Präambel:
1. Zeitgeist
Wir leben in turbulenten Zeiten, in denen sich alle Grundpfeiler der Gesellschaft wie Familie, Arbeit, Mobilität und Gestaltung der freien Zeit im Wandel befinden. Daraus entwickelt sich ein ganz neues Selbstverständnis, welches sich derzeit zu etablieren versucht. Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Gegenwärtig konkurrieren der Humanismus und der Kapitalismus, beide Ideen stehen sich eher im Weg, als dass sie sich helfen würden. Diese Unvereinbarkeit bringt ein Unverständnis in der Gesellschaft hervor, so sind gerechte Löhne nicht selbstverständlich. Ebenso wenig können wir uns auf die Sicherheit unserer teils intimen Daten stützen. Die Furcht vor dem Fortschritt kann Einen aufgrund seiner gewaltigen Wucht manchmal überkommen. Das Wesen des Fortschritts ist es aber, hin und wieder das Weltbild des Menschen zu erschüttern. Diese Erschütterung darf allerdings nur von kurzer Dauer sein, schließlich benötigt die Entwicklung des Fortschritts klare moralische und politische Richtlinien. Fortschritt ist aber nicht die Ersetzung von Arbeitsplätzen durch Maschinen, die Heiligsprechung der Künstlichen Intelligenz oder die Allmacht von sozialen Plattformen. Wir wollen weg vom Effizienzdruck als Leitbild der Moderne, stattdessen wollen wir die neuen technischen Möglichkeiten etablieren und zum Vorteil (beispielsweise in der Datenverarbeitung) nutzen, um ein noch besseres und besser organisiertes Zusammenleben zur Realität zu machen. Jedoch entsteht der Fortschritt nicht einfach so aus einer Utopie. Dafür ist eine konkrete Utopie notwendig, die zu einem Utopiensystem heranreift, welches zu politischen Maßnahmen führt. Die Ursache für die Entstehung unserer Partei ist zweifacher Natur: Einerseits wollen wir die Vorteile der Technologie nutzen und diese auf das alltägliche Leben der Menschen übertragen. Das bedeutet, dass wir noch effizienter kommunizieren, noch mehr Wissen erwerben, noch besser unseren Alltag entlasten könnten. Andererseits müssen die damit einhergehenden Risiken kontrolliert werden. Neben dem Themengebiet der Digitalisierung haben wir umfangreiche Methoden und Konzepte für die Bereiche Sozialstaat, Wirtschaft, Sicherheit, Bildung, Gesundheit, Internationales und viele mehr erstellt, um den Menschen eine Alternative zu den Inhaltsgerüsten der bisherigen Parteienlandschaft zu bieten. Momentan sind drei Grundströmungen in unserem Zeitalter zu beobachten, um die sich alle gesellschaftlichen Auseinandersetzungen kreisen: Die Spaltung in der Gesellschaft, der Unterschied zwischen Arm und Reich sowie der Zuzug vieler Menschen aus anderen Staaten. Im letzten Jahrhundert setzten sich Massenmedien wie die Zeitung, das Radio und das Fernsehen als wichtigste Kommunikationskanäle durch. Parallel dazu reifte der Vorgang, dass die Politik transparenter wurde. Diese Entwicklung wird jedoch aktuell mit Scheu gesehen, da anscheinend der Lobbyismus noch stärker wirkt als die Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Es muss sich etwas tun in Europa. In der Vergangenheit wandelte sich dieser Kontinent fundamental, es wurden bedeutende Schritte mit der Bildung der Europäischen Union und der Stärkung des Sozialstaats gegangen. Nun aber brauchen wir wieder einen neuen Schritt mit neuen Impulsen. Stattdessen richtet sich derzeit eine Verwaltungseinstellung des Bisherigen ein. Dadurch gelingt keine progressive Ausrichtung. Visionen sind der Nährboden des Fortschritts. Der Politikprozess ist reformbedürftig. Ein gesellschaftliches System bedarf stets der Selbstoptimierung, ansonsten scheitert es an sich selbst. Deshalb muss die Politik wieder der Gipfel der Argumente werden, nicht die Abhängigkeit von Stimmungen, die zumeist in Polemik endet. Die Auswirkungen sind täglich zu spüren: Wir reden ununterbrochen von Terrorismus. Der soziale Wohnungsbau oder eine bessere Schulbildung geraten dabei in den Hintergrund. Erstmals in der Geschichte des Planeten hat eine Spezies die Macht über alle Systeme und kann sie direkt beeinflussen. Damit müssen wir behutsam umgehen und es erfordert zwingend, langfristig in die Zukunft zu investieren. Die Basis dafür bildet die Überzeugung, die Zukunft als Chance zu sehen. Wie soll unsere gespaltene Gesellschaft zusammengebracht werden? Wie sieht die Arbeitssituation in zwanzig Jahren aus? Können wir unseren Wirtschaftsstandard halten? Solch eine zukunftsorientierte Debatte wird von der aktuellen Politik meist oberflächlich und auch abstrakt geführt, sodass der Bürger verständlicherweise keine Begeisterung für diese Diskussion entwickeln kann, obwohl sie einen zentralen Punkt unseres Zusammenlebens darstellt. Dabei ist der Wille nach grundlegenden politischen Veränderungen so groß wie selten. Dieses Feuer der Aufbruchsstimmung kann auf lange Sichten nur mit konkreten und langfristig angesetzten Inhalten am Leben gehalten werden. Zurzeit liegt das Ziel dieser Veränderungen jedoch noch komplett im Dunkeln. Es entfaltet sich ein richtungsloser Zukunftsdrang, selbst in der Wissenschaft und politischen Theorie sind lediglich Umrisse erkennbar. Die immer intensivere Dynamik des Fortschritts benötigt einen Kompass. Genau diesen Kompass will unsere Partei, gemeinsam mit Ihnen, entwickeln. Die Politik darf nicht die Kopplung an die Gesellschaft verlieren. Aufgrund der immer komplexer werdenden Themen ist die Gefahr groß, dass isolierte Polit-Experten die alleinige Weisheit für sich beanspruchen und die Gesellschaft nur als Zweck sehen. Dieser Zustand, der zuteilen bereits herrscht, muss unbedingt verhindert werden. Deshalb muss die Optimierung des politischen Systems unser Antrieb sein. Wir fordern eine nahe und intensivere Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern. Sie vertrauen ihre Sicherheit und ihren Lebensrahmen dem Staat an. Diesem Vertrauen sind noch viel mehr engagierte Projekte hinzuzufügen, um eine umfassende Legitimierung dieses Vertrauens zu liefern. Sie sollten sich nicht fragen, wofür die Parteien stehen, sondern was Sie selbst wollen. Danach haben sich die Parteien auszurichten. Wir bieten eine Alternative an, ein in sich schlüssiges Überzeugungsfundament mit festen Prinzipien in Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Das Parteiensystem und die Parteienstruktur befinden sich im Wandel. Es wird Zeit für etwas Neues. Wir brauchen eine neue Kraft, die neues Leben in die alte Parteienkonstellation bringt. Unsere Partei besitzt eine hohe Inhaltsdichte mit einer großen Schnittmenge für den verantwortungsvollen Mittelstand als auch für die zu Unrecht Benachteiligten in den letzten Regierungszeiten. Mit neuen Ideen wie dem Konzept einer selbst entwickelten „Humanismusökonomie“ (unter anderem mit einem bedingungslosen Grundeinkommen), dem globalen Projekt „Neue Welt“ (unter anderem mit einer Reformierung der Europäischen Union), einer „Nationalen Umweltagenda“, einer transparenten und beteiligungsfreudigen Demokratie sowie einer neu errichteten Digitalstadt. Uns ist ein breites inhaltliches Spektrum wichtig, sodass sich möglichst viele Menschen mit der Freiparlamentarischen Allianz identifizieren können. Daher gehört zu unserem Grundgerüst ebenso eine benachteiligungsfreie Bürgerversicherung, eine deeskalierende Militärpolitik und aktive Friedenspolitik, die Zusammenführung der Stadt- und Landentwicklung, ein gesellschaftlicher Bedeutungsgewinn für Kultur und Wissenschaft, eine humane Migrationspolitik sowie internationale Bündnispolitik. In diesem Sinne wollen wir das deutsche Parteiensystem durcheinanderwirbeln. Dort zeichnen sich derzeit langfristige Trends ab, die nicht aufzuhalten, sondern nur noch hinauszuzögern sind. Die FPA kann der Prototyp einer gänzlich neuen Partei werden. Als bestes Beispiel für die Fragilität des Parteiensystems dient das Konzept der Sozialdemokratie: Es selbst muss mit neuem Leben und Ideen gefüllt werden, anders als die Partei, die sich anscheinend für dieses Weltbild stark macht. Sie ist ausgebrannt und überholt, deshalb wird sie den Ansprüchen der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr gerecht. Im 19. Jahrhundert gegründet, erlebte sie im 20. Jahrhundert ihren Höhepunkt und wird im 21. Jahrhundert in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Zugleich erleben wir ein Erstarken des Konservatismus, nicht unbedingt in parteipolitischer Hinsicht, sondern als allgemeine Stimmungslage. Dies zeigt, dass der Wandel eventuell zu schnell geht oder die Bevölkerung nicht genügend eingebunden wird. Häufig wird diesbezüglich der Wertewandel thematisiert. Dabei verändern sich nicht die Werte, sondern die Einstellung der Menschen zu dem, was ihnen bei der Gestaltung ihres Lebens wichtig ist. Infolgedessen lässt sich lediglich eine Bedeutungsverschiebung für Werte wie Respekt, Weltoffenheit etc. beobachten. Die meist daran anschließende Klage über einen Werteverlust drückt demnach nur die Unzufriedenheit über die Richtung des Wertewandels aus. Aufgabe der Politik muss es sein, im Einklang mit der Gesellschaft stets ein ausbalanciertes Maß an Veränderung zu finden, das die Ordnung und den Alltag aufrechterhält. Momentan finden weitreichende Umbrüche in der Welt statt. Dabei ist es wichtig, dass Deutschland nicht den Anschluss verliert. Die Offenheit für neue Wirtschaftsabläufe sowie die kulturelle Aufgeschlossenheit bilden die Basis für die erfolgreiche Position unserer Bundesrepublik im globalen Vergleich. Ein fataler Fehler wäre es, sich auf unserem Wohlstand auszuruhen. Auch Deutschland ist nicht ausgeschlossen von sozialen Brennpunkten, Ungerechtigkeit und Spaltung. Vergessen werden sollte dabei nicht, dass wenn wir die Gegenwart schätzen wollen, wir uns auch hin und wieder an die Vergangenheit erinnern müssen. Unsere Ansichten und Sichtweisen wirken sicherlich auf den ersten Blick etwas überdreht, doch nur der unbedingte Wille zum Wandel ist der Garant für das Neue, das Bessere. Heutige Selbstverständlichkeiten waren vor zwanzig Jahren undenkbar. Dieser Puls des Fortschritts ist unaufhaltbar, daher stehen wir für die Zukunft und vor allem für die Zukunftshoffnung. Unser Anspruch erwächst aus der Erwartung, eine ernsthaftes Gegenstück zur Träge der bisherigen politischen Parteien zu bieten. Genauer betrachtet ist die gesamte Menschheitsgeschichte aber nichts anderes als eine Abfolge von Revolutionen, die den Fortschritt gesellschaftsfähig und selbstverständlich machen. Ein Großteil der Revolutionen sind aber keine politischen, die auf den Barrikaden ausgefochten werden, sondern stille und schleichende in der Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft. Der Fortschritt besitzt in seiner Entstehungsphase nie eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Vor allem kennt er weder rechts und links. Er steht für das Neue, das Überdachte. Ohne der Idee des Fortschritts wäre die Gesellschaft nur noch ein trostloser Haufen und die Politiker wären allesamt unqualifiziert, denn eine Politikerin oder ein Politiker muss die DNA des Fortschritts in sich tragen. Mögen wir uns inhaltlich etwas abseits des Parteienspektrums befinden, doch auch eine unangenehme Wahrheit ist eine Wahrheit. Das bedeutet, dass der Mensch nicht die Augen verschließen darf vor den Konsequenzen, die unser Lebensstandard mit sich bringt. Daraus muss man nun keinesfalls folgern, dass unser Lebensalltag wirtschaftlich, ökologisch und kulturell nicht mehr tragbar ist, sondern dass wir uns um eine andere Basis für die friedliche und wirtschaftlich wie sozial wohlhabende Lebensgestaltung bemühen müssen. Tun Sie uns nicht als links, rechts oder gar radikal ab. Generell ist dieses veraltete Spektrum der Parteienlandschaft von links und rechts längst überholt. Die immer komplexer werdenden Themen offenbaren, dass sich zuvor politisch weit entfernte Parteien in bestimmten Sichtweisen auf einer gleichen Ausrichtung befinden. Diese Verschiebung des Parteiensystems wollen wir weiter befeuern, da es für das Etablieren des Neuen nicht ausreicht, wenn das Alte bröckelt. Leider muss man eine Entfremdung der Parteien von den Wählerinnen und Wählern beobachten, verständlicherweise ist deswegen ein Frustpotenzial in unserer Gesellschaft entstanden. Eines unserer Anliegen ist es, diese angestaute Wut von den falsch geleiteten Bahnen der Fremdenfeindlichkeit und des Rassismus zurückzuholen und nachhaltige sowie klare Ziele anzubieten. Dazu gehört auch eine Überarbeitung der Dialogkultur in unserem Land. Dazu brauchen die Parteien mehr Partizipation. Die Politik muss vor Ort sein und darf nicht eitel werden. Sie wird zu viel in Hinterzimmern geklärt und beschlossen. Auch wenn die Demokratie noch so viele Freiheiten bringt, sind sie fast nichts wert, wenn kein angemessenes Maß an politischer Teilhabe gegeben ist. Unsere Gesellschaft wird heterogener, daher vertreten mehr Parteien die gesamtgesellschaftlichen Interessen als noch vor wenigen Jahrzehnten. Nicht vergessen werden darf, dass alle Menschen in diesem Land bei der politischen Meinungs- und Willensbildung mit einbezogen werden müssen. Erst dann wird die Demokratie ihrem Namen gerecht. Trotz des Idealismus ist ohne Pragmatismus kein Auskommen in der Politik. Wir wollen keine Fundamentalopposition betreiben, das kann nicht der Anspruch einer politischen Gruppierung sein. Die friedliche Koexistenz von Radikalität und Staatsfähigkeit muss garantiert werden, sie ist die Grundlage für eine Reform von innen heraus. Das Scheitern einer Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2017 weist auf die Schwächen unserer Demokratie hin. Der Wählerauftrag muss verpflichtend befolgt werden. Die Politikerinnen und Politiker sollten sich ständig gewiss sein, dass sie lediglich die Vertreter des Volkes sind. Alle Macht geht vom Volke aus. Utopische Versprechungen der Politikerinnen und Politiker sind der Treibstoff für das Weiter so mit der Politik des Abwartens und der Scheu. Dieses kurzsichtige Konzept sollte nicht unser Anspruch sein, wir müssen mutig und bedacht in die Zukunft schauen, dazu zählt auch, den Radius unserer Denkweisen zu erweitern und ganz neue Möglichkeiten zu entdecken. Wir wollen Reformen in allen Ressorts der Politik auf den Weg bringen. Wir zielen auf eine Politik aus der Mitte heraus und des Miteinanders. Auch wenn die Aufgaben gewaltig erscheinen, Wegschauen ist keine Option. Nur eine konstruktive Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte kann eine bessere Zukunft bewirken. Wir wollen eine neue Form der Wirtschaft etablieren. Weg vom Überfluss, hin zu mehr Regionalität und Solidarität, vor allem im Finanzsystem. Die Demokratisierung der Wirtschaft ist noch lange nicht abgeschlossen. In der Politik ist der immer größer werdende Drang erkennbar, sich mehr an den politischen Prozessen zu beteiligen. Dafür muss ein leichterer Rahmen zur bürgerlichen Mitgestaltung geschaffen werden. Grundlage für diese funktionierende Form der Wirtschaft und Politik ist eine sozial gerechte wie sichere Gesellschaft, die so viel Freiheit kennen soll wie keine andere vor ihr. In unseren Reihen befinden sich sehr viele junge Menschen. Sie wollen ein Ende der langweiligen und weltfremden Politik, dafür kämpfen sie jeden Tag. Wir haben aber nicht nur junge Mitglieder, sondern wollen auch die politische und gesellschaftliche Repräsentanz junger Menschen stärken. In der Gesellschaft herrschen seit Generationen die Vorurteile über eine faule und desinteressierte Jugend, die sich nicht in der Welt auskennt und nur das schnelle Geld verdienen will. Diesen Klischees soll etwas entgegengesetzt werden. In der öffentlichen Diskussion wird oft über die Rente gesprochen, wenig aber über die Reform der Ausbildung oder des Studiums. Bei der jugendlichen Generation brodelt es. Zu spüren ist ein tiefes Gefühl der Unzufriedenheit und der Unterrepräsentation. Sie wollen eine echte Alternative und eine Politik angeboten bekommen, die nah und transparent ist. In Deutschland sind 17,2% der Bevölkerung zwischen 18 und 29 Jahre alt. Diese große Gesellschaftsgruppe wird von allen Parteien nahezu ignoriert. Dabei entstehen in der jungen Generation Wesensmerkmale, die die ganze Gesellschaft prägen, sei es die Begeisterung für Europa, jedoch verbunden mit einem Misstrauen in die undemokratischen Strukturen der EU. Mit der jungen Generation verändert sich die Weltsicht eines ganzen Zeitalters. Jeder fünfte Mensch zwischen 21 und 30 Jahren gilt als arm, während „nur“ jeder Zehnte zwischen 61 und 70 als arm eingestuft wird. Dennoch hört man nur etwas von der Altersarmut. An dieser Richtungslenkung der gesellschaftlichen Meinung ist auch die Politik schuld. Dauernd setzt sie sich für bessere Lebensbedingungen der Rentner ein, da sie die mit Abstand größte Wählergruppe vertreten. Wenig wird aber für junge Menschen nach der Lernphase getan, sie stecken häufig trotz einer qualifizierten Ausbildung und einer hervorragenden Wirtschaftslage in prekären Jobs fest. Der Niedriglohn und die Leiharbeit kommen bei jungen Menschen viel häufiger vor als bei älteren. Zudem ist das Einkommen in der jungen Generation viel ungerechter verteilt als noch bei der jungen Generation vor zwanzig oder vierzig Jahren. Um einen Generationenkonflikt zu vermeiden, bringt es nichts, die Jugend hoch zu loben und sie mit Geld und Anerkennung zu überschütten. Lediglich die Gleichbehandlung im Vergleich zu anderen Altersgruppen würde vollkommen ausreichen. Es muss aufhören, dass die Parteien andauernd nur über ihre eigene Zukunft nachdenken und nicht über die Zukunft der jungen Wähler. Ansonsten könnte sich dies in zehn oder zwanzig Jahren rächen. Ansonsten verkommt die Politik zu einem trostlosen Machtspiel, die sich nur noch in einer Blase von Eigeninteressen aufhält. Wir wollen eine Politik der Postideologie, in der eine freie Diskussion mehr wert ist als starre Hierarchien. Man muss hohe Ansprüche an die Demokratie haben, um sie verbessern zu können. Die Aufgabe der Politik ist es nicht, das Leben der einen schlechter zu machen, um das Leben der anderen zu verbessern. Die Aufgabe der Politik ist es, allen Menschen das Leben zu erleichtern. Unsere Partei ist daran interessiert, eine Politik für die Menschen jeder Altersgruppe, jeder Religion, jeder Hautfarbe und jeder Sexualität zu entwerfen. Organisiert sind wir in den Strukturen einer Partei. Von der Überzeugung und von der Leidenschaft her sind wir aber vielmehr als das, nämlich eine gesamtgesellschaftliche Kraft. Die Ideenfindung und Kommunikation ist bei uns viel heterogener, offener und ehrlicher. Wir bevorzugen nicht die sture und eindimensionale Diskussionskultur der Altparteien. Bei uns soll der Erhalt von Macht nicht den Verlust der Moral bedeuten. Außerdem ist unsere Partei nicht so aufgestellt, dass die oberen Ebenen den Inhalt erarbeiten und die anderen bloß zustimmen sollen. Wir bevorzugen breite inhaltliche Debatten, die betont kontrovers geführt werden. Aber es besteht eine klare Grenze zur Selbstzerfleischung, wie sie schon bei anderen Parteien zu beobachten war. Politik soll nicht auf Stimmungen beruhen, sondern auf klaren Entwicklungen. Die Politik Angela Merkels und ihrer Regierung basiert auf Schweigen und Passivität, unser Politikverständnis hingegen lebt von der Leidenschaft und Begeisterung. Zum Schluss der ersten Vorstellung lohnt es sich, einmal das politische Erbe der Ära Merkel anzuschauen. Sie ist verantwortlich für: Die Vernachlässigung traditioneller (Handwerks-)Berufe, das Ausbleiben des Aufbau Ost und der Angleichung strukturschwacher Regionen, die desaströsen Schulzustände und den Lehrermangel, der weit verbreiteten Steuerhinterziehung, einer ausbleibenden EU-Reformierung und das EU-Spardiktat, die Unterfinanzierung der Sicherheitskräfte, die zynische Aufklärung des NSU-Skandals, keine Begrenzung der Lobbyarbeit, das Nichteinhalten der Umweltziele und damit die fehlende Energiewende, das chaotische Management der Abgasaffäre, das Entstehen der AfD, die Teilprivatisierung des Gesundheitssystems, das starke Wachsen des Niedriglohnsektors und der Leiharbeit, einer verdrängten Digitalisierung, nicht zurechtfertigende Autobahn-Privatisierungen, die Untätigkeit hinsichtlich einer Rentenreform, die NSA-Affäre und den daraus folgenden Datenskandal, die fehlende Standfestigkeit und den kompletten Umschwung bei der Flüchtlingskrise, der Einführung der digitalen Überwachung mit der Vorratsdatenspeicherung sowie für den Pflegenotstand und das überlastete Pflegesystem. Diese Kanzlerschaft war eine Rückentwicklung für die Bundesrepublik. Wichtige soziale und wirtschaftliche Reformen wurden verschlafen. Man merkt der Bundeskanzlerin an, dass sie den Zeitgeist nicht mehr erfasst, sie sieht nur noch Wege zum Machterhalt. Gegen den Zeitgeist aber kann man sich nicht wehren, er ist das Bollwerk des Fortschritts. Wir sind frisch, neu und motiviert. Vom Lobbyismus sind wir ebenso wenig betroffen wie von gescheiterten Regierungen, die das Leben großer Gesellschaftsteile zu Gunsten weniger Personen verbesserten. Stecken Sie uns nicht unter den Schirm der Naivität. Opfern Sie unseren angestrebten Projekten zumindest ein paar Gedanken, Sie werden es nicht bereuen.
2. Globalisierung und Digitalisierung
Die Globalisierung sorgt für einen historischen Wandel, unser Leben und unsere Vorstellungskraft wurden komplett neu ausgerichtet. Der Mensch wurde mobil und flexibel wie noch nie zuvor, erstmals können wir die gesamte Welt entdecken. Im Zuge der Globalisierung entstehen immer größere Wirtschaftsräume und Bündnisse, die zeitgleich auch den Komplexitätsgrad erhöhen. Eine unangemessene Reaktion auf diese kleinteilige und dezentralisierte Ordnung ist eine Heimatdebatte. Die Vorstellung von Heimat ist eine persönliche und lokale Angelegenheit, dort sollte sich die Politik nicht einmischen, sondern nur eines Jeden Heimat beschützen, aber Freiräume in ihrer Definition lassen. Aufgrund dessen ist die Einrichtung eines Heimatministeriums pure Stimmungspolemik, die eine fiktive Sozial- und Gemeinschaftsromantik beschwört, die einen harmonischen Anker in der scheinbar unübersichtlichen Welt bieten soll. Ein Heimatministerium beschränkt eher die positive Wirkung der Globalisierung und nährt die dogmatische Skepsis, gleichwohl auch Nachteile beim Globalisierungsprozess auftreten. Jedoch ist es keine Lösung, wegen dieser Nachteile das gesamte Projekt der Weltannährung einfach aufzugeben. Gleichwohl bestehen zahlreiche Globalisierungsrisiken: Schaut man auf den internationalen Terrorismus, den Klimawandel, der Finanz- und Währungskrise oder die Migrationsbewegungen. Was ist unsere Antwort darauf? Fakt ist, dass es kein Zurück mehr gibt, der Fortschritt ist nicht zu stoppen. Es gilt nun, den Fortschritt kontrollierbar und vorteilsüberwiegend zu steuern. Diese Risiken rechtfertigen aber nicht den Ansatz, der Globalisierung für fast alle Probleme der heutigen Zeit die Schuld zuzuweisen. Beispielsweise hat die hohe Arbeitslosigkeit in Südeuropa, vor allem bei der Jugend, ihre Ursachen ebenfalls in einem ungenügenden heimischen Sozialsystem und in der trägen Arbeitsmarktpolitik vor der Krise 2008. Schließlich kann die Globalisierung auch enorm positive Auswirkungen haben. Sie ermöglicht es, dass Entwicklungen, die in der Vergangenheit fast ein ganzes Jahrhundert gedauert haben, nun in einem Jahrzehnt durchlaufen werden. Diese Dynamik der Globalisierung mag ihr umstrittenster Punkt sein, macht den Wohlstand und Komfort in den Gesellschaften des 21. Jahrhunderts aber erst realisierbar. Der moderne Markt und das Internet sind mächtige Kräfte, sie erweitern die Möglichkeiten des Einzelnen, lassen aber zugleich den Zusammenhalt in der Gesellschaft erodieren. Die Folge ist eine Tendenz zum individualistischen und rücksichtslosen Denken. Wir sind zwar alle miteinander vernetzt, aber nicht empathisch miteinander verbunden. Daraus resultiert ein Gefühl der Übersichtslosigkeit. Hauptsächlich dafür verantwortlich ist die Hochgeschwindigkeit eines gesellschaftlichen Wandels. In den letzten zwei Jahrzehnten haben wir auf den verschiedenen Kontinenten dieser Erde alle paar Jahre eine Revolution erlebt. Das Tempo der politischen und wirtschaftlichen Arbeit und damit auch die Aufgabenvielfalt nehmen sprunghaft zu. Weil sich die Technologie in den letzten Jahrzehnten viel rasanter entwickelt als die Politik, entsteht das Problem, dass die Politik keine Zukunftsvorhersagen mehr tätigen kann. Der Tropfen wird zum Ozean. Nun wird eine neue Etappe des weltweiten Austauschs erreicht: Die Digitalisierung. Die wertvollsten Unternehmen der Welt sind bereits im digitalen Bereich tätig, in wenigen Jahrzehnten entwickelte sich aus der prophetischen Zukunftsmusik der größte Industriezweig der Erde. Der erste Gedanke zum Thema Digitalisierung ist meist eine Unterwerfung oder zumindest Dominanz der Roboter und Computer über den Menschen. Diese fragwürdige Interpretation der Zukunftsentwicklung beruht auf einem Trend, der sich seit dem 19. Jahrhundert immer stärker durchsetzt: Der Begriff der Rationalität wird immer weiter auf die technisch- wissenschaftliche Methodik eingeschränkt und eingeengt. Dabei besitzt er auch eine tiefergehende moralische Komponente, die unter anderem über unsere Werteausrichtung und gesellschaftliche Konventionen entscheidet. Daraus entwickelt sich eine Angst vor der Technik, nach der der Mensch von der Maschine vollständig ersetzt werden kann, weil beide nur die Rationalität als Wesenskern besitzen. Ein Austausch wäre demnach problemlos machbar. Jedoch besitzen die Computer lediglich die wissenschaftliche Seite der Moral, nicht aber die emotionale. Denn auch wenn ihr Intellekt noch so überlegen wäre, hätten sie keine gemeinsamen Werte, erst das macht den Menschen einzigartig. Wir durchlaufen einen Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft. Dafür benötigen wir Systeme und eine alltägliche Praxis, die die zahllosen Möglichkeiten der Automation in ihrem Nutzen entfalten kann, dabei aber nicht ausufernd einen rivalisierenden Konkurrenten für den Menschen darstellt. Die digitale Revolution braucht zuvor eine soziale Revolution. Damit inbegriffen sind neue Großprojekte wie das bedingungslose Grundeinkommen. Nur mit dieser Planungs- und Finanzsicherheit im Leben lassen sich die Menschen offen auf neue Möglichkeiten ein. Allerdings befindet sich die Digitalisierung in Deutschland noch in einem Dornröschenschlaf. Mit einer Renaissance der Utopien und auch des Images der Utopien aber kann eine neue Epoche eingeleitet werden. Es ist an der Zeit, die Globalisierung und Digitalisierung weiter voranzutreiben. Bei jeglichen Projekten zu diesem Themenkomplex ist die Datensicherheit der Bürgerinnen und Bürger die Voraussetzung für die Nutzung dieser grandiosen Kommunikationsplattform. Außerdem sollen den Menschen die Sorgen hinsichtlich der Szenarien einer dominierenden Technologie genommen werden. Schließlich sollten die enormen Vorteile nicht in den Hintergrund geraten, die sich hieraus ergeben. Die Digitalisierung funktioniert nur unter Einbeziehung der Moral. Deshalb wird die Digitalisierung größtenteils bestimmen, wie wir die Moral im 21. Jahrhundert definieren werden. Schon der Erfinder des Internets, Tim Berners-Lee schlug ein weltweites Grundgesetz für das Verhalten im Internet vor. Für diesen digitalen Kodex sind für uns die Grundsätze Selbstbestimmung im Leben, digitale Transparenz sowie Schutz der Privatsphäre unverzichtbare Selbstverständlichkeiten. Auch dazugehören sollte das Verbot, wonach ein Staat keinen anderen ausspähen darf und auf dem Cybergebiet höchstens Konkurrenz, aber keine Konflikte entstehen. Die Macht der digitalen Größen wie Facebook, Google, Apple oder Twitter muss eingeschränkt werden, dennoch muss Deutschland als Standort attraktiv bleiben. Dieser schmale Grat ist nicht immer einfach zu ermitteln, deshalb ist es wichtig, die Gesellschaft aktiv in eine Ausrichtungsdebatte des kommenden digitalen und globalen Zeitalters mit einzubinden. Keine Toleranz darf es bei der Verbreitung von Fake News geben. Mittlerweile ist bekannt, dass sich die falschen Nachrichten sechs Mal schneller verbreiten als wahre Meldungen und zehn- bis einhundert Mal mehr Personen erreichen. Die Attraktivität von Fake News liegt meist in ihrer einfachen Verständlichkeit, außerdem besitzen sie eine hohe emotionale Stufe. Die sozialen Plattformen dieser Welt müssen effektiver gegen diese Falschmeldungen vorgehen, da sich das digitale Vorzeigeprojekt ansonsten zu einer gescheiterten Idee verwandelt. Einen großen Skandal löste die Krise um Cambridge Analytica und Facebook aus. Weltweit wurden die Daten von 87 Millionen Facebbok-Usern an Analyseunternehmen weitergegeben, offiziell zu Forschungszwecken. Allein in Deutschland sind wohl 310.000 Menschen betroffen. Dieser Skandal erreicht eine neue Dimension des Datenmissbrauchs, da mit dieser Datenbibliothek der US-Präsidentschaftswahlkampf beeinflusst wurde. Hier wird erneut deutlich, dass auch technologische Konzerne juristische Grenzen benötigen. