förderung der Ehe unterscheidet in vielen Lebensbereichen völlig unberechtigterweise immer noch zwischen verheirateten und unverheirateten Personen. In vielen Fällen werden verheiratete Paare unverheirateten gegenüber bevorzugt, in anderen Fällen ist es wiederum, besonders für Frauen, vorteilhaft, nicht verheiratet zu sein. Die Sonderbehandlung der Ehe beschränkt die Handlungsfreiheit aller Frauen. Verheiratete und Unverheiratete sind gleichermaßen negativ davon betroffen. Die materiellen Vorteile der Ehe, besonders das steuerliche Ehegattensplitting, kommen vor allem zum Tragen, wenn die Frau nicht erwerbstätig ist oder wenn sie in einem minder bezahlten Beschäftigungsverhältnis steht. Vordergründig sollen die vermeintlichen Privilegien - wie die Unterhaltspflicht, die Ableitung der Rente und Pension der Frau von der des Mannes, die gemeinsamen Versicherungen - der ökonomisch schwächeren Frau Schutz bieten. In Wirklichkeit führen sie jedoch zu ihrer Abhängigkeit vom Mann.

Das Ehegattensplitting, das einen jährlichen Steuerausfall von ca. 20 Milliarden Euro verursacht, begünstigt vor allem die sogenannte Hausfrauenehe, bei der die Frau kein oder nur ein geringes eigenes Einkommen hat. Ehefrauen, die nach einer familienbedingten Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wieder in den Beruf zurückkehren, nehmen hierbei eine erhebliche Erhöhung der gemeinsamen Steuerlast in Kauf und müssen sich von ihren Ehemännern deswegen oft sagen lassen, dass sich ihre Erwerbsarbeit "nicht lohnt". Darüber hinaus sind verheiratete berufstätige Frauen auch gesellschaftlichen Repressalien ausgesetzt. So führt die Ideologie von den Doppelverdienerinnen dazu, dass die erwerbstätige Ehefrau bei betriebsbedingten Kündigungen eher entlassen wird als andere Personen, da ihr das Einkommen des Mannes zugerechnet wird und es so zu einer vermeintlich günstigen Sozialprognose kommt. Die Sonderbehandlung der Ehe durch den Staat schützt in Wirklichkeit nur die herkömmliche Rollenaufteilung zwischen den Geschlechtern. Sie produziert eine dauerhafte Abhängigkeit, die der Frau einen deutlich geringeren Spielraum in ihrer Lebensgestaltung lässt und ihr Persönlichkeitsrechte - bis hin zu dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung - entzieht. Die Feministische Partei DIE FRAUEN setzt sich dafür ein, dass jede Person unabhängig von ihrem Familienstand individuell sozial abgesichert und besteuert wird. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, Einzelpersonen anders als Paare, oder Verheiratete anders als Unverheiratete zu behandeln. Die Unterhaltspflicht unter erwachsenen Menschen halten wir für unwürdig. Eine Gleichstellung aller Lebensweisen muss auch in anderen Bereichen erfolgen - beim Zeugnisverweigerungsrecht, im Erbschaftssteuerrecht bei der Adoption sowie im Mietrecht: Verstirbt ein Ehegatte, so steht dem anderen Teil die gemeinsame Wohnung zu, auch wenn sie oder er nicht selbst MieterIn war. Diese Regelung gilt ausschließlich für Ehegatten und heterosexuelle Paare, nicht jedoch für Wohngemeinschaften und andere Paare. Die Feministische Partei DIE FRAUEN will diese Regelung auf alle Personen ausweiten, die miteinander wohnen. Gleiches gilt für die Erteilung eines gemeinsamen Wohnberechtigungsscheines oder für die Eigentumsförderung im sozialen Wohnungsbau. Nach geltendem Recht vererben Ehepartner dem jeweils anderen Teil kraft Gesetzes einen großen Teil ihres Vermögens, und die Erbin oder der Erbe muss das Ererbte nur geringfügig oder gar nicht versteuern. EhepartnerInnen stehen höhere Steuerfreibeträge zur Verfügung als allen anderen Verwandten. Nichtverwandte ErbInnen, z. B. eine testamentarisch als Erbin eingesetzte Lebensgefährtin oder eine Freundin, müssen dagegen das Ererbte hoch versteuern. Die Feministische Partei DIE FRAUEN setzt sich für eine einheitliche Erbschaftssteuer für alle ErbInnen ein. Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert die Abschaffung jeglicher Sonderregelungen für Ehepaare und verheiratete Personen in allen Bereichen des Lebens (siehe "Sorgerecht"). Der Artikel 6 Grundgesetz, das Sozialrecht, das Familienrecht, das Steuer- und Erbschaftsrecht und alle anderen Bestimmungen und Vorschriften, in denen der Ehe eine Sonderstellung zukommt, müssen reformiert werden. Jede Person muss individuell sozial abgesichert sein, und alle Lebensformen müssen gleich behandelt werden.

10.1 Familie

In Artikel 6 Grundgesetz ist der besondere Schutz von Ehe und Familie festgeschrieben. Die Politik der Bundesregierung fördert jedoch nur die Ehe, während Familien und Kinder vernachlässigt werden. Die Feministische Partei DIE FRAUEN definiert Familien als Gemeinschaften, in denen Kinder, oder andere Personen betreut werden, die sich nicht selber versorgen können. So definierte Familien müssen unserer Auffassung nach besonders unterstützt und gefördert werden. Wenn erwachsene Personen Kinder gemeinsam betreuen, ist es dabei unerheblich, ob sie verheiratet oder durch andere Beziehungen miteinander verbunden sind. Bei der Versorgung von betreuungsbedürftigen Erwachsenen darf die besondere Förderung nicht davon abhängig sein, ob die betreute und die betreuende Person in einem Haushalt leben.

10.2 Wohngemeinschaften

Viele Menschen wohnen aus praktischen oder aus emotionalen Gründen in Wohngemeinschaften zusammen. Für Frauen mit Kindern sowie für alte Frauen bietet das gemeinschaftliche Wohnen eine Möglichkeit, sich bei der Bewältigung des Alltags gegenseitig zu unterstützen. Aber auch viele andere Menschen würden gerne in Wohngemeinschaften zusammenleben, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Andere wiederum wohnen lieber allein, mit Verwandten oder mit ihren LebenspartnerInnen zusammen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN will, dass der Wunsch nach gemeinschaftlichem Wohnen als Planungsfaktor bei allen Neubau- und Stadterneuerungsmaßnahmen in angemessener Weise berücksichtigt wird. Auch das Mietrecht und die Wohneigentumsförderung müssen entsprechend reformiert werden. Die Lebensform Wohngemeinschaft soll die gleiche Chance bekommen wie andere Lebensformen. Zusammen lebende Personen werden immer stärker in die Pflicht genommen, finanzielle Verantwortung füreinander zu übernehmen. Diese Bestrebungen erschweren jedoch die freie Entscheidung für viele Menschen, mit wem sie zusammen leben wollen, weswegen sie von der Feministischen Partei DIE FRAUEN abgelehnt werden.

10.3 Lesben

Auch die Lebensweisen von Lesben sind zahlreich und vielschichtig: Lesben leben allein oder zu zweit, wohnen mit ihren Partnerinnen oder in Wohngemeinschaften mit oder ohne Kinder oder noch im Elternhaus. Ein wesentliches Unterdrückungsinstrument des Patriarchats ist die Zwangsheterosexualität: Frauen haben nur eine geringe Chance, sich für ein Leben mit Frauen oder mit Männern wirklich zu entscheiden, da sie von Beginn ihres Lebens an - aus Mangel an anderen Modellen, durch öffentliche Propaganda oder durch Gewalt - in eine bestimmte Richtung gedrängt werden. Die patriarchale Familie und alle Institutionen des öffentlichen Lebens basieren auf einem hierarchischen Verhältnis zwischen den Geschlechtern, bei dem der Mann oben steht. Frauen werden ausschließlich auf Männer bezogen und über Männer definiert. Eine Wahlmöglichkeit für die einzelne ist in diesem System kaum vorgesehen. Trotzdem entziehen sich viele Frauen bewusst oder unbewusst diesem Mechanismus und entscheiden sich für ein lesbisches Leben. Auf der einen Seite bleibt ihnen dadurch ein Teil der täglichen Repression, der Frauen durch Männer ausgesetzt sind, erspart. Auf der anderen Seite werden Lesben, stellvertretend für alle Frauen, die sich der Zwangsheterosexualität entziehen und ohne Männer leben, totgeschwiegen, diffamiert und stigmatisiert. Viele Lesben ziehen es deswegen vor, ihre Lebensweise zu verheimlichen, was mitunter einen großen Leidensdruck erzeugt und andere Frauen ebenfalls daran hindert, ihre lesbische Lebensweise offen zu leben oder sich für diese Lebensweise zu entscheiden. Die Feministische Partei DIE FRAUEN setzt sich dafür ein, dass die Rechte von Lesben als Alleinlebende, als Paare und in Wohngemeinschaften gestärkt werden. Außerdem müssen lesbische Lebensweisen als selbstverständliche positive Wahlmöglichkeit für Frauen überall sichtbar gemacht werden: Im Bildungsbereich, in allen Medien, in der Politik sowie in allen anderen Lebensbereichen müssen sie ebenso selbstverständlich vorkommen wie die heterosexuelle Lebensweise. Nur so kann die Diskriminierung von Lesben beendet und jeder Frau die Chance eröffnet werden, frei ihre Lebensweise zu wählen.

 

11. LEBEN MIT KINDERN

Das Leben mit Kindern ist in der bestehenden Gesellschaft für Frauen außerordentlich schwierig und widersprüchlich: Es besteht zwar ein politisches Interesse daran, dass möglichst viele (deutsche) Kinder geboren werden. Die mit ihrer Betreuung verbundene Arbeit wird jedoch aus ideologischen und finanziellen Gründen immer noch vorwiegend Frauen überlassen. Die sozialisationsbedingte männliche Abstinenz bezüglich der Übernahme unbezahlter Pflege- und Betreuungsarbeiten wird durch Staat und Gesellschaft - z.B. durch Lohndifferenzen zwischen Männern und Frauen, durch die Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt sowie durch entsprechende Steuergesetze - kontinuierlich unterstützt und aufrechterhalten. Die Feministische Partei DIE FRAUEN will, dass Frauen Kinder haben können, ohne dafür ihren Beruf aufgeben oder auf eine Beteiligung am politischen und kulturellen Leben verzichten zu müssen und ohne dabei unangemessene Einkommenseinbußen zu erleiden.