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit lässt sich sagen, dass die Aufdeckung dieses Falls nur die Spitze des Eisbergs bildet. In Deutschland wurde in diesem Jahr auch ein Datenskandal öffentlich. Die Deutsche Post hat für 68 Millionen Bürgerinnen und Bürger dieses Landes pro Person 15 Informationen (wie Kaufkraft oder Wohngegend) gesammelt. Diese Daten wurden dann im letzten Jahr an die CDU und an die FDP verkauft, mit dem Ziel, einen Vorteil bei der Bundestagswahl zu haben. Weil die Daten jedoch anonymisiert waren, ist dieses Verfahren sogar legal. Hierzulande wurde allerdings kein mehr als legitimer Protest losgetreten, noch nicht einmal ein Aufschrei überstand wenige Tage. Aus diesem Grund ist eine Gesetzgebung notwendig, die das Verkaufen von Daten an Dritte gänzlich verbietet, andernfalls entsteht ein regelrechter Datenhandel. Bedingung dafür ist, dass der Datenschutz wieder ein wichtiges Thema in Deutschland wird. Es darf nicht sein, dass die Politik und damit wichtige Zukunftsentscheidungen maßgeblich von wenigen Unternehmen und einer Hand voll Milliardären beeinflusst werden. Dies ist mit keinem der demokratischen Grundsätze zu vereinen. Hoffentlich droht diesem Skandal um Facebook nicht dasselbe Schicksal wie beispielsweise der NSA-Affäre. Heute spricht kaum ein Mensch mehr über diese perfiden Überwachungsmethoden. In Zukunft sind mehr Transparenz sowie eine Rechenschaftspflicht für digitale Unternehmen notwendig. Die Daten entwickeln sich zum wertvollsten Rohstoff unseres Zeitalters, von daher müssen sie auch besonders geschützt werden. Denkbar ist auch eine eigene App für jeden Kreistag und jeden Stadtrat in Deutschland. Dort wird dann über die aktuellen Geschehnisse und Diskussionspunkte informiert. Vor allem aber kann der Bürger ganz leicht seine Anregungen, seine Kritik oder Verbesserungsvorschläge über die App direkt an das Gremium weiterleiten. Die Einbeziehung der Bürger wird dadurch so leicht gemacht wie noch nie zuvor. Jüngste Vorstöße wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz sind gut gemeint, wirken aber nicht. Als Beispiel hierfür dient das Entfernen von rechtswidrigen Daten innerhalb von 24 Stunden von dem jeweiligen sozialen Netzwerk. Hierbei entbrannt eine Diskussion, dass dies die Meinungs- und Redefreiheit einschränke. Fest steht, dass die Datensicherheit zur inneren Sicherheit dazugehört. Deshalb gehen wir umfassender bei 9. auf diese Problematik ein. Gefährlich wird die digitale und globalisierte Welt dann, wenn die Willkür und Kontrolllosigkeit an den Finanzmärkten das Handeln übernimmt. Eine spürbare Auswirkung davon sind sogenannte „Flash Crashs“, also extreme Kursschwankungen an der Börse, die nur wenige Minuten dauern. Dieses Phänomen tritt in letzter Zeit immer häufiger auf, so auch an der Wall Street in New York am 6. Mai 2010 oder am 23. April 2013. Ein Flash Crash kann einen ganzen Wirtschaftszweig lahmlegen, wobei die Auslöser dafür häufig nur winzige Falschmeldungen oder Missverständnisse waren, die aber fatale Konsequenzen nach sich ziehen können. Deswegen muss der Hochfrequenzhandel, der all diese Mechanismen hervorgebracht hat, von der Politik eingeschränkt werden, um nicht in einem System der gesetzlosen Gier zu enden (mehr dazu bei 6.1.). Die Vorteile der Digitalisierung überwiegen aber dennoch. Die größte und verheißungsvollste Entwicklung im digitalen Bereich bahnt sich gerade mit dem sogenannten „Big Data“ - System an. Das Prinzip dahinter ist, dass zuvor unbrauchbare Datenmengen dann zu verwendbaren Daten umstrukturiert werden können. Damit würde ein neues Zeitalter der Kommunikation beginnen. Zahlreiche Lebenssituationen würden entscheidend verbessert werden: Das tägliche Einkaufen, die Steuerung von Kraftfahrzeugen, aber auch die Organisation des Staates würde eine neue Dimension der Effizienz erreichen. Unser Anliegen ist es, eine internationale Big-Data-Allianz zu gründen, um diese Technik weiter voranzutreiben. Die daraus resultierenden Vorteile werden so gewaltig und epochal sein, dass die kostenintensive Forschung allemal gerechtfertigt ist. Gleichzeitig wollen wir mit dem „Internet 2.0“ eine neue Form des kommunikativen Austauschs ins Leben rufen. Hier zählt zum einen die schützende Funktion des Staates gegenüber seiner Bevölkerung, zum anderen aber auch die Freiheit des Einzelnen, Wissen zu erwerben. Die Reform sozialer Netzwerke ist hier mit inbegriffen, denn diese müssen nicht unbedingt für die Meinungsfreiheit stehen, sondern eher für die Ausnutzung der Meinungsfreiheit im Sinne der Ökonomie. Ein weiterer großer Vorteil der Digitalisierung ist die Bekämpfung von Krankheiten. Bereits im Jahr 2008 gründete Google die Tochterfirma „Google Flu Trends“ (deutsch: Google Grippeentwicklung), die Grippewellen frühzeitig erkennen soll. Als Forschungsmittel verwendet das Unternehmen nur die getätigten Suchanfragen bei Google, private E-Mails wegen des Datenschutzes nicht. Die Suchanfragen werden dann mit den klassischen Krankheitssymptomen verglichen. Diese Methode war so erfolgreich, dass Google Flu Trends zehn Tage vor den staatlichen Gesundheitsdiensten in der Lage war, einen Grippealarm auszulösen. Ein weiteres Unternehmen des Google-Konzerns ist „Google Baseline Study“. Dort wurde eine riesige Datenbank zur menschlichen Gesundheit angelegt, womit dann ein Gesundheitsprofil erstellt wird. Dadurch ist es möglich, bereits vor Krebs im Anfangsstadium zu warnen. Auf diesem Wege kann den gegenwärtigen Volkskrankheiten der Kampf angesagt werden. Die Reformierung auf digitaler Ebene muss jedoch beim Staat beginnen. Eine Digitalisierungsoffensive ist hierbei unausweichlich, angefangen bei einer digitalen Verwaltung. Erst wegen eines fehlenden hohen technischen Standards wurde die Flüchtlingskrise ermöglicht: Der häufig zitierte Kontrollverlust beruhte unter anderem darauf, dass keine zentralen Dateien und Register zur Verfügung standen, die einen Gesamtüberblick zur Migrationsbewegung hätten bieten können. In Zukunft muss viel mehr mit Apps gearbeitet werden. Damit kann fortan ganz einfach eine Steuererklärung gemacht werden, aber auch kleine Dinge des Alltags wie etwa das Bezahlen von Strafzetteln soll über staatliche Apps ermöglicht werden. In anderen Ländern sind diese Formen der Gesellschaftsorganisation längst etabliert. Zu den Aufgaben des Staates gehört es genauso, Schulen, Universitäten und andere Ausbildungsstätten der Digitalisierung entsprechend auszustatten. Um zu den Bildungseinrichtungen zu gelangen, ist ein digitaler Straßenverkehr, gemeint sind selbstfahrende Autos oder Busse, sehr hilfreich. Die Einrichtung einer „Sicherheitsbehörde für Informationstechnik“ ist ein kleiner Anfang, sie soll weiter ausgebaut werden. Nach heutigem Stand ist geplant, die Mitarbeiterzahl bis zum Jahr 2022 auf 400 steigen zu lassen. Wir fordern bis zum Jahr jedoch 1.000 Fachkräfte, da die Verteidigung im Digitalbereich und der Ausbau der IT-Sicherheit immer größere Faktoren der nationalen Sicherheit werden (siehe bei 9.). Freiheit definiert sich auch über den freien Zugang zu Informationen, dies bildet zugleich die Grundlage einer aktiven Demokratie. Eine Selbstverständlichkeit sollte der Zugriff auf Daten, egal in welcher Situation, sein. Daher ist die Garantie auf freies WLAN überall auf öffentlichen Plätzen in Deutschland mehr als zeitgemäß und sollte schnellstmöglich zum Standard einer modernen Gesellschaft werden. Der Breitbandausbau ist eine noch sensiblere Angelegenheit. Diese Entwicklung wurde in den letzten Jahren derart fehlgeleitet, sodass Deutschland im Vergleich der OECD-Staaten (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) zum schnellsten Internetzugang nur auf Platz 25 von 30 landet. Zudem noch mit einer negativen Tendenz, so lagen wir im Jahr 2015 noch auf Platz 22. Diese Art der Grundversorgung ist unabdingbar für den Anspruch des Staates, ein Zukunftsland zu gestalten. Schwerwiegende Fehler wie die Privatisierung des Breitbandausbaus dürfen daher nicht mehr begangen werden. Laut des Raumordnungsberichtes der Bundesregierung vom Oktober 2017 beträgt der Versorgungsgrad in Großstädten von 50 Mbits pro Sekunde bei mehr als 90%, in strukturschwachen Regionen aber lediglich bei 31%. Damit liegt Deutschland hinter Bulgarien, Rumänien und Tschechien. Hinzukommend sind 50 Mbits pro Sekunde ein Ziel der Vergangenheit, Singapur beispielsweise stellt bei der digitalen Geschwindigkeit im Durchschnitt 184,5 Mbits pro Sekunde zur Verfügung. Durch die Mechanisierung unserer Arbeitswelt besteht die Gefahr, ganzen Gesellschaftsgruppen zu signalisieren, dass ihnen kein Arbeitsplatz mehr zur Verfügung steht. Die Arbeit ist jedoch eine maßgebliche Größe für die eigene Identität und Wertigkeit. In der Politik wird der nachhaltige Wandel des Arbeitsmarktes allerdings nur oberflächlich behandelt. Als was arbeitet ein Taxifahrer oder ein Busfahrer in 20 Jahren? Und warum reden wir nicht oder so selten darüber? Unternehmen dürfen sich deswegen nicht aus sozialen Verpflichtungen zurückziehen. Vor allem große Konzerne machen immer mehr Profite. Zeitgleich stagnieren die Löhne, wobei die Lebenserhaltungskosten immer höher werden. Unter diesem System wird die gesellschaftliche Mitte zum Hauptlastträger, während die Besteuerung der verschiedenen Einkommen keinerlei Gerechtigkeit erfährt. Fortschritt soll nicht Ungewissheit bedeuten. Die Digitalisierung kann auch verfassungswidrig sein, vor allem kann sie gefährlich und identitätsbedrohend werden. Der NSA-Skandal weitete sich zu einer weltweiten Überwachungsaffäre aus und zeigt uns, dass die Demokratie in einem hohen Maß auch eine Staatsform der Überwachung sein kann. Der Skandal um einen der Auslandsgeheimdienste der USA, der NSA (National Security Agency), wurde im Jahr 2013 durch Edward Snowden, eines Mitarbeiters eines weiteren US- amerikanischen Auslandsgeheimdienstes, nämlich der CIA (Central Intelligence Agency), öffentlich. Durch das mutige Handeln Edward Snowdens wurde ein weltweiter Skandal aufgedeckt, der uns einen ganz anderen Blick auf die Staaten und Geheimdienste vermittelt hat. Es wurde also eines der größten Probleme dieses Jahrhunderts, nämlich die globale Überwachung durch die Geheimdienste, enthüllt. Allerdings wird Snowden als Verbrecher verschrien, so bezeichnete ihm der Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen im Juni 2016 vor dem NSA- Untersuchungsausschuss des Bundestags (welcher im März 2014 eingesetzt wurde) als russischen Spion. Insgesamt speicherte die NSA 600 Millionen Telefongespräche pro Tag, außerdem hörte sie internationale Organisation wie Human Rights Watch oder Amnesty International und internationale Institutionen wie die Weltbank, den Internationalen Währungsfonds oder die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) ab. Alles in allem wurden 122 Regierungschefs auf der ganzen Welt ausgespäht. Addierend dazu kommen alle Telefongespräche der jeweils letzten 30 Tage aus Mexiko, den Philippinen, Afghanistan, Kenia und den Bahamas. Die Liste der abgehörten Ziele ist schier endlos. Wer weiß, welche dunklen Schatten des NSA-Skandals (noch) im Verborgenen liegen. Mittlerweile ist bekannt, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) in seiner Funktion als Nachrichtendienst für die Aufklärung im Ausland mit der NSA zusammengearbeitet hat. Beschlossen wurde diese Kooperation im Jahr 2001 im „Memorandum of Agreement“. Demnach liefert der BND seinem amerikanischen Partner SMS-Nachrichten, Telefongespräche und E-Mails. Allein im Jahr 2010 hat der Bundesnachrichtendienst mehr als 37 Millionen E- Mails durchsucht. Im März 2016 sagte hingegen der zu dieser Zeit als Chef des Bundeskanzleramts agierende Frank-Walter Steinmeier vor dem NSA-Untersuchungsausschuss, er habe nichts von Datenübertragungen und Massenabhörungen gewusst. Von der Politik ist demnach nicht Aufklärung, sondern Vertuschung zu erwarten. Heute ist bekannt, dass das Bundeskanzleramt spätestens seit 2010 Bescheid weiß und nichts dagegen unternahm. Lediglich das BND-Gesetz wurde in der Zwischenzeit überarbeitet. Dort heißt es beispielsweise in Paragraph 19, Absatz 1: „Der Bundesnachrichtendienst darf personenbezogene Daten nach Paragraph 10 des Bundesverfassungsschutzgesetzes speichern, verändern und nutzen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.“ Damit sind der Überwachung keine Grenzen gesetzt. Über Konsequenzen machten sich die Politikerinnen und Politiker wenig Gedanken. In den USA wurde der „Intelligence Authorization Act for Fiscal Year 2015“ erlassen, womit die Befugnisse der NSA sogar noch erweitert wurden. In Deutschland sollte das No-Spy-Abkommen (deutsch: Kein-Spion-Abkommen) mit den USA beschlossen werden, was allerdings scheiterte. Jedoch ist heute bekannt, dass die Nichtunterzeichnung des Bündnisses schon lange intern feststand, Bundeskanzlerin Merkel über ihren Pressesprecher aber weiterhin ankündigte, dass dieses Abkommen in Kraft treten wird, um sich so aus der Kritik bezüglich des Skandals heraus zu manövrieren. Der Abschlussbericht des NSA-Untersuchungsausschusses vom 23. Juni 2017 ist ganze 1.822 Seiten lang. Dadurch wissen wir heute, dass der BND und das Bundeskanzleramt die Gesetze bewusst ignoriert haben. Außerdem ist bekannt, dass der BND Bündnisse mit ausländischen Geheimdiensten schloss, um die Daten von Bürgerinnen und Bürgern in Deutschlands auszuspähen. Jedoch behaupten die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD noch immer, dass der Bundesnachrichtendienst „nicht anlasslos und nicht massenhaft“ gespäht hat. Die Bundesregierung ignorierte den NSA-Untersuchungsausschuss komplett und ging nicht auf seine Forderungen ein. Neben diesen Ausschuss gab es auch einen LIBE-Ausschuss (Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres) im Europäischen Parlament, der aber auch keine Straffeststellung erbracht hat. Resümierend lässt sich sagen, dass keine einzige Person im Zuge des NSA-Skandals vor Gericht gebracht oder gar bestraft wurde. Lediglich Gerhard Schindler musste im Juni 2016 als Chef des Bundesnachrichtendienstes zurücktreten, er befindet sich nun im Ruhestand und bekommt eine hohe Pension. Zudem wurden einige Mitarbeiter beim BND versetzt. Das sind die ganzen juristischen Konsequenzen des Skandals. Das konkrete Ausmaß des Datenmissbrauchs ist noch immer nicht bekannt, da die Aufklärung aktiv und bewusst von den Geheimdiensten und der Politik bekämpft wurde. So ein Skandal darf sich nicht wiederholen, dieses Staatsversagen darf nicht unbestraft bleiben. Eine erneute Aufnahme des Aufklärungsprozesses sowie eine wirkungsvolle Geheimdienstkontrolle sind dabei nur der Anfang. Gegenwärtig wird die digitale Welt als fester Teil der Wirklichkeit angesehen. Wie weit gehen wir noch? Die Abschaffung des Bargeldes wäre ein falscher Schritt. Sie würde eine Einschränkung des Persönlichkeitsrechts darstellen, finanzpolitisch gesehen wäre die Geldpolitik komplett dem Staat ausgeliefert. Die Ausgestaltung der Währungspolitik in einer Krise würde den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr zur Last fallen als bisher. Die Digitalisierung darf nicht in alle, vor allem nicht in feinfühlige und sehr private Bereiche des Lebens vordringen. Wenn es auch noch so viele Anwendungsmöglichkeiten für eine digitale Zukunft geben mag, so muss der unabdingbare Grundsatz bestehen bleiben, wonach das Leben trotz Globalisierung und Digitalisierung planbar sein muss. Die Künstliche Intelligenz bietet uns die einmalige Chance, uns nahezu alle Lebensbereiche zu erleichtern und erspart uns eine Menge Unannehmlichkeiten. In diesem Zusammenhang wird häufig die Angst vor der Massenarbeitslosigkeit genannt. Dieses Unbehagen ist seit dem Beginn der Industriellen Revolution im 18. Jahrhundert vorhanden, nur die Angstbilder ändern sich. Mal waren es industrielle Spinnmaschinen, dann die Eisenbahn und nun die Roboter. Diese düsteren Zukunftsszenarien sind aber noch nie Wirklichkeit geworden. Schaut man sich die Gegenwart an, stellt man fest, dass bei Weitem keine Massenarbeitslosigkeit eingetreten ist. Obwohl wir heute schon in einem so fortgeschrittenen Stadium der Digitalisierung leben, bei dem vor mehreren Jahrzehnten noch ein Jeder gedacht hätte, die Massenarbeitslosigkeit hätte schon längst kommen müssen. Immer dort, wo Berufsgruppen veraltet waren, entstanden neue. Gerade die IT-Branche (Informationstechnik) besitzt eine ungeheure Zukunftskraft. Die Zahl der Ingenieure und „digitalen Mechaniker“ steigt exponentiell an, genauso werden immer mehr Datenmanager und Datenverwalter benötigt (zum Beispiel Data Scientist), schließlich werden immer mehr Daten gesammelt, diese müssen geordnet und vor allem selektiert werden. Auch die Vermarktung eines Unternehmens nimmt immer mehr Zeit in Anspruch, da viel mehr Plattformen als noch vor 20 Jahren existieren. Hieraus entwickeln sich Berufsgruppen wie der Social Media Manager oder auch der Anstieg der Berufsgruppe des Grafikdesigners. Bei all dem ist ein „digitaler Sicherheitsdienst“ (die sogenannte IT-Security) grundlegend, um die neuen Wirtschaftsfelder sicher zu gestalten. Darüber hinaus werden Entwickler jeglicher Art (von neuen Apps, Softwares, Geräten) benötigt, um den Fortschritt zu gewährleisten. Die Digitalisierung ist in allen Branchen spürbar, so entwickelt sich derzeit das Berufsfeld des Drohnenpiloten, da die Drohne das Transportmittel für Pakete oder Lebensmittel der Zukunft sein wird. In der Juristerei ergeben sich ebenfalls neue Kapitel, wie beispielsweise das digitale Recht. Vor allem setzen sich Berufsgruppen durch, die ein hohes Maß an Kreativität voraussetzen. Bisher wird der Mensch eher zur Maschine, weil er unter anderem durch die Fließbandarbeit nur noch sehr einseitig gefordert wird und der Verstand nicht ausgelastet ist. Eine Trendwende bei diesen widrigen Bedingungen ist unausweichlich. Eine Massenarbeitslosigkeit ist daher abwegig, die Digitalisierung bringt eine Fülle an neuen Berufen und Berufsgruppen mit sich. Eine dahingehende Hysterie ist also nicht in Einklang mit der Realität zu bringen, sondern lediglich mit dem individuellen Pessimismus. Das menschliche Zusammenleben wird immer komplexer. Durch die technischen Innovationen ist eine optimierte Organisation nur eine Frage der Zeit. Zweifelsohne wird die Technik in immer mehr Bereiche des Alltags vordringen, daraus entwickelt sich ein neues Lebensgefühl und ein neuer Zeitgeist. Die Ausrichtung dieses Zeitgeistes ist allein von der Kommunikation zwischen Politik und Gesellschaft abhängig. Maßgebend für dieses Lebensgefühl und für den Umgang mit dem Zeitgeist sind die Formen und das Maß der Kommunikation. Die Menschheit erlebte schon mehrere Revolutionen der Kommunikation, sei es die Erfindung der Schriften und Zahlensysteme, die Entstehung von Städten und großen Reichen, die Anlegung einheitlicher Wege- und Postsysteme und daraus resultierend ein großräumiges Handelsnetzwerk. Heute hat sich die digitale Kommunikation als nächste Revolution längst etabliert. Wir können jederzeit mit jedem Menschen dieser Erde in Kontakt treten, die Dichte sowie die Funktionalität der Kommunikationsmittel sind so umfassend wie noch nie in der Geschichte. Das Potenzial des Internets ist noch bei Weitem nicht genutzt, es braucht Forschungsgruppen, beispielsweise zur effizienteren Datenverarbeitung, die direkt mit den zuständigen Bundesministerien in Kontakt stehen. Nur wenn Forschung und Politik an einem Strang ziehen, befindet sich der Fortschritt auf dem Siegeszug. Beim Potenzial der gesamten Digitalisierung ist eine richtungsweisende Standpunktsetzung von Bedeutung. Der digitale Sektor kann den Kampf gegen Krankheiten wie Krebs finalisieren. Außerdem bildet die Forschung die Grundlage für eine kollektive angenehmere Lebensgestaltung. Als Beispiel dient das Fahrrad: Ende des 19. Jahrhunderts kostete es im Durchschnitt noch sechs Monatsgehälter, während es heute nur noch einen kleinen Teil eines Monatsgehalts ausmacht. Genau dieselbe Entwicklung ist bei Computern möglich. Eventuell gibt es in wenigen Jahrzehnten schon Maschinen zur Vereinfachung des Alltags, von denen wir heute noch gar nicht zu träumen wagen. Zusätzlich sind vielleicht heute noch sehr teure Medikamente bald für alle Menschen zugänglich. Ebenso werden neumodische Forschungen zu gesellschaftlichen Problemen wie Armut und deren Verhältnis zur Gesundheit immer substanzbehafteter und anerkannter. Die Fülle an Vorteilen ist also vielversprechend. Der Fortschritt verbreitet sich in kleinen Dosen und schleicht sich dadurch Stück für Stück in den Alltag. Eine entspanntere Überweisungsmethode fürs Bezahlen in Läden und Geschäften per Mobiltelefon ist längst keine Utopie mehr. Denkbar wäre eine einzige App, die in halbstaatlicher Hand ist. Auf dieser Plattform, bei der die Datensicherheit oberste Priorität genießt, wird ein digitales Bankwesen geschaffen. Dieses kennt keine lästigen Zwischenwege mehr, sondern geht direkt zum Bezahlvorgang über. Als Digitalisierungsmaßnahme ist eine digitale Kasse in jedem größeren Geschäft eine geeignete Option zum reibungslosen Ablauf im öffentlichen Leben. Die Unternehmen dürfen aber nicht die leidtragenden Hauptzahler des digitalisierten Wandels sein, weshalb hohe unternehmerische Eigenkosten kontraproduktiv sind. Die Digitalisierung ist jedoch nicht nur im Alltag wiederzufinden, sondern spielt auch eine wichtige Rolle in der Wirtschafts- und Finanzwelt. Zukunftsthemen wie das autonome Fahren oder das Elektroauto sind hierbei wegweisend. Von den zwanzig größten deutschen Unternehmen sind vier in der Automobilbranche, vier im Lebensmittelsektor und drei im Energiebereich tätig. Nur zwei Unternehmen befinden sich in der Technologiebranche. Darüber hinaus sind 15 der 20 größten deutschen Unternehmen Aktiengesellschaften. Schaut man sich die Entstehungszeit dieser Unternehmen an, sieht man, dass sechs von ihnen bereits im 19. Jahrhundert gegründet wurden, sieben stammen zudem aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Lange kamen also keinen großen Unternehmen mehr nach, auch wenn sie Zeit brauchen, um so groß zu werden. Allerdings deutet sich dies in Deutschland bei keinem Unternehmen an. Die Konzerne müssen sich auf die Zukunft einstellen, bei der Automobilbranche und dem Energiesektor wird dies derzeit verschlafen. Infolgedessen werden wir gegenwärtig von ausländischen Unternehmen überholt. Die Wirtschaft verlagert sich zunehmend hin zu den digitalen Bereichen, dort wird das Kernelement zukünftigen Wirtschaftens und damit auch das der Volkswirtschaften liegen. Deutschland besitzt dahingehend einen großen Nachholbedarf, um gut gerüstet in die Zukunft zu gehen. Ein wegwesender Trend ist Blockchain (deutsch: Blockkette), eine dezentrale Registrierungs- und Verwaltungsmethode, die sich bis ins Unendliche erweitern lässt. Erfindungen, die aus diesem Prinzip entstanden, sind unter anderem ein digitales Grundbuch oder Kryptowährungen (digitale Zahlungsform). Bei den Kryptowährungen ist der Bitcoin aktuell der bedeutendste Ableger. Mit der Entwicklung des Bitcoins wurde eine ganz neue Welt aufgetan. Ohne Frage ist, dass das System dahinter noch nicht genügend ausgereift und damit noch nicht massentauglich ist. Die Gelegenheit jedoch, Banken und zwischenstufige Institutionen überflüssig werden zu lassen und somit eine transparente Geldwirtschaft zu pflegen, ist ein Reformansatz, der den gesamten Wirtschaftsablauf elementar verändern kann. Etabliert sich der Bitcoin und bleibt nicht bloß ein Spekulationsobjekt, werden dadurch eine Fülle an Reformen ermöglicht. Die größte Aufgabe dabei ist es, die Geldwertpolitik nicht zu abhängig vom staatlichen Handeln, aber dennoch sicher zu gestalten. Hierzulande gab es auch schon einen ersten Blockchain-Versuch. In Wuppertal wurde im November 2017 ein lokaler Strommarkt errichtet, der mit Hilfe von Kryptowährungen organisiert ist. Jede Bezahlung und Transaktion wird demnach über die Blockchain-Systematik abgewickelt. Gelingt es, beim Bitcoin die Rechenleistung und den erforderlichen Energieaufwand zur Herstellung zu minimieren, dann wird er gesellschaftlich einsatzfähig. Im Zuge des digitalen Aufrüstens muss allerdings eine einheitliche Technologie für Transaktionen und Bezahlvorgänge festgelegt werden, um ein digitalwirtschaftliches Chaos zu vermeiden. Der Nutzen wäre heute unvorhersehbar. Fest steht, dass revolutionäre Vorteile bei Versicherungssystemen und Maschinenarbeit erreicht werden würden, sogar die Energiewende ist viel schneller möglich. Der Bitcoin ist transparent, identitätsschützend, dezentral und schwer zu manipulieren. Allessamt Werte, die mit der Demokratie vereinbar sind. Lediglich eine reale Bewährungsprobe unter dem marktwirtschaftlichen Gefüge fehlt dem Bitcoin noch, doch das ist einzig eine Frage der Zeit. Eine weitere prägende Entwicklung ist gegenwärtig die Nanotechnologie. Die Technologie als praktische Seite der Wissenschaft beweist hier in besonders großen Umfang ihren Nutzen. In der Nanotechnologie werden Erkenntnisse für die Chemie, Informatik und Mikrobiologie gesammelt, die beispielsweise die Entwicklung neuer Medikamente oder auch Computern ermöglichen. Bald schon könnte das Nanozeitalter angebrochen sein, das sich derzeit anbahnt. Das zentrale Anliegen unserer Forderungen im Digitalbereich und auch eines der größten Projekte in der Geschichte der Bundesrepublik soll die Entstehung eines eigenen geopolitischen Forschungszentrums sein. Um führend in neuen wirtschaftlichen Großzweigen wie der Digitalisierung, der Logistik, der Medizin und auch der Entwicklung immer neuerer Maschinen zu werden, benötigt Deutschland ein eigenes „Silicon Valley“, um den Herausforderungen der Zeit gerecht zu werden. Selbst in Saudi-Arabien wird bereits ein Digitalgebiet namens „Neom“ errichtet, das zum fortschrittlichsten Forschungspark der Welt werden soll. Für die deutsche „Progressive Area“ werden geniale Köpfe gebraucht, die es garantiert da draußen gibt. Sie warten nur auf ihre Chance. Möglich ist auch ein Aufbau dieses Gebietes mit mehreren Ländern, dann würde der Standort auf deutschem Gebiet zu einem internationalen Großprojekt heranreifen. Die Lage des Digitalgebietes wäre sehr gut in Ostdeutschland denkbar, der festgefahrene Ost-West- Unterschied wäre dann um ein Vielfaches zurückgedrängt, da die Wirtschaft insgesamt in diesem Landesteil unheimlich angekurbelt werden würde. Als Aufbaumaßnahmen müssen verlockende Voraussetzungen bestehen, um Menschen für dieses Projekt zu begeistern. Hohe Löhne, niedrige Grundstückspreise, eine familienfreundliche Umgebung, eine optimale Infrastruktur sowie ideale Forschungsbedingungen wären die Standards für die „Progressive Area“. Im Vordergrund stehen dabei große Firmen mit hohem Kapitalanteil, wobei in Deutschland ansässige Unternehmen Vorrang genießen. Entscheidend soll jedoch nicht die Größe der Firma sein, sondern deren fortschrittlicher Geist und umweltfreundliches Denken. Nur so kann das Digitalgebiet zum Schaufenster der Zukunft werden.Die Entdeckungen und Arbeitsergebnisse des digitalen Camps sollen nicht weniger als der gesamten Gesellschaft ein besseres Morgen ermöglichen und bahnbrechende Fortschritte in zahlreichen Sektoren der Wissenschaften erzielen. Bestens geeignet ist eine kreisförmige Stadtstruktur, die aus mehreren Bahnen besteht. Diese einzelnen Gürtel beinhalten je ihren eigenen Zuständigkeitsbereich, wie beispielsweise Landwirtschaft, Energie, Wohnung, Produktion (wozu auch Krankenhäuser gehören), Natur, Freizeit, Soziales sowie Bildung und Kultur (sogar eine eigene Universität soll dort entstehen). Die Transportmöglichkeiten sollen den modernsten Standards entsprechen, eine Magnetschwebebahn, elektrische Trams sowie E-Autos, also eine komplett autonome Infrastruktur (außer eines dort ansässigen Flughafens), gehören deshalb zum Grundrepertoire. Zur Energieversorgung werden ausschließlich Wind-, Erdwärme- und Sonnenenergie sowie die Wellenkraft, die Gezeiten und die Temperaturunterschiede genutzt. Die produzierten Überschüsse können dann unterirdisch in riesigen Kondensatoren aufbewahrt werden. Mittels neuartigen Konstruktionsformen wie Counter-Crafting oder dem 3D-Druck lassen sich Häuser mit einer Wohnfläche von 200 Quadratmetern bereits innerhalb eines Tages erbauen. Im Stadtzentrum ist eine zentrale Kuppel zu finden, in der sich Bildungseinrichtungen, der Knotenpunkt des Verkehrs und aller Leistungen (Strom, Wasser) sowie ein Großrechner (für die Koordination der angewendeten Technologien innerhalb der Stadt) befinden. Nach neuestem Stand sind lediglich 3% der Stadtbevölkerung notwendig, um die arbeitenden Maschinen zu beaufsichtigen. Die restliche Bevölkerung des Digitalgebietes kann sich demnach vollständig mit der Forschung beschäftigen. Die umweltschonende Idee soll nicht zu kurz kommen. Daher werden sogenannte Agrartürme errichtet, in denen verschiedenste Pflanzen gezüchtet werden können. Im Unterschied zur herkömmlichen Bewirtschaftungsmethode von Ackerland ist hier eine vierzigprozentig schnellere Fruchtfolge möglich, der Wasserverbrauch würde um 99% reduziert werden. Natürlich ist die „Progressive Area“ als Aushängeschild des ganzen Landes auch für Besucher offenstehend. Geplant sind auf dem Einkommen basierende Eintrittspreise für Touristen, da das Digitalgebiet transparent und bürgernah sein soll. Mittels einer optimalen Vermarktung soll es nicht zu einem abstrakten Projekt werden, das letztlich nur Misstrauen hervorbringt. Schließlich wird dort das Morgen gelebt und zur Realität. Der Fortschritt ist eine Richtung und kein Zustand. Vor allem aber kommt er nicht von selbst, sondern bedarf einer sensiblen und zielorientierten Förderung. Das Wesen des Aufbruchs ist ein bewegtes Denken und keine statische Lehre. Es wird maßgeblich von der digitalen und zukunftsorientierten Aufstellung unserer Bundesrepublik abhängen, ob unser Land auch im Morgen das gleiche Maß an Wohlstand garantieren kann wie bisher. Die Zeichen der Zeit müssen erkannt werden.
3. Gesellschaft
Die Gesellschaft ist das Fundament der Politik und deren Vertreter. Sie ist der Motor des staatlichen Handelns. Sie kann etwas verändern. Erstmals ist die ganze Gesellschaft die Quelle für neue Ideen und nicht nur die oberste Gruppe. Dies hat zur Folge, dass die Weltansichten und Meinungen ins Unendliche vervielfacht werden. Pluralität ist zum Grundprinzip gesellschaftlicher Strukturen geworden. Sie muss durch politische und wirtschaftliche Annährungsversuche aufrechterhalten bleiben. Erst seit einem Jahrhundert existieren weltweit Gesellschaften, in denen alle Mitglieder in einer individuellen und kollektiven Freiheit leben. Dabei sind keine fesselnden Bekenntnisse zur Religion mehr notwendig, ebenso wenig muss man sich aristokratischen Strukturen unterwerfen. Diese Errungenschaft ist das größte Erbe der Moderne und genießt oberste Priorität bei der Ausrichtung und Gestaltung der Zukunft. Gegenwärtig verbreitet sich trotz oder sogar wegen der aufbrausenden politischen Situation die Stimmungslage der Politikverdrossenheit. Deshalb fordern wir die Durchführung von Volksabstimmungen bei besonders brisanten Themen. Es kann nicht der Anspruch einer Demokratie sein, dass die Bürgerinnen und Bürger alle vier Jahre einmal an der Politik beteiligt werden. Mittels einer Abstimmung auf gesamtgesellschaftlicher Ebene lässt sich die Meinung des Volkes schnell und einfach feststellen, so dass die Nähe zwischen den Menschen und der Politik gewährleistet wird. Die Maxime unserer Gesellschaft sollte sein: Jeder soll die Freiheit haben, das zu machen, was er will, solange kein Dritter zu Schaden kommt. Dieser Satz beinhaltet drei Voraussetzungen: Chancengleichheit, Grundfreiheiten, Selbstbestimmung. Im Rahmen der Demokratie können diese Grundsätze gewährleistet werden, daher muss unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung mit allen rechtsstaatlichen Befugnissen verteidigt werden. Jede Gesellschaft wird durch übergeordnete Werte wie den Anstand zusammengehalten. Wir bestehen darauf, dass Solidarität die Grundtugend in unserem Lande bleibt. Sie bringt die größten moralischen Leistungen hervor. Unsere Gesellschaft wird heterogener. Deswegen können zwei sogenannte Volksparteien nicht mehr Alles abdecken. Die Zwei-Achsen-Politik mit links und rechts muss darüber hinaus überwunden werden. Nahezu jedes Themenfeld ist mittlerweile derart komplex, wodurch eine linke oder rechte Position nicht mehr eindeutig zuzuordnen ist. Häufig überschneiden sich Ansichten sogar. Die zu begrüßende und notwendige Heterogenität in einer Gesellschaft darf aber nicht dazu führen, dass immer kleinere Kontaktgruppen untereinander entstehen. Dies wäre ganz im Sinne des Liberalismus und würde den Individualismus über den Gemeinschaftssinn siegen lassen. Von herausragender Bedeutung ist ein gesellschaftliches und politisches Engagement gegen jede Form des Extremismus. Laut Bundesamt für Verfassungsschutz wurden im Jahr 2016 22.471 rechtsextremistische (knapp 6.000 mehr als noch 2014) und 5.230 linksextremistische Straftaten begangen. Insgesamt werden in Deutschland 23.100 Personen als rechtsextrem und 28.500 Personen als linksextrem eingestuft. Eine Schlussfolgerung hieraus muss sein, dass die Prioritäten bei den unterschiedlichen Arten des Extremismus richtig bekämpft werden. Zudem ist die Bekämpfung des Extremismus nicht in ein oder zwei Jahren erledigt, sondern muss als ständiger Prozess verstanden werden, der im Bildungssystem beginnt und sich dann im Arbeitsleben fortsetzen soll. Wenn es der Mitte der Gesellschaft gut geht, dann geht es auch dem Land gut. Unsere Mitte entscheidet über die politische Richtung und darüber, ob Randgruppen integriert oder ignoriert werden. Allerdings lässt sich momentan ein Verdruss der progressiven Mittelschicht beobachten. Gründend liegt diese verflogene Aufbruchsstimmung im Reformstau der letzten Regierungen, wodurch die Hoffnung und Zuversicht auf einen Wandel in den Bereichen Bildung, Infrastruktur, soziale Gerechtigkeit und viele mehr schwindet. Wer ist die Mittelschicht aber eigentlich? Zur sogenannten Mitte gehört man, wenn man als alleinlebende Person ein monatliches Nettoeinkommen zwischen 1.050 und 4.400 Euro hat, bei einem Paarhaushalt muss der monatliche Lohn nach Abzug der Steuern zwischen 1.580 und 9.230 Euro liegen (je nach Kinderanzahl). Über 50% der Bevölkerung gehören dieser Mittelschicht an. Diese Zahlen mögen zwar seit mehr als einem Jahrzehnt konstant bleiben, die Abstiegsängste der Menschen sind aber stets gestiegen. Dabei zählen zur finanziell sicher klingenden Mittelschicht auch Personen mit einem Monatseinkommen von 1.050 Euro. Gerade in Großstädten kommt man so gerade über die Runden und zählt sich nicht zur Mittelschicht. Oft vergessen wird dabei, dass weitere 32% der Gesellschaft einkommensmäßig unter der Mittelschicht liegen. Diese drastisch hohe Zahl ist nicht förderlich für die Vermögensverteilung und damit für den sozialen Frieden. Der Hauptgrund darin liegt in der schnell wachsenden Anzahl von Minijobs sowie des gesamtes Niedriglohnsektors. Aus diesem Grund verdienen 6,7% der Bevölkerung zwischen 879 und 1.050 Euro im Monat. Diese Zahlen zeigen, dass eine Sozialpolitik, die die unteren und mittleren Einkommen entlastet, notwendig ist. Eine gesunde Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht mit hohen finanziellen Kontrasten leben muss, da sich sonst die Lebenswelten zu sehr auseinanderentwickeln und eine gesellschaftliche Spaltung erzeugt wird. Besonders nach der letzten Bundestagswahl wurde deutlich, dass es die Kräfte der gesellschaftlichen Spaltung im vollen Wirken sind. Bei der Wahl des Bundestages im September 2017 kamen die linken Parteien zusammen nicht einmal mehr auf 40%. Eine Ursache dafür ist, dass der Patriotismus als Feindbild tabuisiert wurde. Jedoch müssen alle Facetten des politischen Spektrums abgedeckt werden, die zentrale Formel sollte dabei sein: Dialog statt Entfremdung. Wir müssen die Ängste und die prognostizierte Hysterie im Keim ersticken, denn Bürgernähe war in der Geschichte unserer Demokratie schon immer die beste Prävention vor Extremismus. Auch wenn Lebenswelten aufeinanderprallen. Beim öffentlichen Dialog ist es richtungsweisend, Meinungsfreiheit und gewalttätige Hetze voneinander zu unterscheiden. Eine starke Demokratie muss das aushalten und darf sich nicht auf Irrwege zerren lassen. Hierbei müssen alle freiheitlich-demokratischen Kräfte zusammenhalten und einheitlich gegen den Populismus