11.1 Das Sorgerecht und die Teilung der Erziehungszeit

Das gemeinsame Sorgerecht von Mutter und Vater ist inzwischen der Regelfall. Die Gesetzgebung geht inzwischen davon aus, dass dem biologischen Vater das Sorgerecht grundsätzlich zusteht - unabhängig von deren tatsächlichen Sorgeleistung und unabhängig von der Zustimmung der Mutter. Mit den Reformen des Kindschaftsrechtes 1998 und 2013 wurde Väter eine große Machtfülle über Mütter und ihre Kinder eingeräumt. Selbst dann, wenn der Vater nie mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, ist ein Kind verpflichtet, auf Wunsch des Vaters den Umgang mit ihm zu pflegen. Das gilt auch für Neugeborene und Kleinkinder und soll dem Kindeswohl dienen. Die Feststellung der Vaterschaft ist einklagbar. Eine Mutter kann auf Forderung des Vaters hin verpflichtet werden, seinen Namen preiszugeben. Gentests dienen als Druckmittel. Das gemeinsame Sorgerecht für nichteheliche Kinder kann auch gegen den Willen der Mutter durchgesetzt werden. Der Vater muss damit bei allen relevanten Entscheidungen um seine Zustimmung gebeten werden, wie z.B. bei Fragen der Religionszugehörigkeit, Schul- und Kindergartenwahl, medizinische Behandlungen oder Wohnsitz. Mit dem gemeinsamen Sorgerecht erhält ein Mann – im Zweifelsfall lediglich aufgrund seines biologischen Zeugungsbeitrags - eine unangebrachte Machtfülle über eine Frau. Im Gegenzug dazu, gibt es kaum Pflichten des Vaters, sich wirklich um das Kind zu kümmern. Der Staat ermöglicht dem Vater auf dessen Wunsch, Kontakt zum Kind zu haben. Wenn der Vater dies nicht wünscht, erwachsen ihm daraus keine Nachteile. Die Haltung und Lebenssituation der Mutter wird dabei nicht berücksichtigt. Vermeintlich dient diese Praxis dem Kindeswohl. In Wirklichkeit dient es ausschließlich dem Vaterwohl. Auch die Zahlung des Kindesunterhaltes - also dem Eigentum des Kindes - ist häufig vom guten Willen des Vaters abhängig. Zahlungsunwilligen Vätern entstehen keine Nachteile.

11.2 Unser Haltung zum Sorgerecht:

Die Feministische Partei DIE FRAUEN vertritt die Auffassung, dass einer Frau das Sorgerecht für ihr leibliches Kind durch Schwangerschaft und Geburt grundsätzlich allein zusteht. Das muss unserer Meinung nach für verheiratete Mütter ebenso gelten wie für unverheiratete. Selbstverständlich kann eine Frau das Sorgerecht verlieren, wenn sie ihr Kind vernachlässigt oder schlecht behandelt. Leibliche Väter, soziale Väter und soziale Mütter können das Sorgerecht durch ihre tatsächliche Sorge für das Kind erwerben. Die Erziehungszeit und alle späteren Freistellungszeiten für Personen, die Kinder großziehen, müssen zwischen den Partnerinnen und Partnern, die sich für ein Kind gemeinsam verantwortlich fühlen, geteilt werden. Leibliche Väter sowie soziale Väter und Mütter können das Sorgerecht für ein Kind mit dem Einverständnis der leiblichen Mutter dadurch erwerben, dass sie mindestens die Hälfte der Erziehungszeit in Anspruch nehmen. Nachdem sie demzufolge das Sorgerecht auf Antrag beim Familiengericht erhalten haben, sind sie dazu verpflichtet, auch spätere Freistellungsansprüche - bei Krankheit des Kindes zum Beispiel - zur Hälfte wahrzunehmen. Bei einer Trennung der leiblichen oder der sozialen Eltern soll diejenige Person das Sorgerecht bekommen, die bislang den Hauptanteil an der Versorgung des Kindes übernommen hat und auch weiterhin dazu bereit ist. Ein bedingungsloses gemeinsames Sorgerecht als Regelfall lehnen wir ab. Wir sind uns bewusst, dass die Inanspruchnahme der Erziehungszeit und anderer Freistellungen durch Väter noch keine Gewähr für die tatsächliche Übernahme der damit verbundenen Mühen und Entbehrungen durch Männer bietet. Dennoch sehen wir in dieser Regelung einen Schritt zur Schaffung eines reellen Verhältnisses zwischen dem Sorgerecht und der Pflicht zur Sorge, einen Schritt zur gerechten Verteilung der Betreuungsarbeit zwischen Frauen und Männern, einen Weg zur Gerechtigkeit für soziale Eltern sowie ein notwendiges Detail bei der Gleichstellung aller Lebensformen.

11.3 Unsere Forderungen:

11.3.1 Entzug von Rechten am Kind

Eltern und andere Erziehungsberechtigte, die dem Kind Gewalt antun, verlieren jegliches Recht auf Aufenthaltsbestimmung, Sorge und Umgang. Dies gilt ebenso für Väter, die der Kindesmutter Gewalt antun.

11.3.2 Kinderbetreuung

Das Recht jeden Kindes auf ganztägige, flexible Betreuung, bei der es sich zusammen mit anderen Kindern entwickeln kann, muss flächendeckend durchgesetzt werden. Die Kinderbetreuung muss staatlich finanziert werden und hat durch pädagogisches Fachpersonal zu erfolgen. In den Kinderbetreuungsreinrichtungen muss besonderes Augenmerk auf die Überwindung von Geschlechter-Stereotypen gelegt werden. Dazu ist es nötig, in der Ausbildung des Erziehungspersonals diesbezügliche Gender-Kompetenz zu vermitteln.

11.3.3 Sorgerecht, Wohnsitz, Aufenthaltsbestimmungsrecht

Die Feministische Partei DIE FRAUEN lehnt den gesetzlich verankerten und durch Familiengerichte häufig gegen den Willen der Mütter durchgesetzten Zugriff der Väter auf die Kinder und deren Mütter ab. Will ein Vater (gemeinsames) Sorgerecht erhalten, so muss er nachweisen, dass er gleichwertige Fürsorgeleistungen wie die Mutter erbracht hat. Neben der monetären Versorgungsleistung muss die tatsächliche Erziehungsarbeit - Hausarbeit und Familienorganisation – belegt werden. Die Pflicht zum doppelten Wohnsitz („Residenzpflicht“) lehnen wir ab, weil sie dem Kindeswohl widerspricht. Der Aufenthaltsort des Kindes muss im Einzelfall nach dessen Interessen entschieden werden. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht muss dem sorgeberechtigtem Elternteil zugestanden werden, bei dem die Kinder überwiegend leben bzw. gelebt haben.

11.3.4 Versorgungsausgleich

Bei Nichterfüllung der Erziehungs- und Versorgungsarbeit eines Elternteils, muss dieser dem anderen Elternteil gegenüber verpflichtet werden, für einen Nachteils-Ausgleich (z.B. der Altersbezüge) aufzukommen.

11.3.5 Unterhaltsvorschuss

Der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss muss bis zum Ende der Berufsausbildung des Kindes gelten. Der Staat muss seiner Fürsorgepflicht nachkommen, auch wenn der unterhaltspflichtige Elternteil diesen verwehrt.

11.3.6 Forderung nach einer Definition des Begriffes Kindeswohl

In Bearbeitung

 

12. WIDER DIE GEWALT GEGEN MÄDCHEN UND FRAUEN

Gewalt gegen Frauen und Mädchen beginnt, wenn gegen ihren Willen ihre Grenzen überschritten und verletzt werden. Hier werden Frauen und Mädchen gedemütigt, erniedrigt und ausgebeutet. Sexistische Gewalt kommt nicht am Rande der Gesellschaft vor, sondern in ihrer Mitte; sie ist eine alltägliche Erfahrung von Frauen und Mädchen. Sie betrifft Frauen aus allen Alters- und Berufsgruppen und in allen sozialen Schichten. Sexuelle Gewalt in unterschiedlichen Ausdrucksformen wie Vergewaltigung, Misshandlung, Zwangsprostitution, aufgenötigte Handlungen innerhalb aller privaten, öffentlichen, beruflichen Lebenszusammenhänge bedroht die psychische und physische Integrität der Frauen und verletzt das Menschenrecht auf Unversehrtheit der Person. Diskriminierend ist auch sexistische Gewalt in Form von erniedrigenden Darstellungen in den Medien, der Sprache und in der Pornographie. Die aus der Frauenbewegung entstandenen autonomen Frauenhäuser, Notrufe für Frauen und Projekte gegen sexuelle Gewalt haben entschieden dazu beigetragen, dass das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen und Mädchen als gesamtgesellschaftliches Problem in die Öffentlichkeit getragen wurde. Sexistische Gewalt und ihre Folgen müssen weiterhin in die öffentliche Debatte eingebracht und in allen Instanzen gesellschaftlich geächtet werden, um Frauen wirksamer als zuvor davor zu schützen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN setzt sich dafür ein, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und mit Sanktionen zu belegen. Die strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigung innerhalb und außerhalb der Ehe muss endlich in gleicher Weise möglich sein. Die bestehenden gesetzlichen Grundlagen müssen konsequent angewandt und im Sinne des Opferschutzes erweitert werden. Polizei und Rechtsprechung müssen durch wirksame Sanktionen gegen die Täter deutliche Signale an die Gesellschaft geben, dass die gegen Frauen und Mädchen gerichtete Gewalt nicht gebilligt wird. Diese Forderung gilt auch für die durch bestehende Gesetze gegenwärtig noch besonders diskriminierten Migrantinnen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert die Schaffung eines flächendeckenden Angebotes an autonomen Frauenhäusern, die ohne inhaltliche Auflagen finanziell abgesichert sind. Auch Zufluchtsstätten wie Mädchenhäuser und Kinderschutzhäuser gehören dazu. Dies erfordert eine entsprechende Wohnungspolitik und das Angebot einer psychosozialen Nachbetreuung für die Betroffenen. Opfern sexueller Gewalt muss die Nutzung eines breiten Hilfsangebotes ermöglicht werden. Dies sollte folgendes umfassen:

l Verhandlungen und Ermittlungen durch sachkompetente Frauen und Männer. Jederzeit muss ein weiblicher Ansprechpartner nach einem sexuellen Übergriff anzutreffen sein.

l Opferschutz, insbesondere bei der Vernehmung von Kindern (Videoaufnahmen zur Vermeidung von Mehrfachvernehmungen, kompetente Richterinnen). Schluss mit der unwürdigen Zeuginnenbefragung und sogenannten Glaubwürdigkeitsgutachten.

l Frauenprojekte, die im Sinne eines parteilichen Ansatzes für Frauen und Mädchen arbeiten und Prävention, Beratung und Therapie, Öffentlichkeitsarbeit und Multiplikatorenarbeit anbieten, sind so zu finanzieren, dass eine kontinuierliche Arbeit gesichert ist. Frauenspezifische Projekte in diesem Sinne müssen flächendeckend geschaffen werden.

l Zur Vorbeugung gegen sexuelle Gewalt ist es erforderlich, eine patriarchatskritische Jungenarbeit zu gewährleisten, die auf ein männliches Selbstverständnis hinarbeitet, das sich nicht über Dominanz und Gewalt definiert.