vorgehen. In der Weimarer Republik waren die demokratischen Kräfte so zersplittert, sodass extremistische Kräfte in Deutschland nicht ausreichend kritisiert und bekämpft wurden. Diese Fehlentwicklung darf sich keinesfalls wiederholen. Die Grundtendenzen unserer Zeit sind in Widersprüchlichkeiten verpackt. Zu beobachten ist, dass sich die Menschen auf immer mehr Freiheit berufen wollen, zugleich aber auch ein tiefes Bedürfnis nach Sicherheit haben. Das Verhältnis dieser beiden Größen soll immer weiter auseinandergehen, ohne zu zerbrechen. Parallel dazu ist die wirtschaftliche Sichtweise ebenfalls paradox: Wir spüren einen immer größer werdenden ökonomischen Druck, der den Stressgehalt in unserem Leben stark erhöht. Dem entgegen pochen wir darauf, dass ein stetig steigendes Wirtschaftswachstum unverhandelbar und grundlegend für die Zukunft ist. In der gesellschaftlichen Darstellung behaart man darauf, alte Rollenverteilungen in Politik und Wirtschaft festzuhalten (man denke nur an die schleppende Durchsetzung des Feminismus). Zeitgleich entsteht aber ein starkes Verlangen nach neuen Alternativen in Politik und Wirtschaft, die aus den Strukturen der Vergangenheit ausbrechen und uns neue und frische Zukunftsvisionen präsentieren. Die entscheidende Frage ist nun, worauf sich diese Verhaltensmuster zurückführen lassen? Hauptgrund dafür ist die Unfähigkeit der Politik, ausreichend und schnell genug auf verändernde Mentalitäten in der Gesellschaft zu reagieren. Daraus entwickelt sich eine kollektive Unsicherheit hinsichtlich des eigenen Weltbildes. Ausgedrückt wird diese Unsicherheit dann in widersprüchlichen Leitlinien unseres Zeitalters, die aber insgesamt den Ruf nach Orientierung enthalten. Aus diesem Grunde schwankt gerade ein großer Gesellschaftsteil in seiner politischen Orientierung. Ein Drittel der Arbeiter haben bei den letzten Landtagswahlen in Ostdeutschland (Stand November 2017) rechts gewählt. Diese zentral-bürgerliche Gruppe als stabiler Garant der demokratischen Mitte wurde über Jahrzehnte verleugnet und kriegt nun zumeist die negativen Seiten der Globalisierung zu spüren. Ihnen muss aufgezeigt werden, dass es ohne Sie nicht geht. Sie bilden das Rückgrat unserer Wirtschaft. Diese Probleme müssen an der Wurzel angepackt werden, dort hilft kein oberflächliches Gerede. Wir fordern eine stärkere Einbeziehung der ostdeutschen Bundesländer, davon würde die gesamte Bundesrepublik profitieren. Wirtschaftlich gibt es im Vergleich viel aufzuholen, auch bei der Wende vor fast drei Jahrzehnten besteht noch Nachholbedarf. Unser Ziel ist es, ein Bundesministerium für Gesellschaft, politische Teilhabe und Kommunalpolitik ins Leben zu rufen. Hierin erhalten die ostdeutschen Landesteile die erforderliche Aufmerksamkeit, um die wirtschaftliche Mauer, die bei Statistiken immer noch existiert, abzureißen. Die Annäherung zwischen Ost und West kann im Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit nachlesen. Der Osten besitzt lediglich 73% der Wirtschaftskraft des Westens (ohne Berlin sogar nur 68%), außerdem hat in Ostdeutschland kein einziger Dax- Konzern seinen Sitz. Das Durchschnittseinkommen je Einwohner liegt im Westen bei 22.300 Euro, im Osten bei 18.400 Euro. Bei der politischen Machtverteilung wird auch ein klarer Unterschied deutlich: Während in Westdeutschland 78 Bundesbehörden sitzen, sind es in Ostdeutschland lediglich 5. Die Arbeitslosenzahlen liegen zudem im Westen des Landes bei 3,1%, im Osten der Bundesrepublik bei 5,1%. Die politische Annäherung ist schwer in Zahlen zu bemessen. Bei den Wahlen und den sehr hohen Ergebnissen der AfD in Ostdeutschland ist jedoch erkennbar, dass eine politische und wirtschaftliche Spaltung zwischen Ost und West noch immer vorhanden ist. Auf diesem Gebiet muss mehr getan werden, um in einer geeinten, keiner einheitlichen Gesellschaft zu leben. Für den Zusammenhalt in der Gesellschaft ist es eminent wichtig, dass Arbeiter und Intellektuelle näher zusammengebracht werden, da sie sich einander brauchen. Diese veraltet erscheinenden Bilder mögen dem Klischee wie dem Pathos nahestehen, da diese traditionellen Milieus nicht mehr existieren, sind aber aktueller denn je. Diese Harmonisierung ist das Erbe der Aufklärung aus dem 18. Jahrhundert, begonnen bei der sogenannten Volksaufklärung oder einem einkommensunabhängigen Schulsystem. Beispielgebend für die intergesellschaftliche Verständigung ist dabei die griechische Antike, unter anderem durch Mittel der direkten Demokratie, die in der heutigen Zeit einen selben positiven Effekt entfalten würden. Daraus können ganz neue Anschauungen und Ideale entstehen, die die Zukunft humaner und gerechter gestalten. Jedoch muss darauf geachtet werden, ebenso Verstand wie Gefühl anzusprechen, diese beiden Pole des Menschen müssen sich ergänzen. In der Politik herrscht dort gegenwärtig ein Ungleichgewicht: Beim Verstand sind die Populisten, Autokraten und Demokraten fast gleich im Stellenwert. Bei den Gefühlen wird aus Eitelkeit den Populisten und Autokraten aber die alleinige Gestaltungsmacht überwiesen. Dieses Fehleingeständnis kann demokratie- und freiheitsschädigend wirken. Hauptkriterium dieses Findungsprozesses ist das Fernbleiben einer Belehrungsethik oder vorgegebenen Sonderregeln. Nur mit einer Diskussion auf Augenhöhe ist diese Distanzierung zu vermeiden, nur auf diesem Wege ist die aufgestaute Frustmenge in der Gesellschaft zu bekämpfen. Sollte die Annäherung gelingen, ist eine direkte Folge daraus das Zusammenrücken von Wissenschaft und Alltag, die dann beinahe ein gemeinsames Narrativ bilden können. Der Vorteil der Annäherung überwiegt den Mühen der Aufarbeitung. Am Schlimmsten ist es dann, wenn sich Bürgerinnern und Bürger oder gar ganze Gesellschaftsgruppen den Eindruck erhalten, politisch nicht repräsentiert zu werden. Wenig beachtet werden dabei in Deutschland lebende Menschen ohne deutschen Pass. Sie zahlen Steuern, integrieren sich zuallermeist in unsere Gesellschaft, sind aber dennoch nicht in die politische Teilhabe eingebunden. So haben acht Millionen Menschen in Deutschland über 18 Jahren kein Wahlrecht. Unsere Forderung lautet, dass jede seit fünf Jahren in Deutschland lebende Person wahlberechtigt ist, sowohl für Kommunal-, Landtags-, als auch Bundestagswahlen. Wer sich gesamtgesellschaftlich oder politisch ausgeschlossen fühlt, verliert das wichtige Gefühl der Selbstwirksamkeit. Zusätzlich würde dieser Partizipationsprozess zur besseren Integration ebenso beitragen wie zur Annäherung an die optimale Repräsentation einer Gesellschaft und den damit verbundenen Idealen der Demokratie. Der Schutz von Minderheiten muss in jeder Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung gewährleisten zu können. Dabei mit eingerechnet sind auch „größere“ Minderheiten wie Menschen mit einem türkischen Migrationshintergrund. Ihre Zuneigung zum türkischen Präsidenten Erdogan, der das Land in eine Diktatur geführt hat, empört hierzulande viele Menschen. Eine Teilschuld für diesen Umstand liegt aber auch darin, dass für diesen Gesellschaftsteil keine aktive Integrationspolitik, zu der immer zwei Seiten gehören, betrieben wurde, sodass sie sich in ihrer neuen Heimat wohlfühlen. Eine wichtige Frage hierbei ist, wie mit den Moscheeverbänden umgegangen werden soll. Im Jahr 2017 ließ die Bundesregierung 350 Imame aus der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (kurz Ditib) einreisen. Viele von ihnen sind politisch dem autokratischen Regime der Türkei nahe, weswegen sie hierzulande gezielt Erdogan-Kritiker verfolgen. Damit tragen sie nicht zum gesellschaftlichen Frieden bei, sondern bekämpfen ihn und transportieren Konflikte mit nach Deutschland. Die Demokratie begrüßt, ja erfordert es geradezu, dem kollektiven Frieden und der kollektiven Sicherheit die individuellen Unterschiede und Unverständnisse unterzuordnen. Damit keine gewaltbasierten Ausschreitungen oder parallele Gesellschaftsgruppen entstehen, ist ein friedlicher Umgang mit Dialogcharakter von Bedeutung. Die eben von uns vorgeschlagene politische Partizipation, wonach Menschen in Deutschland auch ohne deutschen Pass an Wahlen teilnehmen dürfen, ist in vielen anderen Ländern bereits seit Jahrzehnten Normalität. In insgesamt 15 von 28 EU-Staaten dürfen sich diese Personen mindestens an den Kommunalwahlen beteiligen. Die Ursachen für eine häufig zitierte Entfremdung zwischen dem Großteil der Bevölkerung und türkischstämmigen Personen werden meistens ignoriert. Wenig Einsicht herrscht auch bei der Tatsache, dass die Integration ein Prozess und keine Sache für nebenbei ist. Eine Gesellschaft wird durch soziale Umverteilung belebt. Hierin besitzt Deutschland dringenden Handlungsbedarf. In unserer Bundesrepublik leben 1,1 Millionen Millionäre und 123 Milliardäre, zeitgleich existieren aber auch 930 Tafeln. Die soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit sowie der soziale Friede werden dadurch befeuert beziehungsweise bedroht. Parallel dazu geht die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander. Die Zeit ist die wichtigste Stütze zur Organisation des gesellschaftlichen Lebens. Die Menschen haben häufig nicht die Zeit für einen Theaterbesuch oder generell für Kunst und Literatur, hier muss die Politik ansetzen und die kulturelle Orientierung viel weitgreifender fördern. Eine Entschleunigung ist temporär auch im Alltag von besonderer Wichtigkeit. In diesem Zusammenhang wollen wir das persönliche Lebensumfeld wie Familie, Freunde und ehrenamtliches Engagement der Bürgerinnen und Bürger stärken. Noch immer existieren viele Spannungen innerhalb unserer Gesellschaft. Die Emanzipation der Frau muss weiter vorangetrieben werden, damit in Verbindung muss der Sexismus weiter bekämpft werden, dem voraus geht allerdings, dass erst einmal eine Debatte geführt wurden, um ein Meinungsbild der Gesellschaft zu erhalten. Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau hat im letzten Jahrhundert wichtige Etappen zurückgelegt. Bis zum Jahr 1977 brauchte eine Frau in Deutschland noch die Zustimmung ihres Ehepartners, um arbeiten zu dürfen. Zwanzig Jahre später wurde erst die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt. Heute wird mit der #MeToo- und der Time´s Up-Debatte ein weiterer Schritt gegangen. Zur Ermittlung der finanziellen, politischen und gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau dient der Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums als international anerkannteste Orientierungsgröße. Im Jahr 2005 lag Deutschland im internationalen Vergleich noch auf Platz 5, heute sind wir auf Platz 12 abgerutscht, würde nur die Wirtschaft bewertet werden, läge die Bundesrepublik sogar auf Platz 43. Parallel dazu sitzen im Bundestag so wenig Frauen wie seit zwanzig Jahren nicht mehr und das, obwohl derzeit mit 709 Bundestagsabgeordneten so viele Mitglieder wie noch nie im Parlament vertreten sind. Hinzukommend sind im Bundeskabinett zwar neun Männer und sechs Frauen vertreten, dafür sind jedoch fast alle Staatssekretäre, die einen Großteil der Ministeriumsarbeit gestalten, Männer. Außerdem sitzen in 68 von DAX-Vorständen keine einzige Frau. Laut Gender Gap Report werden beispielsweise die weltweit gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt für beide Geschlechter erst in 217 Jahren zur Realität gehören. Jeder gesellschaftliche Fortschritt braucht Zeit. Jedoch geschieht er auch nicht von selbst, entscheidend dabei ist ein gemeinschaftliches Ineinandergreifen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, um die Rahmenbedingungen für eine bessere Zukunft zu schaffen. Ebenso sagt es viel über eine Gesellschaft aus, wie wir mit ihren vermeintlich schwächsten Gliedern umgehen. Die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland ist in den letzten vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Es wird Zeit, effizienter dagegen vorzugehen. Jeder Mensch sollte das Grundrecht auf eine Wohnung haben. Weiter werden behinderte Menschen noch nicht in vollem Maße mit in das gesellschaftliche Leben mit einbezogen. Ihnen steht genauso das Recht auf ein glückliches und freies Leben zu wie allen anderen auch, daher müssen die gleichen Bedingungen geschaffen werden. Hierzu muss das öffentliche Leben barrierefreier gemacht werden, nicht nur für Menschen mit einer Gehbehinderung, sondern auch anderen Formen der Einschränkungen. Ein stillschweigendes Thema, das jedoch genauso Brisanz besitzt, ist die Organspende. In Deutschland wurden im Jahr 2017 nur 797 Organspenden durchgeführt, das sind so wenige wie lange noch nicht (zum Vergleich: 2012 waren es noch 1.046). Alle acht Stunden stirbt ein Mensch wegen einer fehlenden Organspende. Allein auf den medizinischen Fortschritt kann man nicht warten, es ist auch ein Maß an gesellschaftlicher Solidarität und Unterstützung notwendig. Der Fortschritt hat sich in der gesellschaftlichen DNA verankert. Damals unmögliche geglaubte Themen wie die Energiewende oder die Emanzipation der Frau waren vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar, heute sind sie in nahezu jeder Gruppe der Gesellschaft angekommen. Trotz allem drücken sich die Fragen der Zukunft auf. Wie wird unsere Gesellschaft in zehn, zwanzig oder gar dreißig Jahren aussehen? Klar ist auch, dass sich unsere Gesellschaft weiter verändern wird. Manche Bundesländer in Ostdeutschland sollen bis zum Jahr 2035 ein Zehntel ihrer Bevölkerung verlieren. Dieser Trend muss aufgehalten werden. Bei den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen der Zukunft muss aber auch die junge Generation politisch mehr mit einbezogen werden. Ihre Möglichkeiten zur Mitbestimmung oder zumindest zur Mitsprache sind in Deutschland sehr gering (siehe bei 1.). Für unter 30-Jährige ist es sehr schwer, repräsentiert zu werden, da die Politik meist andere Gesellschaftsgruppen im Blick hat, wobei dahinter nur Wählergruppen gesehen werden. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bildete sich in Deutschland das Phänomen der sogenannten Öffentlichkeit heraus. Dieses ist nur durch eine Volksaufklärung entstanden, das stark gewachsene Bildungsbürgertum im anschließenden 19. Jahrhundert ist eine langfristige Folge davon. Für diese Tradition der Aufklärung stehen wir auch heute noch im 21. Jahrhundert. Deshalb ist die Bildung das zentrale Element für alle gesellschaftlichen Initiativen und Freiheiten. Dementsprechend muss eine Chancengleichheit in der Bildung herrschen, noch dazu ist es wichtig, die breite Gesellschaftsbildung als große Errungenschaft der vorherigen Jahrhunderte zu begreifen. Wenn auch die Zukunft im Fokus unserer Ansichten steht, gehört es zum innersten Wesen einer aufrichtigen Gesellschaft, sich auch zukünftig an die Vergangenheit zu erinnern und Tatsachen anzuerkennen. Zu unserer Geschichte gehören ebenso finstere Kapitel wie die Völkermorde an den Juden und den Herero, sie dürfen keinesfalls in unserer Erinnerungskultur ausgeklammert werden (siehe 7.4.). Natürlich existieren Hemmnisse in unserer Gesellschaft. Spaltung, Unzufriedenheit und Ungerechtigkeit drohen manifestierende Ausmaße anzunehmen. Nichtsdestotrotz werden die Zuversicht und der Optimismus über die dekadente Stagnation, der Verwaltung des Status quo siegen. Diese Zukunftsausrichtung gelingt aber nur unter einer Bedingung: Dass eine Gesellschaft nie aufhören darf zu träumen. Trotz dieser Menge an Hemmung, die in jeder Gesellschaft durch die vorliegenden Strukturen entstanden sind, sind Fortschritte wie die ökologische Vernunft, die erleichterte Wohnungssuche oder die perfektionierte wissenschaftliche Erkenntnis Wegbegleiter des Fortschritts. Die ungenügende Verteilung von Geld und Macht kann diese Wegbegleiter bis hin zur Bedeutungslosigkeit schrumpfen lassen, auch wirtschaftliche Waren oder gesellschaftliche Konventionen besitzen eine solche Strahlkraft. Schafft man es, diese Hemmnisse zu überwinden, gelangt man zur wahren Definition der Freiheit. Bisher gab es nur Gesellschaften in der Geschichte, in der die Annehmlichkeiten der Mehrheit auf Lasten der Minderheiten ausgelebt werden konnten. Mit der Etablierung der Demokratie wird dies zwar harsch kritisiert, aber an vielen Stellen immer noch betrieben. Folglich ist noch ein Schritt notwendig, der aber mehr Zeit und Aufmerksamkeit benötigt. Das Schlüsselelement für all diese Prozesse ist die Kommunikation. Nur durch sie ist ein effektives und gutes Zusammenleben als Gesellschaft möglich. In Zukunft müssen Wege zur Verbesserung der der Kommunikationskanäle und Kommunikationsmuster gefunden werden, um eine voranschreitende Anonymisierung und Verrohung des öffentlichen Diskurses zu vermeiden. Bei der Betrachtung der Entwicklung der Massenkommunikation fällt ins Auge, dass intersubjektive Phänomene wie das Geld, die Nation oder das Gesetz immer mehr an Macht gewinnen, ein Leben ohne sie ist nicht mehr vorstellbar. Dabei existieren sie nur, weil alle Gesellschaftsmitglieder daran glauben, ansonsten sind sie am nächsten Tag schon aufgelöst. Diese Macht der gemeinschaftlichen Ideen wird auch zukünftig von erheblicher Bedeutung sein, um Formen des Zusammenlebens zu entwickeln, die den Fortschritt in Einklang mit der Vergangenheit bringen. Dogmatismus ist der Feind einer jeden Diskussion. Die Verteidigung und Festigung der Demokratie muss auch von den Bürgerinnen und Bürgern ausgehen, nicht nur von den Politikerinnen und Politikern. Das bessere Morgen wird nämlich im Heute gestaltet. Weiß man dabei die wichtigste Form der Freiheit, nämlich die Freiheit des Denkens, an seiner Seite, ist der Weg des Fortschritts geebnet.
4. Demokratie
4.1 Staat und Gesetz
Die Demokratie ist eine der größten Errungenschaften unserer Geschichte, aber kein System ist perfekt. Das Grundgesetz bewies sich gerade in der turbulenten Zeit nach der Bundestagswahl 2017 seine Genialität und Weitsichtigkeit. Trotzdem sind Schwächen innerhalb der demokratischen Grundordnung erkennbar geworden, denen wollen wir entgegenwirken. Im nächsten Jahr wird die Bundesrepublik Deutschland 70 Jahre alt. Das bedeutet 70 Jahre Freiheit und Demokratie. In diesen Jahrzehnten erlebte die Demokratie ihre Hochs und Tiefs, wobei gerade in letzter Zeit eine immer größere Spaltung unübersehbar ist. Aus diesem Grund muss die Demokratie reformiert werden, bevor es die Falschen tun. Darüber hinaus ist nur so die politische und wirtschaftliche Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu garantieren, Zur Erneuerung der Demokratie müssen mehr Mittel der direkten Demokratie genutzt werden. Diese Maßnahmen sollen nicht mit dem Ziel der Errichtung eines kommunistischen Staates vorangetrieben werden, sondern um die deutsche Demokratie zu modernisieren und an die gegenwärtige Ungerechtigkeit bei politischer Teilhabe und Repräsentationsverteilung anzupassen. Demokratie bedeutet Volksherrschaft. Der Begriff entstammt dem Griechischen und besteht aus zwei Wörtern. „Demos“ bedeutet Volk, „Kratos“ steht für Macht oder Herrschaft. Demokratie ist also die Herrschaft des Volkes. Auch in Artikel 20, Absatz 2 unseres Grundgesetzes steht: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ In einer Regierungserklärung am 28. Oktober 1969, also vor mittlerweile 49 Jahren, sagte der damals amtierende Bundeskanzler Willy Brandt den Slogan „Mehr Demokratie wagen“. Er führte mit zur Glorifizierung Brandts und stand für eine neue Art der Demokratie. Dieser Ausspruch muss wieder an Bedeutung gewinnen und mit neuem Leben gefüllt werden. Unter „Mehr Demokratie wagen“ versteht die Freiparlamentarische Allianz, dass das ganze Volk bei politischen Entscheidungen aktiv in die öffentliche Debatte sowie in die Entscheidungsfindung mit eingebunden wird. Eine mündige Gesellschaft bringt die besten Politiker hervor. Es fördert hingegen nicht die Lebendigkeit einer Demokratie, wenn der Bürger alle vier Jahre ein Kreuz als einzige Beteiligungsform machen darf und das war es dann mit der Beteiligung. Zu betonen ist dabei, dass wir keine direkte Demokratie als politisches System etablieren wollen, da es viel zu unausgereift und risikoanfällig ist, unter anderem besitzt es den Hang zur totalitären Auslegung und Auslebung. Jedoch enthält die direkte Demokratie eine paar nützliche und wertvolle Elemente, die für das System der repräsentativen Demokratie verwertbar und leicht zu integrieren sind. Das wichtigste Mittel der direkten Beteiligung der Bevölkerung sollen in Zukunft Volksentscheide sein. Diese sollen regelmäßig zu brisanten und langfristig nachwirkenden Thematiken organisiert werden. Dabei ist es wichtig, dass vor jeder Volksabstimmung neutrale Informationskampagnen eine objektive Meinungsbildung in der Gesellschaft ermöglichen. Zu beachten ist dementsprechend, dass Referenden nur ihre Legitimation erhalten, wenn garantiert werden kann, dass zuvor eine ausgiebige öffentliche Debatte sowie ein hoher Informationsgehalt vorhanden war. Ansonsten würde eine Manipulierung durch Nichtwissen drohen. Die wenig informierten Bürgerinnen und Bürger sind sich über die weitreichenden Konsequenzen der Wahlentscheidung mit ihrem Anteil am Entscheidungsprozess häufig gar nicht bewusst. Bisher herrscht die Überzeugung, dass laut Grundgesetz Volksabstimmungen nur dann abgehalten werden dürfen, wenn das Bundesgebiet neu gegliedert (Artikel 29, Absatz 2) oder eine neue Verfassung verabschiedet werden soll (Artikel 146). Jedoch muss für die Durchführung von Volksentscheiden noch nicht einmal das Gesetz geändert werden. Schaut man noch einmal auf Artikel 20, Absatz 2 Grundgesetz: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ Hier werden Volksabstimmungen nicht ausgeschlossen, sondern juristisch legitimiert. Oft hört man das Argument, Volksabstimmungen seien eine Gefahr für die Demokratie. Dabei gehen von Volksentscheiden keinerlei Gefahren aus, eher von den Politikern. In der Weimarer Republik kamen Hitler und seine Nazi-Partei nicht an die Macht, weil sie durch Volksentscheide dazu berufen wurden, sondern durch das fehlende Gegenwirken von Parlament und Justiz. Die Ursache für die Entstehung des Dritten Reiches liegt also eher in der mangelnden Tabuisierung des Extremismus sowie dem Fehlen eines organisierten Verfassungsschutzes als in der befürchteten Beteilung des Volkes. Diejenigen, die Volksentscheide fürchten, sehen das Volk als dumm und nicht entscheidungsfähig an. Dabei finden jetzt schon Volksabstimmungen in Deutschland statt, nur eben alle vier Jahre, die Bundestagswahlen genannt werden. Nach deren Logik müsste dann ja auch diese Beteiligungsform der Bevölkerung abgeschafft werden. Dann ist unser Land allerdings keine Demokratie mehr, sondern eine Diktatur. Der Unterschied in unserem Modell besteht darin, dass wir hingegen circa alle sechs Monate Volksabstimmungen durchführen wollen. Allerdings sollen die Volksabstimmungen nicht nur auf der Bundesebene durchgeführt werden, sondern ebenfalls auf der Landes- und Kommunalebene, auf denen es ebenfalls mit den dort gültigen Gesetzen vereinbar ist. Für die kommunale Politik sind auch regelmäßige Volksversammlungen erwägenswert. Auf der Tagesordnung sind bundespolitisch große Projekte, die eine Legislaturperiode prägen, wie die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens, die Errichtung eines Digitalgebietes oder auch unsere Militärreform. Die Volksentscheide sind ein Recht der Gesellschaft, das ihr zusteht und vor allem gebrauchen darf. Die direkte Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger ist aber auch beim Bundeshaushalt gefragt, hierfür sollen Internetforen und Bürgerdialoge eingerichtet werden, um eine Prioritätensetzung festzulegen. Am Ende folgt dann eine einheitliche Abstimmung als Referendum über den Bundeshaushalt. Für die Organisation und Umsetzung von Volksentscheiden soll in Zukunft das Bundesministerium für Gesellschaft, politische Teilhabe und Kommunalpolitik (dazu auch mehr bei 13.) zuständig sein. Dieses neue Ministerium wird damit beauftragt, mehr Beteiligungsformen für die Bürgerinnen und Bürger zu finden, wozu unter anderem Volksabstimmungen zählen. Neben den Referenden fordern wir die Einführung einer sogenannten Bürgerversammlung. Hierbei werden 150 Leute aus Deutschland für je 3 Monate per Los ausgewählt und gehören einem Gremium an, dass einen Fokus auf die Vereinbarkeit von bürgerlichen Interessen und rechtlicher wie wirtschaftlicher Grundsätze überprüft. Die Bürgerversammlung darf Tagesordnungspunkte bei Bundestagssitzungen vorschlagen. Darüber hinaus soll sie eine beratende Funktion einnehmen, was bedeutet, dass sie beispielsweise einmal pro Monat bei einer Anhörung im Bundestag ihre Ziele vorstellen kann. In Irland gibt es bereits eine Bürgerversammlung, die mit ähnlichen Befugnissen ausgestattet ist. Ihre Wahldauer beträgt sogar ein Jahr, in der die 100 ebenfalls per Los bestimmten Menschen der Bürgerversammlung einen Gesetzesvorschlag erarbeiten sollen. Zusätzlich ist der Staat dazu verpflichtet, regelmäßige Sitzungen ebenso zu gewährleisten wie die Einladung von Experten, sodass die Mitglieder der Bürgerversammlung einen umfassenden Überblick zur betroffenen Thematik erhalten. Diese Struktur soll auch in unserer Bundesrepublik hergestellt werden. Diese neue Form der politischen Teilhabe wird in Irland mit großem Erfolg praktiziert. Vordergründig wird dadurch die Nähe zwischen Volk und Politik gestärkt. Hinzukommend ist die Stimmungslage bei den Bürgerinnen und Bürgern für die handelnden politischen Akteure schneller zu erfassen. Nicht zu vergessen ist die absolute Chancengleichheit bei der politischen Mitwirkung für Jeden in der Gesellschaft. Ein weiterer Schritt ist die Direktwahl des Bundespräsidenten durch das Volk. Artikel 54, Absatz 1 des Grundgesetzes sagt Folgendes dazu: „Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der Bundesversammlung gewählt.“ Die Bundesversammlung besteht zur Hälfte jeweils aus den Mitgliedern des Deutschen Bundestages und Personen des öffentlichen Lebens, die von den Landesverbänden der im Bundestag sitzenden Parteien bestimmt werden. Da der Bundespräsident als Staatsoberhaupt nur repräsentative Aufgaben besitzt, ist seine Direktwahl durch die Bevölkerung nicht nur symbolisch für die Machtstruktur in der Demokratie, sondern lässt die Gesellschaft auch entscheiden, welches Erscheinungsbild von Deutschland im Ausland präsentiert werden soll. Auch hierzu werden immer mehr Stimmen lauter, die sich diesem Vorhaben anschließen. Weitere Mitwirkungsoptionen für die Bürgerinnen und Bürger soll die Vereinigung von Volksinitiativen und Volksbegehren sein. Heute ist es in Deutschland so, dass Volksinitiativen nur in den Bundesländern möglich sind, nicht auf der Bundesebene. Diese Ungerechtigkeit soll geädert werden, wonach Volksinitiativen auch bundesweit organisiert werden dürfen. Hierzu sollen 0,5% der Bevölkerung (was rund 410.000 Menschen entspricht) erforderlich sein, die ihre Unterschrift unter dem Vorhaben setzen müssen. Bei Erfüllung dieser Vorgabe soll die Idee in den Deutschen Bundestag eingebracht werden, der zu einer angesetzten Aussprache sowie einer anschließenden Abstimmung verpflichtet werden soll. Viele Menschen gehen gar nicht mehr zur Wahl, da sie sie Überzeugung haben, dass diese Entscheidung eh keinen Sinn habe, schließlich bleibe alles gleich. Die Wahlbeteiligung in den westlichen Demokratien wurde in den letzten Jahrzehnten immer niedriger. In den Armuts- und Reichtumsberichten der Bundesregierung (vor der Verschleierung bei der Durchsicht der einzelnen Ministerien) aus den letzten Jahren verfestigt sich der Trend, dass Menschen mit niedrigem Einkommen sich gar nicht mehr an der Demokratie beteiligen. Es muss ein Umdenken stattfinden. Die Bürgerinnen und Bürger sind meist am politischen Geschehen interessiert, nur können sich nicht aktiv beteiligen. Hingegen interessieren sich die führenden Politikerinnen und Politiker nicht einmal für neue Methoden der Mitwirkung des Volkes, da immer gleich eine Gefahr und Machteinschränkung gesehen wird. Häufig gerät dabei aus dem Blick, durch wem die Politiker diese Macht überhaupt erhalten. Deswegen ist es nur fair, dass dieselben Akteure, nämlich die Bürgerinnen und Bürger, auch entscheiden, ob diese Macht weiterhin so bestehen darf. Durch die Elemente der direkten Demokratie werden alle Gesellschaftsgruppen, einschließlich ansonsten unterrepräsentierter Minderheiten, beteiligt. Die Demokratie des 20. Jahrhunderts hat die Politik und die Beziehung zwischen Staat und Volk revolutioniert. Nun muss sie aber basisorientierter werden, um eine Existenzsicherung für die Zukunft voranbringen zu können. Außerdem kommen wir durch Reformen wie Volksabstimmungen und Bürgerversammlungen zurück zur Uridee der Demokratie: Die Überzeugung mit Argumenten und das Finden eines vernünftigen Kompromisses, um Mehrheiten zu finden. Wobei ein sachlicher Kampf um die Mehrheiten politisch und gesellschaftlich belebend wirkt. Abstimmungen sind ein wesentlicher Punkt bei der Stimmvergabe an das Volk. Unsere Partei will aber auch die Voraussetzungen für die politische Meinungsbildung verbessern, um die Gesellschaft besser zu informieren und Machtstrukturen leichter zu durchbrechen. Dafür wollen wir eine „Stiftung für Politische Perfektion“ in staatlicher Hand gründen, die eine beratende Stellung gegenüber der Bundesregierung und dem Parlament einnehmen soll. In dieser Organisation sollen sich nicht nur Politikwissenschaftler und Juristen wiederfinden, sondern zahlreiche andere Berufsgruppen wie auch Philosophen oder Kabarettisten. Die andere Hälfte der Mitglieder sollen die „einfachen Leute“, wie es immer heißt, aus dem Volke bilden, die per Ausschreibung bestimmt werden sollen. Die gemeinsame Zielstellung soll sein, die Demokratie noch transparenter und bürgernäher zu gestalten. Bei der Zusammenarbeit sind auch regelmäßige Gesprächsrunden in der Öffentlichkeit vorgesehen, um die Bevölkerung aktiv zu beteiligen. Es ist richtig, dass sich Politikerinnen und Politiker von Stiftungen und Fachleuten beraten lassen, um Entscheidungen zu treffen. Jedoch müssen die juristischen Rahmenbedingungen beachtet werden. Laut Paragraph 2 des Sachverständigenrat-Gesetzes dürfen Stiftungen „keine Empfehlungen für bestimmte wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen aussprechen“. Andernfalls ist der Unterschied zwischen Stiftung und Lobbyorganisation oft nicht erkennbar ist. Entsprechend muss eine beharrlichere Regelbefolgung verankert werden. Ebenfalls zur besseren politischen Partizipation der Menschen würde die Einführung des Sammelklagerechts beitragen, das eine ähnliche Anwendung in den USA findet. Mithilfe dieser demokratischen Mitbestimmungsoption wäre es den Bürgerinnen und Bürgern möglich, gemeinschaftlich Konzerne wie „Volkswagen“ zu verklagen, die im Zuge des Dieselskandals die Menschen bewusst täuschte. Dieser Weg ist traurigerweise bisher die einzige Möglichkeit, dass der Konsument eine würdige Entschädigung erhält, da die Politik bisher auf diesem Gebiet komplett versagte. Die Rechte demokratisch legitimierter Gruppen sollen gestärkt werden, was wiederum das politische Engagement der Bürgerinnen und Bürger fördert. In diesem Sinne wollen wir die Absenkung der 5%-Hürde auf 2%. Dies hätte den Effekt, dass auch kleinere Parteien ein Mitspracherecht erhalten, darüber hinaus würde der Bundestag das Zentrum der politischen Debatten werden, da alle politischen Kräfte gleichberechtigt mitreden können. Diesem Vorhaben wird zuallermeist der Riegel vorgeschoben, mit dem Hauptargument, es gebe politisches Chaos. Dieses Szenario ist allerdings keinesfalls naheliegend. Ein Beleg für die Ziellosigkeit des Arguments ist, dass erst im November 2017 die 5%-Hürde in Nordrhein- Westfalen auf kommunaler Ebene aufgehoben wurde. Wenn eine Nähe vertieft werden soll, dann gehört dazu auch beiderseitiges Vertrauen. Somit ist es selbsterklärend, dass der Staat als stabiler und verlässlicher Partner agieren soll, nicht als loses Gerüst oder gar als Gegner. Deshalb wollen wir die Unabhängigkeit von Richtern verstärken, ebenso soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass die Verfahrensdauer bis zum Urteilsspruch bei Gerichten verkürzt werden soll, damit die Bürgerinnen und Bürger schneller Gewissheit erlangen. Parallel zur Verkürzung des Gerichtsverfahrens ist eine Aufstockung der Richterposten notwendig, um diese Zielstellung realisieren zu können. Bis zum Jahr 2030 werden 40% der 20.300 Richter in Deutschland in Rente gehen. All diese Stellen müssen neu besetzt werden. Um die einhundertprozentige Arbeitsfähigkeit des Rechtsstaates aufrechterhalten zu können, müssen Anreize beim Studium geschaffen werden. Schon in der Schule (siehe 7.1.) kann bereits das Interesse durch das von uns vorgeschlagene neue Schulfach „Recht“ geweckt werden.