12.1 Abschaffung sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Kinder

Sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Kinder gehört zu den unerträglichsten Realitäten der patriarchalen Gesellschaft. Delikte sexualisierter Gewalt sind nicht triebgesteuert und werden in mehr als 90 % der Fälle von Männern ausgeübt, die weder krank noch unterprivilegiert sind. Delikte sexualisierter Gewalt finden in der Mitte der Gesellschaft statt, im sogenannten sozialen Nahbereich, in der Familie. Frauen erleiden Gewalt durch Ehemänner oder Partner sowie in ihrem beruflichen Umfeld. Kinder, davon sind mehr als 80 Prozent Mädchen, werden durch Gewalt von Männern geschädigt, die Vertrauens- und Autoritätsfunktionen ausüben. Die Bundesregierung und die im Bundestag vertretenen Parteien orientieren sich in erster Linie an extremen Fällen (bei denen Kinder getötet werden). Einerseits scheint die öffentliche Empörung ungeheuer groß zu sein, andererseits geschieht entschieden zu wenig. Der alltägliche Schrecken sexualisierter Gewalt wird verschleiert. Das bestätigt, dass sexualisierte Gewalt eine Methode ist, mit der Mädchen und Frauen dahingehend zugerichtet werden sollen, hilflos, wehrlos und vor allem für Männer verfügbar zu sein. Im Strafrecht geht es nicht um ein gewaltfreies Leben für Frauen und Kinder, sondern darum, den Fortbestand der patriarchalen Ordnung zu gewährleisten. Gewalt, die mit dem Ziel ausgeübt wird, sich Besitz anzueignen, wird härter bestraft als Gewalt, die ausgeübt wird, um Frauen zu demütigen und zu erniedrigen. Sachwerte werden besser geschützt als die Rechte von Frauen und Kindern auf körperliche und seelische Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung. Zum Beispiel: Schwerer Raub wird mit einer Mindeststrafe von drei Jahren belegt, eine vollendete Vergewaltigung mit zwei Jahren Mindeststrafe und die Penetration eines Kindes mit einem Jahr. Das Strafrecht verfolgt überwiegend Fremdtäter und außergewöhnlich schwere und medial präsente Verbrechen. Der alltägliche Schrecken in der Familie und im sozialen Nahbereich bleibt weiterhin allzu oft verborgen und ungeahndet. Zum Beispiel: Der "sexualisierte Missbrauch von Kindern", bei dem keine Penetration stattfindet, wird als Vergehen eingestuft und mit einer Mindeststrafe von nur sechs Monaten geahndet. Es gibt immer noch den so genannten "minder schweren Fall" bei Vergewaltigung und auch bei der "Penetration" eines Kindes, bei dem das Strafmaß auf sechs Monate herabgesetzt werden kann. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder im sozialen Nahbereich und in den Familien wird sehr oft ohne "Penetration" verübt, weil die Gefahr der Entdeckung hierbei geringer ist. Manipulationen an den Genitalien oder das Anhalten eines Kindes, Täter manuell oder oral zu befriedigen, sind schwere Gewalttaten und müssen deshalb ebenfalls als Verbrechen eingestuft werden. Es gibt keinen minder schweren Fall des sexualisierten Missbrauchs oder der Vergewaltigung. Besonders die "Penetration" eines Kindes ist immer und in jedem Falle eine Vergewaltigung. Grundsätzlich haben wir große Zweifel an einer nachhaltigen Wirkung von Gefängnisstrafen. Außerdem befürchten wir, dass Straferhöhungen von der Bundesregierung und von den anderen Parteien schließlich nur als Rechtfertigung für ihre sonstige Untätigkeit in diesem Bereich benutzt werden wird und es danach zu keinen weiteren, wirklich nachhaltig wirksamen Maßnahmen gegen die massenhaft stattfindende sexualisierte Gewalt kommen wird. Wir sagen:

l Es ist notwendig, die Mindeststrafen zu erhöhen und die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung der Täter abzuschaffen.

l Jede sexualisierte Straftat muss mit der gleichen Intensität verfolgt werden wie andere schwere Verbrechen. Es darf dabei keine Strafmilderung und keine Verjährung geben.

l Täter müssen isoliert werden, bis sie ein neues Sozialverhalten erlernt haben. Dazu gehört zwingend die Einsicht des Täters in die Verwerflichkeit seiner Tat und die Übernahme der Verantwortung für sie. Die Isolation kann lebenslang dauern und erst dann beendet werden, wenn der Täter der Veröffentlichung seines Aufenthaltsortes zustimmt.

l Täter müssen in der Isolation für die Entschädigung der Überlebenden und der Angehörigen der Toten arbeiten.

l Wichtiger als ein "humaner Strafvollzug" ist die Ächtung und Abschaffung sexualisierter Gewalt. Die Gewissheit der Aufdeckung wird den Schutz vor Tätern erhöhen.

l In jedem Wohnviertel und jedem Dorf muss es Anlaufstellen geben, an die sich Frauen und Kinder, die Gewalt ausgesetzt sind, wenden können. Für diese Anlaufstellen, die von entsprechend ausgebildetem Personal betreut und geleitet werden sollen, muss überall deutlich sichtbar geworben werden.

l Die Täteridentitäten sollen an Institutionen, die sich mit Beratung und Opferschutz befassen, weitergegeben werden.

l Polizei und alle Personen, die in sozialen, pädagogischen, medizinischen und juristischen Berufen arbeiten, sollen zu diesem Thema weitergebildet werden.

l Die Strafprozessordnung muss der besonderen Situation, in der sich überlebende Frauen und Kinder sexualisierter Gewalt während der Prozesse gegen die Täter befinden, Rechnung tragen.

l Frauen anderer Staatsangehörigkeit müssen von der Bedrohung befreit werden, ihren Aufenthaltsstatus zu verlieren, weil sie eine Straftat zur Anzeige bringen.

l Keine Frau, die selbst von sexualisierter Gewalt betroffen wurde oder die in einem solchen Prozess wegen sexualisierter Gewalt als Zeugin gebraucht wird, darf ausgewiesen werden.

Sprachgebrauch und Begriffe, die im Zusammenhang mit Delikten sexualisierter Gewalt verwendet werden, sind irreführend und sollen verschleiern, dass es sich um Verbrechen handelt, die mit dem Ziel ausgeübt werden, Frauen und Kinder zu erniedrigen und Macht zu demonstrieren, wobei die Sexualität nur als Instrument benutzt wird. Vergewaltigung oder sexualisierter Missbrauch sind besonders brutale Gewaltakte, keine Sexualakte. Bezeichnungen wie "Triebtäter", "Sexgangster" usw. sollen die Schwere sexualisierter Gewalttaten bagatellisieren und die Täter entlasten. Der Ausdruck "Kinderpornographie" verschleiert, dass es sich um Vergewaltigungen, Folterungen und Morden an Frauen und Kindern handelt, die tatsächlich stattgefunden haben. Der "Sextourist" benutzt und vergewaltigt Frauen und Kinder der armen, wirtschaftlich abhängigen Länder. Wir sprechen von "Tätern", weil über 90 % der Täter bei Kindern beiderlei Geschlechts Männer sind. Wir sprechen von Überlebenden, nicht "Opfern", weil Frauen und Mädchen, die sexualisierte Gewalttaten überlebt haben, stark sind und keine kleinen hilflosen Opfer. Wir verlangen von allen Medien eine Sprache und Begrifflichkeit, die der tatsächlichen Situation der Überlebenden und der Angehörigen der Toten gerecht wird und die Gewalt, der sie ausgesetzt waren, beim Namen nennt.

12.1.1 Welche Auswege gibt es?

Wir wissen, dass sexualisierte Gewalt Folge einer Sozialisation ist, deren Leitbild der patriarchale Mann ist. Er hat qua Geschlecht eine erhöhte Stellung gegenüber Frauen und Mädchen, und es gehört zu dem ihm vermittelten Rollenbild, über sie, die sich angeblich freiwillig unterwerfen, zu verfügen. Tatsächlich werden Jungen aber durch die Erwartung patriarchaler Männlichkeit vollkommen überfordert. Tatsächlich wissen sie um die Gleichwertigkeit der Geschlechter und um die partielle Überlegenheit von Mädchen und Frauen. Sie versuchen deswegen, die an sie gestellten Erwartungen durch Selbstverleugnung und gewalthafte Aneignung zu erfüllen. Wir haben die Absicht, die "Erziehungsgesellschaft" langfristig durch eine Beziehungsgesellschaft zu ersetzen. Bis dahin fordern wir eine antisexistische, feministische Erziehung, die verpflichtend für jede Ausbildung ist und anstelle des Religionsunterrichts erteilt wird. Regelmäßige Fort- und Weiterbildung ist für alle erziehenden Personen - auch Eltern - obligatorisch. Antisexistische, feministische Erziehung muss von den Medien aktiv unterstützt werden. Daher verbieten sich Darstellungen, in denen Gewalt verharmlost wird, und in denen Frauen und Mädchen erniedrigt und gedemütigt werden.

12.1.2 Was muss sofort getan werden?

Zur Prävention sexualisierter Gewalt ist eine allseitige gesellschaftliche Ächtung dieser Taten und Täter notwendig.

l antisexistische Erziehung von Jungen durch Antiaggressionstraining, Körperkontaktübungen und gegenseitige Massage schon in jungen Jahren;

l Selbstverteidigungslehrgänge und Förderung der Selbstbehauptung von Mädchen ab Kindergarten;

l Verbot von Darstellungen, in denen Gewalt verharmlost wird und in denen Frauen und Mädchen erniedrigt oder gedemütigt werden, in allen Medien;

l verstärkte Aufklärung über sexualisierte Gewalt; entsprechende Weiterbildung für alle in sozialen, pädagogischen, medizinischen und juristischen Berufen;

l Es müssen kostenlose feministische Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungskurse für alle Frauen angeboten werden;

l verstärkte Bemühungen zur Aufdeckung von sexualisierter Gewalt: es müssen in jedem Wohnviertel und in jedem Dorf niedrigschwellige Anlaufstellen geschaffen werden, an die sich Frauen und Kinder wenden können.

12.2 Prostitution

Prostitution ist eine Erscheinung des Patriarchats und spiegelt dessen Herrschaftsverhältnisse wider. Das System der Prostitution trägt dazu bei, das bestehende Machtgefälle zwischen Frauen und Männern zu erhalten. Prostitution basiert auf einer patriarchalen Vorstellung von Sexualität, in der der weibliche Körper für die sexuelle Befriedigung von Männern als grundsätzlich verfügbar gesehen wird. Prostitution ist mit der Gleichstellung der Geschlechter nicht vereinbar; sie verletzt die Menschenwürde. Prostitution ist eine Quelle der Gewalt. Prostitution fördert Rassismus und Menschenhandel und verstärkt Armut. Prostitution verstößt gegen die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen. Prostituierte dürfen nicht kriminalisiert werden. Sie müssen wirksam geschützt und ihnen muss der Ausstieg ermöglicht werden. Die Feministische Partei DIE FRAUEN betrachtet die Benutzung von Menschen für die sexuelle Befriedigung von Freiern als Menschenrechtsverletzung, die strafrechtlich verfolgt werden muss. Deshalb fordern wir ein Sexkaufverbot.