Zum Themenfeld der Transparenz gehört ergänzend eine ehrliche und neutrale Sicht auf die politische Lage. Dementsprechend fordern wir ein Verbot für Hochrechnungen zum Wahlausgang vier Wochen vor Landes- und Bundestagswahlen. In der Vergangenheit zeigte sich, dass diese Standortbestimmung zu sehr meinungsbeeinflussend wirkt, wodurch die Entscheidungskonsequenz der Wählerinnen und Wähler frühzeitig eingeschränkt wird. Um dem meinungsstiftenden Vorhersagen entgegenzuwirken, wäre diese Maßnahme ein effektives Mittel für einen spannenden und abwechslungsreichen Wahlkampf bis zur letzten Minute, deren Ausgang ebenso mit Spannung erwartet werden kann. Nicht transparent hingegen sind die eingreifenden Sonderregelungen für die Alliierten in die deutsche Gesetzgebung und Politikausrichtung. Sie stammen größtenteils noch aus der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg und müssen der Vergangenheit angehören. Am besorgniserregendsten ist das „G10-Gesetz“ aus dem Jahr 1968, welches einen Teil der „Geheimen Verwaltungsvereinbarung“ bildet. Gleichzeitig dazu wurde der Artikel 10 (Brief, Post- und Fernmeldegeheimnis) im Grundgesetz geändert, wo es bis heute heißt: „Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird“. Dieser nicht zu rechtfertigende Eingriff in die Grundrechte eines jeden Menschen verwehrt der bespitzelten Person die Möglichkeit einer Klage. Das Bundesverfassungsgericht erklärte erst 2001, also 33 Jahre danach, dass das G10-Gesetz in Teilen verfassungswidrig sei. Im Zuge dieses Gesetzes wurde eine G10-Kommission gegründet. Auch hierzu äußerte sich das Bundesverfassungsgericht, in einer Presseerklärung am 14. Oktober 2016. Dort gab es bekannt, dass die G10-Kommission über die „Zulässigkeit und Notwendigkeit von konkreten Beschränkungsmaßnahmen entscheidet“, obwohl es ein „Kontrollorgan eigener Art außerhalb der rechtsprechenden Gewalt“ ist. Diese Entscheidung zur Verletzung des Brief-, Post und Fernmeldegeheimnisses steht der Kommission also rechtlich gar nicht zu. Zuvor galt von 1945 bis 1955 das „Besatzungsstatut“, in dem das Besatzungsrecht festgelegt worden war. Von 1949 bis 1990 galt dann das „Alliierte Vorbehaltsrecht“, dort ist unter anderem zu befinden, dass die alliierten Mächte über die „Kontrolle von und Eingriffe in Wirtschaftsleben und Industrie“ entscheiden dürfen. Des Weiteren ist es ihnen laut Artikel 3 gestattet, Deutschland wieder unter die Regierung der Alliierten zu stellen, wenn es die Sicherheitslage erfordert. Im August des Jahres 1959 wurde das „Zusatzabkommen des NATO-Truppenstatuts“ verabschiedet. In Artikel 3, Absatz 2a dieses Dokuments steht: „Die in Absatz (1) vorgesehene Zusammenarbeit erstreckt sich insbesondere (a) auf die Förderung und Wahrung der Sicherheit sowie den Schutz des Vermögens der Bundesrepublik, der Entsendestaaten und der Truppen, namentlich auf die Sammlung, den Austausch und den Schutz aller Nachrichten, die für diese Zwecke von Bedeutung sind;“. Damit können die Alliierten bis heute den Bürgerinnen und Bürgern alle Informationen entnehmen, und seien sie noch so privat, ohne irgendeine Bedrohung oder Gefahr nachweisen zu müssen. Es reicht allein die lose und nicht bestätigungsnotwendige Aussage, die BRD sei in Gefahr. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages veröffentlichte am 29. Januar 2016 ein Papier mit dem Titel „Fortbestehende rechtliche Verpflichtungen Deutschlands gegenüber den vier Siegermächten“. Darin wird unter anderem auf den „Zwei-plus-Vier-Vertrag“ von 1990 verwiesen, in dem es in Artikel 2 heißt es, Deutschland darf „keine seiner Waffen jemals einzusetzen, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen“. Ob die Auslandseinsätze der Bundeswehr damit in Einklang stehen, ist juristisch weiterhin schwammig. Die Bundesrepublik Deutschland ist kein besetztes Land mehr, diese Rechtsstellung muss auch den Alliierten klar werden. Zudem wissen die Deutschen um ihre besondere Schwere der Schuld aus dem letzten Jahrhundert, die darüber hinaus mit unseren eigenen Gesetzen nochmals verhindert werden soll. Der Erinnerungsprozess ist aber eine nationale Angelegenheit, in der Äußerungen oder wie hier aufgedrückte Gesetze eher kontraproduktiv wirken und schnell das Gefühl der moralischen Überlegenheit wecken. Kommen wir nun zur rechtlichen Umrahmung der politischen Entscheidungsfindung, konkreter gesagt zu den gesetzlichen Richtlinien für die Befugnisse eines Politikers. Schließlich muss sich eine Politikerin oder ein Politiker stets bewusst sein, dass er als Volksvertreter agiert und nicht als Karrierist. Eine Bekämpfungsmaßnahme des Misstrauens gegenüber Politikern wäre die Kürzung von Pensionen, da sich die Staatsmänner nicht ihr ganzes Leben auf dieser Tätigkeit ausruhen sollen. Auch, wenn es uns selbst betreffen sollte. Das Gehalt der Bundesministerinnen und Bundesminister soll zukünftig an das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gekoppelt werden, dies ist bereits in Singapur der Fall. Nur soll es hierzulande nicht das BIP sein, sondern das Bruttonationalglück, die die erste Größe ersetzen soll (siehe 6.1.). Dadurch verdienen die führenden Politikerinnen und Politiker dieses Landes nur etwas, wenn sie auch erfolgreich sind. Darüber hinaus sind die Bundestagsabgeordneten laut Artikel 38 des Grundgesetzes nur dem Gewissen untergeordnet, da sie ein freies und repräsentatives Mandat besitzen. Richtig wäre es aber, dass Sie dem Willen der Bürgerinnen und Bürger untergeordnet sind, andererseits erhalten sie einen politischen und arbeitstechnischen Freifahrtschein für vier Jahre. Die mächtigsten Politiker unseres Landes befinden sich in der Bundesregierung. Dieses Staatsorgan muss sich tragischerweise nie einer Rechtfertigungsrunde stellen, wobei eine Hinterfragung der politischen Absichten geschehen kann, ebenso würden politische Fehlleitungen deutlich werden. Daher fordern wir, dass die Regierungsbefragung in Zukunft vom Parlament bestimmt werden soll, zusätzlich ist es verpflichtend, dass die betroffenen Kabinettsmitglieder während dieser Befragung anwesend sind. Eine Regierungsbefragung im Deutschen Bundestag findet bisher in den Sitzungswochen des Bundestags statt und dauert maximal 35 Minuten. Zuallermeist ist der zuständige Minister noch nicht einmal anwesend, sondern schickt einen Staatssekretär. Die nächsthöhere Instanz zum Politiker sind die Parteien. Für Sie sollte ein einheitliches Transparenzregister angelegt werden, um die Finanzierungsquellen einer politischen Partei nachvollziehen zu können, auch hier lautet das Schlüsselwort Transparenz. Diese Maßnahme ist wegen der besonderen Verantwortung der Parteien und der großen öffentlichen Aufmerksamkeit gerechtfertigt. Die Nahstelle zwischen Volk und Politik bildet der Journalismus. Auch er muss sich als Instanz der gesellschaftlich-politischen Orientierung und Ausrichtung eines Staates der permanenten wie kritischen Hinterfragung betätigen. Dabei muss auch die Frage gestellt werden: Wie geht Journalismus anders? Die Kommunikation von Politik und Katalyse von Nachrichten führte in jüngster Vergangenheit zu einer Polarisierung der Gesellschaft. Diese Fehlentwicklung muss umgehend analysiert und korrigiert werden, was nicht bedeutet, dass keine kontroversen Debatten geführt werden sollen, im Gegenteil, eine anständige Debattenkultur sorgt neben einer breiten gesellschaftlichen politischen Aufklärung für politische Partizipation. Zur Medienthematik ist auch die Bundesregierung zu nennen. Seit Jahren betriebt sie ihren eigenen Sender auf Facebook und betreibt ihren eigenen Journalismus (von Steuergeldern bezahlt). Kritik wird dabei sofort gelöscht oder die zweifelnden Personen werden öffentlich eingeschüchtert. Diese juristische Grauzone darf nicht länger ausgenutzt werden, da die Bundesregierung einen geschönten und unrealistischen Blick auf die politische Lage gibt, der die Menschen nicht bildet, sondern indoktriniert. Ein ähnlicher Zug wird von staatlicher Seite bei „Die Rekruten“ begangen. Offiziell soll bei diesem YouTube-Kanal über die Aufgabenfelder der Bundeswehr hautnah und erlebnisreich informiert werden. Stattdessen findet eine Verharmlosung des Kriegsgeschehens statt, noch dazu wird die Tätigkeit als Soldatin oder Soldat wie ein ganz normaler Beruf inszeniert. Schon im Jahr 1977 urteilte das Bundesverfassungsgericht bereits, dass „Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung findet dort ihre Grenze, wo die Wahlwerbung beginnt.“ Demzufolge ist das Handeln der Bundesregierung im Internet verfassungswidrig, denn zweifelsohne betreiben sie Wahlwerbung im Sinne der Verherrlichung des eigenen Handelns. Die Idee der Staatsmedien ging schon einmal auf schreckliche Weise in der deutschen Geschichte schief. Die Bundesregierung ist vom Volk mit der Zielstellung beauftragt worden, Politik zu machen, nicht um Journalismus zu betreiben. Eine funktionierende Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass Politik und Journalismus strikt getrennt sind. Das soll auch in Zukunft so bleiben. In der Politik kommt es häufig zu Spaltungen und Anfeindungen. Die Polarisierung der Gesellschaft muss ebenfalls auf juristischer Ebene beachtet werden. Politische Straftaten oder Gewalttaten gehen politische Mandatsträger müssen härter bestraft werden, da die Politiker das Herzstück des Staates bilden. Im Bewusstsein dieser Verantwortung vertreten Sie, wir die Bürgerinnen und Bürger. Damit eingebunden ist auch das Einstellen von demokratiefeindlichen Parteien, die nicht auf Kosten des von ihn angefeindeten Systems überleben sollen. Im Einklang damit muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk reformiert werden, da dieser zunehmend unattraktiv erscheint und nicht mehr eine Führungsrolle in der Meinungsbildung bekleidet. Diesbezüglich können auch die Bürgerinnen und Bürger mit eingebunden werden, beispielsweise durch bundesweite Abstimmungen zu einem neuen Programmkonzept, das die antagonistisch erscheinenden Ressorts des politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Komplex mit dem der Unterhaltungsbranche. Jede Einwohnerin und jeder Einwohner erhalten kostenlos ein Gerät zur Abstimmung, um das Fernsehprogramm im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bestmöglich auszurichten. Ein Schritt wäre, das Gehalt der vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) bezahlten Schauspieler und Moderatoren offenzulegen, in der Politik ist dies schließlich auch so. Dann wird deutlich, dass viele Intendanten mehr verdienen als die Bundeskanzlerin, was keinesfalls gerechtfertigt ist. Beim ÖRR herrscht das Problem, dass über 200 private Produktionsunternehmen zahlreiche Sendeformate für die öffentlichen Rundfunksender herstellen, diese bedeuten dann aber auch einen viel höheren Preis. Zu entscheiden haben über all diese Themen unter anderem die Kontrollgremien der öffentlich- rechtlichen Sender (aufs Fernsehen bezogen). Darin sitzen viel zu viele Politikerinnen und Politiker; laut Bundesverfassungsgericht sind in diesen Gremien nur 30% erlaubt, in der Realität sind es aber mehr als 50%. Zusätzlich sind von den im Gremium vertretenden Politikern nahezu alle aus CDU/CSU und SPD. Die Vorwürfe eines Staatsfunks scheinen diesbezüglich nicht ganz so weit hergeholt zu sein. Das enge Netz zwischen ÖRR und Politik wird vor allem an zwei Personen deutlich: Einmal an Ulrich Wilhelm, der von 2005 bis 2010 Pressesprecher der Bundesregierung war und nun seit Januar 2018 als Geschäftsführer der ARD tätig ist. Zum anderen Steffen Seibert, er arbeitet als Journalist und Moderator beim ZDF und ist anschließend im August 2010 Regierungssprecher der Bundesregierung geworden, dieses Amt übt er bis heute aus. Die Medien nehmen bei der Meinungsbildung der Bevölkerung eine zentrale Rolle ein. Jedoch bestehen auch in diesem Feld Verbindungen von Zeitungen und Redakteuren zur Lobby, wofür es unzählige Beispiele gibt, wie die Bundesakademie für Sicherheitspolitik, die Atlantische Initiative, das Aspen Institute, die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) oder die Deutsche Atlantische Gesellschaft. In der Printbranche stehen die Zeichen noch schlechter. In Deutschland existieren 333 Tageszeitungen, fast die Hälfte davon befindet sich jedoch im Besitz von fünf großen Konzernen (Axel Springer SE, Madsack Mediengruppe, Südwestdeutsche Medienholding, DuMont Mediengruppe sowie Funke Mediengruppe). Schaut man sich die Struktur bei den Magazinen in Deutschland an, findet man ein ähnliches Bild vor. Auch hier ist die Pressevielfalt in der Hand weniger Unternehmen (Bauer Medien Group, Bertelsmann, Hubert Burda Media, Axel Springer SE und Funke Mediengruppe). Der Zustand der Pressefreiheit könnte also bei Weitem ein besserer sein. Dabei war die dafür notwendige Infrastruktur ja schon einmal vorhanden. Beispielsweise gab es bis zum Jahr 1996 jährlich eine amtliche Pressestatistik, in der über Spenden und Tätigkeitsfelder Journalisten informiert wurde. Genauso muss die Gehaltsveröffentlichung von Journalisten in diesen Bericht Einzug finden. Von der Quote allein darf nicht abhängen, welche Schlagzeilen in Zeitungen und im Fernsehen zu finden sind. Die Presse als „vierte Gewalt“ im Staat trägt eine hohe Verantwortung, ein fahrlässiger Umgang mit der Pressevielfalt von Politik und Wirtschaft ist keinesfalls hinnehmbar. Zweifelsohne haben all diese Organisationen berechtigte Absichten und leisten einen Beitrag zur Medienvielfalt in unserem Land, allerdings darf die Verstrickung zwischen Journalismus und Lobby nicht zu weit gehen, obwohl ein schmaler Grat zwischen Recherche und Interessenkonflikt besteht. Nicht nur die Politiker, sondern auch die Journalisten sind in Sachen Transparenz in der Pflicht. Deshalb wäre auch hier eine Lobbydatei durchaus sinnvoll und demokratisch, um die Pressefreiheit allseitig zu gestalten. Gekoppelt dazu ist die Umwandlung der GEZ-Gebühren hin zu einem gemeinsamen Fonds, von dem auch Printmedien speisen können sollen. Den Zuschlag erhalten dann die Medien, die die am besten recherchierten und nicht die aufsehenerregendsten Informationen. Die Wirtschaftlichkeit hat nämlich nicht die oberste Priorität bei der Informationsverbreitung, sondern die Aktualität, aber vor allem die Wahrheit. Für die Stabilität der Demokratie ist ein ausbalanciertes Bund-Länder-Gefüge in Deutschland erforderlich, um Fortschritte in den notwendigen Reformen zu erzielen. Allerdings lassen sich auch viele Angriffspunkte im Grundgesetz verorten. Die Artikel 1 bis 19 sind in unserer Verfassung dank Artikel 79, Absatz 3 des Grundgesetzes mit einer Ewigkeitsklausel versehen. Diese Schutzmaßnahme ist außerordentlich erwünscht, aber unvollständig. Wir fordern, dass der Anspruch der Gesellschaft auf soziale Gerechtigkeit unter der Schirmherrschaft der Ewigkeitsklausel im Grundgesetz verankert werden soll. Nur so kann nicht nur eine Demokratie, sondern auch eine sozial gerechte Demokratie garantiert werden. Zur Garantie einer sicheren und ordnungswaltenden Gesellschaft ist die Bekämpfung aller Formen des Extremismus und Fundamentalismus zu bekämpfen. Hierbei ist es nicht förderlich, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz chronisch unterbesetzt ist und somit nicht die ausreichenden Kräfte in die Bekämpfung demokratiefeindlicher Organisationen einsetzen kann. Die fatalste Reaktion gegenüber den Feinden der Demokratie ist jedoch, trotz der Bekämpfung, die Ausgrenzung. Sie verhärtet nämlich nur die Fronten, anstatt sie Stück für Stück aufzuweichen. Soweit die Möglichkeiten gegeben sind, muss die Reintegration der Extremisten in die Gesellschaft versucht werden, denn Jeder verdient eine zweite Chance. Dies jedoch ist keinesfalls ein Freifahrtschein für die demokratischen Feinde und auch kein Vergessen, sondern ein Vergeben. Zusätzlich fordern wir die Erweiterung der Artikel im Grundgesetz (GG) mit Ewigkeitsklausel auf ein Recht für Bildung sowie ein Recht auf eine Wohnung. Diesen Anspruch sollte unsere hochmoderne und wohlhabende Gesellschaft im 21. Jahrhundert haben. Ein weiterer Artikel im Grundgesetz müsste lauten, dass das Glück des Menschen über all seinen Zwängen steht, solange er der Gemeinschaft damit nicht schadet. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass glücklichere und gerechtere Gesellschaften viel wirtschaftsstärker sind als unglückliche und ungerechte. Erkennen wir hinter dieser Leitlinie also die Chance auf ein noch besseres Leben, nicht etwa einen Freifahrtschein für die Bequemlichkeit. In letzter Zeit polarisiert die sogenannte Schwarze Null in den Diskussionen der Ökonomen. Sie bedeutet, dass die Bundesrepublik Deutschland keine neuen Schulden aufnimmt, um den Haushalt zu stemmen. Laut Artikel 109, Absatz 3 GG („Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.“) dürfen also keine neuen Schulden zu den bisherigen 2,2 Billionen Euro anfallen, außer wenn es laut desselben Absatzes außergewöhnliche Notsituationen“ eintreten. Allerdings ist die Schwarze Null nichts anderes als Austeritätspolitik. Es werden zwar keine neuen Schulden hinterlassen, dafür aber fallen enorm hohe Kosten für die folgenden Regierungen und Generationen an, und zwar in allen Bereichen, in denen sich nicht ausreichend gekümmert wurde, wie beispielsweise das Soziale, die Gesundheit oder die Infrastruktur. Finanzpolitisch ist das Prinzip einer Schwarzen Null obsolet, da sie zugleich Innovationshemmung und nicht genügender Schuldenabbau bedeutet. Diese beiden Dinge scheinen unvereinbar zu sein, doch bei einer richtigen Dosierung ist die finanzwirtschaftliche Vergangenheitsbewältigung und ökonomische Zukunftssolvenz kompatibel. Es bestehen drei Hauptwege zum Abbau von Staatsschulden: Einmal über Sparmaßnahmen, dann über Steuern oder über eine erhöhte Inflation von circa 5% pro Jahr. Letzteres kann die Konjunktur allerdings komplett aus den gewohnten Bahnen reißen und funktioniert eher in einer Zeit des Wiederaufbaus. Sparmaßnahmen sind unsozial und verstärken die gesellschaftliche Spaltung. Daher sind Steuern der beste Weg. Mit der Einführung einer einmaligen Zehn-Jahres-Steuer sind die Staatsschulden beseitigt, ohne dass großen Gesellschaftsgruppen Schaden zugefügt wurde (siehe 6.3.). Die staatliche Entschuldung ist notwendig für unser neues System der Humanismusökonomie (siehe wiederum bei 6.1.), weil dort auf ausgeglichenes Wirtschaften statt auf blindes Wachstum gesetzt wird. Das Rühmen mit einer Schwarzen Null ist also keineswegs angebracht, sondern verhindert die Beseitigung langfristiger Strukturprobleme in Deutschland. Schließlich wird eine Schwarze Null zwangsläufig dazu führen, dass in Zukunft wieder Schulden aufgenommen werden müssen, um der Situation überhaupt gerecht zu werden, damit ist es eine Rote Null. Ebenfalls mit einspielend in diese Entscheidung der Abkehr von der sogenannten Schwarzen Null ist die Verpflichtung gegen über Partnerstaaten. Nur mit der Aufgabe der Schwarzen Null wird es anderen Ländern in Europa ermöglicht, erste Chancen des nachhaltigen Wirtschaftswachstums entstehen zu lassen, ohne vom deutschen Riesen und seiner außenpolitischen Direktive erdrückt zu werden. Rechtsabkommen wie der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt sehen indessen sogar vor, dass Deutschland kein ausgewogenes Haushaltssaldo verzeichnet, um ein reines Ausnutzen der Machtposition auf Kosten vieler anderer Akteure zu verhindern. Das Grundgesetz beruht darauf, dass in der Gesellschaft ein gesundes Maß an sozialem Frieden vorhanden ist. Als personifizierter Appell dazu dient unsere Forderung, den Generationenvertrag mit in unsere Verfassung aufzunehmen (in einem kleineren Format tritt der Generationenvertrag auch bei 13. auf). Dieser immer mehr auf breite Zustimmung treffende Gedanke soll mit mehreren Absätzen versehen werden, die das Auseinanderleben zwischen Jung und Alt verhindern sollen. Das Nervenzentrum einer Regierung bildet der Bundeskanzler. Dieses politische Amt ist die öffentlich präsenteste und strategisch lenkende Leitung des Kabinetts. Jedoch soll unsere Bundesrepublik keine Kanzlerdemokratie werden, vergleichbar mit der Stellung des Reichspräsidenten in der Weimarer Republik. Das Amt sowie die Befugnisse des Bundeskanzlers sind, anders als beim Bundestag, Bundespräsidenten oder Bundesrat, nahezu unumstritten. Beispielsweise kann der Bundespräsident vom Bundesverfassungsgericht angeklagt werden, der Regierungschef hingegen nicht, was dringlich geändert werden muss. Darüber hinaus muss ein entsprechendes Gesetz eingeführt werden, wonach der Bundeskanzler nicht zusätzlich noch ein Ministerium leiten darf (wie Adenauer von 1951 bis 1955 zugleich Außenminister und Helmut Schmidt für einen kürzeren Zeitraum auch war), da die Macht sonst noch weiter auf wenige Punkte konzentriert wird. Diese juristische Schranke ist dringend notwendig. Außerdem muss eine spontane Beendigungssituation gesetzlich genau geklärt sein, was bedeuten soll, dass beim Scheitern der Sondierungsverhandlungen zur Regierungsbildung exakte Verhaltensschritte existieren müssen. Die amtierende Regierung muss handlungsfähig bleiben, ansonsten droht, wie 2017 erlebt, der Zustand, dass unser Land für mehrere Monate einem politischen Vakuum ausgesetzt ist, in dem extremer Reformstau herrscht. Noch größerer als sonst. Das Parlament als solches muss effektiv und zielorientiert arbeiten. Dafür ist eine Begrenzung der Anzahl der Bundestagsmitglieder erforderlich. Nach den Wahlen zum 19. Deutschen Bundestag sitzen 709 Abgeordnete im obersten Parlament des Bundes. Wir haben das zweitgrößte Parlament der Welt nach China, zudem ist der Frauenanteil im Bundestag geringer als der im tunesischen Parlament. Nur durch eine Parlamentsreform und durch ein Umdenken gelingt es unserem Land auch in Zukunft, die exekutive Seite der Demokratie bestmöglich zu besetzen. Das Umdenken muss jedoch über die aktive Laufbahn des Politikers hinausgehen. Um keine zu enge Verstrickung zwischen der ehemaligen politischen Laufbahn und der darauffolgenden Funktion in der Wirtschaft aufkommen zu lassen, soll ein fünfjähriges Berufsverbot für jeden Bundes- und Landesminister nach seiner politischen Karriere bestehen. Diese Zeitspanne von fünf Jahren entspricht der Mindestdauer einer Legislaturperiode von Bundes- und Landesebene und ist dementsprechend angemessen. Im Hohen Haus sind nicht nur die Mitgliederanzahl und die Karenzzeiten reformbedürftig, sondern auch die teils festgefahrenen politischen Rituale, die mehr der Routine gleichen als dem offenen Zusammenarbeiten. Diese ins Leere laufende Oppositionsanhörung ist nicht hinnehmbar für ein deutsches Parlament, daher muss der involvierte Minister verpflichtend anwesend sein, außerdem soll die Dauer der Regierungsbefragung auf 90 Minuten erhöht werden. Jedes Mitglied des Bundestages (MdB) besitzt während seiner Amtszeit Immunität. Dieser juristische Begriff der Strafverfolgungsfreiheit muss eingeschränkt werden, da die Entscheider über die Gesetzgebung nicht von ihr befreit sein dürfen. Sie müssen sich genauso wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger des Staates an die Gesetze halten, der hier entstandene Bruch mit der Rechtsgleichheit und den daraus resultierenden Privilegien für die MdBs ist nicht zu rechtfertigen. Zur Festigung der Balance innerhalb des staatlichen Teils der Demokratie ist die Stärkung des Parlamentarischen Kontrollgremiums notwendig. Das Gremium sollte mehr Macht bekommen, um die aktuellen politischen Richtungsentscheidungen konkreter zu erfassen und aktiver in das politische Tagesgeschäft eingreifen zu können. Es soll als Gegengewicht zur Macht der Bundesregierung umfunktioniert werden, wodurch die Transparenz ebenso einen enormen Aufschwung erhalten würde wie die Bemühungen des Bundeskabinetts um die Einbeziehung aller bundesweiten Gremien, sodass die Gesetzgebung nicht allein auf wenige Instanzen zurückfallen würde.
Deutlich wurde, dass die Politikerinnen und Politiker es sich zu bequem in ihrer Privilegienblase machen, was den politischen Fortschritt hemmt. Unser Land braucht eine aktive und vor allem selbstlos handelnde Regierung, die sich um die Zukunft Deutschlands und nicht der eigenen Karriere sorgt. Projekte wie die Aufwertung einiger Elemente der direkten Demokratie werden schnell und spürbar helfen, die Politik stets kritisch und mündig zu hinterfragen. Die Rechtfertigung der Politiker vor dem eigenen Volk und deren Absetzung bei nichteinhaltenden Versprechen sind die größten Errungenschaften der Gesellschaft. Ihr Erbe soll auch in Zukunft bewahrt werden.
4.2 Politischer Prozess
Uns und unserem Land geht es gut, außerdem leben wir in einem stabilen politischen System. Diese geschönte Realität, die man allzu häufig zu hören bekommt, erleidet immer mehr Risse. Nach den Jahren der gesellschaftssystematischen Stagnation sind die Schwächen offenbart worden und drohen anzuwachsen. Die Demokratie ist in Gefahr, da sie sich nicht weiterentwickelt oder weiterentwickeln kann. Nur durch kluge und weitsichtige Politik ist ein Wandel zu vollbringen, nicht durch kurzfristiges Machtstreben. Exemplarisch dafür steht die Macht des Bürgers oder eher deren Verfall. Alle vier Jahre kann er nur noch eine neue Regierung wählen, nicht aber eine neue Politik. Dafür sind wir jetzt da. Wir wollen uns trennen vom staubigen Politikalltag und streben eine Politik in unmittelbarer Nähe zum Fundament der Demokratie, den Bürgerinnen und Bürgern, an. Dazu sind weitreichende Maßnahmen notwendig. Zuvor muss die Basis des Zusammenlebens aber eindeutig geklärt sein: Wir machen uns stark für politischen und kulturellen Pluralismus, für die Stärkung von Gruppenrechten und für die Toleranz der Vielfalt. Wir wollen die Diskriminierung und den Rassismus in jeglichen Formen bekämpfen und für die religiöse Neutralität des Staates eintreten. Die Entwicklung der Demokratie eine der genialsten Erfindungen der Menschheit, allerdings liegt sie bereits mehr als 2.500 Jahre zurück. Bis heute wurde kein darauf basierendes System gefunden, das die gesellschaftliche Beteiligung und Machtverteilung verbessert darstellen und umsetzen kann. Im 21. Jahrhundert scheint so etwas wie ein Demokratiedefizit zu herrschen. Dieser Missstand ist unter anderem am Grad der Volkssouveränität festzustellen, der in der politischen Entscheidungsfindung nicht zufriedenstellend berücksichtigt wird. Auch deshalb verzeichnen populistische Parteien große Erfolge, denn die Verbindung zwischen Bürger und Politiker ist angespannt. Das antike Athen erfand mit der Demokratie etwas so radikal Neues, dafür gibt es in der Geschichte keine gleichwertigen Beispiele. Diese Wende kann man als Musterbeispiel für eine erfolgreiche und sinnvolle Revolution ansehen, von denen es in der Geschichte nur sehr wenige gab. Als Entstehungsgrund für die Demokratie ist eine politische Krise ausschlaggebend, da die sogenannte Tyrannenherrschaft an ihr Ende kam und nur noch Unmut in der Gesellschaft auslöste. Welches System könnte wohl heutzutage aus der Krise der Demokratie heraus entstehen? Der Grad an Volkssouveränität wurde eben schon angesprochen. In der Antike waren Frauen, Sklaven und Ausländer in der Demokratie nicht mit inbegriffen. Heute leben 8 Millionen Menschen in Deutschland ohne deutschen Pass, weshalb sie sich in keiner Weise politisch beteiligen können. Die Demokratie wirkt also immer nur für einen Teil der Bevölkerung, dieses Prinzip muss durchbrochen werden. In diesem Zusammenhang fordern wir ebenfalls, dass Menschen, die 5 Jahre ununterbrochen in Deutschland leben und wohnen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Nach dieser Zeit ist man nämlich größtenteils mit unserem Land vertraut und hat hier seine Heimat gefunden. Zu Hause fühlt man sich aber nur dort, wo man mitreden und mitbestimmen kann. Daher ist die Mythifizierung der Staatsbürgerschaft nicht mehr zeitgemäß. Deutschland hat ein sonderbares Verhältnis zur Demokratie, doch auch hier hat sie lange gebraucht, um sich als erfolgreiche Entwicklung herauszukristallisieren. Im 19. Jahrhundert setzte eine erste Konzeptfindung ein, die praktische Seite folgte dann im ersten Drittel des 20. Jahrhundert mit der Weimarer Republik, wo die Demokratie scheiterte. Eine landeseigene Besonderheit ist, dass die Demokratie auf deutschem Boden sowohl bei der Weimarer Republik als auch bei der Bundesrepublik Deutschland von außen aufgezwungen war, nur im Jahre 1990 war sie von den neuen Gesellschaftsmitgliedern gewollt. Gegenwärtig ist das Bild festzustellen, wonach die Parteien zu viel Macht besitzen. Sie sind so etwas wie der neue Adel und gestalten Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zu alledem verzeichnen alle Altparteien einen spürbaren Schwund an Mitgliedern, gefragt sind neue Formen der politischen Organisation. Eine frische Alternative zur verstärkten politischen Beteiligung muss her. Unsere Partei steht für das Gegenbild der überholten Parteienlandschaft. Unser Ansatz soll die Bürgerinnen und Bürger viel mehr mit einbinden. Die FPA als neuer politischer Motor trifft den Zeitgeist des 21. Jahrhunderts. Generell verläuft sich die Demokratie in den höheren Organisationsstufen zu sehr in undemokratischen Prinzipien, wodurch sich eine perfekt organisierte und politisch taktgebende Schicht herausgebildet hat. Wir wollen eine neue politische Traditionsbildung, gegen die aktuell festgefahren Muster und Rituale. Auch hier ist ein Gegenentwurf schon fertiggestellt: Die Berücksichtigung von Mitteln der direkten Demokratie. Dadurch kann die Bürgerin oder der Bürger unmittelbar mitentscheiden, in welche Richtung sich unser Land in Zukunft entwickeln soll. Die Bildung des Volkes verkörpert die Garantie für Stabilität der Demokratie. Dementsprechend ist es kein Zufall, dass die Demokratie dort entstand, wo Theater und Kultur ungeahnte Stadien der Blüte erreicht haben. Wobei nicht nur die Bildung des Volkes einen maßgebenden Einfluss auf die Politik hat, sondern auch die der Politiker, welche an Standards geknüpft sein muss. Deswegen muss die Bildung im Volk neugestaltet werden, sodass Jeder beteiligt werden kann und eine politische Chancengleichheit hergestellt werden kann. Dann bildet die Bevölkerung einen optimalen Pool für die erfolgreichen Politikerinnen und Politiker von morgen bildet. Sucht man nach der Grundüberzeugung einer Demokratie, stößt man früher oder später auf das Prinzip Verhinderung von Machtkonzentration. Eben deshalb sind Reformen oder auch ein allgemeiner Wandel langwieriger als in einer Diktatur, was auch gut ist. Die Demokratie mag nicht die ideale Staatsform sein, aber sie ist derzeit die beste. Nun liegt es an den folgenden Generationen, sie entscheidend zu verbessern oder ein gänzlich neues System zu entwickeln, welches die Demokratie optimiert. Das könnte die größte und viel versprechendste Aufgabe des 21. Jahrhunderts werden. Es ist selbstverständlich, dass der Staat keine Religionsempfehlungen und schon gar keine Religionsabweisungen abgeben darf. Die Wahrung der Religionsfreiheit in Deutschland bedeutet auch, dass sich die Politik religiös neutral verhält und keine tendenziöse Stimmungsmache anstoßen darf. Genau das Gegenteil wird jedoch, vorzugsweise von Konservativen, betrieben. In diesen ausbrechenden Debatten über die richtige Religion wird vergessen, dass eine Integration der Geflüchteten in unserem Land immer schwerer wird. Derzeit sind wir einer gesellschaftlichen Ausgrenzung und einrahmender Verteufelung näher als der Integration. Die Wahrheit spielt in den sehr subjektiven Diskussionen über den Islam und anderen Religionen häufig nur eine untergeordnete Rolle. So sind lediglich 5% der in Deutschland lebenden Muslime arbeitslos. Zum Vergleich: Die Arbeitslosenquote in der Bundesrepublik liegt je nach Jahreszeit zwischen fünf und sechs Prozent (ohne die Schönung durch die Bundesagentur für Arbeit). Allerdings ist die Religion nicht automatisch der Lebensmittelpunkt oder Teil des Lebens bei allen Menschen, die in unserem Land leben. Schließlich sind 15% der Gesellschaft (das entspricht knapp 12,4 Millionen Menschen) atheistisch eingestellt. Der Atheismus wird in der Öffentlichkeit jedoch allerhöchstens als Randthema aufgelistet. Ideologien sind das größte Hemmnis einer erfolgreichen Politik. Letztlich führen alle Debatten über Religionen ins Leere. Solche Diskussionen machen nur Sinn, wenn die Grundüberzeugung besteht, dass zeitgleich die Religionsfreiheit unabdingbar ist und der Staat von Grund auf säkularisiert ist. Wobei diesbezüglich viele andere Staaten, wie zum Beispiel Frankreich, viel weiter sind. Beim Letzteren jedoch kann man immer stärkere Zweifel hegen. Im Grundgesetz findet man dazu nur sehr verschachtelt den Artikel 140, in dem es heißt: „Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.“ Schaut man sich dann die angesprochene Weimarer Verfassung an, wird deutlich, dass Politik und Religion oft eng miteinander arbeiten. Alle Bundesländer (mit Ausnahme Hamburgs und Bremens) geben einen großen Teil ihres Haushalts dafür aus, die oberen Personalebenen der evangelischen und katholischen Kirche wie Erzbischöfe und Bischöfe zu bezahlen. Darüber hinaus treiben die Finanzämter in Deutschland auch die Kirchensteuer ein, um sie dann direkt weiterzuleiten. Diese Kooperation kostet den Steuerzahler rund 475 Millionen Euro pro Jahr, seit Gründung der Bundesrepublik 1949 sind es insgesamt 14,8 Milliarden Euro. Der Ursprung dieser Zahlung liegt 200 Jahre zurück, in dieser Zeit ging die Mehrheit des christlichen Eigentums wie Klöster und Landbesitz in die Hände des Staates. Um hierfür eine Entschädigung zu leisten, zahlt der Staat bereits seit zwei Jahrhunderten sehr hohe Summen an die Kirche. Dieses Verhalten ist nicht mehr gerechtfertigt. Ein religionsneutraler Staat hat keine Befugnisse, sich in religiöse Abläufe oder die religiöse Finanzierung einzumischen. Im Gegenzug sollte sich die Kirche in Deutschland darauf konzentrieren, als unabhängige Instanz zu wirken und nicht eine vom Staat mitfinanzierte Glaubensgruppe darstellen. In den deutschen Landen zu Zeiten des Mittelalters waren die Kirche und der Staat unmittelbar miteinander verbunden. Wer daher nicht Mitglied der Kirche war, wurde auch als Staatsfeind angesehen. Heute sind die Kirche und der Staat glücklicherweise nicht mehr so eng verwebt, jedoch herrscht immer noch ein Klima des Misstrauens gegenüber anderen Religionen in Deutschland. Die dunklen Schatten der Vergangenheit melden sich in regelmäßigen Abständen, wir können uns nicht mit diesen Lastern zufriedengeben. Wir wollen die Wahlbeteiligung steigern, ebenso soll wieder Ehrlichkeit in die Politik einkehren, wie naiv und idealistisch es auch klingen mag. Weiterhin muss der Bundesrat mehr ins Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung geraten, da er nicht nur die Verbindungsstelle zwischen Bund und Länder bildet, sondern auch eine entscheidungsmächtige Identität besitzt. In diesem Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung verbreitet sich der Ansatz, dass Demokratie und Liberalismus dasselbe sind. Diese Fehlleitung durch die Kultivierung und „Sozialisierung“ liberaler Gedanken von der konservativen Seite aus muss kompromisslos korrigiert werden, da man sich der Gefahr der Liberalität bewusst sein muss. Darüber hinaus ist ein Imagewandel der Kommunalpolitik erforderlich, denn sie bietet den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich direkt an der Politik zu beteiligen, daher sollte sie nicht unterschätzt werden. Deswegen ist die Gründung eines Kommunalrates unablässig. Dieser Kommunalrat soll regelmäßig mit dem Kabinett in Verbindung treten, damit die Bundesregierung nicht nur die Interessen der Lobby hört, sondern auch die Sorgen und Probleme der Menschen außerhalb der Metropolen. Einen großen Kritikpunkt bildet der Wahlkampf in unserem Land. Bei der Bundestagswahl 2017 lag der Anteil der Wählerinnen und Wähler, die sich kurz vor der Wahl noch nicht entschieden hatten, bei dreißig Prozent und war damit so groß wie noch nie. Es wäre leichtsinnig, diese Situation auf die Unentschlossenheit der Wahlberechtigten zu schieben. Die tiefere Ursache liegt darin, dass sie einfach nicht überzeugt wurden. Dieses Verhalten der Wählerinnen und Wähler drückt das Versagen der Politikvermittlung von Parteien aus, da sie inhaltlich immer näher aneinanderrücken oder eher übereinander. Diese Missstimmung ist wohl auch daraus resultiert, dass hauptsächlich Wahlkampf für die über 60-Jährigen veranstaltet wurde, da sie die größte Wählergruppe wiederspiegeln. Völlig in Vergessenheit gerieten dabei Themen wie die Digitalisierung und die Reformierung des Bildungssystems. So kann kein Fortschritt entstehen. Kombiniert mit einer engstirnigen Milieupolitik ist die institutionalisierte Progressivität in der Politik nichts weiter als Wunschdenken. Betrachtet man den Wahlkampf als solches, stellt man fest, dass er tödlich für den politischen Prozess wirken kann, da er zu lange dauert, zu viel Geld verschlingt, zu viel rhetorische Verrohung mit sich bringt und zu viel Ablenkung und Kleinkariertheit in das Politikgeschehen bringt. Wenn im Wahlkampf erst die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern hergestellt wird, dann läuft etwas falsch. Mit der Fortführung dieser selbstverliebten Personenkulte landen wir am Ende noch in amerikanischen Verhältnissen, wo man gegenwärtig bestens beobachten konnte, welche Konsequenzen ein oberflächlicher Kampf um die Wählerstimme haben kann. Auf anderen politischen Feldern werden die Probleme aber auch immer offensichtlicher: Bei der Kommunikationsebene der Politikerinnen und Politiker mit anderen Gesellschaftsteilen. Die Themen in den aktuellen politischen Debatten werden immer komplexer, daher werden die Bundestagsabgeordneten zu isolierten Experten. Diese müssen aber in engem Kontakt und auf gleicher Sachebene zu den Bürgerinnen und Bürgern bleiben. Nur wenn die breite Mehrheit der Bevölkerung aktiv zum politischen Konsens beitragen kann, kann man von politischer Partizipation reden. Die Studie „Rückkehr zu den politisch Verlassenen“ von „Das Progressive Zentrum“ zeigt auf beeindruckende Weise, welcher Zeitgeist momentan in unserer Gesellschaft existiert. Dort werden die Hauptprobleme der Gegenwart aufgenommen und hinterfragt und nicht einfach weitererzählt. Diese Art der Gesellschaftsbetrachtung ist ein Lichtblick in der Diskussionskultur. Die Politikerinnen und Politiker kennen meist den Alltag der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr, da sie in ihrer eigenen Blase des Politikgeschäfts leben. Daher will unsere Partei bundesweite Bürgerforen einrichten, in denen Versammlungen mit Politikern zu Themen wie Religionsfreiheit diskutiert werden sollen. Momentan mag diese Art der Debatte schon existieren, sie muss aber ausgebaut und intensiviert werden. Für die Annäherung zwischen Politikern und Volk wurden viele Gelegenheiten von Seiten der Politik aus versäumt. Das 2006 in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz. Dieses Gesetz wurde eingeführt, um den Bürgerinnen und Bürgern Informationen über und von den Bundesbehörden zu übermitteln. Jedoch werden Informationen nicht einmal bei der jeder zweiten Anfrage einer Person ausgestellt. Außerdem ist die Wartezeit auf eine Antwort des Ministeriums häufig unverschämt lang. Offiziell müssen die Anfragen innerhalb eines Monats beantwortet sein, allerdings dauert dies in zahlreichen Fällen mehrere Jahre, der am Öftesten auftretende Grund hierbei ist der Personalmangel, da das Bundeskabinett eine andere Prioritätensetzung vorgenommen hat. Das Informationsfreiheitsgesetz beinhaltet zusätzlich nicht die Verpflichtung, Berichte des Bundesrechnungshofs (BRH) zu veröffentlichen. Dieser Fehler soll das Image der aktuell regierenden nicht beschädigen, da der BRH in vielen Fällen investigative Papiere zum Umgang der Bundesregierung mit den Steuergeldern vorlegt. Grundlage für das Wirken des Informationsfreiheitsgesetzes ist aber erst einmal, dass es bundesweit einheitlich gilt. In vielen Bundesländern bestehen zahlreiche Einschränkungen, darüber hinaus existiert es in Niedersachsen, Sachsen und Bayern gar nicht. In Paragraph 6 des Gesetzes heißt es: „Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.“ Demnach darf der zuständige Bundesminister selbst entscheiden, ob die Information über sein Haus veröffentlicht werden darf oder nicht. Hier geht es nicht um den Schutz von staatspolitischen Geheimnissen, sondern um den Schutz der eigenen Karriere. Die führenden Politikerinnen und Politiker punkten immer mit Sätzen zur Befürwortung der wachsenden Transparenz. Anhand dieses Gesetzes sieht man aber, dass das Ganze eine Scheindebatte ist. Wenn die Bürgerinnen und Bürger aktiv werden wollen, werden sie durch intransparente Behörden daran gehindert. Diese Grundüberzeugung der Demokratie, das bürgerliche Engagement zu stärken und fördern, wird mit Füßen getreten. Im ersten Kapitel unseres Grundsatzprogramms („Zeitgeist“), steht, dass die Politik Angela Merkels und ihrer Regierung auf Schweigen und Passivität basiert. Einen Beweis dafür erhält man, wenn man sich die Kommunalwahlen in Thüringen vom April 2018 anschaut. Dort stellte sich in jeder dritten Kommune nur ein Kandidat als Bürgermeisterkandidat auf, in vier Gemeinden wurde gar kein(e) Kandidatin oder Kandidat gefunden. Dieses Armutszeugnis der politischen Beteiligung hat seine Wurzeln in der Art, wie die führenden Politikerinnen und Politiker ihre Art von Demokratie tagtäglich präsentieren. Eine Gesellschaft, in der die Politik leidenschaftlich und auch mal kontrovers diskutiert wird und zugleich Begeisterung auslöst ist erstrebenswert. Die Zeiten der Einschläferungspolitik müssen vorbei sein. In Deutschland ist die Doppelmandatur, nach der man zeitgleich Mitglied im Bundestag und eines Landtags sein darf, nicht verboten. Wahrgenommen wird dieses Doppelmandat unter anderem von der ehemaligen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry. Hierbei werden gleich zwei Politikgrundsätze grob vernachlässigt: Sowohl die Erbringung eines Maximums an Aufmerksamkeit und Willenskraft für ein politisches Amt dieser Größenordnung als auch das Versprechen an die Bürgerinnen und Bürger zur Konzentration auf den Inhalt und nicht auf die eigene Macht. Das Doppelmandat muss verboten werden. Leider sind die Handlungsgründe für Politiker häufig nicht die eigene Überzeugung, sondern Machtinteressen. Das Postengescharre war bei den Regierungsparteien im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2017 kaum zu überhören, insbesondere in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) stand der Inhalt - wenn überhaupt - an zweiter Stelle. Der Deutsche Bundestag ist ein Arbeits- und kein Redeparlament (wie etwa in Großbritannien). Der Hauptteil der Aufgaben wird in den Ausschüssen des Bundestages erledigt, daher sollten die Ausschusssitzungen ebenso wie die Plenarsitzungen live im Fernsehen übertragen werden. Vielen ist nicht bewusst, dass dort die eigentliche parlamentarische Arbeit gemacht wird. Meistens wird dann nur die Plenardebatte gesehen, in der nahezu alle Bundestagsabgeordneten an ihren Handys kleben oder sonstigen Beschäftigungen nachgehen. Dadurch entsteht das Bild des faulen Abgeordneten. Die Arbeit eines Mitglieds des Bundestags ist sehr komplex und unheimlich fordernd. Diese Tatsache würde durch die Fernseh-Übertragungen der Ausschusssitzungen deutlich werden, ebenso würde ein neues Maß an Transparenz erreicht werden. Zusätzlich kriegt die Gesellschaft ein Einblick in die atemberaubende Themenvielfalt des Hauses. Daraus kann eine noch pointiertere Mitsprache der Bevölkerung, ein besseres Verständnis der getroffenen Entscheidungen sowie eine noch inhaltlich versiertere öffentliche Debatte entstehen. Eben wurde bereits die Machtfülle von Parteien angesprochen. Um dies zu ändern, ist eine umfassende Überarbeitung des Parteiengesetzes notwendig. Diesbezüglich kritisierte der Europarat bereits am 26. Februar 2018 die Undurchsichtigkeit bei der deutschen Parteienfinanzierung. Transparenz und Mitbestimmung sollten die beiden Leitlinien für die neuen Organisationsformen der politischen Gestaltung lauten. Zur Thematik Transparenz ist die Einführung eines zentralen und öffentlichen Lobby-Registers zu nennen. Dieses Vorhaben wird bereits lange gefordert und wurde schon mehrmals angekündigt. Geschehen ist bis zum heutigen Tage nichts. Die enge Verankerung zwischen Lobbyismus und Politik ist nicht förderlich für eine offene gesellschaftliche Diskussionskultur und politische Mitsprache des Volkes. Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass eine Wechseleinschränkung eingeführt wird. Sie bedeutet, dass wenn ein Politiker auf die Seite des Lobbyismus wechselt oder umgekehrt ein Lobbyist in die Politik geht, eine Zeitspanne von zwei Jahren nach dem Rücktritt aus der ersten Position vergehen muss, bis er in seinem Tätigkeitsfeld aktiv werden darf. Andernfalls ist die agierende Person zu sehr verstrickt in die aktuellen politischen Angelegenheiten. Auch in der Überschrift unseres Grundsatzprogramms ist das Wort „Zeitgeist“ enthalten. Dieser Trumpf unserer Partei lässt sich in allen Ideen und Projekten der Freiparlamentarischen Allianz wiederfinden. So auch bei unserer Forderung nach Sonderbeauftragten. Jedes Bundesministerium soll den Platz für einen Sonderbeauftragten samt seiner Mitarbeiter einrichten, um die wirklich akuten Probleme der Zeit effektiv bekämpfen zu können. Das Bundesfinanzministerium soll einen Sonderbeauftragten für den Ausgleich von Ost und West sowie der Stärkung der Kommunen erhalten. Im Bundeswirtschaftsministerium ist die Einstellung eines Delegierten zur Erneuerung der Handwerksstruktur geplant. Beim Bundesinnenministerium wird ein Sonderbeauftragter für Integrationsfragen eingestellt werden (womit der Integrationsbeauftragte der Bundesregierung umfunktioniert wird). Des Weiteren soll das Bundesaußenministerium einen Sonderbeauftragten für eine globale Friedenspolitik einstellen. Das Gesundheitsministerium erhält eine Parlamentarierin oder einen Parlamentarier für die Bekämpfung des Pflegenotstandes. Im Umweltministerium ist ein Beauftragter für die Förderung erneuerbarer Energien vorgesehen. Das Verkehrsministerium soll um einen Sonderbeauftragten zur Förderung der E-Mobilität ergänzt werden. So könnte man diese Liste für alle Ministerien weiterführen, deutlich soll nur werden, dass der Zeitgeist in der Bevölkerung so besser erfasst und in die Tat umgesetzt wird. Parallel dazu erleben wir aktuell eine neue Definition des Rechtsstaats. Heute heißt es oft, dass man sich nicht fürchten braucht, wenn man nichts zu verbergen hat, beispielsweise auf die Vorratsdatenspeicherung bezogen. Die richtige Herangehensweise lautet eigentlich genau umgekehrt: Der Staat muss sich nämlich rechtfertigen, wenn er auf die Daten der Bürgerinnen und Bürger zugreifen will und nicht der Bürger, um seine Daten zu verteidigen. Diese Erosion der Ansprüche des Rechtsstaates verleitet die moralische Hoheit des Staates in eine schwammige Datengier. Das Wesen eines Politikers in seiner Funktion als Staatsmann und Repräsentant sollte es sein, zuzuhören. Hingegen erleben wir, dass die Inszenierung eines Politikers immer obskurer wird. Er schart in den heutigen Zeiten Imageberater, Coaches und PR-Berater um sich, bis die Inszenierung eine derartige Form erreicht hat, dass die Glaubwürdigkeit stark angekratzt ist. Wenn dann steigernd noch die ernsthaften Zweifel am derzeitigen politischen System mit den stumpfen Parolen der Populisten gleichgesetzt werden, braucht man sich nicht über Ressentiments und Politikverdrossenheit wundern. Dabei ist Politikverdrossenheit eventuell der falsche Begriff. Die Menschen interessieren sich immer mehr für Politik, es herrscht allenfalls eine Politikerverdrossenheit. Die Wurzel dieser Kommunikationsengpässe lassen sich auf ein Demokratieproblem zurückführen, dass gerade die Altparteien nicht wahrhaben wollen: Die mangelnde Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungen. Daraus resultiert eine Entzauberung der Demokratie, schließlich herrscht bei vielen Menschen die Einsicht, dass sie zwar engagiert sind, aber politisch doch nichts verändern können. Dieser partizipatorischen Sackgasse muss ein Ende gesetzt werden, um die Demokratie weiterhin modern zu gestalten. Demokratie bedeutet zwar Herrschaft des Volkes, in Wahrheit aber ist es nur eine Zwischenstufe zur Herrschaft des Volkes, bis jetzt erleben wir die Herrschaft Weniger mit der Zustimmung des Volkes. Das ist ein Unterschied. Wir wollen mit diesem Gedanken keine praktische direkte Demokratie heraufbeschwören, sondern an unseren Vorschlag einer Stiftung für Politische Perfektion (siehe 4.1.) erinnern. Da wir beim vorherigen Punkt bereits zahlreiche Reformvorschläge für Artikel im Grundgesetz gemacht haben, fordern wir ein Komitee zur Überprüfung von Verfassungstexten (unter anderem Grundgesetz, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Strafgesetzbuch). Der Gedanke dahinter ist, dass jedes Gesetzeswerk, um aktuell zu bleiben, einer ständigen Reformierung bedarf. In den Staatstexten finden sich noch häufig Gesetze, die nicht mehr zeitgemäß sind oder gar keine Gültigkeit mehr besitzen. Ein juristisches Aufräumen wäre dementsprechend angemessen. Politische Teilhabe ist die Errungenschaft unserer Demokratie, Kommunikationsteilhabe ist aber etwas Anderes. Das Letztere wurde eher vernachlässigt und wird nun auf populistische Weise zurückgeholt, weil dieses Vakuum zuvor von stumpfen Parolen unterwandert wurde. Allein wegen der vor allem in Osten unserer Bundesrepublik zurecht ausbreitenden Demokratieenttäuschung ist eine permanente Reformierung zur Selbsterhaltung notwendig. Meist werden die Probleme wie die Energiewende und das Rentensystem in die Zukunft verschoben, so dass sich die nächsten politischen Generationen mit der Korrektur befassen müssen. Mit dieser Unterwerfung gegenüber Wahlergebnissen muss Schluss sein. Es zählt der unbedingte Glaube an die Weiterentwicklung der Gesellschaft und des Lebensstandards. Die Demokratie ist vom permanenten Engagement der Bürger abhängig, wird ja phrasenähnlich immer betont. Lebt die Demokratie vom Engagement oder Schweigen der Mehrheit? Bisher bestätigt sich eher Letzteres. Die höchste Stufe wäre es, wenn Jeder an seinen Träumen arbeiten kann (solange keine anderen Personen Schaden nehmen). Hören wir nicht auf zu träumen, fangen wir damit an.