12.3 Pornographie und Pornographisches

12.3.1 Pornographie

Die Freiheit des Ausdrucks endet, wo die Würde des Menschen angetastet und verletzt wird. Gewalt gegen Frauen beginnt, wenn gegen ihren Willen ihre Grenzen überschritten und verletzt werden. Pornographie ist Gewalt. Vorgeblich hat sie den Zweck, sexuelle Lust zu erzeugen, tatsächlich dient sie der Herabwürdigung von Frauen. Pornographien sind Darstellungen in Wort, Computersimulation, Bild und Plastik, die durch folgende Merkmale bestimmt sind:

l Frauen werden als entmenschlichte Sexualobjekte, Dinge oder Waren dargestellt.

l Frauen werden als Sexualobjekte dargestellt, die aus Schmerz und Erniedrigung Lust gewinnen und/oder denen eine Vergewaltigung sexuelle Lust verschafft.

l Frauen werden als Sexualobjekte dargestellt, die gefesselt, geschnitten, verstümmelt, geschlagen oder sonst wie verletzt werden.

l Frauen werden in Stellungen sexueller Unterwerfung, Versklavung oder Zurschaustellung gezeigt.

l Körperteile von Frauen werden so zur Schau gestellt, dass Frauen auf diese Körperteile reduziert werden.

l Frauen werden dargestellt als wären sie von Natur aus Huren.

l Frauen werden von Objekten oder Tieren penetriert.

l Frauen werden in einem Szenario der Erniedrigung, Gewalt, Folter dargestellt, als minderwertig, blutend, blaugeschlagen oder verletzt gezeigt, und zwar in einem Kontext, der diese Bedingungen für Männer sexuell aufreizend wirken lässt. (nach: Marylin French, Der Krieg gegen die Frauen.)

Dauernder Konsum von Pornographie fördert und bewirkt die reale Gewalt gegen Frauen. Pornographie fördert den Sadismus, ist Propaganda der Männer im Geschlechterkrieg und verbreitet Lügen über Frauen und ihre Sexualität. Pornographie ist Ausdruck der von Männern verlangten unverhüllten sexuellen Unterordnung von Frauen in Wort, Bild und zunehmend in Computersimulationen. Das wachsende Gewaltpotential der patriarchalen Gesellschaft findet seinen Ausdruck in der fortwährenden Brutalisierung der Pornographie-Produktion. Gegenwärtig verstärkt sich der Trend des Übergangs von sogenannten Soft- zu Hart- Pornos, von Porno-Produktion zu Gewaltporno-Produktion, vom Pornofilm zu Computersimulationen, in denen virtuelle Frauen scheinbar real auf den männlichen Benutzer reagieren und seine sexistischen Begierden auf bisher ungekannte Weise bestätigen. Dieser Trend ist eine reale Bedrohung für Frauen.

12.3.2 Pornographisches

Pornographische Elemente finden sich nicht nur in der im allgemeinen so bezeichneten Pornographie, sondern auch in öffentlichkeitswirksamen Darstellungen, zum Beispiel in der Kunst, in den Medien und in der Werbung. Pornographisches und Pornographien sind Produkte einer männerdominierten Industrie, die zu dem Zweck gemacht werden, dass vor allem Männer sie kaufen. Sie werden gemacht, um patriarchale Rollenklischees zu transportieren und zu reproduzieren und um durch den Einsatz pornographischer Darstellungen andere Produkte zu verkaufen. Pornographisches und Pornographie sind Ausdrucksformen, die im Unterschied zur körperlich-realen Gewalt von Männern gegen Frauen diese Gewalt vorbildhaft darstellen und deshalb zur realen Gewalt gegen Frauen führen. Die Grenzen zwischen Pornographischem und Pornographie im engeren Sinne sind fließend. Verbindend ist der Sexismus, der sowohl das Pornographische als auch die Pornographie im engeren Sinne prägt. Es gibt aber auch Sexismus, der nicht gleichzeitig pornographisch ist, sondern sich beispielsweise in direkter ökonomischer Gewalt ausdrückt. Pornographischer und nichtpornographischer Sexismus bilden in der patriarchalen Gesellschaft ein Geflecht sich gegenseitig hervorbringender und verstärkender Bedingungen und Effekte. Folgende Merkmale kennzeichnen sowohl die Pornographie als auch das Pornographische:

l Die soziale und physische Macht von Männern über Frauen wird als sexuell erregend dargestellt. Männliche Macht wird erotisiert - als Reichtum, sozialer Status, Körpergröße. Die Macht von Frauen wird in der Regel nicht als erotisch bewertet, sondern vielmehr ihre Ohnmacht - als Jugendlichkeit, soziale Inkompetenz, "Unschuld", Hilflosigkeit. Wird ausnahmsweise Macht von Frauen gezeigt, dann so, dass männliche Phantasien und Begierden bedient werden.

l Es wird suggeriert, es sei naturgegeben oder Folge von "Trieben", dass Männer Frauen besitzen und überwältigen. Die Darstellungen werden zielgerichtet so gestaltet, dass der Eindruck entsteht, es liege in der "Natur" von Frauen und Frauen wären quasi selbst schuld, wenn Männer sie dominieren und gewalttätig behandeln. Kleidung, Gestik, Mimik und die Körper von Frauen werden in den pornographischen Darstellungen nach sexistischen Klischees und für den männlichen Blick zugerichtet.

l Alle sexuell gedeuteten Handlungen, die beschrieben, abgebildet oder am Computer simuliert werden, sind von der Ideologie durchdrungen, dass die sozial Unterlegenen (Frauen und Kinder) den sozial Mächtigen (Männern) in jeder Weise dienstbar zu sein haben.

l Der soziale und individuelle Kontext sexueller Handlungen wird außer Acht gelassen, individuelle Empfindungen werden ausgeblendet.

Ob es sich im Einzelfall bei Darstellungen und Abbildungen um Pornographisches handelt, ist nachweisbar kontextabhängig. Die ideologischen Merkmale des Pornographischen sind deshalb so wirksam, weil sie mit dem Kontext von Alltagserfahrungen von Männern und Frauen in Wechselwirkung stehen. Männer und Frauen erleben die sexistische Gesellschaft und reproduzieren sie. Das alltäglich Pornographische - beispielsweise in der Werbung - bewirkt, dass Frauen sich vermeintlich freiwillig von selbst nach pornographischen Bildern ausrichten und durch diese bestätigt werden. Männer erleben die Wirklichkeit durch eine pornographisch verzerrte Brille. Trivialliteratur (sogenannte Unterhaltungsliteratur) wird speziell für Frauen produziert und überwiegend von Frauen konsumiert. Sie transportiert dieselben pornographisch- sexistischen Stereotype und Rollenklischees wie für Männer gemachte Pornographie. Die Produkte der Trivialliteratur und Trivialkultur (Fernsehshows, Mode etc.) verharmlosen gesellschaftliche Missstände und dienen dazu, Frauen gefügig zu machen und sie dazu zu bringen, trotz Leidensdruck passiv zu bleiben. Diese Produkte sind nicht harmlos, sondern durch ihre vermeintliche Harmlosigkeit gerade gefährlich. Das Patriarchat fürchtet Frauen mit einem starken Selbstbild. Durch Pornographie und pornographische Darstellungen wird aus Männersicht definiert, was Frauen sein sollen und wie sie sein sollen. Dadurch, dass Männer die Definitionsmacht über Frauen beanspruchen und halten, wird uns permanent Gewalt angetan. Pornographisches und Pornographie sind durch allgegenwärtige Überflutung mit sexistischen Rollenbildern und Klischees sowie durch penetrante Wiederholung zu einer Institution geworden, die Gewalt gegen Frauen rechtfertigt und ständig neu schafft. Forderungen der Feministischen Partei DIE FRAUEN:

Wir fordern die Abfassung des §184 Abs. 3 StGB (Verbreitung pornographischer Schriften) im hier dargestellten Sinn. Das Verbot der Verbreitung pornographischer Schriften wird in Absatz 2 um neue Kommunikationssysteme erweitert (Computer). Wir fordern die Anwendung des 131 StGB (Verbot der Verherrlichung oder Verharmlosung von Gewaltstraftaten) auf Gewaltpornographie. Frauen, die zum Zweck der Produktion von Pornographie unter Druck gesetzt oder durch Gewalt zu ihrer Herstellung gezwungen werden, müssen konsequent vor strafrechtlichen Sanktionen geschützt werden. Pornographie mit Kindern ist in der Herstellung die Anwendung realer und direkter Gewalt. Ihre Herstellung, Verbreitung und ihr Besitz sind weltweit mit Höchststrafen zu sanktionieren und zu verbieten. Die in der BRD bereits bestehenden Gesetze, die Herstellung, Verbreitung und Besitz sanktionieren, sind konsequent anzuwenden. Kinder als Opfer sind konsequent, auch strafprozessual, zu schützen. Zivilrechtlich wird die Möglichkeit der Verbandsklage geschaffen. Diese Möglichkeit benötigen Frauen insbesondere deshalb, um gemeinsam Klage auf Unterlassung von Veröffentlichung und Verbreitung konkreter pornographischer Darstellungen und auf Entschädigung erheben zu können. Wir fordern, Pornographie im engeren Sinne nach dem Verursacherprinzip mit einem zweckgebundenen Bußgeld zu belegen. Diese Gelder werden ausschließlich durch von Frauen selbstverwaltete Fonds zur Rehabilitation von Opfern männlicher Gewalt verwendet. Straf- und zivilprozessuale Möglichkeiten sind notwendige, aber nicht hinreichende Maßnahmen für Frauen, um sich pornographischer patriarchaler Gewalt zu erwehren. Juristische und polizeiliche Maßnahmen stoßen an Grenzen, wo Justiz und Polizei selbst ausführende Organe eines dem Wesen nach, patriarchalen Staates sind. Sie finden ihre Grenzen außerdem dort, wo technologische Neuerungen (beispielsweise Computervernetzung) den Möglichkeiten ihrer Kontrolle zur Zeit weit vorausgehen. Wir fordern die Definitionsmacht über uns und unsere Körper zurück. Frauen haben zu bestimmen, was pornographisch ist und was sie demzufolge zurückweisen. Frauen benötigen die Bilder einer alternativen Gegenkultur, in der Frauen und Frauenkörper nicht als Objekte des männlichen Willens und der männlichen Herrschaft dargestellt werden. Wir brauchen die Möglichkeit, eigene Werte zu setzen und eigene Bilder zu schaffen: Wir fordern als einen Weg mindestens fünfzigprozentige Quotierung für Kunst im öffentlichen Raum, für die Vergabe öffentlicher Aufträge an KünstlerInnen sowie eine mindestens fünfzigprozentige Quotierung von Jurys und Fördermitteln. Quotierung ist ein Mittel, das uns helfen wird, unsere demokratischen Rechte in der Öffentlichkeit angemessen wahrzunehmen. Wir fordern eine fünfzigprozentige Mindestquotierung in den Gremien und bei den Angestellten der öffentlich-rechtlichen Medien für unser Recht auf freie Meinungsäußerung. Wir fordern die Einrichtung eines unabhängigen, quotiert besetzten Werberates, in dem alle gesellschaftlichen Gruppen repräsentiert sind. Dieser Werberat ist mit entsprechenden Kompetenzen und Sanktionsmöglichkeiten auszustatten. Wir fordern, dass Mädchen und Jungen eine Bildung erhalten, in der sie im Bewusstsein ihrer Gleichwertigkeit heranwachsen. Sexualerziehung muss getrennt für Mädchen und Jungen stattfinden. Mädchen sollen ihre eigene Körperlichkeit erfahren, ihre Sexualität achten und erfahren; Jungen ebenso. Mädchen müssen lernen, sexistische Klischees nicht zu verinnerlichen, sondern sie zurückzuweisen. Jungen müssen lernen, dass Gewalt kein akzeptierter Weg zwischen Menschen - zwischen Frauen und Männern - ist. Die Feministische Partei DIE FRAUEN wird Aktionen initiieren und unterstützen, die dazu beitragen, dass Frauen sich ihrer Macht und Stärke bewusst werden und sie für sich selbst einsetzen. Frauen haben als Konsumentinnen eine große Macht gegen pornographische und sexistische Werbung, Frauen können durch ihr öffentliches Auftreten dokumentieren, dass sie keine Objekte der männlich-porno-graphischen Phantasie sein wollen. Frauen können als Konsumentinnen der Medien Produkte boykottieren, in denen Gewalt gegen Frauen verherrlicht wird.

12.4 Bekleidungsvorschriften

Die Feministische Partei DIE FRAUEN ist der Ansicht, dass es keine grundsätzlichen Bekleidungsvorschriften für Mädchen und Frauen geben darf. Wir sehen solche Zwänge als Symptome der Unterdrückung von Mädchen und Frauen. Die Ursachen dieser Unterdrückung sind zu beseitigen. Die Freiheit, sich nach eigenem Ermessen zu kleiden, darf zu keiner Benachteiligung führen.

 

13. DER § 218

Der §218 muss gestrichen werden. Frauen haben ein Recht dazu, selbst darüber zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft austragen oder ob sie sie abbrechen, ohne jede staatliche oder ärztliche Einmischung.

 

14. FORTPFLANZUNGSTECHNOLOGIEN

In Bearbeitung

 

15. GESUNDHEIT

Unser derzeitiges Gesundheitssystem basiert maßgeblich auf zwei Säulen: einem patriarchal-ökonomischen und einem patriarchal-medizinischen Ansatz. Beide Ansätze sind eng miteinander verflochten und Ursache für eine Vielzahl immer weiter eskalierender negativer Folgen. Von dieser Entwicklung sind Frauen und Kinder in ganz besonderem Ausmaß betroffen. Frauen finanzieren ein teures Gesundheitswesen mit, das sich beinahe ausschließlich an männlichen Bedürfnissen und Normen orientiert.

15.1 Patriarchal-ökonomischer Ansatz

Unser Gesundheitswesen wird vorrangig durch die Verfolgung eines Ziels geprägt: die Erhaltung und schnelle Wiederherstellung von Leistungsfähigkeit. Wenn die "Maschine Mensch" nicht oder nicht mehr ausreichend funktionstüchtig gemacht werden kann, droht die jeweils kostengünstigste Variante gesellschaftlicher Abschiebung, meist in den privaten Bereich. Legitimiert wird diese Vorgehensweise damit, dass unsere Gesellschaft und damit auch das Gesundheitssystem angeblich von den Erwerbstätigen, also überwiegend Männern, erhalten wird. Bedingt durch steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne einerseits und durch steigende Preise für die Leistungen im Gesundheitswesen andererseits explodieren die Kosten. Die Versicherungsbeiträge steigen, obwohl der Anteil der Gesundheitskosten am gesamten Volkseinkommen relativ stabil geblieben ist. Die aktuelle Gesundheitspolitik ist beinahe ausschließlich auf Kostendämpfung ausgerichtet. Patientinnen müssen neben erhöhten Beiträgen zusätzlich erhöhte Kosten tragen. Krankenkassen werden zu Konkurrenz untereinander angehalten, ohne dass dies den Patientinnen zugutekommt. In anderen Bereichen werden die Handlungsspielräume weiter eingeschränkt: Therapieauswahl- und Niederlassungsbeschränkungen der Ärztinnen, Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen etc. Gleichzeitig und durch diesen Ansatz bedingt werden Korruption auf allen Ebenen des Gesundheitswesens und Lobbyismus, vor allem der Pharmaindustrie, begünstigt.

15.2 Patriarchal-medizinischer Ansatz

Die von Männern dominierte Schulmedizin befindet sich im ständigen Kampf gegen Krankheitssymptome. In diesem Kampf bevorzugt man Technik und Chemie, um schnelle, aber nicht notwendigerweise dauerhafte Heilerfolge zu erzielen. Dabei konzentrieren sich Diagnostik und Therapie auf das kranke oder vermeintlich kranke Organ, ohne den ganzen Menschen zu berücksichtigen. Nebenwirkungen, die unter Umständen langfristig erst recht und schlimmer krank machen, werden stillschweigend in Kauf genommen. Gesellschaftsbedingte Ursachen für Krankheiten, wie Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung etc. werden weitgehend aus der Forschung ausgeklammert. Krankheiten und nicht erfolgte Heilungen werden individualisiert. Die Verantwortung dafür wird den PatientInnen zugeschoben. Ganz besonders verächtlich verhält sich die Schulmedizin gegenüber Frauen. In der schulmedizinischen Forschung wird der männliche Körper zur Norm erhoben. Der weibliche Körper wird abgewertet und weibliche Befindlichkeitsstörungen werden ignoriert.

15.3 Folgen

Unser Gesundheitssystem wird maßgeblich durch die systemkonforme Ausbildung aufrechterhalten. Frauen werden aus den besser bezahlten einflussreichen Positionen weitestgehend ausgeschlossen, wodurch sie unter anderem nahezu keine Chancen haben, frauenbezogene Alternativen in unserem Gesundheitswesen durchzusetzen. Stattdessen müssen Frauen teure medizinische Dienstleistungen in Anspruch nehmen, über deren Auswahl sie häufig nicht mitentscheiden können. Patientinnen werden verängstigt, damit sie therapeutische Maßnahmen in Anspruch nehmen, die nicht notwendigerweise mit ihren Bedürfnissen übereinstimmen und die ihre Gesundheit häufig erst recht nachhaltig schädigen. Ihr Wunsch nach ganzheitlicher Behandlung wird ignoriert. Ihre Körper werden ohne ihr Wissen für Forschungszwecke benutzt. Patientinnen werden entmündigt und von einem frauenfeindlichen Gesundheitssystem abhängig gemacht. Ärztinnen und Ärzte werden folgendermaßen honoriert: abgerechnet werden einzelne Leistungen, wobei Leistungen durch Apparate höher bewertet werden als beratende Gespräche. Das führt dazu, dass die Apparatemedizin bei Diagnose und Therapie bevorzugt wird. Der scharfe Konkurrenzkampf auf dem Medikamentenmarkt und die aggressive Werbung der pharmazeutischen Industrie begünstigen die Korruption von Ärzten und Ärztinnen.

15.4 Forderungen

Die finanziellen Lasten im Gesundheitssystem müssen reduziert und gerecht verteilt werden; die Qualität der Gesundheitsfürsorge muss verbessert werden, und zwar gemessen an den Notwendigkeiten und Bedürfnissen von Frauen. Deshalb fordert die Feministische Partei DIE FRAUEN:

l Werbeverbot für Medikamente

l drastische Begrenzung der zugelassenen Arzneimittel durch eine Positivliste

l Alle Bürgerinnen und Bürger müssen in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden.

l Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze

l Kostenübernahme für alternative Heilmethoden, Psychotherapie etc., ausgerichtet an den Bedürfnissen und Notwendigkeiten der Patientinnen

l Einkommen im medizinischen Bereich unabhängig von punktuellen Leistungen

l gerechte Einkommens- und Kompetenzverteilung, ganz besonders für Hebammen und Krankenschwestern

l vereinfachte Zulassung von selbständigen ÄrztInnen, Hebammen, Therapeutlnnen aus anderen Kulturkreisen

l angemessene finanzielle Förderung feministischer und patientInnen-parteiischer Gesundheitszentren und Selbsthilfegruppen mit dem Ziel, zu beraten, aufzuklären, MigrantInnen zu helfen und PatientInneninteressen wahrzunehmen

l Umstellung auf einen ganzheitlichen medizinischen Ansatz

Die Mündigkeit der Patientinnen muss unterstützt werden, damit sie die Verantwortung für ihre Heilung in erster Linie selbst tragen, ihren eigenen Körperwahrnehmungen vertrauen und an die notwendigen Informationen kommen können. ÄrztInnen müssen das Selbstwertgefühl und die positive Selbstannahme der Patientinnen fördern, ihnen Mut zu Änderungen machen und die Entscheidungen der Patientinnen respektieren. Die organspezifische Forschung hat sich an den individuellen und geschlechtsspezifischen Besonderheiten von Frauen und Kindern auszurichten. Insgesamt sollte medizinische Forschung immer auch soziale und psychische Komponenten enthalten. Wir brauchen feministische Forschung auf dem Gebiet der Psychosomatik. Die Unterdrückung von Frauen von Geburt an bringt Krankheiten hervor, wie Migräne, Angina pectoris, gynäkologische Beschwerden und ähnliche, die mit der Lebensgeschichte von Frauen und der Rollenerwartung an Frauen ursächlich verbunden sind. Die ÄrztInnen- Aus- und - Weiterbildung muss in Richtung Naturheilverfahren im weitesten Sinne ausgebaut werden, ebenso die Aus- und Weiterbildung in feministischer Psychotherapie für alle im Gesundheitswesen tätigen Berufsgruppen. Vorpatriarchales weibliches Wissen soll erforscht, hervorgeholt und nutzbar gemacht werden.