5. Soziales und Sozialstaat
5.1 Die soziale Idee
Der Staat erhält seine Legitimation dadurch, dass er die moralischen Anforderungen der Bürger, im Begriff sie vor Unterdrückung oder Ausbeutung zu schützen, erfüllt. Neben den Menschen- und Bürgerrechten sehen wir darüber hinaus die Garantie eines hohen Lebensstandards als selbstverständlich in einer Demokratie an. Nach diesem Leitprinzip ist unsere Sozialpolitik ausgerichtet. Deutschland ist ein enorm wohlhabender Staat, dennoch sind Armentafeln genau wie Armutsleidende in unserem Land Alltag. Wir wollen keine utopische Zukunft beschreiben, aber es muss der Anspruch eines der weltweit führenden Länder sein, all seinen Bevölkerungsgliedern eine umrahmende soziale und wirtschaftliche Hilfe zu gewähren. Im 20. Jahrhundert wurde der Sozialstaat ausgebaut, nun aber treten immer mehr Lücken bei den aktuellen Herausforderungen im Sozialbereich auf, da die sozialen Ausgleichsmechanismen nicht mehr wirken. Nach dem Ausbau des Sozialstaats muss dementsprechend eine Modernisierung des Sozialstaats folgen. Dabei hilft die historische Errungenschaft des Sozialstaatsprinzips als Grundpfeiler einer nicht liberal ausufernden Gesellschaft. Aus diesem Grund besitzt das Sozialstaatsprinzip für uns oberste Priorität, wir interpretieren diesen Rechtsgrundsatz aber noch weitreichender. Reformprojekte wie das bedingungslose Grundeinkommen (siehe bei 5.3.) stärken nicht nur den sozialen Frieden und bekämpfen nachhaltig die Armut in unserer Bundesrepublik, sondern sichern auch ein Stück Entschleunigung in unserer hyperagilen Zeit. Die Wichtigkeit des Sozialstaats wird häufig gleichgesetzt mit einer Einschränkung der Eigentümer. Diesem Irrglauben wollen wir nicht folgen, unserer Überzeugung nach ist der Leistungsgedanke in richtiger Dosierung als vollführende Koexistenz im Funktionieren einer Gesellschaft verankert. In unserer Gesellschaft ist es das vorherrschende Bild, dass Arbeitslose als gesellschaftliche Feinde positioniert werden. Im Zuge dessen wird die drohende Armut häufig relativiert oder mit anderen Staaten gleichgesetzt. Bedenken muss man allerdings, dass die Armut nur spezifisch an der Wirtschaftsstärke des eigenen Landes gemessen werden kann. All unsere angestrebten sozialen Projekte zielen darauf ab, die soziale Wirklichkeit wieder vereinbar mit der sozialen Gerechtigkeit oder deren Steigerung, dem sozialen Frieden zu machen. Unter Gerechtigkeit verstehen wir Chancengleichheit, dazu gehört auch, dass die wirtschaftlich Schwächsten nie den größten Druck in einer Gesellschaft verspüren dürfen. Deshalb hat die Bundesrepublik in Sachen Chancengleichheit noch viel mehr zu tun als andere Länder. Das Argument, nachdem manche Menschen eben Glück im Leben gehabt habt, indem sie einen hohen Geldbetrag geerbt haben und außerdem in eine wohlhabende Familie hineingeboren wurden, ist unzulässig. Nur wenn sich die Sozialpolitik und die Wirtschaftspolitik einander ergänzen und nicht bekämpfen, kann eine gerechte Vermögensverteilung erreicht werden. Der aktive deutsche Sozialstaat hat seit Otto von Bismarck Ende des 19. Jahrhunderts viele Wandlungen durchlaufen, von losen Zahlungen über neue Dimension der Solidarität bis hin zu einer umgekehrten sozialen Unverträglichkeit. Deutschland muss sich mehr für die Wohnungslosen einsetzen, denn die Zahl der Obdachlosen ist seit dem Jahr 2004 um 150% gestiegen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit müsste sein, dass die 930 Tafeln in Deutschland vom Staat finanziert werden, was bisher nicht der Fall ist. In Zukunft aber werden die Zahlen der Tafeln deutlich abnehmen, eventuell werden sie sogar ganz wegfallen, da das bedingungslose Grundeinkommen auch an Wohnungslose ausgezahlt werden soll. Eine weitere Problemstelle ist in der steigenden Altersarmut zu erkennen, hier wird sie nicht vom aktuellen Rentensystem bekämpft, sondern regelrecht von ihr gefördert. Genauso führt das Kindergeld unter anderem in Familien mit arbeitslosen Eltern dazu, dass der Hartz-IV-Betrag gemindert wird. Damit geht man nicht gegen die sinkenden Geburtszahlen vor, sondern unterstützt sie. Wie eben schon angesprochen, ist Deutschland eines der reichsten Länder der Welt, dementsprechend ist eine höhere Geldmenge im Umlauf als in anderen Staaten. Die soziale Ungerechtigkeit muss also an der Verteilung oder eher an der Umverteilung des Geldes liegen. Dabei heißt es im Grundgesetz in Artikel 14, Absatz 2: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Mittlerweile besitzen die 40 reichsten Deutschen mehr als 40 Millionen Deutsche, also die Hälfte der bundesweiten Bevölkerung. Laut Oxfam müsste ein Arbeitnehmer außerdem ganze 157 Jahre arbeiten, um das Jahresgehalt eines DAX-Vorstandsvorsitzenden zu erzielen. Diese immer weiter aufreißenden Lücken im finanziellen und wirtschaftlichen Bereich sind nicht gut für die Entwicklung einer Gesellschaft, der soziale Friede ist dadurch stark angeschlagen. Glaubwürdigkeit ist die Währung in der Politik. Deshalb setzen wir ebenfalls auf ein Umdenken: Fast ausschließlich wird die Gesellschaft aus der ökonomischen Perspektive heraus bewertet, nicht etwa aus der sozialen. Dabei ist Verteilungspolitik die beste Wachstumspolitik. Mit dieser Philosophie des realen Optimismus kann unsere Bundesrepublik gut gewappnet das 21. Jahrhundert in Angriff nehmen.
5.2 Familienpolitik
Die Familie ist der Anker unserer Lebensplanung, er bietet Stabilität und Glück. Doch auch hier erkennt man das enge Zusammengehörigkeitsgebilde der Sozialpolitik: Familienpolitik ist schließlich auch Bildungspolitik genauso wie Rentenpolitik, alles hängt zusammen. Zusätzlich zur Unterstützung der Familie sind wir offen für andere Formen des Zusammenlebens und stehen hinter der freien Suche nach dem Lebensglück. Unser Ziel ist die Unterstützung der Menschen von Geburt an bis hin zum Lebensabend, damit der Staat seine Verpflichtung als verlässlicher Partner an Ihrer Seite gerecht wird. Bedacht werden muss, dass sich im Laufe des 20. Jahrhunderts die durchschnittliche Lebenserwartung des Menschen von 40 Jahren zu Beginn auf 70 Jahre am Ende fast verdoppelt hat. Diese Entwicklung führt zu zahlreichen Neuausrichtungen in allen Lebensbereichen, sei es bei der Kindererziehung, Ehe, Altersgestaltung oder Berufslaufbahn. Auswirkungen davon sind auch politisch spürbar, als Präzedenzfall hierfür gilt die Zukunftslosigkeit des Rentensystems. Entscheidend ist nun, dass die Politik diese Veränderungen aufnimmt und in politische Maßnahmen ummünzt. Wir fordern neue kollektive Unterstützungsmaßnahmen der Bürgerinnen und Bürger durch den Staat. Die bisherigen Leistungen decken nur den Grundbedarf und stellen keine positive Verbindung zwischen Volk und Staat her. Dabei gibt es so zahlreiche Initiativen und Angebote, die nicht beachtet werden, deren Umsetzung jedoch sehr widerstandslos wäre. Der entscheidende Grundpfeiler der Familienpolitik bleibt jedoch die Selbstbestimmung der Individuen. Aus diesem Grund setzen wir uns für eine Aufhebung des Informationsverbots für Abtreibungen ein, da diese Norm längst nicht mehr mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit vereinbar ist. Jede Abtreibung ist eine schwere Entscheidung, daher steht das individuelle Empfinden über religiösen Dogmen. Unterscheiden muss man hierbei mit einer Werbeerlaubnis für Abtreibungen, die dabei keinesfalls mit inbegriffen ist. So wäre es eine schöne wie unterstützende Geste des Staates, jeder Bürgerinnen und jedem Bürger zum 18. Geburtstag einen persönlichen Glückwunsch von der Bundesregierung in Briefform zukommen zu lassen, darin ebenfalls enthalten wäre ein Europaticket. Dieses Europaticket umfasst 300 Euro und soll als Starthilfe dienen, um nach dem Ende der Schulzeit Europa und die EU zu erkunden. Dadurch entsteht ein noch intakterer Austausch mit den verschiedensten Kulturen unseres Kontinents. Darüber hinaus erhalten die jungen Menschen die Gelegenheit, neue Erfahrungen zu sammeln und die Zeit, ihren Lebensweg zu planen. Außerdem ist einmal jährlich ein Urlaubsgeld für jede Familie in unserer Bundesrepublik geplant, mit dem Sie hoffentlich eine kleine Auszeit vom immer stressiger werdenden Alltag finden können. Diese Maßnahme ruht dazu auf dem Gedanken, das Familienleben unabhängiger und fesselloser zu machen. Bei der Unterstützung der Familie sollen die Kinder nicht zu kurz kommen. Sie sind unsere Zukunft, die später die leitenden Funktionen in Staat, Gesellschaft und Kultur übernehmen werden. Daher sollen die Kinder mit der Überzeugung einer Welt aufwachsen, in der es sich lohnt, für seine Ziele zu kämpfen. Eine weitere Maßnahme zum Wohle der Kinder ist die deutschlandweite Abschaffung der KITA-Gebühren. Diese Logik dieses tief unsozialen Aktes legt den Maßstab, als wenn die einen Kinder in einer gebührenpflichtigen Kindertagesstätte wertvoller sind als die anderen oder eine bessere Betreuung erfahren. Seit Jahren wurde die Abschaffung der KITA-Gebühren zwar versprochen, bisher warten tausende Familien aber immer noch vergebens auf die Umsetzung. In einer Kindertagesstätte ist auch die gute Versorgung der Kinder wichtig. Bundesweit fehlen derzeit rund 120.000 Erzieherinnen und Erzieher in den Kindergärten, wodurch eine Erzieherin oder ein Erzieher viel weniger Zeit für ein Kind hat. Dabei sind die Bedingungen für den Beruf des Erziehers auch miserabel, denn sie angehende Erzieher müssen ihre Ausbildung selbst bezahlen. Dieser Beruf muss deutlich attraktiver gestaltet werden. Zur frühen Verständigung der Kinder mit den älteren Generationen ist der Ausbau von Mehrgenerationenhäusern und Jugendclubs geplant. Gerade in ländlichen Regionen fehlen solche Einrichtungen, weswegen hierin eine Mitursache für die Verkleinerung des sozialen Friedens und des Generationenvertrages liegt. Anhand dieser Sozialpakete sieht man, dass Politik auch einfach sein kann. Es ist auch möglich, die Bürgerinnen und Bürger direkt zu unterstützen und ihnen eine kleine Freude im Leben zu machen, dazu sind nicht immer endlose Gesetzestexte notwendig. Der Aufgabenbereich des Staates umfasst aber ebenso den Schütz der Bevölkerung. Deshalb fordern wir eine Impfpflicht für alle, in diesem Fall geht die Pflicht vor dem Recht. Mit wenig Aufwand lässt sich Schlimmeres vermeiden, zudem ist eine „moderne“ Ausbreitung bei einer zentralen Steuerung möglich, diesem Szenario ist leicht vorzubeugen. Den Rückzugsort einer Familie bilden die eigenen vier Wände. Jedoch wird es immer schwerer, eine passende, aber auch günstige Wohnung zu finden, gerade in Großstädten. Die Ursachen hierin liegen in der Vernachlässigung zahlreicher Maßnahmen wie dem sozialen Wohnungsbau oder der Mietpreisbremse von Seiten der Bundesregierung. So ist in Deutschland die Situation entstanden, dass rund zwei Millionen bezahlbare Wohnungen fehlen. Besonders groß dabei ist der Bedarf an Wohnungen bis 45 Quadratmeter, also für wirtschaftlich schwächer aufgestellte Menschen. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung hat den sozialen Wohnungsbau in den letzten Jahren komplett ignoriert, das erschreckende Resultat lässt sich nun in diesen Zahlen wiederfinden. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) stellte fest, dass im Jahr 2015 die Armutsquote für Mieter in Deutschland bei 29% lag, während sie im Jahr 1991 nur 15% betrug. Im besonderen Maße sind die unter 35-Jährigen von der Wohnungsnot betroffen. Ganz anders sieht es bei den Wohneigentümern aus, ihre Armutsquote liegt bei 4% und ist seit 20 Jahren konstant. Die soziale Ungleichheit zwischen den beiden Gesellschaftsgruppen nimmt immer größere Ausmaße an, sodass sich eine spaltende Ungerechtigkeit festsetzt. Diese beiden Projekte der Mietpreisbremse und des sozialen Wohnungsbaus müssen wirkungsvoll gestaltet werden. Es darf nicht sein, dass die monatliche Miete den größten Teil der Ausgaben verschlingen und dadurch beispielsweise bei Geringverdienern die Gestaltung jeglicher Freizeitmöglichkeiten einschränken. Effektiv wäre eine Höchstsumme an Miete für eine Anzahl an Quadratmetern in Deutschland. Der genaue Betrag lässt sich dann durch das Wohnungsaufgebot dieser Region im Verhältnis mit dem dortigen Durchschnittseinkommen bestimmen. Ebenso fordern wir, dass der Vermieter bei anstehenden Modernisierungskosten die Miete nicht über 5% steigen lassen darf, dennoch muss eine Wohnung mit einem lebensfreundlichen Standard garantieren. Das zentrale Problem liegt aber an ganz anderer Stelle: Der Bund, die Länder und die Kommunen müssen bei Wohnungsfragen in Zukunft viel enger zusammenarbeiten. Häufig sind einem zielgerichteten sozialen Wohnungsbau bürokratische Hürden im Weg, sodass die Bauprogramme, die eigentlich sofort benötigt werden, Jahre dauern. Dieser Missstand ist nicht tragbar für eine so wohlhabende Nation wie unserer Bundesrepublik. In Deutschland werden pro Jahr rund 15.000 neue Sozialwohnungen errichtet, das ist bei Weitem nicht ausreichend. Zudem werden immer mehr Sozialwohnungen in private Wohnsitze umgewandelt (Anfang der 1990er gab es noch 3 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland, heute sind es nicht einmal mehr 1,5 Millionen). In Großstädten ist das Stadtzentrum für Normalverdienende kein Platz mehr zum Wohnen, da die Mieten immer weiter ansteigen. Studentinnen und Studenten haben es immer schwerer, eine Wohnung zu finden, in letzter Zeit schlafen sie zu Semesterbeginn vermehrt sogar in Turnhallen. Jedoch tritt das Problem der Wohnkosten nicht nur in Städten ein, sondern auch vielerorts auf dem Land steigen die Mieten unaufhörlich. Mit dieser Reformierung der Wohnpolitik wird bezahlbarer Wohnraum wieder eine Selbstverständlichkeit. Schließlich ist das Recht auf eine gute Wohnung so wichtig wie das Recht auf eine gute Arbeit, da sie die Grundvoraussetzung für die Lebensplanung und Zufriedenheit bildet. Bei dieser Zielsetzung darf man so einige umsatzstarke Immobilienfirmen nicht außer Acht lassen. Jährlich werden zahlreiche illegale Aktionen wie der „Share Deal“ betrieben. Dieses Vordringen großer Firmen gegen die Mieterinnen und Mieter entzieht sich jeder gerechten Grundlage und muss daher bekämpft werden. In unserem Förderpaket zum Familienleben ist ebenso eine digital vernetzte Wohnung mit einbegriffen. Mit dieser Unterstützung sollen alle Bereiche der Familie zufriedenstellend abgedeckt werden. Zur Modernisierung des Haushalts sind neue Anreize einsetzbar, ähnlich wie die Abwrackprämie in der Automobilbranche. Diese neumodische Art zu leben ist aber selbstverständlich keine Verpflichtung, sondern ist für Familien gedacht, die dieser Lebensart offenstehen und ihr Leben mit Hilfe dieser Modernisierung besser planen und koordinieren können. Die Familie ist nicht nur die häufigste Form des Zusammenlebens, sondern auch das Rückgrat der Wirtschaft. Deshalb muss es dem Staat umso mehr daran liegen, ihr eine angenehme und finanzierbare Lebensgestaltung zu ermöglichen. Nur eine moderne und familienfreundliche Politik kann auch gute Sozialpolitik sein.
5.3 Einkommen und Grundeinkommen
Der Mensch definiert sich zum großen Teil über sein Einkommen, wonach er auch seine Lebensweise ausrichtet. Die Ranghöhe des Einkommens ist Anlass für die FPA, unser Motto, nachdem keine Gruppe in der Einkommens- und Verteilungspolitik unsichtbar sein darf, besonders groß zu schreiben. Der bisherige Mindestlohn beträgt 8,84 Euro und reicht damit bei Weitem nicht aus. Wir fordern eine stündliche Mindestvergütung von 11,50 Euro, da sie die Grundlage für ein anständiges und würdevolles Anstellungsverhältnis darstellt. Zeitgleich muss der Mindestlohn aber auch eingehalten werden. Aus vielen Unternehmen ist nämlich bekannt, dass sie ihren Angestellten zwar den Mindestlohn zahlen, diese aber dafür zahlreiche unbezahlte Überstunden leisten müssen. Insgesamt erhalten daher 1,8 Millionen Beschäftigte in Deutschland keinen Mindestlohn, obwohl er ihnen zusteht. Diese Methode wird von der Politik bisher ignoriert. Ein einheitlicher Mindestlohn muss wirken, denn die Würde des Arbeitnehmers steht über der Gewinnoptimierung des Arbeitgebers. Zur Würde des Arbeitnehmers gehört ebenso eine anständige Wertschätzung, aufgrund dessen fordern wir die jährliche Pflicht des Arbeitgebers, ein Arbeitszeugnis für jeden Arbeitnehmer auszustellen, sodass dieser seine Tätigkeit auch vollumfänglich nachweisen kann. Bei Bußgeldstraßen muss fortan das individuelle Einkommen der vorherrschende Gratmesser sein, ansonsten entstehen Schuldscheine für Niedrigverdienende, ein viel gerechteres System nach skandinavischem Vorbild bietet die einkommensbasierte Straferteilung. Damit soll der Mensch keinesfalls nach seinem Einkommen abgestuft werden, dafür aber bietet diese Maßnahme eine Hilfestellung für das Gerechtigkeitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger. Das zentrale Großprojekt unserer Partei ist - neben der Errichtung eines Digitalgebietes und der Militärreform - die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE). Nach diesem Prinzip erhält jeder Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland und jeder Einwohner ohne Pass, der seit 10 Jahren in Deutschland lebt, eine festgelegte monatliche Summe vom Staat, ohne dass er irgendeine Gegenleistung erbringen muss, auch Kinder erhalten diesen Zuschlag. Der Schrei nach Gerechtigkeit wird durch die Ungerechtigkeit angetrieben. Dieser Aufschrei ist gerade sehr lautstark in unserem Land zu hören. Das BGE ist vorverurteilt und schlicht falsch betrachtet, wenn man es in die linke Ecke schiebt, da dieses Kastendenken im 21. Jahrhundert ohnehin an erhebliche Grenzen stößt. Diese ganz einfache Idee der bedingungslosen Finanzierung fördert die Lebensgestaltung und Lebensqualität der Menschen um ein Vielfaches, dagegen kann doch keine Partei sein. Uns ist bewusst, dass das bedingungslose Grundeinkommen erst beschlossen werden kann, wenn eine breite öffentliche Diskussion darüber geführt wird. Enden soll dieser Kommunikationsprozess in einer Volksabstimmung zur Einführung beziehungsweise Ablehnung. Falls die Stimmung kippen sollte, rückt das Gesetz natürlich in weite Ferne, die Bürgerinnen und Bürger sollen schließlich über diesen einschneidenden Teil ihrer Lebensorganisation entscheiden. Das BGE wurde schon in vielen Ländern getestet, darunter waren beispielsweise Finnland, Brasilien und Namibia. Allerdings wurden diese Versuche auf einen kleineren Personenkreis beschränkt, dennoch lassen sich hieraus wichtige Erkenntnisse zur bedingungslosen Grundversorgung ableiten. Klar wurde, dass die Menschen in all den Experimenten der verschiedenen Länder durch das bedingungslose Grundeinkommen nicht fauler wurden, sondern im Gegenteil eher noch mutiger und kreativer. Außerdem wuchs die Solidarität innerhalb der Gesellschaft, da das BGE auch eine rücksichtnehmende Gemeinschaft entstehen lässt. Vor allem aber war zu erkennen, dass die Wirtschaft dadurch nicht gehemmt wird, sondern noch mehr wächst als zuvor. Selbst in den USA gibt es schon das bedingungslose Grundeinkommen. In Alaska nämlich gehört das BGE fest zur Sozialstruktur. Dort wird jedem Einwohner im Durchschnitt 1.150 Euro monatlich ausgezahlt. Dieses Geld kommt aus einem Fonds, in den die in Alaska tätigen Ölkonzerne einzahlen müssen, weil sie dort die Umwelt zerstören. Die Hälfte des Ertrags aus dem Fonds geht dann als Entschädigung an die Bevölkerung. Auch hier waren die eben beschriebenen positiven Wirkungen nach der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens festzustellen. Bisher fürchten sich die großen Parteien vor Stimmverlusten, wenn sie sich offen für die Einführung des BGE aussprechen. Daran anknüpfend kursieren zwei am weitesten verbreiteten Gegenargumente, die trotz zahlreicher Widerlegung mit wasserdichten Fakten immer noch existieren. Einerseits wird die in die Unermesslichkeit steigende Arbeitslosigkeit angeführt, die in Konsequenz zum bedingungslosen Grundeinkommen entstehen soll. Verblüffend daran ist, dass nahezu Jeder meint, er würde trotz BGE weiterarbeiten, wiederum von seinen Mitmenschen jedoch erwartet, dass diese die Arbeit niederlegen werden. In dieser Debatte manifestierten sich demnach zwei Menschenbilder, das von den eigenen Antrieben und Zielen und das schlechtere der Anderen. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass unangenehme Berufe dann nicht mehr ausgeübt werden würden. Diese Angst ist mit der Maßnahme aus der Welt zu nehmen, indem man diese Arbeit entweder mit einem hohen Verdienst ausstattet oder Maschinen erfindet, die diese Beschäftigungen erledigen werden. Zum anderen hält sich hartnäckig die Unterstellung, das bedingungslose Grundeinkommen sei nicht finanzierbar. Geht man davon aus, dass jede Staatsbürgerin und jeder Staatsbürger monatlich 1.000 Euro vom Staat erhalten, belaufen sich die Kosten auf 800 Milliarden Euro. Eine enorme Summe, dennoch ist sie tragbar. Schon jetzt liegt der Betrag für die Sozialleistungen in Deutschland bei eben jener Zahl von 800 Milliarden Euro (mit inbegriffen sind hier der Bundeshaushalt und die Sozialsysteme). Eine Umlenkung dieser Gelder zum BGE garantiert damit die Durchführbarkeit dieses Großprojektes. Hinzukommend fallen soziale Leistungen wie das Kindergeld, Hartz IV oder die Rente weg, da diese durch das bedingungslose Grundeinkommen mehr als gewährleistet werden. Im Gegenzug aber müssen die Bürgerinnen und Bürger keine Beiträge mehr zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung zahlen, ebenso fällt der Solidaritätszuschlag (siehe bei 5.1.) zukünftig komplett weg. Folglich muss nur noch der Beitrag zur Krankenversicherung und Unfallversicherung von Jedem bezahlt werden. Dafür wird die Agentur für Arbeit zur Vermittlung einer Anstellung weiterhin erhalten bleiben, um den Menschen einen einfachen und angenehmen Einstieg beziehungsweise Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Eine mittelfristige Konsequenz des BGE wäre, dass die Bürokratiekosten spürbar gesenkt werden würden. Infolgedessen unterstützt man indirekt den Abbau der aufgeblähten Verwaltung, der parteiübergreifend schon ewig gefordert wird. Außerdem müssen Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter nicht mehr die quälende Ungewissheit für die Zukunft in Kauf nehmen, da sie ja mit dem BGE abgesichert sind. Das bedingungslose Grundeinkommen verbessert daher auch die Bedingungen und Konditionen am Arbeitsplatz, was vor allem im Leiharbeitssektor große Verbesserungen nach sich ziehen wird. Wenn man genauer hinschaut, sieht man, dass die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens im Akzent bereits seit Langem existiert und auch praktiziert wird. Letztlich sind Sozialmaßnahmen wie Kindergeld, Hartz IV oder Rente nichts anderes als Grundeinkommen, nur eben für bestimmte Gesellschaftsgruppen. Nun aber sollen alle in der Gesellschaft diese bedingungslose finanzielle Stütze erhalten. Trotzdem ist die Bedingungslosigkeit längst ein fester Wert in unserer Gesellschaft, angefangen bei der Bildung oder in der Gesundheit. Nun soll dieses Prinzip auch auf das Einkommen übertragen werden. Dadurch werden die Motive für die Bedingungslosigkeit in den bisherigen Anwendungsbereichen geändert: Die kostenlose Bildung erfolgt deshalb, um später bestmöglich zu arbeiten und um sich effizient in das System der Marktwirtschaft einzuordnen. Eine bedingungslose Gesundheit wird gewährt, um schnell wieder gesund zu werden, sodass man sofort wieder arbeiten kann. Nun aber dient die Bedingungslosigkeit dazu, eine größtmögliche Eigenbestimmung genießen zu können. In der Industriegesellschaft im 18. und 19. Jahrhundert musste der Arbeiter fast ausnahmslos 70 Stunden wöchentlich arbeiten. Historisch gesehen hat sich die Arbeitszeit im letzten Jahrhundert in regelmäßigen Abständen reduziert. Im Jahre 1918 wurde in der Weimarer Republik die 48-Studen-Woche (also ein Arbeitstag von acht Stunden) eingeführt, dieses Gesetz wurde dann vom Nazi-Regime abgeschafft. In unserer Bundesrepublik wurde dann 1965 ein Gesetz zur wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden eingeführt, 1990 folgte die 35-Stunden-Woche in der Metallindustrie. Aktuell wird über eine Wochenarbeitszeit von 28 Stunden in der Metallbranche für einen bestimmten Zeitraum mehr als nachgedacht. Für die meisten Menschen beruht die gesellschaftliche Anerkennung dennoch zum überwältigenden Teil auf der Arbeit. Das bedingungslose Grundeinkommen bringt eine Fülle an Vorteilen mit sich. Im Vordergrund geraten die Lohngerechtigkeit und bessere Arbeitsbedingungen, da der Arbeitnehmer nicht mehr auf diese Beschäftigung angewiesen ist. Ebenso erhalten die Bürgerinnen und Bürger eine größere Chance auf das Kostbarste im Leben: Zeit. Und zwar mehr davon für die Kindererziehung, gemeinschaftsfördernde Aktivitäten oder der verwandtschaftlichen Alten- und Krankenpflege. Schließlich ist eine berufliche Pause in privaten Extremsituationen nun jederzeit möglich, ohne gleich um seine Existenzsicherung bangen zu müssen. Außerdem werden neue Freiheitsgrenzen geschaffen, der menschenunwürdige Druck bei so mancher Arbeit verringert sich, dadurch erhält Artikel 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar.“) wieder mehr Tragweite und löst sich von seiner Symbolkraft. Im Zusammenhang mit der Einführung des BGE ist es auch naheliegend, dass die Zahl der Kapitalverbrechen in Deutschland zurückgehen werden, die häufig aus Zahlungsunfähigkeit und Verzweiflung begangen werden. Bei der Verteilung des bedingungslosen Grundeinkommens sind auch Obdachlose mit inbegriffen, was ein Sieg über die Obdachlosigkeit in Deutschland und ein Ende der Tafeln bedeutet. Bisher ist es in Deutschland so, dass die Sozialämter Arbeitslose zu sinnlosen Maßnahmen oder Lehrgänge zwingen können, da ihnen ansonsten der Regelsatz für Hartz IV gekürzt wird. Die Folge daraus ist, dass der Niedriglohnsektor und die Anzahl der Minijobs extrem wachsen. Jedoch ist ein Sanktionsverfahren zur Regelsatzkürzung in den meisten Fällen viel kostspieliger als die 109 Euro, die durchschnittlich vom monatlichen Hartz IV-Betrag abgezogen werden. Ganz zu schweigen ist hier von der Verletzung der Menschenwürde, denn der Mensch wird unter Androhung einer Strafe zu Arbeiten getrimmt, die er nicht ausüben möchte. Dieses Vorgehen erinnert eher an das bismarcksche Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche als an den modernen Sozialstaat. Das System von Hartz IV versperrt den darin involvierten Menschen in vielen Situationen die Beteiligung am öffentlichen Leben und an der Gesellschaft. Schließlich ist für nichts Geld vorhanden, nichts für Kino oder Museum, keine Freizeitangebote oder Bildung. Diese verhärteten Fronten gehören nicht zur Grundidee einer Demokratie. Die Einsicht, dass Arbeitslosigkeit ein gesamtgesellschaftliches Problem und nicht bloß ein Problem der Arbeitslosen ist, muss endlich akzeptiert werden. Das bedingungslose Grundeinkommen wird viel dafür tun, unter anderem weil die eben genannten Probleme dann größtenteils verschwinden werden. Es wird deutlich, dass das Grundeinkommen jedem Menschen in unserem Land nützen wird. Zeitgleich werden polemische Debatten über zu niedrige Renten- oder Hartz IV-Beträge verschwinden, die die Republik am Rande eines Generationenkonfliktes geführt haben. Zusätzlich werden die Kinder- sowie die Altersarmut mit großen Schritten bekämpft. Bei der Altersarmut ist mit der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens die Rentenungerechtigkeit endlich vorbei, die unter anderem die Versteuerung der Rente beinhalten. Das BGE ist ja steuerfrei, daher sind Rentnerinnen und Rentner mit zu den größten Gewinnern bei einer Einführung. Mit der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens würde erstmals in der Geschichte die Situation entstehen, dass der Staat jedem Menschen ohne Einschränkungen eine hochwertige Lebensabsicherung gewährt. Das BGE steht aber auch für einen Wandel, der sich weit über diese Thematik hinaus erstrecken wird. Diesbezüglich ist allein die Trennung zwischen Arbeit und Einkommen ein wichtiger Meilenstein. Bisher war es ein unumstößlicher Grundsatz, beide Begriffe als zusammenhängend zu betrachten. Jedoch hat sich die gesellschaftliche Struktur und der finanzielle Spielraum des Staates in den letzten Jahrzehnten so stark verändert, dass dieses Prinzip nicht mehr zeitgemäß ist. Schnell wird deutlich werden, dass wir eine neue Definition der Arbeitswelt benötigen, parallel dazu werden wir merken, dass sich eine neue und solidarischere Form der Gemeinschaft etablieren wird, aufbauend auf einer nachhaltigen Stärkung der Freiheit und der Menschenwürde. Eine weitere Folge wird sein, dass sich eine ungeahnte Marktfairness herausbilden wird, durch die sich die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Bezug auf die Chancengleichheit stark annähern werden. Wir werden demnach eine neue Art der Zusammenarbeit, fernab des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses, erleben. Durch das BGE wird dem Ansatz, Gerechtigkeit sei nur durch Umverteilung möglich, das Monopol entzogen. Dieser soziale Leitbegriff ist auch dadurch zu erreichen, indem alle mehr erhalten, wie es dann der Fall sein wird. Der sozialen Ungleichheit wird der Kampf angesagt. Allerdings wird der Gedanke der Umverteilung mit der Einführung des BGE dennoch nicht in den Hintergrund geraten. Dementsprechend muss ein gesamtgesellschaftlicher, kollektiver wirtschaftlicher Aufstieg geschehen, ähnlich wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders. Zur Bewältigung dieser Aufgabe reicht allerdings das Arbeits- und Sozialministerium nicht aus, wir fordern daher die Einrichtung eines Bundesministeriums für Gesellschaft und politische Teilhabe. Diese Behörde soll nicht nur die Debatte zum BGE anstoßen, sondern auch zur Erneuerung der Demokratie beitragen, indem es die direkte Demokratie mit Mitteln wie Volksentscheide oder Bürgerversammlungen in die repräsentative Demokratie integriert (nachzulesen beim Punkt 4.1.). Jede Regierungsform muss sich regelmäßig einer Reform unterziehen, davon ist die Demokratie nicht ausgenommen. Die Menschen sollen selbst über ihr Leben bestimmen können, dadurch ist das BGE auch eine Freiheitsbewegung. Es mag noch wie ein abstraktes Projekt wirken, allerdings wird durch diese neue Ebene der sozialen Gerechtigkeit die Leitlinie verankert werden, dass der Bürger weiß, was ihm gut tut, weshalb man ihm als selbsthandelndes und selbstinitiatives Wesen tolerieren muss. Die Hauptgedanken der Aufklärung im 18. Jahrhundert finden ihre Wiederbelebung in den Sozialleistungen des 21. Jahrhunderts. Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen kann sich dann Jeder einfache, aber geniale Fragen stellen, die das Leben erst so richtig mit Glück erfüllen: Womit beschäftige ich mich, wenn ich mich nicht ums Geld sorgen muss? Welche Projekte wollte ich schon immer einmal verwirklichen? Welche meiner Interessen und Talente will ich eigentlich viel mehr fördern? Hinzu kommt, dass die Bürger, die ihr Vertrauen an den Staat und seinen Behörden verloren haben, sich nun wieder wahrgenommen und in treuer Hand fühlen. Das repräsentative Moment der Bevölkerung wird nebenbei also auch zu einer vertrauensbildenden Maßnahme zwischen Volk und Volksvertreter. Gemäß der Voraussetzung, die Bürgerinnen und Bürger befürworten mehrheitlich die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens, planen wir eine Einführung in mehreren Etappen. Begonnen werden soll bei einer monatlichen Leistung von 1.000 Euro, diese Zahl erhöht sich pro Monat um 2% (was 20 Euro gleichkommt). Die Erhöhung wird nach zehn Monaten eingestellt, wenn nämlich der Betrag von 1.200 Euro erreicht ist. Fortan wird konstant diese Summe ausgezahlt. Wenn Menschen sich nicht mehr akut um die Geldversorgung kümmern müssen, so haben es die Probeeinführungen des BGE in aller Welt gezeigt, kommt die altruistische und wohltätige Seite der Menschen mehr zum Vorschein. Dennoch oder gerade deswegen denkt heute die überwältigende Mehrheit, dass der monatliche Betrag des Grundeinkommens bei den Anderen verschwendet werden würde. Ebenso sagen fast alle Personen, sie würden trotz BGE weiterarbeiten. Gleichzeitig sagen auch fast alle Personen, dass sie glauben, die Anderen werden zum Großteil nicht weiterarbeiten. Hier herrscht noch ein Gefühl des Missmutes und des Unbehagens. Das BGE bekämpft die soziale Ungerechtigkeit am Stärksten, jedoch ist eine Beschleunigung der Gerechtigkeitsannäherung durch eine kluge und weitsichtige Steuerpolitik möglich. Grundlage für die im Folgenden erklärten Steuerbeispiele ist die Tatsache, dass der kalten Progression endgültig ein Ende gesetzt wird, da sie in den allermeisten Fällen schlicht leistungs- und wirtschaftshemmend wirkt. Unmittelbar mit der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens ist die Einführung einer Konsumsteuer verbunden. Dieser Name kann verwirrend sein, denn nicht der Konsum, sondern das Einkommen wird wie bisher versteuert. Allerdings sind dadurch nachhaltige Verbesserungen in der Konsumverträglichkeit zu erzielen. Ein wichtiger Grundsatz hierbei ist, dass das bedingungslose Grundeinkommen von keiner Steuer angetastet werden darf, also komplett steuerfrei ist. Die Theorie sieht so aus, dass Jeder eine Konsumsteuer in Höhe von 50% seines Einkommens an den Staat bezahlt. Das klingt enorm viel, jedoch wird die Sinnhaftigkeit dieser Steuer an einem einfachen Rechenbeispiel aus der Praxis deutlich. Person A ist ein Investmentbanker mit einem jährlichen Einkommen von 200.000 Euro (Monatsgehalt von rund 16.600 Euro). Gemäß der Konsumsteuer bezahlt er 100.000 Euro Steuern. Zusätzlich zu seinem Gehalt erhält Person A aber 14.400 Euro im Jahr durch das BGE, womit er nur noch 85.600 Euro Steuern bezahlt. Seine Steuerlast liegt demnach bei 42,8%, sogar mehr als zwei Prozent unter den Spitzensteuersatz. Person B ist ein Handwerker mit einem jährlichen Einkommen von 30.000 Euro (Monatsgehalt von 2.500 Euro). Gemäß der Konsumsteuer bezahlt er 15.000 Euro Steuern. Zusätzlich zu seinem Gehalt erhält Person B aber 14.400 Euro im Jahr durch das BGE, womit er nur noch 600 Euro Steuern bezahlt. Seine Steuerlast liegt demnach bei 2%, eine sehr große steuerliche Entlastung. Deutlich wird, dass die Höhe des Steuerbetrages erst ab einem Jahreseinkommen über 240.000 Euro größer ist als in unserem jetzigen Steuersystem, nun aber ist der essentielle Vorteil mit eingebaut, dass kleine Einkommen klar verschont und nicht ausgebeutet werden. Zusätzlich dazu fallen keine Lohnnebenkosten mehr für niedrigere Einkommen an, es zählt ausschließlich der Nettolohn bei der Besteuerung. Die Steuermethodik dahinter beruht auf der sozialen Gerechtigkeit. Je mehr Konsumausgaben der oder die Einzelne tätigt, desto mehr Waren, Güter oder Dienstleistungen verlangt die Person von der Gemeinschaft und nutzt dazu stärker und häufiger die staatliche Infrastruktur. Deshalb bedeutet ein sehr hohes Einkommen auch eine sehr hohe Besteuerung. Die Idee einer Vermögenssteuer ist damit aber noch nicht hinfällig, da sie nur zum Teil in der Konsumsteuer mitberücksichtigt und dann in zum anderen Teil in unserer Reform der Einkommenssteuer vertreten ist. Aus diesem neuen Steuerkonzept resultieren zahlreiche Vorteile, so wird demzufolge nicht mehr die Arbeit an sich besteuert, weshalb die Inlandsproduktion viel günstiger wird. Mit den Steuermodellen der Vergangenheit würde dies bedeuten, dass der Produktpreis einbricht, weil er vollkommen frei von Betriebs- und Einkommenssteuern und dazu noch von der Sozialabgabe wäre. Mit der Einführung der Konsumsteuer kann der Produktpreis allerdings konstant gehalten werden, um wirtschaftliche Talfahrten zu vermeiden. Man setzt nun die Konsumsteuer mit 100% auf die Produkte an. Auch diese Summe klingt wieder wahnwitzig hoch, jedoch wird der Endpreis des Produkts dadurch unverändert zum vorherigen Preis bleiben. Der Vorzug im Rechensystem mit der Konsumsteuer liegt nun darin, dass das Handeln eines Unternehmens zukünftig von Hürden befreit wird (auch in bürokratischer Hinsicht), die unternehmerische Profitgier und geldhungrige Bereicherungsideologie wird im Gegenzug aber erheblich eingedämmt. Für den Export sind die deutschen Produkte dann auch in Zukunft gut gewappnet, fortan erfolgt nur der progressive Vorsatz, dass wenn es der Wirtschaft gut geht (sei es beispielsweise durch Exportüberschüsse), dann geht es auch der Bevölkerung gut. Bisher konnte das Wirtschaftswachstum noch so rasant sein, da es jedoch nicht an einen Gesellschaftsausgleich gekoppelt war, entstand die groteske Situation, dass große Teile der Bevölkerung, gerade die wirtschaftlich Schwächeren, nicht von der positiven wirtschaftlichen Lage profitieren. Die beiden anderen Vorzüge dieser Steuerpolitik ist der immense Abbau der aufgeblähten Steuerbürokratie sowie die Beseitigung der Steuerschlupflöcher. In Zukunft ist es dann nicht mehr möglich, die vielen Schlupflöcher der Einkommenssteuer zu nutzen, ebenso wenig können sich Reiche mit Steuersparmodellen der Besteuerung entziehen. Aufgrund der günstigen Inlandsproduktion werden sich die Unternehmen in Deutschland ermutigt fühlen, sich inländisch zu erweitern. Somit wird unsere Bundesrepublik ein Wohlfühlort für Unternehmen, gleichzeitig aber ist die soziale Verträglichkeit der Unternehmenspolitik, auch die der Großunternehmen, gewährleistet. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages veröffentlichte im Dezember 2016 ein Papier mit dem Namen „Rechtliche Voraussetzungen für die Einführung eines BGE in Deutschland“. Dort wird auf Artikel 74, Absatz 1, Nummer 12 des Grundgesetzes verwiesen, in dem das „Gebiet der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung“ thematisiert wird. Hierbei hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz und nicht Länder, damit hätte er diese auch bei der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens. Darüber hinaus ist die Abschaffung der Renten- oder Arbeitslosenversicherung, die mit dem BGE logischerweise einhergeht, ebenfalls möglich. So heißt es dort: „Die Aufnahme einer entsprechenden Kompetenznorm verstieße nicht gegen die „Ewigkeitsgarantie“ des Art. 79 Abs. 3 GG und wäre daher grundsätzlich verfassungsrechtlich möglich.“ Jedoch treten im weiteren Verlauf des Papiers Zweifel an der Umsetzbarkeit auf: „Eine Vollfinanzierung aus Mitteln der Allgemeinheit ist jedoch nicht zulässig, da dann das Versicherungselement“ verloren ginge.“ Ebenso dürfen keine „potenziellen besonderen Belastung oder Bedürftigkeit im Vergleich zur Allgemeinheit“ vorhanden sein. Was ist das dann für ein „Sozialstaat“? Nach dieser Ansicht darf der Staat erst dann helfen, wenn die Bürgerin oder der Bürger wirklich miserabel wirtschaftlich aufgestellt ist, vorher muss er sich aus der finanziellen Unterstützung heraushalten. Das BGE ist aber das komplette Gegenteil, hier ist bereits eine Vorsorge zur Armutsvermeidung mitgegeben. Daher ist dieser Punkt zur Vermeidung des bedingungslosen Grundeinkommens antisozial und nicht im Sinne eines unterstützenden Sozialstaats. Durch das bedingungslose Grundeinkommen werden den Arbeitern die immer größer werdenden (sozialen) Abstiegsängste genommen. Sie führten größtenteils dazu, dass sich populistische Parteien wie die AfD in Europa zu einer parlamentarischen Größe steigern konnten. Das BGE leistet daher einen entscheidenden Beitrag bei der Prävention und Bekämpfung von Populismus und Extremismus. Der Aufwand und die juristischen Hürden wurden zu Mauern uminterpretiert, damit die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens verhindert werden kann. Zweifelsohne ist ein langer rechtlicher Weg, der zum BGE notwendig ist. Verglichen mit der deutschlandweit neuen Berechnung der Grundsteuer, zu der das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung aufgefordert hat, ist das eine Formalie. Das bedingungslose Grundeinkommen entlastet die Bürgerinnen und Bürger spürbar, wie man an den Beispielen erkannt hat. Die Sozialversicherungsbeiträge, kombiniert mit der Einkommenssteuer, waren bisher eine größere Herausforderung, gerade für kleine und mittlere Einkommen. Die Leitlinie, die parallel zum bedingungslosen Grundeinkommen gezogen wird, ist die Besteuerung des Überflusskonsums, der in eine abgedrehte Welt hineindriftet, die sich fernab der täglichen Grundversorgung samt des unregelmäßigen, maßvollen Luxus befindet. Demzufolge trägt das BGE und die daran anknüpfende Steuerpolitik auch automatisch zum Umwelt- und Klimaschutz bei und kann viel besser reguliert werden als ein unendlicher Katalog an Steuersystemen. Die Steuerreform, die mit dem BGE einhergeht, bitter notwendig, um das Zusammenbrechen der Mittelschicht im Zeitalter des Hyperkapitalismus zu verhindern. Mit unserem Konzept erfolgt nämlich eine neue Lastenverteilung, die den Geist der sozialen Gerechtigkeit noch viel stärker enthält als in den bisherigen Steueransätzen. Durch das bedingungslose Grundeinkommen werden langjährige Träume der Menschen wie ein jährlicher Urlaub oder ein besseres Auto keine vage Hoffnung mehr sein, sondern leicht planbar und sicher umzusetzen. Wenn ein Land erst einmal beginnt, das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen, dann kann je nach Grad des Erfolgs dieser Reform eine Vorbildfunktion für andere Länder entstehen, die das BGE dann eventuell auch einführen. Die Verkettung dieser positiven Umstände kann eine ganz neue internationale Politik auslösen, die sich noch stärker auf den sozialen wie wirtschaftlichen Austausch und nicht auf die gegenseitige Ausnutzung konzentriert. Demgemäß kann sich ein ganz neuer, eventuell sogar supranationaler, Sozialstaat aufbauen, der zuvor schier unvorstellbare Möglichkeiten eröffnet. Wie eben bewiesen kann das bedingungslose Grundeinkommen in die Realität umgesetzt werden, da es juristisch möglich und legal ist. Außerdem ist es keine Frage des Geldes, denn das ist zur Genüge vorhanden. Die Frage ist, wie man diese Geldmengen richtig verteilt, ein viel besserer Ansatz als bisher ist der Weg über das BGE. Warum sollen Ideen immer nur dann eine Chance bekommen, wenn alle Fragen zu diesem Thema beantwortet sind? Schaut man zu den militärischen Einsätzen der Bundeswehr oder zur langfristigen Finanzpolitik der Bundesregierung, stellt man fest, dass längst nicht alle Fragen beantwortet sind. Zudem lassen die Antworten erheblichen Zweifel an der funktionalen Anwendbarkeit auf die Realität zu. Fest steht, dass wir eine neue Form des Kapitalismus benötigen. Seit Jahrzehnten wächst die soziale Ungerechtigkeit in der Einkommensverteilung und in der Chancengleichheit. In den nächsten Generationen könnte gar die Situation eintreten, dass eine winzige, mit Vermögen überhäufte Clique nahezu alle Produktionsmittel der Zukunft besitzt (größtenteils Maschinen und Roboter), die eine technologische Unterdrückungsform hervorbringen würde. Dank des bedingungslosen Grundeinkommens wird ein großer Schritt zur Verhinderung dieses Zustandes getan, denn die Sozialpolitik ist keine Sozialpolitik, wenn sie nicht nachhaltig und gesamtgesellschaftlich verträglich angelegt wird. Nun wird deutlich, dass die Freiheit des Menschen nicht nur wirtschaftlich begründet ist, sondern auch sozial. Dieses Umdenken kann eine ganz neue Unternehmenskultur hervorbringen. Letztlich können noch so viele Theorien zum BGE aufgestellt werden. Die entscheidende letzte Gewissheit wird man erst erlangen können, was man diese Großmaßnahme auf die Praxis überträgt. Die Zeit ist gekommen für neumodische und strukturreformatorische Ideen, die ein neues und besseres Zusammenleben ermöglichen. Häufig wird das BGE noch als realitätsferne Utopie angesehen. Dabei hat es diese Stufe seit Langem überwunden. Immer mehr Forscher und Wissenschaftler (darunter Nobelpreisträger), Stiftungen, Organisationen und selbst Politiker sprechen sich dafür aus. Die Einführung ist bloß noch eine Frage der Zeit. Das bedeutet aber nicht, dass das Kämpfen dafür eingestellt werden kann, nichtsdestotrotz hat es noch einen weiten Weg vor sich. Das bedingungslose Grundeinkommen ist das soziale Projekt des 21. Jahrhunderts und stellt den bis zum jetzigen Tage Gipfel des Sozialstaats dar, es erlangt eine historische Bedeutung, die weit über unsere Generationen hinaus gehen wird. Die Menschen erhalten eine ganz neue und unbeschwerte Planungssicherheit. Erstmals erfolgt eine direkte Umverteilung und nicht wie bisher über zwei, drei andere Stationen. Die Auswirkungen auf Messgrößen zur sozialen Ungerechtigkeit wie dem Gini- Koeffizienten werden phänomenal sein, auch darin wird sich der Erfolg des BGE messen lassen können. Nahezu immer wird mit der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens die Umverteilung des Geldes in den Blickpunkt genommen. Es bedeutet zeitgleich aber auch eine Umverteilung der Macht. Das fast schon größte Verdienst des BGE ist die Wiederaufnahme der klassischen Größen wie Sinn oder Glück in die Reihe der ökonomischen Maßgrößen. Dieses Zukunftsformat der sozialen Ordnung kann zusätzlich eine ungeheure Steigerung der Kaufkraft bewirken, von welcher dann die Unternehmen profitieren werden, weshalb sie mehr Gewinne einfahren werden, wodurch sie wiederum mehr Steuern müssen, wovon dem Staat dann aber mehr Geld für soziale Leistungen zur Verfügung steht. Der Weg für den Bürger ist frei, mehr Verantwortung zu übernehmen. Das Konzept des „Fördern und Fordern“ wird neu interpretiert und löst sich von der neoliberalen Agenda 2010. Außer Frage steht, dass die ökonomisch Stärkeren einen größeren Lastanteil tragen müssen als die ökonomisch Schwächeren. Noch nie in der Geschichte gab es eine Gesellschaft, in der alle Menschen finanziell abgesichert waren und zugleich frei leben konnten. Die Menschheit erobert neue Bahnen, sie befreit sich von der lästigen Pflicht der Existenzsicherung und stößt in neue soziale Grundfeste auf. Das bedingungslose Grundeinkommen versetzt dem Menschen in Euphorie, es gewährt ihm soziale und gesellschaftliche Sicherheit und stellt die bisherigen Lebensmodelle auf den Kopf. Das bedingungslose Grundeinkommen läutet eine Zeitenwende ein.
5.4 Rentenpolitik
Die Rente wurde spätestens im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2017 zu einen der zentralen öffentlich diskutierten Themen in Deutschland. Am Deutlichsten wurde dabei, dass unser bisheriges Rentensystem einer grundlegenden Reform bedarf. Die Folgen des anbahnenden demografischen Wandels sind nicht zu übersehen. Allem voran ist der Renteneintritt der Babyboomer-Generation ein herber Schlag für die Aufrechterhaltung der bisherigen Rentenstruktur. Dadurch steigt nicht nur das Risiko einer Altersarmut, sondern parallel dazu auch die stetig steigenden Beitragssätze zur Rentenversicherung. In unserer Bundesrepublik werden die zweitniedrigsten Renten aller Industriestaaten weltweit gezahlt. Wir empfinden diese Tatsache als ungerecht, da die Rentnerinnen und Rentner lebenslang in die Krankenkassen eingezahlt haben und viele weitere Sozialabgaben hinnehmen mussten, und dafür mit einer mickrigen Rente im Ruhestand belohnt werden. Die Sozialsysteme wurden im 20. Jahrhundert grenzenlos ausgebaut, obwohl schon damals die Gesellschaft immer älter wurde. Eine langfristige Stabilisierung der Rentenzahlungen war schon in dieser Zeit nicht abzusehen. Gegenwärtig werden die Probleme beim Rentenkonzept immer offensichtlicher, dadurch sind immer mehr ältere Menschen besorgt um die finanzielle Absicherung ihres Lebensabends. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass das Rentenprinzip keine Zukunft mehr hat. In den nächsten Jahren wird die Babyboomer-Generation in den Ruhestand gehen. Dementsprechend werden nur noch Verwaltungskosten und aufgeblähte Umverteilungskonzepte von der einst nützlichen Rente übrigbleiben. Eventuell wäre die Rente ein Modell für die Zukunft gewesen, jedoch wurde das Konzept in den letzten Jahren und Jahrzehnten derart kaputt saniert, dass die Auswirkungen heute fatal sind. Das Geld in der Rentenpolitik reicht anscheinend nicht mehr für eine wirkungsvolle Umverteilung, außerdem geht das Rentenkonzept der Bundesregierung gerade einmal bis 2025. Zeitgleich wächst die Altersarmut immer mehr an. Mit der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE), auf dem die Sozialpolitik der Freiparlamentarischen Allianz basiert, wird die Rente nicht mehr gebraucht. Ab diesem Zeitpunkt erhält jeder Mensch anfangs 1.000, später dann 1.200 Euro vom Staat, um eine Grundversorgung zu garantieren. Diese Monatszahlung bringt für den Großteil der Rentner einen viel höheren Sozialzuschlag als es bisher der Fall war, zudem ist das BGE steuerfrei. Zusätzlich wird ein ganzes System an bürokratischen Hürden abgebaut werden (zum Beispiel ist keine Rentenversicherung mehr notwendig), wodurch ein Teil der Finanzierbarkeit des bedingungslosen Grundeinkommens bereits gestemmt ist. Einzig die Witwen- und Witwerrente soll nach der Einführung des BGE weiter ausgezahlt werden, da die finanzielle Lücke ansonsten zu große Engpässe auslösen kann. Schließlich haben sich Ehepaare ein gemeinsames Leben aufgebaut und zudem geplant, einen bestimmten Standard zu zweit zu halten. Diese Lebensplanung darf nicht zu sehr eingeschnitten werden. Jedoch fallen mit dem bedingungslosen Grundeinkommen auch die Pensionen für die Beamten weg, somit wird ein nicht unerheblicher Teil der Beamtenprivilegien abgeschafft. Die soziale Gerechtigkeit wird dadurch enorm gestärkt. Beweise für den Zerfall der Renten existieren unzählige. Betrachtet man nur einmal die Tatsache, dass die Rentenkassen nach wie vor im Geld schwimmen, dafür aber wirtschaftlich schwache Haushalte eine immer niedrigere Rente bekommen. Die nun kommende Grundrente ist ein Beweis dafür, dass die bisherigen Rentenarten nicht alle Einkommensstufen abdecken, vor allem in der weniger wohlhabenden Ebene wurde wenig gemacht. Stattdessen rühmt sich die Bundesregierung mit der Grundrente, weil Menschen mit niedrigen Einkommen finanziell abgesichert werden sollen. Dabei ist dies pure Symbolpolitik. Fest steht, dass nur 150.000 der 500.000 Betroffenen diese Grundrente überhaupt erhalten werden, wobei dieser Personenkreis dann auch keinesfalls von einer finanziellen Absicherung sprechen kann. Eine soziale Lösung ist diese Rentenform damit in keiner Weise, einzig die Worte waren groß, die Taten aber weisen zahlreiche Schwachstellen auf. Die Freiparlamentarische Allianz will das Vertrauen dieser Personen in den Staat und die gesamtgesellschaftliche Gerechtigkeit zurückgewinnen. Denn die Rente bedeutete einst die staatliche Anerkennung der individuellen Lebensleistung, die mittlerweile aber durch solch niedrige Zahlungen mit Füßen getreten wird. Nichtsdestotrotz ist die private Altersvorsorge, obwohl das BGE eingeführt werden soll, aber weiterhin für jede Person möglich. Wer jedoch seit dem Erwachsenenalter nicht ständig an die finanzielle Sicherung in einer fortgeschrittenen Altersstufe denken möchte, ist mit der lebensabendlichen Monatsgarantie auch bestens versorgt. Dieses Prinzip erinnert eventuell an die Riester-Rente, der Vorteil in unserem Modell liegt jedoch darin, dass sich die Person keinerlei Sorgen oder Bemühungen aufwenden muss, um ein gesichertes Grundgeld im Alter zu besitzen. Dadurch werden steigernd Gelegenheiten frei, um mit dem bedingungslosen Grundeinkommen Investitionen zu tätigen und auch mal ein Risiko einzugehen, die Altersvorsorge ist ja geklärt. Für die Übergangszeit bis zur Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens ist eine übersichtlichere Gestaltung des Rentenkonzepts geplant. Das bisherige Drei-Säulen-Prinzip (bestehend aus Gesetzlicher, Privater sowie der Betriebsrente) soll abgeschafft werden, dafür gibt es dann nur noch die Gesetzliche Rente. Enthalten darin ist die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48%. Dazu ergänzend stehen einige kleinere Überarbeitungen des Rentensystems an, so sollen beispielsweise DDR-Opfer im Rentenbescheid eine angemessene Entschädigung erhalten. Das Drei-Säulen-Modell muss deshalb aufgegeben werden, weil beispielsweise die Betriebsrente Steuererleichterungen vorgetäuscht hat. In Wahrheit jedoch erhält nur der Rentenanbieter eine Provision, außerdem kriegt der Arbeitgeber seine Steuern auf diesem Weg teilweise vom Arbeitnehmer mitbezahlt. Wegen der Konzentrierung auf andere Rentenmodelle wurde die Gesetzliche Rente chronisch unterfinanziert. Allein unter der rot-grünen Regierung von 1998 bis 2005 wurde sie um 25% gekürzt, weil man die private Altersvorsorge fördern wollte, wovon letztlich nur wohlhabende Haushalte profitiert haben. Dabei ist dieser Schritt in mehrfacher Hinsicht komplett sinnlos, da bei der Privatrente ungefähr zehn Mal so viele Verwaltungskosten anfallen wie bei der Gesetzlichen Rente. Eine Annäherung findet mit der Auflösung eines festgelegten Renteneintrittsalters statt. Fortan sollen jede Bürgerin und jeder Bürger ab dem 60. Geburtstag frei entscheiden können, wann sie oder er die Berufstätigkeit einstellen will (in Norwegen und Schweden wird dieses Prinzip bereits erfolgreich angewendet). Mit dem Tag der Niederlegung der Arbeitsjahre gilt dann unverzüglich ein Rentenanspruch ohne finanzielle Abzüge. Nach unserer Überzeugung sollte die Rente bald ein Rudiment der Vergangenheit sein, das sich zwar bewährt, aber ausgedient hat. Das in der Rentenpolitik geltende Äquivalenzprinzip weicht dem Dank der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens garantiertem Gerechtigkeitsprinzip.
5.5 Die soziale Frage
In Deutschland entstand die soziale Frage zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Sie beschreibt den Engpass einer aktiven Sozialpolitik, in deren Folge die unteren Bevölkerungsschichten immer die Leidtragenden sind. Die soziale Frage verfolgt das Ziel des sozialen Friedens, weshalb sie seit ihrer Entstehung endlos viele Konflikte auslöste. Im Jahrzehnt nach der weltweiten Finanzkrise von 2008 hat die soziale Frage wieder eine gefährliche Aktualität erreicht. Damals war die Industrielle Revolution in Europa der Auslöser dafür, heute ist es die digitale Revolution, verbunden mit einem enthemmten Liberalismus. Die technischen Möglichkeiten der Gegenwart stellen unseren Alltag und unsere Lebensweise auf den Kopf, sodass man sich die ausufernde Grenzenlosigkeit mittels Gesetzen in manchen Bereichen eindämmen muss. Um ein Eintreten erneuter menschenunwürdiger Missstände für ganze Gesellschaftsgruppen zu vermeiden, muss man sich dieser Thematik annehmen und nicht bloß als vorübergehend einstufen. Die Integration der neuen Technologien in unser Leben wird die kulturelle Aufgabe des 21. Jahrhunderts werden. Damit man dieser Herausforderung gerecht werden kann, muss die Kultur eine höhere gesellschaftliche Tragfähigkeit erlangen. Momentan agieren Kultur und Politik nicht als Partner, sondern eher als Konkurrenten, die sich in gegenseitigen Vorwürfen und Anschuldigungen verstricken. Im Fokus steht hierbei die Bereitstellung zu wenig finanzieller Mittel oder zu wenig Unterstützung. Die Kultur und die Politik müssen aber eng zusammenarbeiten, wobei stets die Freiheit, Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Kultur gewährleistet sein muss. Ansonsten haben die der aktuellen politischen Ordnung feindlich gegenüberstehenden Bewegungen, ja selbst schon Überzeugungen, ein leichtes Spiel, Zwietracht zu säen. Wobei Zwietracht nicht mit Kritik gleichzusetzen ist, denn Erstere beinhaltet Spaltung und verantwortungslose Missachtung. Die notwendige Kritik aber lebt von der Hoffnung auf das Bessere in Eintracht mit dem Bisherigen. Die Kernaspekte der sozialen Frage gelten als zeitlos. Hierzu zählen die gerechte Verteilung des Geldes oder der Güter. Seit Beginn der konventionellen Wirtschaft stellt dieser Prozess den zentralen Streitpunkt dar. Gänzlich wird die soziale Frage wohl nie von der Bildfläche verschwinden. Mit epochenfüllenden Projekten wie dem bedingungslosen Grundeinkommen, dem Umformungsversuch der Europäischen Union zu einer wahrhaftigen Wertegemeinschaft und der Ausgabendämmung für militärische Zwecke wird der Auslöser der sozialen Frage aber an der Wurzel gepackt und erheblich beschränkt. Die Politik besitzt die Angewohnheit, zu wenig auf historische Entwicklungen zu achten. Jedoch muss Politik immer historisch denken. Nimmt man nur den Sozialstaat als Beispiel: Seine Entwicklung befindet sich derzeit auf einen phasenübergreifenden Höhepunkt. Begonnen hat die Herausbildung eines Sozialstaates mit der Einführung der Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung zwischen den Jahren 1883 und 1891, es folgte 1927 die Arbeitslosenversicherung. Die nächste Etappe war das Modell der sozialen Marktwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, 1995 wurde dann die aktuelle Pflegeversicherung eingeführt. Nun wird aber ein weiterer Sprung fällig, der durch das bedingungslose Grundeinkommen angegangen wird. Als Antwort des 20. Jahrhundert auf die prekären sozialen Verhältnisse ist die Erfindung des Wohlfahrtsstaats, übertragen auf die Gegenwart, nicht mehr ausreichend. Schon im letzten Drittel des vorherigen Jahrhunderts wurde der Sozialstaat immer schlanker, mit der leeren Begründung des ansonsten drohenden Einsturzes des Wirtschaftswachstums. Eine Folge des Wohlfahrtsstaates ist zudem die Ausweitung des Generationenkonfliktes, mit dem die Gesellschaft heute zu kämpfen hat. Um einen sozialen Frieden zwischen allen Altersgruppen herzustellen, ist eine übersichtliche Sozialpolitik notwendig, die alle berücksichtigt und nicht nur die größten Wählergruppen. Die eben angesprochenen Reformen dienten der Sicherung oder Erweiterung des höchstmöglichen Maßes an sozialem Fortschritt. Heutzutage ist die mangelnde Chancengleichheit aber viel prägnanter und vernachlässigter als die soziale Gerechtigkeit als Ganzes. Folglich muss der soziale Ausgleich, der materielle Wohlstand und die Würde der traditionellen Gesellschaftsschichten wie etwa die Arbeiterklasse gestärkt werden. Eine immer rasanter werdende Wirtschaft verlangt eine tragfähige Sozialpolitik mit leicht verständlichen Grundsätzen, die sich dementsprechend auch konstant einer Erneuerung unterziehen muss. Das Sozialstaatsprinzip, im Grundgesetz in Artikel 20 und 28 verankert, ist weitflächiger ausbaubar. Unsere Partei präsentiert Lösungsansätze zur sozialen Frage in diesem 5. Punkt und im folgenden Wirtschaftsabschnitt und will diese weiterhin verbessern, um bestens gewappnet der Zukunft entgegenblicken zu können.
6. Handel und Innovation
6.1 Wirtschaftsprozess und Finanzen
Die Wirtschaft und das Wirtschaftswachstum sind für den Menschen da und nicht umgekehrt. Es gibt kein Selbstzweck der Wirtschaft, sondern sie dient nur dem Zweck der Existenzsicherung sowie der Steigerung des Lebenswertes. Wohlstand war jedoch noch nie ein Garant für Glück oder Lebensfreude. Diesen beiden Lebensideale müssen in Einklang gebracht werden. Neben der politischen Teilhabe muss auch die wirtschaftliche Teilhabe des Volkes in einer Demokratie maßgeblich gewährleistet sein. Unser wirtschaftlicher Erfolg in Deutschland wird nur weiterhin andauern, wenn alle mit einbezogen werden. Aus diesem Grund gehören Klientelparteien der Vergangenheit an, es muss Bewegungen geben, die eine gesamtgesellschaftliche Verteilungsgerechtigkeit als Ideal und Zielsetzung haben. Der Kapitalismus ist zwiespältig zu betrachten. Er eröffnete neue, ungeahnte Formen des Wohlstands. In seiner reinen Form aber ist der Kapitalismus ungehemmt und verursacht extreme Ungerechtigkeit, er besitzt keine soziale Ader oder ökologische Vernunft. Der Gewinnoptimierungstrieb wird an der steigenden Lebenserwartung und an den verbesserten Gesundheitszustand der Menschen deutlich. Lebt der Mensch länger, ist er länger produktiv. Ist der Mensch nahezu immer gesund, ist er häufiger produktiv. Trotz aller mehr oder weniger sozialen Eingriffe des Staates in die Wirtschaftsabläufe kann der Kapitalismus spaltend wirken und für Gewalt instrumentalisiert werden. Allerdings ist es ein tiefes Bedürfnis des Menschen, Gerechtigkeit zu spüren. Daher sind die Entstehung von Armutskreisläufen oder die Ausbeutung von interessengetriebenen Großunternehmern nicht hinnehmbar. In was für einem Wirtschaftssystem leben wir? Die weltweiten Staatsschulden liegen bei knapp 47 Billionen Euro, die globale Privatverschuldung sogar bei über 186 Billionen Euro. Allein im Euroraum bündeln sich 16,5% der weltweit privaten und 27,8% der weltweit staatlichen Rückstände bei der Bezahlung. Hinzu kommt, dass die Banken nur 1% der ausgegebenen Kredite als Reserve zurücklegen müssen. Das führt zur paradoxen Situation, dass im Euroraum 1,3 Billionen Euro Bargeld existieren, auf den Konten lagern jedoch 10,6 Billionen Euro. Durch Verschuldung entsteht dann wiederum neues Geld, welches die Menge ergänzt, die eigentlich gar nicht vorhanden ist. Unter diesen Umständen ist es nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Banken- und Wirtschaftskrise ausbrechen wird. Solange keine langfristig wirkenden Maßnahmen ergriffen werden, die die Willkür und Kontrolllosigkeit des Finanzmarktes eindämmt. Die Geschichte des Wirtschaftsprozesses ist dabei sehr aufschlussreich für die Situation in der Gegenwart. Als Grundlage dienen dafür ganz klassische ökonomische Größen wie die Verhältnisse zwischen Kapital und Einkommen, Lohn- und Preisentwicklung oder Produktion und Einkommen. Beim intensiven Studium dieser Statistiken stellt man einen Zyklus des Wirtschaftsablaufs und der Vermögensverteilung fest. In der Zeit zwischen 1871 (Gründung des Deutschen Kaiserreichs) und 1914 (Ausbruch des Ersten Weltkrieges) ist die soziale Ungleichheit nicht etwa durch erste Versicherungen für Arbeiter minimiert worden, sondern die wirtschaftliche Grundversorgung erreichte ein neues und hohes Niveau, wodurch die Löhne stiegen und die Kaufkraft in allen Gesellschaftsteilen wuchs. Dementsprechend hatten Alle mehr, jedoch ohne Veränderung des sozialen Gefälles. Anschließend, in der Zeit zwischen 1914 und 1945, führte die Weltwirtschaftskrise 1929 und die beiden Weltkriege (1914 bis 1918 und 1939 bis 1945) zu einer ungewöhnlichen Situation. Denn in diesem Abschnitt wurde, so paradox es klingen mag, die soziale Ungleichheit verringert, da sehr vermögende Personen ebenso einen Großteil ihres Besitzes verloren. Seit den 1970er Jahren hat dann aber wieder die soziale Ungleichheit und damit auch die soziale Ungerechtigkeit stark zugenommen. Grund dafür ist eine neue Welle des Liberalismus, verkörpert und umgesetzt durch Margaret Thatcher in Großbritannien, Ronald Reagan in den USA sowie Valéry Giscard d’Estaing in Frankreich. Die in den Kriegsjahren verlorenen Reichtümer der oberen Gesellschaftsschicht waren damit zum größten Teil wiederhergestellt. Es droht damit dieselbe Entwicklung wie 100 Jahre zuvor. Im Jahre 1910 lag der Anteil der reichsten 10% der Bevölkerung Europas am Gesamtkapital des Kontinents bei 90%, davon wiederum besaßen die reichsten 1 Prozent 50%. Hingegen betrug der Anteil der Mittelschicht (immerhin 40% der Bevölkerung) lediglich 5%, die unteren 50% stemmen ebenfalls nur einen Beitrag von 5% am Gesamtkapital. Genau 100 Jahre später, im Jahr 2010, deuten sich ähnliche Tendenzen an. Nun besitzen die reichsten 10% der Bevölkerung Europas 60% des Gesamtkapitals des Kontinents, davon landen die reichsten 1% bei einem Wert von 25%. Die 40% der Menschen ausmachende Mittelschicht kommt auf 35%, die unteren 50% sind damit bei einem Anteil von 5% geblieben. Daraus lassen sich zwei Schlussfolgerungen ableiten: Zum einen wird die ärmere Hälfte der Bevölkerung konsequent und chronisch von der Politik vernachlässigt. Andererseits droht sich die vermögende Mittelschicht, die die wirtschaftliche Errungenschaft des 20. Jahrhunderts bildet, derzeit aufzulösen. Blickt man in die Zukunft, sieht die aktuelle Prognose düster aus: In den USA werden bei der Einkommensungleichheit zwischen den Jahren 2000 und 2010 genau dieselben Werte ermittelt wie zwischen 1910 und 1920 in Europa. Falls die europäischen Staaten ihren momentanen Kurs der Wirtschaftsstrategie fortsetzen, landen wir in ein bis zwei Jahrzehnten ebenfalls wieder bei diesen Werten. Die Anzeichen verdichten sich geradezu, dass der Kapitalismus seine dunklen Seiten immer mehr ins Spiel bringt. Mitte Mai des Jahres 2018 wurde in den USA ein Gesetz zur Lockerung der Bankenaufsicht beschlossen. Dadurch wird die Vergabe von Krediten erleichtert, auch der riskante Eigenhandel der Banken ist nun wieder legal. Damit werden genau dieselben Fehler begangen wie vor der Finanzkrise 2008. Zur Erinnerung: Damals mussten die US-amerikanischen Steuerzahler rund 700 Milliarden Dollar zahlen, um mehrere Banken vor dem völligen Bankrott zu retten. Doch das Lernen aus der Geschichte fällt anscheinend schwer. Seit den 2000er- und 2010-Jahren werden angst erregende wirtschaftliche Parallelen deutlich, die ähnliche Symptome aufweisen. Diesmal allerdings führten das Platzen der Internetblase im Jahr 2000 sowie die weltweite Banken- und Finanzkrise acht Jahre später nicht dazu, dass die meisten Reichen ihr Vermögen nicht verloren haben. Die internationale Gemeinschaft ist in dieser Einkommensstufe eben besonders spürbar, so werden institutionelle Finanzhilfen mit ökonomischen Selbsterhaltungsstrategien im Hinterkopf und nicht mit dem Fürsorgeprinzip vergeben. Auch heutzutage bahnt sich ein alles verändernder Wandel an, diesmal ist es die Digitalisierung, damals war es die Industrialisierung. In der Bevölkerung herrschte zu industriellen Zeiten Missmut, weil die Ansicht unter den Arbeitern verbreitet war, dass die Industrialisierung nur wenigen Personen in der oberen Bevölkerungsschicht nütze und alle anderen diesen Reichtum in Form von unterbezahlter Arbeit herbeischuften müssen. Zumal Europa und Deutschland in der Gegenwart nicht mehr die nahezu uneingeschränkte Macht auf dem Weltmarkt wie noch vor einem Jahrhundert besitzt. Dadurch können wir nicht mehr die Wirtschaftsentwicklungen dominant bestimmen, weil andere Wirtschaftsmächte zu Europa aufgeschlossen haben und sogar schon im Überholvorgang sind. Eine wirtschaftliche Revolution kann nur im Einklang mit einer sozialen Revolution geschehen. Für beide Neuausrichtungen hat unsere Partei drei neue Grundsätze aufgestellt, die auch immer wieder in unserem Grundsatzprogramm auftreten: Als Erstes muss trotz keiner konkreten wirtschaftlichen Zukunftsvorhersage des wirtschaftlichen Kollektivs eine individuelle wirtschaftliche Planungssicherheit herrschen. Als Zweites muss der Nutzen der Wirtschaft insgesamt darin liegen, den Menschen ihre Existenz zu sichern und Wohlstand zu ermöglichen. Dies muss immer in Verbindung mit sozialen Aspekten geschehen, da die Wirtschaft keinen Selbstzweck besitzt. Als Drittes sollen Familien und andere Lebensgemeinschaften sowie weitergehende Lebensgefüge nicht durch den wirtschaftlichen Zwang auseinandergerissen werden. Um diesen Grundsätzen gerecht zu werden, haben wir ein neues Wirtschaftssystem mit dem Namen Humanismusökonomie entwickelt. Es umfasst ein neues wirtschaftliches, finanzpolitisches und philosophisch-moralisches Konzept für die Gesellschaft. Die Humanismusökonomie ist eine Antwort auf die schwere und zukunftsversagende Krise des Kapitalismus. Darin sollen die Leitideen für ein 21. Jahrhundert gebündelt werden, in dem die Garantie der Freiheit, des Wohlstands und der Sicherheit gleichermaßen verankert werden können. In enger Verknüpfung mit der Humanismusökonomie steht die „Nationale Umweltagenda“ (siehe bei 12.) sowie das Projekt „Neue Welt“ (siehe 14.). Diese drei gewaltigen Vorhaben sollen maßgebend für die Gestaltung des 21. Jahrhunderts werden. Das Grundprinzip dieser Wirtschaftsform ist die Selbstbestimmung der Menschen, wie sie leben wollen. Sie sollen nicht fremdbestimmt durch politische oder religiöse Unterdrückung sein, die einzige Eingriffsmöglichkeit des Staates ins Leben der Bürger soll die Beseitigung der gesellschaftlichen Ungleichheit und Ungerechtigkeit bei der Störung des Gemeinwohls sein. Der Huamismus entstand in der Renaissance im 15. Jahrhundert und stellt den Menschen in den Mittelpunkt der Kultur und Wissenschaft. Jedoch lässt sich diese Überzeugung auch auf die Politik übertragen, demnach entscheidet einzig und allein jeder Mensch selbst, wie er sein Leben ausrichtet und welche Prioritäten er setzt. Begann der Humanismus noch als elitäre Idee von Intellektuellen, ist er heute eine häufig unbewusste Grundeinstellung der mehrheitlichen Gesellschaft. Durch den Humanismus wurden die allgemeinen Menschenrechte zu unumstößlichen Grundrechten aller Bürger, gleichwohl ist der Humanismus auch die Triebfeder für die Einstellung, frei von Unterdrückung oder Unmündigkeit zu sein. Danach ausgerichtet ist die Mitentscheidung aller Menschen bei weitreichenden Entscheidungen eine indirekte Konsequenz aus den Gedankenfunken des Humanismus. In Zukunft soll der Humanismus nun zu einem eigenen Wirtschaftssystem heranreifen, in dem die altehrwürdigen Gedanken der Selbstbestimmung und der Menschenwürde wieder aufgenommen werden, ergänzt um solidarischen Umgang und soziale Sicherheit. Der Kapitalismus brachte zwar viele Errungenschaften mit sich, außerdem erreichte er eine neue Größenordnung des Wohlstands, die sich auch in der breiten Masse niederschlug. Dies bedeutet aber nicht zeitgleich, dass das kapitalistische System zeitlos ist und Jahrzehnt für Jahrzehnt neue Vorteile mit sich bringt. Nur weil die deutsche Wirtschaft derzeit erfolgreich ist, heißt das nicht, dass keine Reformen notwendig sind. Es existiert keine Garantie auf Wirtschaftswachstum. Der Kapitalismus bedarf einer ständigen Pflege und Regulierung, andernfalls entwickelt er sich zu einem wirtschaftlichen Tumor, der nicht mehr zu bändigen ist. Mittlerweile ist der Kapitalismus keine wissenschaftliche Methodik mehr, sondern eine Formel mit religiösem Status, in dem das Wirtschaftswachstum denn verehrten Gott darstellt. Somit ist die DNA der Kriegsführung auch im Kapitalismus wiederzufinden, da man für immer neuen Wachstum immer neue und auch mehr Ressourcen benötigt. Ergänzend dazu basiert die Gestaltung des Wirtschaftswachstums unter anderem auf zwei wunden Punkten, die in Zukunft keineswegs tragfähig bleiben: Zum einen ist eine immer umfassendere Umweltverschmutzung die Folge, die die Natur zu einer Sklavin der Wirtschaft erniedrigte. Andererseits hat sich ein übergroßes, fast schon fanatisches Vertrauen in die Schulden festgesetzt, welches die Grundlage für nahezu jede Finanzkrise bildet. Sollte im Kapitalismus eine ökonomische Stagnation eintreten, spüren dies immer die wirtschaftlich schwächer aufgestellten Menschen zuerst. Dieser Mechanismus der Schuldlosigkeitsumkehrung ist dem kapitalistischen Machtgefüge geschuldet, wonach Reichtum mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch zu Macht führt. Der Wohlstand darf nicht zum Einzelkriterium einer moralischen Wirtschaft werden. Dennoch muss der Wohlstand aber auch mit Leistung zu tun haben, dieser Grundsatz ist in keiner Phase der Wirtschaftsentwicklung völlig zu entfernen. Leistung sorgt erst für einen Wirtschaftsprozess, der Wachstum und damit Wohlstand ermöglichen kann. Neben der Leistung kristallisierte sich im Laufe der Geschichte aber auch das vernünftige Wirtschaften als parallele Basisgröße der Ökonomie heraus. Nur mit einer Kombination oder gar Fusion der beiden Linien ist eine zukunftstaugliche Wirtschaft erreichbar. Die Antwort auf den Kapitalismus muss humaner, entschleunigter und nachhaltiger sein. Schließlich sind die Gesellschaften im Europa des 21. Jahrhunderts größtenteils frei von politischer Unterdrückung, jedoch nicht von wirtschaftlicher. Kann man über die Politik sagen, dass sie demokratisiert ist, so kann man es über die Wirtschaft nicht. Eine strenge hierarchische Prägung ist trotz politischer Freiheiten allgegenwärtig. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der Markt allein keine Gemeinschaft bildet, genauso wenig fördert er gemeinsame Werte. Zur positiven Entwicklung der Wirtschaft hat aber auch stets die Kultur beigetragen. Wirtschaft und die Kultur müssen verbunden sein, um eine innovative Kreativität fördern zu können. Beide ergänzen sich in ihrer antagonistischen Grundüberzeugung und lassen häufig ungeahnte Erfolgsmodelle für eine aufgeklärtere Wirtschaft oder einer moderneren Kultur entstehen. Bei einer mangelnden Einbeziehung kultureller und sozialer Strömungen entsteht die Situation, dass der Finanzmarkt und die Politik sich vollkommen von der realen Wirtschaftswelt und dem realen Leben entfremden. Die Entkoppelung der Interessen der Wirtschaft und des Einzelnen leben sich immer mehr auseinander. Daher wäre es an der Zeit, sich in die Tradition zahlreicher wirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Meilensteine einzureihen. Es sei nur an den 18-Punkte-Plan von Woodrow Wilson, den Dawes- und Young-Plan oder den New Deal von Theodore Roosevelt erinnert. Die Humanismusökonomie beinhaltet elf Eckpfeiler, die das Grundgerüst dieser neuen Wirtschaftsform charakterisieren und die Verfahrensweisen in der Humanismusökonomie verdeutlichen.