 

16. BILDUNG

16.1 Vorschläge zu einer feministischen Schule

Schulen in Deutschland sind normalerweise Halbtagsschulen. Es gibt keine feststehenden Zeiten, in denen die Kinder von der Schule betreut werden. Fällt Unterricht aus, werden Kinder nach Hause geschickt. Das erschwert die Berufstätigkeit von Müttern, denen unter diesen Umständen weniger Berufsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die Schule verlangt als "ergänzende Elternarbeit" Hausaufgabenbetreuung. Sie fällt auf den Nachmittag und wird fast ausschließlich von Frauen geleistet. Diese nicht bezahlte, zeitlich nicht begrenzte Tätigkeit wird in keiner Weise gesellschaftlich als Arbeit anerkannt. Frauenarbeit in Familie und Haushalt wird Frauen ohne Gegenleistung in Form von Bezahlung oder sozialer Absicherung als "Liebe" abverlangt. Verweigern Frauen diese Aufgabe oder leisten sie sie nicht, weil ihnen die Berufstätigkeit keine Zeit lässt, wird das in Familie und Öffentlichkeit vielfach als "Liebesentzug" gewertet, als Egoismus oder mütterliches Ungenügen. Viele Frauen haben diese Ansicht verinnerlicht und fühlen sich deshalb häufig schuldig. Hausaufgabenbetreuung können nur Mütter übernehmen, die finanziell abgesichert sind. Diese Gruppe von Frauen verzichtet wegen der unbezahlten Zusatzarbeit für die Schule auf Erwerbstätigkeit, Fortbildung und Weiterbildung, kurz,. auf selbständige soziale Absicherung, was spätestens bei der Trennung vom Ehemann große Probleme aufwerfen kann. Steht die Mutter oder eine andere Betreuungsperson nicht zur Verfügung, sind Kinder häufig sogar in hohem Maße gegenüber ihren MitschülerInnen benachteiligt, denn Hausaufgabenbetreuung ist nicht nur Beaufsichtigung, sondern zusätzliche Stoffvermittlung, Übung und notgedrungen auch Motivierung bei Schulfrust und Schulunlust. Diese häusliche Zuarbeit für die LehrerInnen macht den Unterrichtserfolg zu einem großen Teil erst möglich. Fallen Kinder jedoch in ihren Leistungen zurück, gilt dies als individuelles und familiäres Versagen. Für den Misserfolg der Kinder werden weitgehend die Mütter verantwortlich gemacht. Ausländische Mütter können diese im Ausland unbekannte Praxis, speziell bei Sprachproblemen, noch ungleich schwerer bewältigen. Hausaufgabenbetreuung durch Eltern bzw. Mütter verhindert scheinbar schulunabhängig eine Chancengleichheit der SchülerInnen. Privilegien und Benachteiligungen werden weitergegeben und gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse damit aufrechterhalten und reproduziert. Leidtragende sind die Kinder und ihre Mütter. Unsere Schulen stabilisieren die bestehende männlich dominierte Gesellschaftsordnung. Die Schulstruktur ist hierarchisch. Lehrpläne, Unterrichtsmethoden und Finanzierungen werden von wenigen entschieden. Diese wenigen, meist Männer, kontrollieren eine Mehrheit von LehrerInnen, meist Frauen. Sowohl für LehrerInnen als auch für SchülerInnen gilt das Konkurrenz- und Leistungsprinzip. Im Patriarchat ist die Würde des Menschen an seine Leistungsfähigkeit in der Gesellschaft gekoppelt. Frauen können partizipieren, wenn sie sich einfügen. Fernziele und Unterrichtsmethoden sind versteckt sexistisch und rassistisch. Untersuchungen haben ergeben, dass die durch Frauenrechtlerinnen geforderte und endlich eingeführte Koedukation Benachteiligung der Mädchen nicht aufgehoben hat, sondern sie subtiler werden ließ. Die Schule verfestigt Rollenklischees. Schulbücher und Unterrichtsinhalte vertreten noch zum großen Teil alte Rollenvorstellungen: Die Frau gilt als die Familienbetreuerin im Haus. Sie ist passiv und emotional. Mädchen sind dementsprechend meist abwartend, Heulsusen und stehen in unpassender Kleidung im Weg. Der Mann gilt als der Vertreter und Versorger der Familie in der Öffentlichkeit. Er ist aktiv und rational. Jungen sind dementsprechend aktiv, sportlich und unternehmungslustig. In Geschichtsbüchern kommen Frauen fast nicht vor, in naturwissenschaftlichen Büchern werden Forscherinnen und Erfinderinnen so gut wie gar nicht erwähnt. Ausländische Mitmenschen erscheinen wenig in der Unterrichtsliteratur, eventuell in einer untergeordneten Tätigkeit als Putzfrau oder Gepäckträger, auf keinen Fall aber in einem qualitativ und quantitativ realen Verhältnis zum Alltag der SchülerInnen. Frauen und Mädchen sind für Familie, Hausarbeit und Gefühle zuständig, Männer und Jungen für die Welt, Geschichte, Politik, Entdeckungen und Erfindungen, Erwerbsarbeit und für das Denken. Männer sind wichtig, Frauen nicht. Sprachliche Formulierungen verfestigen diese Sichtweise noch zusätzlich: Entweder es wird nur die männliche Form gebraucht, wie z.B. das Pronomen "er', oder aber "neutrale" Konstruktionen wie "der Mensch", "man" "die Menschen". Ist von speziellen Berufen die Rede, wird die männliche Sprachform angewendet, wie "der Bauer', "der Handwerker', "der Töpfer". Im Unterricht werden den Mädchen "weibliche" Fächer zugeordnet, z.B. Sprachen und "musische" Fächer. Jungen werden in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern von vornherein stärker gefordert. Logisches Denken und klares Analysieren gilt als unweiblich. Zeigen Mädchen in mathematisch- naturwissenschaftlichen Bereichen Interesse und Können, wird dies ihrem Fleiß zugeschrieben. Gute Leistungen in diesen Fächern bei Jungen entsprechen dagegen den vorhandenen Fähigkeiten. Die im Schnitt besseren schulischen Leistungen der Mädchen werden allgemein ihrem Fleiß und ihrer Bravheit zugeschrieben, nicht aber ihrer Intelligenz und Begabung. Jungen dagegen sind eben nur frech und faul, gelten aber trotz- dem als intelligent und begabt. So lernen Mädchen in der Schule, an ihrer Begabung zu zweifeln, Jungen dagegen, sich für begabt zu halten. Zur Steigerung der Unsicherheit der Mädchen und des Selbstbewusstseins der Jungen trägt bei, dass den Jungen mindestens 60 Prozent der Unterrichtszeit von LehrerInnen gewidmet wird. Ob durch Aufruf zu Unterrichtsbeiträgen oder auch durch Tadel, die Jungen erhalten mehr Zuwendung, was die Mädchen zusätzlich erfahren lässt, dass sie weniger wichtig sind. Jungen sind in der Schule im Allgemeinen laut und fordern. Durch ihr Verhalten beherrschen und prägen sie oft das soziale Klima in Klassen. Mädchen halten sich eher zurück, gleichen aus, vermitteln. Mädchen wer- den dazu benutzt, Jungen zu disziplinieren. Häufig wird ein Mädchen neben einen störenden Jungen gesetzt. Das mag das Unterrichtsklima verbessern, dies jedoch auf Kosten des Mädchens. Ein "richtiger" Junge stört ab und zu. Ein "richtiges" Mädchen ist brav - und langweilig. Dieses unterschiedliche Verhalten wird in der Gesellschaft und somit von den meisten LehrerInnen als "natürliches" Geschlechtsverhalten angesehen und dadurch wiederum ständig manifestiert. Es gibt an den Schulen kaum ein Bewusstsein davon, dass "Weiblichkeit" und ,Männlichkeit" kulturbedingtes Rollenverhalten ist, geschweige denn davon, dass dieses durch das Verhalten von Lehrern und Lehrerinnen sowohl untereinander, innerhalb der schulischen Hierarchie und gegenüber den Lernenden, als auch durch die Lerninhalte, die Sprache und durch die festgelegten Erwartungen tradiert wird.

Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert:

l Wir wollen die Ganztagsschule. Die Schule übernimmt die Betreuung der Kinder von 8 bis 16Uhr. Hausaufgabenbetreuung findet durch die LehrerInnen statt.

l Wir wollen eine Veränderung unseres herrschaftsbestimmten Gesellschaftssystems. Die Mehrheit gesellschaftlicher Bereiche ist im Sinne organisierter Friedlosigkeit gestaltet. Patriarchales Denken hält Hierarchie, Unterdrückung und unterschiedliche Formen von Gewalt bis hin zum Krieg immer noch für ein legitimes Mittel zur Konfliktbewältigung. Für die Zukunft aller ist Frieden von zentralem Wert. Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern auch die Abwesenheit von direkter, struktureller und kultureller Gewalt. Dies hat Geltung sowohl zwischen den Staaten als auch innergesellschaftlich und im privaten Raum. Wir brauchen dazu eine andere Gesellschaftsstruktur.

Das erfordert Umdenken. Umdenken beginnt mit Bewusst-Werden und Bewusst -Machen. Hier haben die BegleiterInnen von Kindern und Jugendlichen in Kindergarten und Schule und Hochschule eine große Verantwortung. Umdenken heißt:

l Bewusstwerdung der bisherigen gesellschaftlichen Strategien zur Unterordnung von Mädchen und Frauen. Erkennen der von ihnen verinnerlichten Mechanismen, die solche Strategien unterstützen.

l Bewusstwerdung gesellschaftlicher Strategien, welche die Würde der Einzelnen, seien es Frauen oder Männer, Kinder oder Alte, Menschen mit Behinderungen oder Menschen mit Krankheiten, InländerInnen oder AusländerInnen, verletzen.

l Bewusstwerdung gesellschaftlicher Strategien, die Menschen, Tiere und Natur ausgrenzen, missbrauchen und ausbeuten.

Umdenken heißt auch:

l Verantwortung mit übernehmen,

l wach sein und Widerstand leisten,

l Bereitschaft entwickeln zu problemlösender gemeinsamer Arbeit.

Die Feministische Partei DIE FRAUEN setzt sich für eine begleitende Unterstützung bei der Entfaltung und Entwicklung der individuellen Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen ein. Feministisches Denken widerspricht dem Erziehen zu einem vorgegebenen Ziel.

Feministische Ausbildung und Bildung hat den Anspruch von Geübtsein und von Sich-Üben

l im Widerstand gegen hierarchisch gesellschaftliches Denken,

l im Übernehmen und Mittragen von Verantwortung,

l in Bereitschaft zu gemeinsamer solidarischer Konflikt- oder Problemlösung auf der Basis von Sachkenntnis, Eigenverantwortlichkeit und ausgeprägtem Selbstwertgefühl der Einzelnen.

Die feministische Schulform der Zukunft ist

l eine nicht hierarchische, selbstverwaltete Ganztagsschule als Zentrum im Leben von Mädchen und Frauen, Jungen und Männern, in der Menschen aller Altersstufen angstfrei lernen, Impulse empfangen und in die sie Ergebnisse ihrer Erfahrungen zurücktragen können,

l eine offene Schulform,

l ein durchlässiges Schulsystem mit jahrgangsdurchlässigen kleinen Gruppen, die handlungs- und erfahrungsorientiert mit Bezug zur Lebens- und Arbeitswelt des jeweiligen Umfeldes das notwendige Wissen problemorientiert erarbeiten, Verzicht auf Auslese in Form von Benotung von SchülerInnen und LehrerInnen nach einem Einheitsmaßstab, statt dessen Ermutigung und Anerkennung der Entwicklung, welche die jeweilige Person in Bezug auf ihre eigenen Wünsche und Möglichkeiten gemacht hat, und Förderung von individuellen Begabungen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN setzt sich für die Vorbereitung einer feministischen Schulform ein. Diese muss folgende prinzipielle Veränderungen beinhalten:

16.1.1 Verändertes Verhalten gegenüber der Schule

Im feministischen Denken sind LehrerInnen und SchülerInnen sowohl im Lernfeld sozialer Verantwortung und Kreativität als auch im Bereich der Wissenserarbeitung zugleich Lehrende und Lernende. Das bestehende Wertesystem muss sich im Bewusstsein der Lehrenden verändern, damit gemeinsam mit den Lernenden ein anderes Wertedenken entwickelt werden kann. In diesem Zusammenhang fordert feministisches Denken:

a) Bewusstseinsarbeit durch Wachsamkeit und verstärkte Frauenforschung im Bereich von Unterrichtsinhalten und Lehrmethoden, ständige Überprüfung von Büchern, Bildungsinhalten und Lehr- und Lernmethoden unter feministischen Gesichtspunkten durch SchülerInnen und LehrerInnen, verstärkte praxisorientierte Frauenforschung von Rollenverhalten mit Verbindung und Rückkopplung zu Schulen, Weiterbildungsmöglichkeiten der Lehrenden und der Eltern an Hoch- und Volkshochschulen, um das Bewusstsein für verinnerlichte Herrschaftsstrukturen zu sensibilisieren.

b) Bewusstseinsarbeit durch geschlechterbewusste Ausbildung. An Koedukationsschulen werden Mädchen und Jungen auch getrennt unterrichtet. Bei Mädchen wird die Stärkung ihres Selbstwertgefühls und der Abbau ihrer Unterwerfungsstrategien geübt, bei Jungen die Stärkung ihres sozialen Verhaltens und der Abbau von Dominanz- und Gewaltgehabe. Mädchen werden bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Frausein unterstützt. Selbstverteidigung und Selbstbehauptungstraining sind Unterrichtsfächer. Bestehende Mädchenschulen sollen erhalten bleiben, um in ihnen Modelle sozialen, kreativen, gewaltfreien Lernens und Handelns zu erproben.

c) Bewusstseinsarbeit durch Offenheit für Fremdes. Unterschiede zwischen Menschen werden als Individuelles, ihnen Eigenes und alle Bereicherndes angesehen. Multikulturelle Ausbildung, d.h. die Ausbildung von In- und AusländerInnen, geschieht gemeinsam im Bewusstsein eines Privilegs. Ein entsprechender Unterricht in Sprache, Kultur und Landeskunde für die beteiligten AusländerInnen wird in den Schulplan aufgenommen. Dieser Unterricht soll für alle SchulteilnehmerInnen offen sein.

d) Integration behinderter SchülerInnen in den normalen Schulalltag. Behindertenspezifischer Unterricht, z.B. Erlernen notwendiger Techniken, in zeitweise getrenntem Unterricht, dies unter Umständen auch über längere Zeiten mit der Möglichkeit der Rückführung in die lntegrationsklassen.

16.1.2 Verändertes Verhalten gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt

Feministisches Denken fordert das Erproben anderer Verhaltensformen im sozialen Miteinander wie

l Abbau der Angst vor Konflikten,

l Widerstand gegen Unwahrhaftigkeit in Beziehungen,

l Konfliktfreudigkeit und Kreativität in gewaltfreier Konfliktbewältigung und Konfliktlösung,

l Kräftigung des Selbstwertgefühls durch Ermutigung zur eigenen Stimme, zur eigenen Meinung, zur Auseinandersetzung,

l Unterstützung der individuellen Meinung durch Übung in Argumentation,

l Selbstvertrauen in die Eigenständigkeit von Denken, Fühlen und Handeln,

l Verantwortungsbewusstsein und Eigenverantwortlichkeit,

l Solidarität unter Mädchen und Frauen,

l Solidarität mit Schwächeren, Fremdem, Andersgeartetem,

l gemeinsame Problemlösung in Gruppen.

16.1.3 Veränderte Methoden der Wissenserarbeitung

Feministisches Denken fordert ein Umdenken bei der Wissenserarbeitung wie

l problemlösendes Lernen statt leistungsbezogenes Lernen, d.h., die zu vermittelnden Fakten werden nicht fraglos übernommen, sie werden in ihrer Entwicklung nachvollzogen und ihre bisherigen gesellschaftlichen Wertungen werden einer kritischen Überprüfung auf die Tauglichkeit im Rahmen eines veränderten feministischen Denkens unterzogen. Das stärkt das Selbstwertgefühl, die Kritikfähigkeit und das Verantwortungsgefühl, schult die Sprache und die Fähigkeit zum Ausdruck der eigenen Meinung und schwächt die Autoritätsgläubigkeit der SchülerInnen.

l Soziale Kreativität: Das problemlösende Lernen geschieht auch in Gruppen. Alle sind mitverantwortlich für das Ergebnis. Dies kann jedoch nur auf der Basis selbstbewusster Eigenständigkeit der GruppenteilnehmerInnen wirksam und erfolgreich sein.

l Gemeinsame multikulturelle Ausbildung ist eine der Grundlagen feministischen Denkens. Das gegenseitige Kennenlernen und selbstverständliche Akzeptieren von MitschülerInnen anderer Kulturen und anderer Nationalitäten erleichtert das Erkennen eigener und fremder Grenzen. Solidarische, partnerschaftliche Konfliktlösung findet im Wissen voneinander und in der Bereitschaft zur gegenseitigem Akzeptanz ihre Voraussetzung.

16.2 Frauen in "Männerberufen" - HandwerkerInnen

Patriarchale Herrschaftsformen finden wir heute noch in den sogenannten Männerberufen. Diese befinden sich vorwiegend im Handwerksbereich. Hier finden wir nicht nur alte Zunftstrukturen (Innungen), sondern auch einen hierarchischen Aufbau über die Handwerkskammern im kommunalen Bereich. Jeder Handwerksbetrieb ist zwangsläufig den Handwerkskammern unterworfen und hat dorthin Zwangsbeiträge zu leisten. Die Innungen stellen die Prüfungsordnungen auf und besetzen die Prüfungskommissionen im Einklang mit den Handwerkskammern. Diese sind vorwiegend mit Männern besetzt. Frauen, die ein Handwerk erlernen wollen, finden im Betrieb und in den Berufsschulen keine ihnen gemäßen Bedingungen. Es gibt keine Überlegungen zur frauenspezifischen Ausbildung in den Betrieben, keine Ausrichtung von Prüfungsvorgaben auf Frauenfähigkeiten in dem zu erlernenden Beruf, kaum Ausbilderinnen, kaum Prüfungskommissionsmitfrauen, kaum Berufsschullehrerinnen. Hierdurch werden Mädchen in "Männerlehrberufen" benachteiligt und müssen oft auch noch sexistisches Verhalten von Vorgesetzten und Gesellen erdulden. Dies führt dazu, dass Frauen in diesen Berufen nur ein niedriges Selbstbewusstsein entwickeln können und enorme Angst vor der Berufsausübung zeigen. Daraus erklärt sich auch, dass Frauen selten den erlernten Beruf auch wirklich langfristig ausüben und die für eine Selbständigkeit notwendige Meisterprüfung nur selten ablegen. Oft ist es diesen Frauen nicht möglich, die erforderlichen Gesellinnenjahre nachzuweisen oder diese, zumal wenn sie in Frauenprojekten gearbeitet haben, als solche anerkennen zu lassen.

Wir wollen deshalb:

l frauenspezifische Ausbildungsordnungen zur Lehrlingsausbildung

l frauenspezifische Ausbildungsordnungen zur Ablegung der Meisterinnenprüfung

l Vertretung von Frauen in den Innungen

l Vertretung von Frauen in den Handwerkskammern

l Frauen als Ausbilderinnen im Betrieb und auf den Berufsschulen

lFrauenprüfungskommissionen auf allen Ausbildungsebenen

Wir setzen uns dafür ein, dass Förderprogramme "Mädchen in Männerberufe" folgende Voraussetzungen erfüllen:

l Ausbildung vorrangig in Berufen, die wirtschaftlich aussichtsreich sind

l Ausbildung, die die geschlechtsspezifische Sozialisation von Frauen mitberücksichtigt und Angstabbau und Stärkung des Selbstbewusstseins mit beinhaltet

l Sicherstellung der ersten Berufsjahre

l Sicherstellung der Anerkennung von Berufsjahren in Frauenprojekten zur Erlangung der Meisterinnenprüfung

l spezifische Frauenausbildungsprojekte von der Auszubildenden zur Meisterin

16.3 Hochschule und Fachhochschule

Die Ausbildung an einer Fach-/Hochschule soll zu wissenschaftlicher Arbeit, wissenschaftlich kritischem Denken und zu verantwortlichem Handeln befähigen. Die Erlangung dieser Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden ist das Recht einer jeden Person, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrem Alter, ihrem sozialen Umfeld und ihrem finanziellen Hintergrund. Die Realität zeigt ein ganz anderes Bild, da die Fachhochschulen und Hochschulen in der Bundesrepublik ohne die aktive Beteiligung von Frauen entstanden sind. Heute sind zwar über 50 Prozent der Studierenden Frauen, doch in den verschiedenen Statusgruppen sind sie zahlenmäßig sehr unterschiedlich vertreten. 1995 gibt es in der gesamten Bundesrepublik nur 5,2 Prozent weibliche Professoren und ca. 24 Prozent Wissenschaftlerinnen im Mittelbau, obwohl es ausreichend fachlich qualifizierte Frauen gibt.