(1) Die Abschaffung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und die Einführung eines Bruttonationalglücks (BNG). Der asiatische Staat Bhutan hat es vorgemacht, dort existiert bereits ein Bruttoinlandsglück als neue gesamtökonomische Volkswirtschaftsmessung. Beim BIP sind viele Nachteile auszumachen, die mit der heutigen Zeit nicht mehr vereinbar sind. So besitzt das Bruttoinlandsprodukt kein Warnsignal für die Unzufriedenheit der Bürger, es zählt allein die Wirtschaft. Genauso wenig ist Nachhaltigkeit oder Glück enthalten. Dass die Wirtschaft jedoch nicht alles im Leben ist, zeigt beispielsweise der Fakt, dass in reichen Staaten wie Frankreich, Schweiz, Japan und Neuseeland 25mal mehr Menschen Selbstmord begehen als in ärmeren Ländern wie Albanien, Peru, Philippinen und Guatemala. Ein anderes Beispiel ist das BIP der USA: Es wuchs zwischen 1950 und 2000 von 2 Billionen auf 12 Billionen US-Dollar an, zudem hat sich das reale Pro-Kopf-Einkommen verdoppelt. Jedoch haben sich das Leben und die Lebensbedingungen für sehr viele Menschen nicht verbessert. Heute spürt man ein ungeheures Frustpotenzial in der amerikanischen Gesellschaft, das so groß ist wie selten, obwohl sie ja scheinbar in Glück baden müssten. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass einerseits das Wirtschaftswachstum allein noch lange keinen Wohlstand für alle bringt, sondern ein langer Prozess mit vielen Umverteilungsstationen dies erst ermöglicht. Zum anderen bedeutet Wohlstand wiederum nicht gleich Glück. In Bhutan hat man zum Bruttoinlandsglück neun Säulen aufgestellt, die als Indikatoren gelten: Psychisches Wohlbefinden (Selbstzufriedenheit, mögliche Belastungen oder Druck), Gesundheit (chronische Erkrankungen, Krankheitstage), Bildung (Ausbildung, Fremdsprachenbeherrschung), Kultur (Zugang zur Kultur, Weitergeben der Werte), Zeitnutzung (Arbeitszeit, Freizeit, Schlafzeit), Gute Regierung (Freiheit, politische Teilhabe, politische Repräsentation), Gesellschaftliches Leben (Solidarität und Unterstützung im Alltag, Kriminalitätsstatistiken), Ökologische Vielfalt und Stabilität (Umweltverschmutzung, nachhaltiger Umgang mit Ressourcen), Lebensstandard (eigenes und Familieneinkommen, Besitz). Diese neun Säulen lassen sich auch auf das deutsche Bruttonationalglück übertragen. Die Erhebung erfolgt einmal pro Monat, indem alle Bürger dieses Landes einen ausführlichen Fragebogen ausfüllen. Auf einer Skala von 1 bis 10 werden dann die verschiedenen Themenfelder abgefragt. Daraus ableitend lässt sich dann eine Glücksgrenze festlegen, die überschritten werden sollte. Organisiert und durchgeführt wird diese Erhebung vom Bundeswirtschaftsministerium. Im World Happiness Report (Weltglücksbericht) des Jahres 2018 liegt Deutschland auf Platz 15. Ein guter Wert, jedoch sind nahezu alle nordeuropäischen Länder vor uns, obwohl sie eine höhere Steuerlast tragen und mehrere Monate lang eisigen Winter haben. Glück beruht nicht auf Wohlstand, sondern auf Selbstverwirklichung. Dieser Gedankensprung wird mit dem Bruttonationalglück bestens aufgegriffen.
(2) Die Einführung von Gemeinschaftsbanken. In Brasilien haben diese „sozialen Banken“ großen Erfolg, da sie vor allem den kleinen und mittleren Einkommen mehr Sicherheit verleihen. Eng verbunden mit den Gemeinschaftsbanken ist die Einführung von regionalen Währungen für jeden Landkreis, davon bestehen bereits allein in Deutschland 46 Stück (beispielsweise der Chiemgauer), weltweit sind rund 2.000 Lokalwährungen im Umlauf und bilden schon einen festen Teil der Wirtschaft. Die regionalen Währungen bestehen parallel zum Euro, der weiter als Hauptzahlungsmittel gilt. Jedoch können sich die Bürger entscheiden, mit welcher Währung sie bezahlen (der Wechselkurs beträgt 1:1). Das Entscheidende an den Lokalwährungen ist aber, dass sie nur im eigenen Landkreis ausgegeben werden dürfen, um die lokalen Unternehmen zu fördern und internationalen Konzern nicht komplett ausgeliefert zu sein. Zusätzlich erstarken strukturschwache Regionen, da neue Arbeitsplätze entstehen. Dann wird es auch möglich sein, unter anderem Kleidung wieder vor Ort in Deutschland zu produzieren und nicht arme Entwicklungsländer und die dort lebenden Menschen auszubeuten. Die Lokalwährungen haben den Vorteil, dass sie eine Absicherung in einem kleinen System bilden, in dem das Geld oder sogar Vermögen vor einer drohenden und stattfindenden internationalen Finanzkrise geschützt werden kann. Um Schwankungen der regionalen Währungen sowie internationale Konkurrenz zu vermeiden, dürfen mit diesen Währungen keine Börsenspekulationen betrieben werden. Außerdem muss das Geld spätestens sechs Monat nach dem Tag des Erwerbs ausgegeben sein, man kann also auch nicht sparen oder es leihen (im Falle einer Finanzkrise wird die Aufbewahrungsdauer auf zwei Jahre erhöht). Die angestrebte Wirkung ist, dass kein zwanghafter Geldvermehrungswahn mehr besteht. Eine zukünftige Finanzkrise soll damit nicht nur abgemildert, sondern am besten gleich ganz verhindert werden.
(3) Das bedingungslose Grundeinkommen (siehe 5.3.) sowie das zukünftige Arbeitssystem (siehe 6.2.) bilden die Basis für das Funktionieren der Humanismusökonomie. Mit diesen Reformpaketen wird das Wirtschaftssystem eine in sich funktionierende Einheit bilden, die sich als krisenfest und lebensbereichernd erweisen wird.
(4) Das neue Leitmotto lautet ausgeglichenes Wirtschaften statt blindes Wirtschaftswachstum. Eine Balancewirtschaft wird ermöglicht, denn die Humanismusökonomie ist auf das Wohl der ganzen Bevölkerung ausgerichtet und nicht nur auf das der obersten Prozente der Gesellschaft. Deutschland möge zwar derzeit einen ausgeglichenen Bundeshaushalt verzeichnen können, jedoch wird dies nur ermöglicht, da die Konjunktur eine Hochphase erlebt und die Bundesrepublik zusätzlich seit der Finanzkrise 2008 durch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank 300 Milliarden Euro weniger Zinsen zahlen musste. Damit eingeschlossen sind Maßnahmen, die aus der Wachstumsfokussierung herausgewachsen sind. So soll die von Unternehmen absichtlich begangene Verkürzung der Produktlebenszeit (wie es bei nahezu jedem Smartphone auftritt) unter Strafe gestellt werden, wie es in Frankreich bereits der Fall ist. Mit einer ausgeglichenen Wirtschaft ist die Investitionsarmut in unserem Land leicht zu beheben, Wirtschaftswachstum soll nur noch bei einem Bevölkerungswachstum geschehen. Dadurch wird der gesamte Wirtschaftsprozess ökologisch viel nachhaltiger, übersichtlicher und verständlicher für die ganze Gesellschaft sowie auf Glück ausgerichteter, wodurch der Mensch und nicht die Ware im Mittelpunkt steht.
(5) Ein Bedeutungsgewinn für die lokalen Wirtschaftszweige. Dieser entsteht allein durch die Regionalwährungen aus 3., er kann aber noch verstärkt werden. Schließlich übt das nicht mehr notwendige Wirtschaftswachstum auch keinen starken Druck mehr auf die Ökologie aus, infolgedessen soll auch mehr in die Unternehmen aus der jeweiligen Regionen investiert werden. Ziel dieses Verfahrens ist es, dass jeder Landkreis seine eigenen Lebensmittel herstellen kann (abgesehen von klimaspezifischen Pflanzen und Tieren), bei der Energieversorgung und Müllentsorgung soll jeder einzelne Landkreis sogar wirtschaftlich autark werden. Hierbei wird viel für die Umwelt getan, da sämtliche Transportkosten wegfallen als auch regional und damit ökologisch produziert wird. Bei der Durchsetzung dieses Punktes können auch andere Bereiche davon profitieren, vor allem die Finanzwirtschaft. Mit der Humanismusökonomie wird ein Finanzsystem geschaffen, das aus vielen Mikroeinheiten entsteht, so entwickelt sich eine Solidarwirtschaft. Bisher waren 95% der globalen Transaktionen nichts weiter als Spekulationen. In Zukunft muss man aus dieser Scheinwelt heraustreten und die Finanzwelt neu ausrichten, erste Schritte sind hiermit getan.
(6) Innenwirtschaftliche Stabilität ermöglicht erst außenpolitisches Handeln. In den ersten Jahren der Humanismusökonomie wird auch die Stärkung des deutschen Binnenmarktes vorangetrieben, ohne in Protektionismus zu verfallen. Der deutsche Exportüberschuss ist nämlich nicht länger zu tragen und auch nicht zu verantworten (siehe bei 14.2.), weil wir unsere europäischen und weltweiten Partner damit wirtschaftlich und sozialpolitisch ruinieren. Wenn die Ankurbelung des deutschen Exports durch die Agenda 2010 gelang (allerdings ohne Rücksicht auf Verluste), dann kann auch eine Stärkung des deutschen Marktes geschehen. Die Notwendigkeit dieser Maßnahme beweisen die regelmäßigen Widerstände und Proteste aus dem Ausland gegen die Macht des deutschen Exports, das jüngste Beispiel liefert Präsident Trump mit der Idee der Angleichung der Strafzölle. Laut des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt sind wir sogar dazu verpflichtet, einen gemäßigten Exportüberschuss zu verzeichnen, um das Ungleichgewicht in Europa nicht noch zu verstärken. Für die Stärkung des deutschen Binnenmarktes ist es aber nicht förderlich, dass Finanzinvestoren aus aller Welt jährlich rund 200 deutsche Firmen mit 106.000 Beschäftigten aufkaufen. Diese Zahl steigt seit der Banken- und Finanzkrise 2008 beständig an. Jedoch muss diese Neuausrichtung der Wirtschaft schon jetzt vorangetrieben werden. Bei einem starken deutschen Binnenmarkt ist ein etwas schwächerer Export verkraftbar. Reagieren wir nicht in naher Zukunft auf unsere arrogante Außenhandelspolitik, könnte diese Entscheidung lange Schatten nach sich ziehen.
(7) Freihandel nur, wenn beide Partner ihren Nutzen daraus ziehen können. In den letzten Jahrzehnten ist eine regelrechte Kolonialisierung des Kapitalismus zu beobachten. Während sich in Europa und Nordamerika die Menschenrechte und Menschenwürde durchsetzen, werden die Arbeiter in den anderen Regionen der Welt ausgebeutet. Freihandelsabkommen sind dafür nicht die richtige Lösung. Das „North American Free Trade Agreement“ (NAFTA) beweist dies pointiert. Nach Vertragsabschluss gab es in den drei beteiligten Staaten eine exponentielle Zunahme von Unternehmensklagen gegen den Staat, die Arbeitslosigkeit wurde nicht wie versprochen bekämpft (dafür muss man heute nur in den Rust Belt der USA gucken) und Banken und Großkonzerne fuhren kometenhafte Gewinne ein. Durch NAFTA sollten 200.000 neue Arbeitsplätze entstehen, in Wahrheit wurden aber 1 Million Arbeitsplätze ins Ausland verlegt. Die ursprüngliche Idee des Freihandels lag darin, dass man ohne die Erhebung von Zöllen Waren und Güter ins Inland bringen kann, die hierzulande nicht vorhanden sind. Im Gegenzug exportieren wir Waren und Güter ins Partnerland, welche dieses nicht besitzt. Im Zuge dessen haben beide Staaten ihre Marktlücke geschlossen und können eine bessere wirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung garantieren. Mit dem Konzept der Humanismusökonomie kann man zu diesen Anfängen zurückkehren. Der moderne Freihandel definiert sich über Dumpingpreise und Handelskriege, dieses dekadente System führt nur zu Krisen und Kriegen. Auf das 21. Jahrhundert übertragen muss ein Freihandelsabkommen fortan auch immer einen gemeinsamen Bankdatenaustausch beinhalten, um über die Vermögen der eigenen Bevölkerung im Ausland Bescheid zu wissen. Sollten die Banken die Kooperation verweigern, drohen harte Strafen. Damit kann die Finanzwelt in dem Sinne eingeschränkt werden, dass sie den nationalen Institutionen nicht mehr entfliehen kann, indem sie einfach ins Ausland gehen und ihr Vermögen getarnt mitnehmen.
(8) Zur weiteren Regulierung in der Finanzwirtschaft sind Transparenz und Vertragstreue unverzichtbare Werte. Die ersten Bankiers der europäischen Geschichte in Venedig zu Zeiten der Renaissance mussten der Republik einen Eid schwören. In diesem Eid versprachen sie, nicht zu stehlen, nicht zu fälschen und nicht zu betrügen. Heute erscheint dieser Ritus als Utopie. Auf die heutige Zeit übertragen ist zumindest mehr Transparenz bei Aktiengesellschaften sowie mehr Aufklärung im Bankenwesen unabdingbar. Um eine erneute Finanzkrise zu verhindern, muss man präventiv agieren, damit man krisenvorbereitet und krisenfest ist. Die Steigerung der normalen Welt des Finanzmarktes ist der Hochfrequenzhandel. Durch ihn kann eine gesamte Volkswirtschaft innerhalb weniger Minuten zusammenbrechen. Diese Unkontrollierbarkeit verhindert eine ökonomische Sicherheit, wenigstens vor dem totalen wirtschaftlichen Kollaps. Das Prinzip des Hochfrequenzhandels und das Konzept der Humanismusökonomie sind unvereinbar.
(9) Sozialräte sollen die neue interwirtschaftliche Größe werden. Die Idee dahinter ist, dass sich Menschen in Dialogrunden, die von der Politik organisiert sind, zusammenschließen und über Wirtschaft und Politik beraten. Hierbei sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichseits beteiligt, wobei das Unternehmen die Arbeit im Sozialrat als normale Arbeitszeit abbuchen muss, da sich die jeweilige Person für die Gemeinschaft einsetzt. In jedem Landkreis soll ein Sozialrat existieren, seine Aufgabe besteht in der Beratung der heimischen Wirtschaft. Die Beschlüsse des Sozialrats (abgestimmt wird nach jeder Sitzung, die einmal monatlich stattfinden soll) sind bindend für die Unternehmen des jeweiligen Landkreises, genau für die dort befindlichen Zweigstellen überregionaler Unternehmen. Mit den Sozialräten wird eine Plattform geschaffen, die man als wirtschaftliche Parallele zu den Bürgerversammlungen in der Politik (siehe 4.1.) verstehen kann. Die Bevölkerung soll direkt entscheiden, wie sich die Unternehmen in ihrer Region verhalten soll, als Rahmen gilt einzig das Grundgesetz sowie die einzelnen Rechte zur Arbeit. Für die Abgleichung der Legitimität ist ein Beauftragter jedes Sozialkreises zuständig. Die Sozialräte bieten den Bürgern eine Beteiligungsmöglichkeit in der Wirtschaft, denn nachdem die Politik demokratisiert wurde, darf die Ökonomie davon nicht ausgeschlossen werden. Das Ziel bei der Einrichtung von Sozialräten ist, dass die Bürger nicht von der Wirtschaft dominiert werden, sondern sie verstehen und sie selbst mitgestalten.
(10) Die Digitalisierung wird als Chance in der Humanismusökonomie verstanden. Es ist nicht abzustreiten, dass die Unternehmen an das digitale Zeitalter herangeführt werden müssen. Die Informationstechnologie ist das entscheidende Wirtschaftsfeld des 21. Jahrhunderts. Im neuen Wirtschaftssystem sind Digitalfonds eingerichtet, die nach der Arbeitnehmerstärke einer Firma ausgeschüttet werden, um das eigene Unternehmen angemessen für das Morgen und Übermorgen auszurüsten. Schließlich ist die deutsche Wirtschaft in zahlreichen Zukunftsfeldern nicht ausreichend aufgestellt. Das sich durchsetzende Wirtschaftsmodell der letzten besteht daraus, dass Großkonzerne, die zumeist im Digitalbereich tätig sind, erst den Einzelhandel zerschlagen und ihn in den Bankrott treiben, dann Fast-Monopole errichten können und dazu noch ausbeuterische Gehälter an ihre Beschäftigten zahlen. Von staatlicher Seite aus wird dagegen nichts unternommen. Eher noch wird es indirekt unterstützt, da diese Unternehmen fast keine Steuern zahlen müssen, denn diese global agierenden Konzerne haben sich ein weltweites Netz an Briefkastenfirmen und Firmensitzen in Steueroasen angelegt, gegen das nur eine internationale Staatenallianz vorgehen könnte. Mit der Humanismusökonomie wird nun eine Wirtschaft entwickelt, die die Digitalisierung nicht bis in die kleinste Einheit kommerzialisiert, sondern den Nutzen für das Allgemeinwohl hervorhebt. Deswegen soll sich der Anwendungsbereich digitaler Umstrukturierung auch auf Medizin, Bildung, Pflege, Transaktionen, Unterhaltung sowie Kultur fokussieren.
(11) Die Integration internationaler Trends in die Humanismusökonomie. Derzeit sind drei dieser Trends auf dem Vormarsch, namentlich die Industrie 4.0 (in der die Produktion vollständig automatisiert ist, einschließlich der Produktionsstätten) sowie der Plattformökonomie (bei der ausschließlich im Internet bei Großkonzernen eingekauft wird) und der Share Economy (in der das Motto teilen statt kaufen herrscht). Alle drei Trends tragen ihre Gefahren mit sich, nur die Vereinigung des Tripletts zu einer nützlichen Form der digitalen Wirtschaft ermöglicht das Funktionieren der Humanismusökonomie. Im Jahr 2030 wird voraussichtlich jeder 3. Deutsche über 65 Jahre alt sein. Dreißig Jahre später wird die Bevölkerung der Bundesrepublik von 80,8 Millionen im Jahr 2015 auf 67,6 Millionen schrumpfen. Nach jetzigem Maßstäben würde dies eine rundumseitige Überforderung der Wirtschaft bedeuten. Aufgrund dessen werden neue Projekte wie die Effizienzoptimierung des maschinenbasierten Arbeitens oder auch das bedingungslose Grundeinkommen eine nicht mehr abzustreitende Verbesserung des zivilgesellschaftlichen Zusammenlebens sein. Diese elf Eckpfeiler sollen die Grundlage bilden für eine neue Wirtschaftsordnung mit neuen Werten. Das Finanzsystem verliert die ökonomische Dominanz, womit zukünftige Krisen nicht mehr so drastisch ausfallen können. Zusätzlich kehrt mehr Überwachung in der Finanzwirtschaft ein, um den Anhauch einer Krise früh zu ermitteln. Der Umweltschutz und die lokale Wirtschaft lassen Tausende neue Arbeitsplätze entstehen, darüber hinaus sind dies sichere Arbeitsplätze, an denen mehr Mitbestimmung der Arbeitnehmer herrschen wird. Auf der kleineren wirtschaftlichen Ebene wird hinzukommend eine genossenschaftliche Arbeitsweise ermöglicht, die ein angenehmes Betriebsklima schafft. In der Politik muss auch langfristig gedacht werden, daher ist nicht die Quantität der Produktion, sondern die Qualität entscheidend, um weg von der Überflussgesellschaft zu kommen. Die Humanismusökonokmie ist flexibel, sie lebt davon, ständig reformiert zu werden. Jedoch wird dafür eine aktive Gesellschaft und Politik benötigt, die mit Fachwissen die geeigneten Maßnahmen in die Wege leitet. Wir haben die Chance, zu neuen Ufern in der Wirtschaftsgeschichte aufzubrechen, wir müssen sie nur nutzen.
6.2 Arbeitsmarktpolitik
Die heutige Arbeitswelt befindet sich in einem tiefgehenden Wandel. Deshalb muss die Arbeit neu gedacht werden, alte Überzeugungen und Strukturen weichem mit dem bedingungslosen Grundeinkommen (siehe 5.3.) auf. Einen Orientierungspunkt bietet das Silicon Valley in den USA. Dort bricht man regelmäßig aus den alten Bahnen des Arbeitsumfelds aus, es ist umgekehrt eher ungewöhnlich, wenn man es nicht macht. Visionen haben einen viel einfacheren Weg der Umsetzung vor sich, ein offenes Weltbild ermöglicht gänzlich neue Ansätze des Denkens. Unser Arbeitssystem ist der Grund für die Faulheit und nicht die Lösung. Häufig wird über die Arbeitslosen und die faulen Teile der Gesellschaft geplagt, dabei sind diese Feindbilder nicht sinnvoll. Der Kapitalismus treibt uns dazu, Geld zu verdienen. Wir selbst sind alle nur kleine Rädchen im Getriebe, daher kann man als Einzelner nicht viel verändern. Man braucht Partner um sich, um eine Idee wirksam zu verfolgen. Eine solche Idee wäre, Glück und nicht wie bisher das Geld als Arbeitsanreiz zu etablieren. Unser Land hat eine Wohlstandsstufe erreicht, an der solche Denkmuster legitim und sogar notwendig sind. Allein die Umverteilung dieses Wohlstandes sowie der gesamtgesellschaftliche Aufbruch fehlen noch. Das Konzept der Humanismusökonomie (siehe 6.1.) etabliert genau diesen Ansatz, dieses neue Wirtschaftssystem führt nicht nur zu Wohlstand wie der Kapitalismus, sondern schafft darüber hinaus auch den Rahmen für eine glückliche Arbeit und damit ein glückliches Leben. Mit der Humanismusökonomie wird die Arbeitswelt reformiert. Dieser Wandel ist auch dringend notwendig, da die Arbeit immer mehr zur Objektivierung der menschlichen Arbeitskraft und Anonymisierung des Arbeiters in Zeiten des ungezügelten Kapitalismus und der unkontrollierten Digitalisierung führt. Als Momentaufnahme der ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts bietet der „Atlas der Arbeit“ vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Zusammenarbeit mit der Hans-Böckler-Stiftung eine umfassende Übersicht über die Definition und Ausrichtung der Arbeit. Der rote Faden des Textes besteht aus der Beobachtung, dass ohne eine aktive Arbeitsmarktpolitik sowie einer balancierten Wirtschaft die Arbeitswelt zur Produktivitätshölle wird, in der nur noch die Leistung zählt. Damit wird der Schrei nach einer neuen Wirtschaftsordnung in Zahlen und Fakten gepackt und spiegelt den Zeitgeist wieder, den wir mit dem Konzept der Humanismusökonomie aufgreifen wollen. Die Dekadenz und Gnadenlosigkeit unseres wirtschaftlichen Systems wird an den Paketzuliefererfirmen aus Osteuropa deutlich. Ihren Angestellten wird ein Hungerlohn bezahlt. Derzeit gilt der Mindestlohn nur für alle deutschen Staatsbürger, gerechter aber wäre es, wenn er für alle in Deutschland Arbeitenden gilt. Schließlich haben alle, die hier leben, die gleichen Bedingungen zu bewältigen wie etwa die Lebenserhaltungskosten. Der Mindestlohn soll auch trotz oder gerade wegen des bedingungslosen Grundeinkommens beibehalten werden, er soll sogar auf einen Betrag von 11,50 Euro erhöht werden, da er ab dieser Summe erst wirken kann. Ursprünglich war das Ziel des Mindestlohns, den Niedriglohnsektor zu bekämpfen und eine würdevolle Lebensplanung vollziehen zu können. Zu diesen Idealen sollten wir uns wieder zurückbesinnen. Vor allem müssen Berufe attraktiver gemacht werden, die dringend benötigt werden. Insgesamt sind in Deutschland im Jahr 2018 1.183.000 Stellen frei, das sind 128.000 mehr als im Vorjahr. Zahlreiche Berufe sind dramatisch unterbesetzt, obwohl sie einen wichtigen Beitrag für das Funktionieren eines geregelten Alltags der Gesellschaft leisten. Bis zum Jahr 2025 werden wohl 35.000 Grundschullehrstellen unbesetzt sein. Um angemessen zu reagieren, müssten bis zum Schuljahr 2020/2021 9.800 Grundschullehrer pro Jahr eingestellt werden, in den darauffolgenden Jahren sogar 11.200. Bei den Ärzten werden im Jahr 2030 voraussichtlich 110.000 Stellen ohne Personal sein. Im Handwerk gab es im vergangenen Jahr 15.000 offene Lehrstellen. Man könnte die Beispiele mit zahlreichen anderen Branchen weiterführen, denn dies hier ist nur die Spitze des Eisbergs. Laut dem Forschungsinstitut Prognos können bis zum Jahr 2040 3,3 Millionen Fachkräfte fehlen, wenn die Politik und die Wirtschaft ihren bisherigen Kurs fortsetzen. Insgesamt geht in Deutschland pro Jahr fast ein Prozent Wirtschaftswachstum wegen des Fachkräftemangels verloren. Da Deutschland ein jährliches Wirtschaftswachstum von rund 1,9% hat, würde es sich mit den entsprechenden Fachkräften also um 50% steigern. Daher ist eine schnelle Lösung des Problems notwendig, ein langes Herausschieben wie in vielen anderen Bereichen darf es hier nicht geben. Wir fordern daher ein Einwanderungsgesetz (siehe bei 11.), das jedoch nur einen Teil der Lösung bietet. Des Weiteren soll im Bundeswirtschaftsministerium der Posten für einen Beauftragten zur Erneuerung des Handwerks eingeführt werden, um den Gesamtsektor für die Zukunft aufzustellen. Als Voraussetzung muss eine wirkungsreichere Weiterbildung zum Standard werden. Die Einrichtung eines zentralen Fonds für Umschulungen und Weiterbildungen ist dafür ein geeignetes Mittel. Eine Weiterbildung über die Berufsgrenzen hinaus kann aber auch im eigenen Unternehmen geschehen. Um das Erbe der Aufklärung fortzuführen, ist die Heranführung an Literatur, Kultur und Wissenschaft elementar. Jedes Unternehmen des Landes richtet dafür einmal pro Woche eine Informationsstunde ein, die als Vollversammlung allen Arbeitern bei Vorträgen und Diskussionsrunden genau diese Themen aufgreift. Wenn Unternehmen diese Informationsstunde einführen, kriegen sie den dafür anfallenden Arbeitsausfall vom Staat ersetzt und erhalten zudem noch eine staatliche Förderung, um die Bedeutung der modernen Weiterbildung zu betonen. Zwei aktuelle Beispiele verdeutlichen die fehlgeleitete Arbeitsmarktpolitik. Zum Einen war die „Siemens AG“ im letzten Jahr in den Schlagzeilen, da sie im Geschäftsjahr 2016/2017 einen Umsatz von 8,3 Milliarden Euro erzielte, gleichzeitig aber 3.500 Arbeitsplätze in Deutschland (nahezu alle davon im Osten des Landes) und 7.000 weltweit gestrichen hat. Andererseits musste die „Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG“ im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden, jedoch wurden nur 80% der 8.000 Beschäftigten bei den Nachfolgeinvestoren eingestellt. Demzufolge hätte auch hier eine Auffanggesellschaft von Seiten der Politik gegründet werden müssen, in beiden Fällen wurde es jedoch verschlafen. Sowohl bei Siemens als auch bei Air-Berlin fand die Bundesregierung keine arbeitsmarktpolitische Antwort, um die Arbeitnehmer zu entschädigen. Das ist ein Armutszeugnis. Unsere Antwort auf dieses marktradikale Verhalten der Konzerne ist eine Sozialgebundenheit der Unternehmen: Jedes Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss ein soziales Tochterunternehmen besitzen oder gründen (mit mindestens 100 Angestellten, davon mindestens 5% Auszubildende). In dieser Tochterfirma sollen Berufe untergebracht sein, die in erneuerbare Energien oder neue Technologien investieren. Die Unternehmen erhalten entsprechend der Größe des Tochterunternehmens umso mehr staatliche Unterstützung. Fragt man sich nun, wo die Sozialgebundenheit bleibt, so soll erklärt sein, dass die Hälfte der Gewinne der Tochterfirma an die Kommunen sowie an Fonds zur erneuerbaren Energien und neuen Technologien gehen werden, um auch kleineren Tochterfirmen eine Marktchance zu bieten. Damit macht unser Land nicht nur einen gigantischen Sprung bei der wissenschaftlichen Forschung und beim Klimaschutz, sondern auch bei der Stärkung der Kommunen, die dann mehr in kommunale Einrichtungen wie einem Gemeindehaus investieren können (mehr dazu bei 13.) Zur weiteren Bekämpfung der Chancenungleichheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen komplett abgeschafft werden. Die gegenwärtige Regierung prahlt eher mit großen Worten, anstatt effektive Maßnahmen folgen zu lassen. Außerdem müssen die Rechte der Betriebsräte erweitert werden, da sie das Sprachrohr für die Probleme der Beschäftigten bilden. In manchen Branchen geht die ökonomische Logik sogar so weit, dass Arbeitsplätze mehr wert sind als Menschenleben, man verweise nur auf das Beispiel in der Waffen- und Rüstungsindustrie. Deutschland hat den größten Billiglohnsektor in Europa, über 1 Million Leiharbeiter schuften in unserer Bundesrepublik. Das Prinzip der Leiharbeiter war eigentlich für vorübergehende Arbeiten gedacht, mittlerweile dient es nur noch dem Lohndumping. In der Metallindustrie ist jeder dritte Angestellte mit einem Billigjob gestraft. Über 3 Millionen Menschen in Deutschland haben mehr als einen Job und können infolgedessen kaum noch Zeit für die Familie aufbringen. Die Gewinne der Unternehmen steigen dafür immer mehr an. Diese schockierenden Zustände zeigen deutlich, welche desaströsen Auswirkungen es haben kann, wenn man den Markt sich selbst überlässt. Deutschland ist so ein wohlhabendes Land, aber schafft es trotzdem nicht, den Wohlstand auch gerecht zu verteilen. Die Fehlerkette beginnt schon beim Arbeitsprozess, also ganz zu Beginn der Wertschöpfungskette. Schaut man auf die Lohnentwicklung zwischen den Jahren 2000 und 2010, kommt man zu der Schlussfolgerung, dass Deutschland die Arbeiter in den letzten beiden Jahrzehnten im Stich gelassen hat: In Norwegen stiegen die Löhne um 25,1%, in Schweden um 14,4%, in Dänemark um 10,7%. Auch Portugal konnte bei steigenden Löhnen von 9,4% und Frankreich von 8,6% einen wirtschaftlichen Aufschwung verzeichnen. Währenddessen verbesserten sich die USA im Lohnniveau nur um 2,2%, in Deutschland sank es sogar um 4,5%. Die Werksvertrags- und Leiharbeitsfirmen müssen endlich abgeschafft werden. Als Vermittler zwischen Leiharbeiter und Unternehmen soll in Zukunft der Staat dienen, dann wird das Gehalt der Arbeitnehmer auch wieder ansteigen. Besonders Leiharbeiter sind von niedrigen Löhnen betroffen. In Frankreich gilt, dass Leiharbeiter 10% mehr Gehalt als ein normaler Angestellter erhalten, um die Flexibilität wertzuschätzen. In Deutschland kann man mindestens verlangen, dass ein gleicher Lohn für die gleiche Arbeit gezahlt wird (was nicht nur bei Leiharbeitern, sondern auch bei Frauen gelten muss). Durch das Leiharbeitsgesetz vom Juni 2017 gilt jedoch erst ab dem 9. Monat der Grundsatz des gleichen Lohns für die gleiche Arbeit, zu diesem Zeitpunkt sind allerdings schon drei Viertel der Leiharbeiter bereits wieder entlassen worden. Hinzu kommt, dass mittels Tarifverträgen das Gehalt eines Leiharbeiters noch bis zum 18. Monat gesenkt werden kann. Nach einer Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften (beispielsweise der IG Metall) ist es für Arbeitgeber möglich, dieses Prinzip sogar 48 Monate lang gelten zu lassen. Dieser Hürdenlauf zur Festeinstellung ist nicht weiter tragbar. Das Unternehmen muss zukünftig verpflichtet werden, Leiharbeiter nach spätestens sechs Monaten fest einzustellen oder zu beurlauben. Jedoch muss gesetzlich verhindert werden, dass ein Leiharbeiter mehrmals fünf Monate bei einem Unternehmen eingestellt wird. Außerdem soll der Arbeiter auf Zeit von Beginn an denselben Lohn erhalten wie seine festangestellten Kollegen. Dass das Leiharbeitssystem bisher noch nicht zusammengebrochen ist, liegt daran, weil sich die Leiharbeiter geradezu gezwungenermaßen auf diese dauerhafte Quälerei und Ungewissheit einlassen müssen. Andernfalls droht ihnen Hartz IV. Diese Probleme wären mit der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens von einen Tag auf den anderen gelöst. Damit würde man einen großen Schritt in Richtung gerechte Arbeit machen. Aber nichtsdestotrotz müssen die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen würdevoll gestaltet werden. Auch hier ist Dank des bedingungslosen Grundeinkommens eine Verbesserung der Arbeitsmarktsituation für den Arbeitnehmer zwangsweise notwendig, um die Arbeiterschaft in einem Unternehmen zu erhalten. Die soziale Sicherheit soll durch die Arbeit gewährleistet werden, mit diesem Grundsatz wurde seit der rot-grünen Regierung gebrochen. In der Folge wurden die verheerenden Auswirkungen dieser liberalen Wirtschaftspolitik deutlich. m 21. Jahrhundert sollte der Arbeitnehmer noch auf weitere Annehmlichkeiten zurückgreifen können, die von der Politik immer noch blockiert werden. Alle Berufe in Deutschland sollten sozialversicherungspflichtig sein, auch Selbstständige müssen eine soziale Absicherung erhalten. Im letzten Jahr verbreitete sich die Idee, eine 28-Stunden-Woche für Arbeitnehmer für einen Zeitraum von zwei Jahren einzuführen. Diese Maßnahme wäre nützlich bei einer familiären Sondersituation wie etwa der Kindererziehung oder der Altenpflege. Anschließend muss jedoch auch ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit bestehen. Betrachtet man den sich festsetzenden Trend der letzten Jahre in Deutschland, nach dem immer mehr Menschen am Wochenende, in Schichten oder nachts arbeiten müssen, ist dieses Modell der verträglichen Arbeitsbelastung in doppelter Hinsicht sinnvoll. Der Unternehmergeist darf dennoch nicht abhandenkommen, auch wenn der Sozialstaat seine schützende Hand über die Wirtschaftsabläufe legt. Jedoch gibt es auch hier Schwachstellen bei den Bedingungen, die von staatlicher Seite bisher versäumt wurden. Bei der Gründung von Start-ups bestehen noch Startschwierigkeiten: In Deutschland dauert das bürokratische Verfahren einer Firmengründung knapp 100 Tage, während es in Estland zum Beispiel nur zwei Tage dauert. Zusätzlich muss Arbeitserlaubnis schneller ausgestellt werden, vor allem für Migranten. Zahlreiche Industriestaaten sprechen von der Vollbeschäftigung (Arbeitslosenquote unter 3%). Ist das der Beweis für den wirtschaftlichen und politischen Erfolg der Demokratie? Eher nicht. Stattdessen sind die Arbeitslosenzahlen nicht vollständig, nicht aufgelistet werden Arbeitslose, die von einer privaten Agentur vermittelt wurden (knapp 186.000 Menschen) oder auch Personen, die gerade eine Weiterbildung absolvieren (rund 165.000 Menschen). Ebenfalls nicht mit aufgenommen in die Statistik werden Personen ab 58 Jahren, die seit mehr als einem Jahr arbeitslos sind (circa 163.000 Menschen) und sogenannte 1 Euro-Jobber (ungefähr 75.000 Menschen). Insgesamt sind über 800.000 Arbeitssuchende nicht in der Arbeitslosenzahl wiederzufinden. Würde man diese Personengruppen also auch zur Arbeitslosenstatistik hinzuzählen, wie es sich eigentlich gehört, dann würde das Ergebnis spürbar anders sein. Im Dezember des Jahres 2017 lag die Arbeitslosenquote bei 3,6% (etwa 2,7 Millionen Arbeitslose). Mit der Anpassung würde sie bei 4,7% (rund 3,5 Millionen Menschen) liegen. Diese Verschönung der Politik ist wenig transparent und verherrlicht einfach nur die fehlgeleitete Arbeitsmarktpolitik. Bezüglich der Arbeitslosigkeit veröffentlichte das Statistische Amt der Europäischen Union Anfang 2018 eine Statistik, die zeigt, dass Arbeitslose in Deutschland am stärksten von der Armut betroffen sind, denn hier liegt das Armutsrisiko bei 70,8%. Zum Vergleich: Der gesamte Durchschnitt in der EU liegt bei 48,7%. Das Prinzip von Hartz IV ist damit augenscheinlich überholt, Methoden wie das bedingungslose Grundeinkommen bieten eine nachhaltige Lösung an. Zwei Lehren kann man also aus dem Umgang der Politik mit den Arbeitslosen ziehen: Die Statistik über sie, also die Arbeitslosenzahlen, werden verfälscht, um ein besseres Gesamtbild zu erzeugen. Damit inbegriffen ist schon die Etablierung von Arbeitslosen als Feindbilder einer fleißigen Gesellschaft. Die zweite Lehre sollte auch eine Warnung sein, nämlich dass bloße Ignoranz für die Arbeitslosen unangebracht ist, mit der Denkweise, wonach der Sozialstaat und seine Obhut schon ein passendes Mittel dagegen finden werden. Die Bundesagentur für Arbeit, zuständig für die Arbeitslosen in Deutschland, machte 2017 einen Gewinn von 800 Millionen Euro, im Jahr darauf ein Plus von 2,5 Milliarden Euro. Normalerweise hätte man dieses Geld verwendet, um den Beitragssatz für die Arbeitslosenversicherung zu senken. Mit der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens ist eine Arbeitslosenversicherung aber nicht mehr notwendig. Daher kann das vorhandene Geld nun für den Ausbau der Jugendämter und für den Aufbau eines bundesweiten Ausbildungsverbandes (genauer bei 7.2. beschrieben) investiert werden. Diese beiden Projekte wollen insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit verringern und den Heranwachsen der jungen Generation eine möglichst sorgenfreie Zeit bescheren. Der Wandel der Arbeitswelt ist kein Selbstläufer. Erforderlich dafür sind ein aktiver und weitsichtiger Staat, protestwillige Arbeitnehmer sowie sozialverbundene Unternehmen. Um international anschlussfähig zu bleiben, lässt sich dieser Wandel nicht länger hinauszögern. Die Zeit ist gekommen für ein Umdenken.