16.3.1 Rahmenbedingungen

90 Prozent aller Studierenden müssen neben dem Studium arbeiten. Die BAföG-Zahlungen reichen nicht aus, um ein Studium zu finanzieren. Die Folgen können längere Studienzeiten und z.T. finanzielle Verschuldung in der Prüfungsphase sein. Eine weitere Belastung stellt die vollständige bzw. teilweise Rückzahlung des BAföG dar, die frühestens fünf Jahre nach Studienabschluss einsetzt und einen großen finanziellen Einschnitt darstellen kann. Viele Studentinnen bekommen während der Studienzeit Kinder oder gehen mit Kindern in ein Studium. Diese Lebensform findet in den Fach-/Hochschulen keine Berücksichtigung und keine rechtliche Absicherung, was zu unnötigen Erschwerungen und zu der Verlängerung von Studienzeiten für Frauen führt. Behinderte Studentinnen werden bereits durch die räumlichen Gegebenheiten ausgeschlossen und dadurch an einer qualifizierten Ausbildung gehindert. Ausländische StudentInnen müssen sich mühsam eine Studienzulassung erwerben. Darüber hinaus erhalten sie für die Zeit der vorgelagerten Sprachkurse keine finanzielle Unterstützung. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen können sie nur begrenzt Teilzeitarbeiten aufnehmen. Frauen arbeiten während des Studiums meist außeruniversitär, wodurch sich ihre Chancen auf eine qualifizierte Arbeitsstelle an der Fach-/Hochschule verringern. Die Weiterqualifizierung nach einem abgeschlossenen Studium (Doktorarbeit, Habilitation) wird zwar z.T. über öffentliche Gelder (Stipendien, Graduiertenförderung usw.) finanziert, doch erhalten Frauen im Durchschnitt weniger Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung bei besseren wissenschaftlichen Leistungen als Männer. Die Förderungskriterien sind auf männliche Lebenskonzepte ausgerichtet, so dass Frauen z.B. mit Kindern aus diesen Kriterien herausfallen. Außerdem liegen diese Qualifizierungsarbeiten in einem Lebensabschnitt, in dem immer noch Frauen mit der Entscheidung für oder gegen Kinder konfrontiert werden. Auch heute noch müssen sie die Doppelbelastung tragen. Männer werden nicht vor diese Entscheidung gestellt. Um diese vielfältigen Diskriminierungen abzubauen, muss auf verschiedenen Ebenen der Hochschule/Fachhochschule von außen und von innen korrigierend eingegriffen werden. Da die Ausbildung an einer Fach-/Hochschule auch auf die spätere Berufssituation vorbereiten und nicht nur den akademischen Nachwuchs heranziehen soll, ist es unerlässlich, eine Umgestaltung der gesamten Fach-/ Hochschulstruktur zu entwickeln. Die Unterschiede in den Strukturen von Fachhochschulen und Hochschulen müssen aufgehoben werden, um das wissenschaftliche Zwei-Klassen-System aufzubrechen. Deshalb fordert die Feministische Partei DIE FRAUEN für die Rahmenbedingungen der Ausbildung an einer Fach-/Hochschule eine ausreichende, elternunabhängige, finanzielle Förderung für alle StudentInnen ohne Rückzahlung, so dass auch Frauen aus einkommensschwachen Familien studieren können ("Bildungssteuer", siehe "Grundsicherung"). Dazu gehört auch die Abschaffung jeglicher Altersbegrenzungen beim Studienabschluss (z.B. 2. Staatsexamen). Weiterhin fordern wir eine behindertengerechte Umgestaltung und Ausstattung der Fach-/Hochschulen sowie eine grundsätzliche, frauengerechte Verbesserung der Infrastruktur. Dazu gehört die Verlängerung der Öffnungszeiten von Mensen, Cafeterias, Bibliotheken (nur für Frauen), die Einrichtung und Überwachung von Frauenparkplätzen, eine bedarfsdeckende Einrichtung von Kindertagesstätten an Fach-/Hochschulen und Frauenarbeitsräume. Wichtig ist die Verbesserung der Situation von ausländischen Studentinnen. Zu einer Veränderung der Rahmenbedingungen an Fach-/Hochschulen gehört auch die Umgestaltung von Studienfächern, die Einrichtung von Teilzeitstudiengängen und eine Öffnung der Hochschulen für Studierende ohne Abitur, aber mit Berufsqualifikation. Ebenfalls zählt dazu eine unbürokratische Anerkennung im Ausland erworbener Studienzugangsberechtigungen, Studienabschlüsse und Studienleistungen. Als eine der entscheidenden Verbesserungen fordern wir die Abschaffung der Habilitation als Zugangsvoraussetzung für eine Professur, stattdessen soll ein vielfältiges Qualifikationsprofil Voraussetzung sein: Lehre, Praxiserfahrungen, didaktische Fähigkeiten, Forschungserfahrungen, Fähigkeit in der Zusammenarbeit, interdisziplinäre Forschungsarbeit, Frauenforschung, soziales Engagement.

16.3.2 Hochschulstruktur

Die Selbstverwaltung der Fach/ Hochschulen ist von Männern dominiert, da sie in allen Statusgruppen (außer bei den Studierenden) in der Mehrzahl sind. Entsprechend werden Belange von Frauen nicht eingebracht, zurückgewiesen oder nicht sachlich behandelt. Darüber hinaus haben in fast allen Gremien Professoren durch nicht-paritätische Besetzungsmodi die stimmenmäßige Mehrheit, was zu einer strukturellen Macht- und Entscheidungskonzentration führt. Trotz der Einrichtung des Amtes der Frauenbeauftragten an fast allen Fach-/Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland hat sich gezeigt, dass Ministerien und Fach-/Hochschulen die Verantwortung für Frauenförderung und Frauenforschung abschieben und ihre Differenzen auf dem Rücken der Frauen austragen. Andererseits reichen die derzeitigen Konzepte nicht aus, um auf diesem Weg die Belange von Frauen einzufordern und umzusetzen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert daher die paritätische Beteiligung von Frauen in allen Bereichen der Fach-/Hochschulen. Bis zum Erreichen des Zieles ist es notwendig, vorläufige und verbindliche Frauenförderrichtlinien an allen Fach-/Hochschulen und Fachbereichen zu erlassen. Für Fach-/Hochschulen, die diese Richtlinien nicht einhalten, werden finanzielle Etatkürzungen eingeführt. Um umfassend gegen sexuelle Gewalt an Fach-/Hochschulen vorgehen zu können, fordern wir wirksame, unbürokratische und transparente Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt. Dazu gehört die Umkehr der Beweislast, die Festschreibung sexueller Diskriminierung als Kündigungs- und Exmatrikulationsgrund, entsprechende Dienstvereinbarungen und Vermerke in den Personalakten sowie verbindliche Richtlinien zur Vermeidung sexueller Diskriminierung.

16.3.3 Forschung

Die Lehrinhalte an einer Fach-/Hochschule werden von der Forschung unterstützt und entwickelt. Folglich bestimmen die Forschungsthemen das Denken einer Gesellschaft über ein bestimmtes Thema. Es sind bisher immer noch Männer, die bestimmen, was wie erforscht wird. Frauen können aufgrund ihrer schlechten Ausgangsposition wenig oder gar nicht über Forschungsthemen mitbestimmen. Die Diskriminierung von Frauen im Fach-/Hochschulbetrieb zeigt sich deutlich bei dem Anteil der Hilfskraftstellen, die als Sprungbrett für eine Weiterbeschäftigung im Fach-/Hochschulbereich gesehen werden können. Nur ca. jede dritte Stelle ist mit einer Frau besetzt, männliche Forschung zeichnet sich in überwiegender Mehrheit durch ein sehr technisches, mechanistisches und androzentrisches Weltbild aus. Die damit verbundenen wissenschaftlichen Methoden der Eindimensionalität sind deshalb immer weniger in der Lage, echte Lösungsmuster für die zunehmenden Probleme zu liefern. Feministische Forschung, die im Ansatz auf Interdisziplinarität ausgerichtet ist, wird weder beachtet noch integriert. Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert eine Öffnung und finanzielle Förderung der Fach- /Hochschulen, wozu vor allem der Aufbau, die Institutionalisierung und die finanzielle Förderung von feministischer Forschung in allen Wissenschaftsbereichen zählen. Lehrstühle für feministische Theorie, Praxis und Forschung sollen in jedem Studienfach eingerichtet und mit den bereits bestehenden Frauenforschungslehrstühlen vernetzt werden.Wichtig zur Veränderung der Forschungsstrukturen sind Transparenz und öffentliche Diskussion von Inhalt und Finanzierung laufender Forschungsprojekte und eine stärkere Verknüpfung von Forschung und Lehre.

16.3.4 Lehre

Die Lehre an Fach-/Hochschulen ist geprägt durch Sexismus und Diskriminierung von Frauen. Zum einen kommen Frauen in den Lehrinhalten nicht vor, Erfahrungen aus weiblichen Lebenszusammenhängen werden ebenso wenig berücksichtigt wie die weibliche Kulturgeschichte und die Kulturleistungen von Frauen. Feministische Themen sind entweder nicht "erlaubt" oder nur unter Schwierigkeiten umsetzbar. Vor allem in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern sind Frauen immer noch unterrepräsentiert und vielfältigen Diskriminierungen durch die meist männlichen Lehrenden ausgesetzt. Zum anderen wird auf Studentinnen auch im Didaktischen keine Rücksicht genommen. Sie müssen die an Studenten entwickelten Lehr- und Lernmodelle übernehmen. Eine an Frauen entwickelte Lehr- und Lernform wird weder finanziell noch gedanklich gefördert. Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert zur Verbesserung und Veränderung der Lehre regelmäßige Mädcheninformationstage für naturwissenschaftliche und technische Fächer und den Ausbau der Sommeruniversitäten für Frauen und Mädchen sowie die Entwicklung feministischer Lehr- und Lernformen. Wichtig ist dabei auch die Verankerung von Frauenforschung in der Lehre und in Studien- und Prüfungsordnungen. Ebenso ist ein Autorinnenschutz für wissenschaftliche Abschlussarbeiten unerlässlich, um die Forschungsleistungen von Studentinnen zu schützen. Zur Umstrukturierung der Universitätshierarchie ist eine Veränderung der Beziehung von Forschung und Lehre dringend notwendig. Dazu gehört eine verpflichtende Fortbildung im didaktischen Bereich für alle Lehrenden an Fach-/Hochschulen und die Festschreibung der didaktischen Fähigkeiten als ein wichtiges Berufungskriterium. Hochschule für Frauen: Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert die Einrichtung von Frauen-Hochschulen in jedem Bundesland, finanziert durch Gelder des Bundes. Diese Hochschulen von Frauen für Frauen sollen ausgerichtet sein an den bereits bestehenden Modellen.

 

17. KULTURPOLITIK

In Bearbeitung.

 

18. ARCHITEKTUR UND STADTPLANUNG

In Bearbeitung.

 

(1) Siehe Kapitel:Ökofeministische Weltinnenpolitik, Umbau zur Kreislaufwirtschaft, Neudefinition von Lebensqualität, Vorrang der Regionalität, Unterstützung von Subsistenzarbeit, 2.2.1.5 Gemeingüter und Organisation von Kooperation

(2) Siehe Kapitel Vorrang für ökologische Landwirtschaft

(3) Siehe Kapitel Partizipative Demokratie

(4) de.simpol.org

 

 

 

Politisches Programm nach §1 Abs. 3 Parteiengesetz, entnommen aus der Partei-Satzung, die beim Bundeswahlleiter einsehbar ist. 

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