6.3 Steuerpolitik
Die Steuern sind ein zentrales Mittel des Staates, der wirtschaftlich ungerechten Vermögen entgegenzuwirken und sie im Sinne der Gerechtigkeit anzupassen. Ob dieser Weg immer gelingt oder überhaupt erst gegangen wird, ist fraglich, angesichts der Zahlen. Die Ungleichheit in Gesellschaften ist mit drei Kriterien zu ermitteln: die Ungleichheit der Arbeitseinkommen, die Ungleichheit des Kapitaleigentums und der Zusammenhang zwischen beiden Feldern. Als Antwort darauf ist ein daran angepasstes Steuersystem die effektivste Methode des Staates zur Bekämpfung der Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Im Steuersystem unterscheidet man zwischen einer Verbrauchssteuer (beispielsweise der Mehrwertsteuer), einer Einkommenssteuer (die in den meisten Ländern zwischen 100 und 120 Jahre alt ist) und der Kapitalsteuer (zum Beispiel Grundsteuer, Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer). Mit diesen drei Steuerarten wird die Ausrichtung der Steuerpolitik vorgenommen. Nur eine richtige Dosierung der jeweiligen Arten ermöglicht ein gerechtes Steuersystem. Dieses muss zusätzlich aber immer auf die neuesten Trends der Vermögensanhäufung und Kapitalverteilung eingehen, um gesellschaftswirksam zu bleiben. Alle Milliardäre der Welt zusammen sind im Jahr 2017 um gut 800 Milliarden Euro reicher geworden. Bei der Vermögensverteilung in Deutschland tun sich auch erhebliche Unterschiede auf. Hierzulande haben die 45 reichsten Haushalte so viel Geld wie gesamte ärmere Hälfte der Gesellschaft (circa 41,75 Millionen Menschen). Haushalte mit einem Nettoeinkommen unter 2.000 Euro pro Monat verschulden sich zudem und können keine Ersparnisse zurücklegen. In jedem Industrieland der Welt besteht mehr als die Hälfte des Vermögens der Reichen aus Kapitaleinkommen, in den USA liegt der Wert sogar bei über 70% (zum Vergleich: Im Jahr der Weltwirtschaftskrise, 1929, lag er bei knapp unter 90%.). Das Arbeitseinkommen macht bei dieser Personengruppe hingegen meist nur ein Viertel aus. Hinzukommend ist sogar der Trend zu beobachten, dass je größer das Vermögen, desto geringer das Arbeitseinkommen. Hierbei wird die Notwendigkeit einer Vermögens- und Erbschaftssteuer nochmals unterstrichen, da die Vermögen ohne Aufwand vererbt werden oder sich auf den Konten vermehren. Würde man in diesem Fall die gleichen Steuersätze wie bei kleinen oder mittleren Einkommen anwenden, die fast nur ein Arbeitseinkommen besitzen, wäre dies zutiefst ungerecht. Als wäre dies nicht genug, vergrößert sich zusätzlich die Schere im Kapital-Einkommens- Verhältnis. Genau dieselben Bilanzen wurden verstärkt vor der Finanzkrise 2008 verzeichnet, da sie als ein Symptom einer ausufernden Wirtschaft gelten. Somit sind die entsprechenden Steuermaßnahmen also auch als Krisenprävention gedacht und anzusehen. Gerecht wäre eine Steuerpolitik, in der Alle vom deutschen Wirtschaftswachstum profitieren. Der standfeste Mittelstand, verehrt als wirtschaftliches Rückgrat der Nation, schwächelt jedoch ebenfalls. Ein durchschnittlicher Haushalt besitzt in Deutschland ein Nettovermögen von 60.000 Euro, damit liegen wir hinter 18 der anderen 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Diese Zahl deutet daraufhin, dass die finanzielle gesellschaftliche Mitte immer kleiner wird und zwischen arm und reich tendiert, meist aber zum Ersteren abrutscht. Weltweit betrachtet besitzen die 62 reichsten Personen der Welt so viel wie die ärmere Hälfte der Menschheit (rund 3,75 Milliarden Menschen). Würde man die Superreichen nur um 2% mehr besteuern, dann könnte jedes Kind auf der Erde zur Schule gehen. Bei einer höheren Besteuerung von 3% würde jedes Kind weltweit sogar eine warme Mahlzeit pro Tag erhalten. Die Ungerechtigkeit ist offensichtlich. Leider kann sich die Wirtschaft nicht von allein regulieren, deshalb muss der Staat eingreifen. Dennoch hält sich der Trickle-Down-Effekt, nachdem eine höhere Besteuerung der Reichen das Ende des Wirtschaftswachstums bedeuten würde, hartnäckig. Dabei ist er längst widerlegt, da sich in zahlreichen Ländern gezeigt hat, dass höhere Steuern keine Auswirkungen auf Investitionen haben, weil die Menschen Gewinne erzielen wollen und dabei nicht vorrangig an Steuern denken. Wobei die Steuern bei der Vermögensverwaltung immer mehr in den Fokus rücken. Gerade bei der Steuerhinterziehung werden seit ein paar Jahren regelmäßig neue Steuerskandale bekannt. Deutschland liegt in der Weltrangliste der Steuerparadiese auf Platz 8, sogar noch vor Panama. Daher sollten wir uns selbst erst einmal an die Nase fassen, schließlich gibt es auch bei uns Briefkastenfirmen. Es existieren auch Steueroasen in Europa und der Europäischen Union, daher ist eine EU-weite einheitliche Steuerpolitik mehr als notwendig, um den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden. Schlupflöcher im Steuerrecht sind zuallermeist nur durch eine teure Steuerberatung zu finden, weswegen nahezu ausschließlich Reiche Steuerhinterziehung begehen. Eine horrende Summe von 17 Milliarden Euro gehen dem deutschen Staat schätzungsweise durch die Steuerhinterziehung im Jahr verloren. Mit solch einer enormen Geldsumme wären viele Maßnahmen im Sozial- und Bildungssektor umsetzbar. Warum wird solch ein hoher Geldbetrag einfach als verlorengegangen hingenommen? Genauso ist es blamabel, dass sowohl die Panama- als auch die Paradise-Papers von Journalisten aufgedeckt wurden und nicht von Staaten (den investigativen Journalisten in allen Ehren), die eigentlich dafür zuständig sind. Als Grundlage unserer Steuerpolitik ist daher auch die Gründung einer internationalen Steuerunion (siehe auch 14.3.) notwendig. Das Kapital überschreitet alle nationalen Grenzen und kann sich den Staat mit den günstigsten Steuergesetzen aussuchen. Die internationalen Steuerlücken gehören zu den größten Schwachstelle des Kapitalismus. Alle Staaten, die das bedingungslose Grundeinkommen einführen, gelten als vollständige Mitglieder. Paritätische Mitglieder hingegen sind Länder, die nur Ansätze einer Steuerreform wie die Einführung einer Konsum- oder Finanztransaktionssteuer unternommen haben. Mit einem einheitlichen Steuersystem hat ein gemeinsamer und gemeinschaftlicher Wirtschaftsraum ohne Zölle und Sanktionen dann auch einen Sinn, der einen starken Gegenpart zum jetzigen Modell des Freihandels bieten kann. Um internationale Anerkennung für die Steuerunion zu erlangen, soll die Mitgliedschaft in der Europäischen Union gebunden sein an die Mitgliedschaft in der Steuerunion. Allerdings können auch Staaten außerhalb des EU-Raums Mitglied werden, wodurch die Steuergerechtigkeit in immer mehr Ländern der Welt zunehmen wird. Zuerst sind jedoch härtere Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung notwendig. Angefangen bei längeren Haftstrafen und einen Rückzahlzins von 80% dürfen berühmte Personen des öffentlichen Lebens nicht bevorzugt behandelt werden, da damit zugleich berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit und Verhältnismäßigkeit der deutschen Justiz laut werden. Beim Steuerabkommen Deutschlands mit der Schweiz aus dem Jahr 2011 fehlt jegliche Spur von einer gemeinsamen Steuerbekämpfung. Ebenso muss mehr Transparenz bei den Besteuerungsmethoden vereinbart werden, da das Abkommen ansonsten nur eine Schutzzone für Wohlhabende bietet und die Gering- und Mittelverdiener weiterhin besteuert. Der Bundesrechnungshof kritisierte die aktuelle Bundesregierung mehrmals für die Steuerverschwendung durch Subventionen. Unser Motto bei der Steuerpolitik soll nicht das blinde Herauswerfen von Geld sein, sondern eine koordinierte Abgabenverteilung, die die soziale Gerechtigkeit und den sozialen Frieden in unserem Land stärkt. Unser Steuersystem ist auf elf Steuern und einen Steuererlös zusammengefasst, womit die Steuererhebungen viel übersichtlicher und verständlicher werden. Zudem beinhaltet das neue Ausrichtung eine härte Bekämpfung der Steuerhinterziehung, eine jährliche Steuerstatistik statt nur alle drei Jahre sowie eine bequeme und zeitsparende Steuererklärung per App. Zu unterscheiden ist bei den Steuern zwischen den Besitzsteuern und Handelssteuern. Zur Ersteren zählen die Konsumsteuer, die Vermögenssteuer (durch diese beiden fällt dann die veraltete Einkommenssteuer weg), die Erbschaftssteuer, die Grundsteuer, die Körperschaftssteuer sowie die zentrale Unternehmenssteuer. Die andere Seite bilden die Handelssteuern, wozu die Mehrwertsteuer, die Finanztransaktionssteuer, die Kapitalsteuer (vorerst aber als Zehn-Jahres-Steuer wirkend), die Datensteuer sowie die Zuckersteuer. Damit ist das das neue Steuersystem ideal auf das neue Wirtschaftssystem der Humanismusökonomie ausgerichtet und ermöglicht eine funktionierende und erfolgreiche Volkswirtschaft, die darüber hinaus glücklich ist. Die zentrale Steuer des neuen Steuersystems soll die Konsumsteuer werden, sie ist schon näher beim bedingungslosen Grundeinkommen (siehe 5.3.) beschrieben. Mit dem Zweck der sozialen Gerechtigkeit ist eine Vermögenssteuer ab 200.000 Euro Jahreseinkommen von 5% bis 500.000 Euro, 10% bis 1 Million Euro und ab dann 15% zusätzlich zur Konsumsteuer geplant. Die Einkommenssteuer hingegen fällt in Zukunft weg. Nach einem Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts darf eine Vermögenssteuer erst erhoben werden, wenn der Immobilienwert der Reichen abgeklärt ist, was bisher bei den Meisten nicht der Fall ist. Hieran wird die absurde Besteuerungsgrundlage des Staates deutlich, der nämlich über die wohlhabendsten Personen dieses Landes, also die, die er am meisten besteuern muss, am wenigsten weiß. Außerdem ist eine Erbschaftssteuer, die auch wirklich wirkt, notwendig. Nur 34 der 100 reichsten Deutschen haben sich ihren Reichtum selbst erarbeitet, die anderen 66 haben das Vermögen vererbt bekommen. Prognosen zufolge kann die Erbschaftssteuer jährlich bis zu 60 Milliarden Euro in die Staatskassen spülen, die dann auch größtenteils in das Sozial- und in das Bildungsministerium fließen werden. Schon im Jahr 2014 forderte das Bundesverfassungsgericht härtere Auflagen für die Erbschaftssteuer, da mit der jetzigen Form 99% der Firmenerben ausgelassen werden. Diese Reform wurde aber bis heute nicht vollzogen oder zumindest begonnen. Zur Vermeidung einer Erbschafssteuer haben sich die Millionäre und Milliardäre aber zahlreiche Umleitungen einfallen lassen, um dieser Abgabe zu entgehen. Beliebte Methoden sind die Gründung von Stiftungen (häufig sogar sogenannte „gemeinnützige“), kaufen Professoren, die dann Studien zur Vermögensverteilung erstellen oder schließen Medienpartnerschaften (bereits geschehen mit zum Beispiel der Axel Springer SE, der WELT und der Süddeutschen Zeitung) ab. Gegner einer Erbschaftssteuer führen häufig völlig aus der Luft gegriffene Argumente an, wie beispielsweise die Gefährdung der Unternehmen (wobei bisher noch kein Unternehmen durch die Erbschaftssteuer in Deutschland bankrottging) oder die Gefährdung von Arbeitsplätzen (was auch eine schlichte Lüge ist, da es keinen einzigen Beleg dafür gibt). In der neuen schwarz-roten Regierungen wurden im Februar 2018 die Pläne für die neue Auslegung der Entgeltsteuer vorgestellt. Demnach müssen die Bürgerinnen und Bürger nun 45% Steuern auf ihr Gespartes zahlen, während Aktionäre nur 25% an den Staat abgeben müssen. Diese Maßnahme ebnet erneut ein Stück weit den Weg, Aktionäre wieder an die Börse zu holen, um Spekulationen zu tätigen. Die Lehren aus der Finanzkrise von 2008 sind demnach also wohl sehr schnell verflogen. Die Zukunft der Grundsteuer ist dagegen noch ungeklärt. Angedeutet wird schon seit Jahren, dass sie reformbedürftig ist. Bisher hat sich nur keine Politikerin und kein Politiker herangetraut, da die Neubemessung dieser steuerlichen Abgabe bis zu zehn Jahren dauern könnte. Allerdings ist die Größe der Aufgabe kein Grund, vor ihr zurückzuschrecken, denn früher oder später muss dieses Projekt angegangen werden, um einen Reformstau zu verhindern. Für Kommunen ist die Grundsteuer unverzichtbar, da sie knapp die Hälfte der Einnahmen ausmacht. Auch wenn wir bereits hohe finanzielle Summen für die Unterstützung der Kommunen bereitstellen wollen (siehe 6.2. und 13.), darf so ein großer Teil nicht einfach wegbrechen. Die Neuregelung der Grundsteuer ist daher unausweichlich. Die Mehrwertsteuer ist die einzige Steuer, die wir in der bisherigen Form beibehalten wollen. Sie regelt die Produktbesteuerung und dient als übersichtliche Größe zur Feststellung der Warenwirtschaft. Genauso förderlich daran ist die steuerliche Entlastung für Kulturartikel, die sich in das Konzept der Humanismusökonomie einordnet. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist längst überfällig, in Frankreich beispielsweise gibt es seit dem Jahr 1872 eine Steuer auf Wertpapiere, die ähnlich angelegt ist. Sie würde 0,1% auf den normalen Handel sowie 0,01% auf Derivate betragen. Damit werden vor allem Spekulationen getroffen, die eingedämmt werden müssen. Geringverdiener oder Kleinanleger werden hingegen fast gar nicht getroffen, sie bezahlen nur wenige Euro im Monat bei der Finanztransaktionssteuer. Als wichtiger Grundsatz gilt für die Finanztransaktionssteuer das sogenannte Ansässigkeitsprinzip, wodurch Unternehmen mit Sitz in Europa als auch Unternehmen, die mit europäischen Firmen Handel treiben, verpflichtet sind, diese Steuer zu leisten. Die Steuersätze für die Finanztransaktionssteuer mögen winzig wirken, bedenkt man aber die Menge der ausgeführten Transaktionen im einen Jahr, gelangt man zu einem beachtlichen Betrag. Die EU-Kommission ging bei einer Modelluntersuchung schon im Jahr 2011 von jährlichen Einnahmen in Höhe von knapp 60 Milliarden Euro aus. Mittlerweile gewann die Finanzwelt nochmals an Gewicht, diese Steuer würde heute wahrscheinlich noch höhere Einnahmen bescheren. Eine Kapitalsteuer bildet eine gerechtigkeitsfördernde Ergänzung zur Konsumsteuer. Auch sie wird durch vergleichsweise geringe Beträge bezogen, die aber ebenfalls eine große Wirkung entfalten werden. Für ein Jahreseinkommen unter 200.000 Euro soll sie 0,1% betragen, zwischen 200.000 und 1 Million Euro liegt sie bei 0,5%, zwischen 1 Million und 1,5 Million Euro lautet der Betrag 1%, alle darüberliegenden Jahreseinkommen werden mit 2% von der Kapitalsteuer betroffen sein. Laut einem der weltweit besten Wirtschaftswissenschaftler, Thomas Piketty, der die Kapitalsteuer in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ beschreibt, trifft diese Steuer in der EU 2,5% der Bevölkerung (Jahreseinkommen über 200.000 Euro). Zugleich erbringt sie aber 2% des europäischen Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die Ursache dafür liegt in der ungerechten Kapitalverteilung. Das oberste 0,1% des Kontinents besitzt circa 25% des europäischen Gesamtvermögens, was 125% des europäischen BIPs entspricht. Die betroffenen 2,5% der Bevölkerung besitzen wiederum 40% des Gesamtvermögens (200% des europäischen BIPs). Um die Kapitalsteuer erheben zu können, muss jedoch ein genaues Wissen über die Vermögen, vor allem in der oberen Schicht, vorhanden sein. In den USA existiert eine property tax (deutsch: Vermögenssteuer), die auf den von den Behörden jährlich vorgenommenen Neueinschätzungen des Marktwerts der Immobilien eines jeden US-Amerikaners beruhen. Jeder Steuerpflichtige kann natürlich Klage einlegen, doch die Schätzungen sind meist sehr genau und detailliert. Damit hat die US-Politik eine optimale Grundlage zur Steuererhebung. Falls dies nicht der Fall ist, zeigte Zypern im Zuge der Bankenpleite im Jahr 2013, welche harschen Konsequenzen drohen würden. Damals war fast nichts über die Höhe der Privatvermögen und den Besitz der reichen Zyprioten bekannt, selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) wusste fast nichts. Entsprechende Finanzhilfen an das wirtschaftlich angeschlagene Land waren nichts weiter als ungenaue Schätzungen. Dieser Zustand führte unter anderem zu einer in höchstem Maße unsozialen Entscheidung: Die in den Südstaaten Europas verhasste Troika (bestehend aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF) beschloss eine einmalige Vermögensabgabe, bei der Jahreseinkommen bis 100.000 Euro 6,75% ihres Geldes zahlen mussten, die darüberliegenden Einkommen aber nur 9,9%. Mit diesen Beträgen wurden die kleineren und mittleren Einkommen derart belastet, dass in Zeiten der Krise ganze Gesellschaftsgruppen verarmten, von der jahrelangen Arbeitslosigkeit ganz zu schweigen. Im ersten Jahrzehnt nach der Einführung der Kapitalsteuer soll diese aber erst einmal in einem abgewandelten Modus gelten. Vorerst wäre sie eine „Zehn-Jahres-Steuer“, die 5% für die Jahreseinkommen zwischen 0,5 Million und 1,5 Million Euro und 10% mehr für darüberliegende Jahreseinkommen bezieht. Damit wäre ein großer Schritt bei der EU-weiten Staatsentschuldung getan, vor allem von der Finanzkrise hart getroffene Länder würden enorm profitieren, da die harten Sparmaßnahmen dann ein schnelles Ende finden. Die europäische Solidarität würde diesbezüglich zugleich wiederbelebt werden. Zudem ist diese Entschuldung der Staaten notwendig, um das System der Humanismusökonomie wirtschaftlich stabil zu etablieren. Da dieses Wirtschaftskonzept auf Ausgeglichenheit aus ist, werden dort nur Staatsschulden aufgenommen, um einer Notsituation gerecht zu werden. Eine Körperschaftssteuer bleibt als Steuerform bestehen, ändert sich aber im Wesen. In Zukunft soll die Körperschaftssteuer nicht nur für Firmen des Typs GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) bezogen werden, sondern für alle Unternehmen. Dafür sinkt der Steuersatz von 15% des Unternehmensgewinns auf 5%. Der Umbau der Körperschaftssteuer ist in der Zuständigkeitsverlagerung mitgegeben, da sie von der Europäischen Union erhoben werden soll (siehe 14.2.). Folglich zahlt jedes Unternehmen im EU-Raum eine einheitliche Steuer, sodass keine großen Unternehmen bevorzugt werden oder sich Steuerschlupflöcher in Europa suchen können. Neben der Körperschaftssteuer soll eine zentrale Steuer für Betriebe eingeführt werden, die Unternehmenssteuer. Sie gilt nur für deutsche Betriebe und wird auch nur in Deutschland erhoben. Dann haben Unternehmen nur noch eine Steuer, weswegen keine endlos langen Steuererklärungen mehr gemacht werden müssen, infolgedessen können sich die Unternehmen mehr auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren. Die Unternehmenssteuer soll in verschiedene Stufen aufgeteilt werden, abhängig ist die Steuerlast stufenübergreifend von drei Kriterien: Jahresgewinn, Arbeitsklima sowie Macht der Betriebs- und neu gegründeten Sozialräte. Dabei wird es Firmen leichter gemacht, die fair und genossenschaftlich wirtschaften. Konzerne, die hingegen ausbeuterisch und kalt wirtschaften, müssen mehr Steuern zahlen. Daten sind die größte Ressource im 21. Jahrhundert, noch dazu sind sie komplett steuerfrei. Dies führt dazu, dass internationale Konzerne wie Google oder Facebook mit den von ihn angehäuften Daten machen können was sie wollen, häufig werden sie an andere Unternehmen für viel Geld verkauft. Es hat sich ein regelrechter Datenmarkt entwickelt. Um diesen Praktiken zuvorzukommen, ist die Einführung einer Datensteuer nützlich, da sie die digitale Ausspähung eindämmt und eine neue Ebene des Datenschutzes erreicht. Mit ihr ist man auf gutem Wege, den Menschen nicht mehr als grauen Algorithmus anzusehen, über den man alles erfahren muss, sondern schlicht als Kunde. Zu guter Letzt ist eine Zuckersteuer unvermeidbar, da die neue Volkskrankheit in den Wohlstandsgesellschaften Diabetes lautet, an ihr sterben viel mehr Menschen als an Terroranschlägen, Syphilis oder Tuberkulose. Vor allem die Deutschen essen und trinken viel zu viel Zucker, mit diesem Verhalten wird der eigenen Gesundheit immensen Schaden zugefügt. In Großbritannien existiert bereits eine Zuckersteuer, die wirksam ist. Die Steuer wird für Unternehmen erhoben, die Zucker in ihre Produkte mischen, sodass die unsichtbare Gefahr an der Wurzel bekämpft wird. Die Zuckersteuer hat nicht das Ansinnen oder die Aufgabe einer Belehrungsethik, sondern gilt als Vorsichtsmaßnahme mit medizinischem Feingefühl. Eine finanzielle Erleichterung bildet der Kultursteuererlös, er gilt für Eintrittskarten für Theater, den Erwerb eines Buches und viele andere Dinge mehr. Für diesen Zuständigkeitsbereich soll die Steuerlast auf 0% fallen, also steuerfrei werden. Der Hintergedanke ist nicht, dass ein Buch mehr wert ist als ein Brot, sondern die Wichtigkeit der Kultur hervorzuheben, die häufig vernachlässigt wird. Lebensmitteln sind genügend vorhanden, Kulturinteresse jedoch nicht. Im Blick auf die Kulturbranche soll der Kultursteuererlös eine Stütze sein, da viele Theater und Kinos mit der Wirtschaftlichkeit ihrer Häuser zu kämpfen haben. Der Kultursteuererlös ist eine Lobesgeste an die Kulturnation Deutschland. Zur Perfektion eines effektiven und sensiblen Steuersystems sind Steuerprüfer als verlängerter Arm des Rechtsstaates notwendig. Diese werden allerdings zu 100% von den Bundesländern finanziert, dürfen jedoch nur 10% vom Ertrag der Recherche des Steuerprüfers behalten, da der Rest in den Länder-Finanzausgleich geht. Dementsprechend muss ein Anreiz geschaffen werden, um Steuerprüfer einzustellen. Fortan sollen die Steuerprüfer zu 50% vom Bund zur anderen Hälfte vom jeweiligen Land bezahlt werden, gleichzeitig dürfen die Länder 70% des Ertrages behalten, die anderen 30% sollen dann in den Länder-Finanzausgleich fließen. Der Bund muss hier vorerst finanzielle Einbußen hinnehmen, jedoch profitiert er auch von einer starken wirtschaftlichen Aufstellung der Länder, die durch eine intakte Steuerüberprüfung verstärkt werden kann. Mit gestärkten Kontingenten kann eine Steuerstatistik dann auch jährlich erstellt werden und nicht nur alle drei Jahre wie bisher. Diese Art der Steueranalyse geschieht in keinem anderen Land in den großen Abständen. Bei einer jährlichen Bilanz über die Einkommen durch die verschiedenen Steuern kann die Politik feinfühliger und kurzfristiger auf die Steuereinnahmen reagieren, indem sich die vorliegenden Zahlen gleich in den Bundeshaushalt des nächsten Jahres integrieren lässt. Gerade in Zeiten, in denen die Wirtschaftsentwicklungen immer rasanter voranschreiten, ist eine detaillierte und engmaschige Analyse der Haupteinnahmequelle des Staates von Vorteil, um die Politik optimal auszurichten. Dank den Möglichkeiten der Digitalisierung planen wir, dass man Steuern ganz einfach über eine staatliche App bezahlen kann. Dieser Vorgang muss transparent, gleichzeitig aber auch datensicher sein. Dann wäre die jährliche Steuererklärung keine unangenehme Sache von großem Zeitaufwand mehr, sondern eine Kleinigkeit. Unser Grundsatz ist, dass die staatliche Besteuerung nicht nach Theorie oder Protokoll ablaufen soll, sondern individuell nach Belastbarkeit ausgelegt werden muss. Diesem Ideal nährt man sich mit der Einführung einer Konsumsteuer mit großen Schritten. Solange die Leitlinie „Reichtum durch Leistung, Wohlstand durch das BGE“ erhalten bleibt, ist eine Steuerpolitik, die auf der sozialen Gerechtigkeit basiert, das Fundament einer modernen Demokratie im 21. Jahrhundert.
6.4 Infrastruktur
Die Verkehrssituation in Deutschland sowie die Möglichkeiten der Fortbewegung sind in Deutschland seit dem Abgasskandal wieder führende Themen in der öffentlichen Diskussion. Deutlich wird, dass es für viele Menschen sehr schwer ist, auf das Auto zumindest teilweise zu verzichten, da hierzulande über die Jahrzehnte eine regelrechte Automobilromantik gewachsen ist. Die Zukunftsfähigkeit der ölbasierten Automobilbranche ist jedoch starken Zweifeln unterzogen, da die Schritte zur Erneuerung verweigert werden und damit ein Investitionsstau entsteht. Jedoch ist die Erneuerung von dringlicher Bedeutung, da Deutschland ansonsten nicht anschlussfähig für den internationalen Markt bleiben kann. Im Verkehrswesen besteht ein Investitionsbedarf von rund 35 Milliarden Euro. Keiner der Industriestaaten weltweit investiert so wenig in die Infrastruktur wie wir. Dabei wirken sich marode Straßen und Brücken auch auf die Lebensqualität der Menschen aus. Wie wichtig der Politik die Innovationsschübe beim Verkehr sind, zeigt die Ressortverteilung. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ist nicht nur für das Straßen- und Schienenwesen zuständig, sondern auch noch für die Digitalisierung. Diese beiden Anliegen sind zu wichtig, als dass sie das richtige Maß an Wertschätzung und Finanzbedarf zusammengezwängt in einem Ministerium erhalten würden. Wir sind für die Einrichtung eines Digitalministeriums (siehe bei 2.), sodass sich das Verkehrsministerium ausschließlich um die Infrastruktur in Deutschland kümmern kann. Eine richtungsweisende Entscheidung wäre die Einführung des kostenlosen Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). In Deutschland besitzen 76% aller Haushalte mindestens einen PKW, 2015 waren in Deutschland laut des Raumordnungsberichtes der Bundesregierung knapp 45 Millionen Autos in Deutschland zugelassen. In Großstädten ist die Anzahl der Autofahrer deutlich niedriger, beispielsweise besitzen in Berlin nur 40% der Haushalte einen PKW. Der Umstieg auf den ÖPNV ist nicht nur eine erhebliche Erleichterung für die Umwelt (unter anderem wegen der reduzierten Feinstaubbelastung), sondern beweist sich auch als wirtschaftlich profitabel. Jedoch gehen jedes Jahr 80% der Mobilitätsausgaben in den Individualverkehr, gleichzeitig wird der ÖPNV kaputt gespart, obwohl Autos teurer für Staat sind. Deutsche Städte müssen 15 Milliarden Euro jährlich für die Funktionstüchtigkeit des Autoverkehrs bezahlen. Laut dem Verkehrsclub Deutschland liegt der Großteil dieser Kosten dabei bei der Unterhaltung und beim Neubau von Parkplätzen sowie bei der Straßenbeleuchtung, Straßenreinigung und Straßenentwässerung. Zusätzlich fallen enorme Mehrausgaben bei der Feuerwehr, der Polizei sowie der Wirtschaftsförderung an. All diese Ausgaben sind bis zu 90% durch den Autoverkehr verursacht worden. Würde der Bund nur einen Teil der Gelder mehr in den ÖPNV investieren, könnte auf dem Land bald wieder alle 20 Minuten ein Bus fahren. Ebenso können die öffentlichen Verkehrsmittel dann aufgerüstet werden und zur E-Mobilität übergehen. Im Zuge der Digitalisierung sollen außerdem alle Busse und Bahnen mit freiem WLAN ausgestattet werden. In der estnischen Hauptstadt Tallinn hat sich ein erfolgreiches Modell des ÖPNV etabliert, mit dem die Stadt sogar Geld verdient. Die Metropole mit über 400.000 Einwohnern erhält für jeden Einwohner, der den ÖPNV nutzt, 1.000 Euro. Zur Ermittlung der Bus- und Bahnfahrer wurden Karten an alle Bürgerinnen und Bürger verteilt, die man beim Einstieg in das öffentliche Verkehrsmittel kurz an eine Registrierstelle halten muss. So sind die Einwohner, die mit dem ÖPNV unterwegs sind, zählbar. Allerdings profitiert nicht nur die Stadt, sondern auch die Unternehmen, die mehr Kunden verzeichnen können, auch das zeigte das Modell Tallinn in der Praxis. Zudem wird Menschen, die von Armut bedroht sind, eine Benachteiligung zur Beteiligung am öffentlichen Leben genommen, an dem sie sich nun ein Stück weit leichter beteiligen können. Es ist absurd, dass in Deutschland viele Menschen wegen Schwarzfahrens in öffentlichen Verkehrsmitteln im Gefängnis sitzen. Allein in Berlin sind es 400 Personen. Zurückzuführen ist dies auf den Paragrafen 265a des Strafgesetzbuches, der lautet: „Wer (...) die Beförderung durch ein Verkehrsmittel (...) in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ Insgesamt kosten diese Inhaftierungen dem Staat jährlich 200 Millionen Euro. Diese Problematik wäre mit der Einführung des kostenlosen ÖPNV dann auch eine Sache der Vergangenheit. Weitere Möglichkeiten zur Etablierung von kollektiven Transportmitteln ist der private Rufbus, der per App deutschlandweit buchbar ist und so die Menschen zu Kulturveranstaltungen oder in Clubs bringen kann. Denn auch hier würde sich die Schadstoffbelastung, vor allem in den Städten, spürbar senken. Bisher ist der Einfluss der Automobillobby zu groß und zu sehr meinungsbildend, als dass Reformvorschläge einen nachhaltigen Widerhall fanden. Jedoch ist es an der Zeit, über andere Leitbilder der Personenbeförderung nachzudenken. Genügend Modelle samt Finanzierungsabsicherung stehen zur Verfügung, es muss nur etwas daraus gemacht werden. Mit inbegriffen in der Verkehrswende ist der Ausbau von Fußgänger- und Radwegen in Deutschland. Die Luft in nahezu allen deutschen Städten muss besser werden, die Lösung ist dabei nicht, einfach die Grenzwerte nach oben zu korrigieren, wie es bisher gemacht wurde. Als Beispiele dienen die Universitätsstädte in Deutschland, da sie in Sachen Fußgängerzonen und Radwegeausbau häufig führend sind. Die Luftreinheit in Deutschland ist weiterhin mangelhaft. Erst im Januar 2018 hat die EU- Kommission Deutschland eine Frist gesetzt, sodass endlich wirksame Maßnahmen ergriffen werden sollen. Diese Ermahnungen wegen ungenügender Luftwerte kamen in den letzten Jahren häufig von der Europäischen Union, beachtet wurden sie jedoch selten. Diese Ignoranz von Seiten der deutschen Regierung führte dazu, dass die EU-Kommission Mitte Mai 2018 Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen zu schlechter Luft in den deutschen Städten verklagt hat. Dabei sind die Grenzwerte bereits seit zwei Jahrzehnten beschlossen und wurden in dieser Zeit auch schon vor dem Abgasskandal regelmäßig überschritten. Nach logischen Schlüssen müsste klar sein, dass die regelmäßige Überschreitung der Normen zu Konsequenzen führen muss. Nichtsdestotrotz verhindert Deutschland bei EU-Abstimmungen stets den Beschluss schärferer Abgaswerte. Fahrverbote für Diesel in Städten ist dabei nicht die richtige Lösung ihre Durchsetzung war ein Beweis für die Hilfslosigkeit der deutschen Politik. Am Ende musste der Autofahrer als kleinstes Glied in der Machtkette für die schweren Fehler der Automobilkonzerne büßen. Vor allem sollen nur Dieselautos betroffen sein, obwohl ein Benzinmotor noch umweltbelastender ist. Die Autohersteller müssen zur Veränderung der Abgaswerte der manipulierten Autos gezwungen werden, bisher wurde das aus Angst vor Autolobby nicht getan. Bei den Wahlen brauchen sich die Parteien dann erneut nicht wundern über die Ergebnisse sowie den Vorwürfen, Politik und Wirtschaft betreiben ja ein abgekatertes Spiel. Hardware-Nachrüstungen sind mehr als gerechtfertigt gegenüber den Autofahrern, es ist empörend, dass die Autobauer mit ihrem systematischen Betrug straf- und bußgeldfrei durchkommen. Volkswagen und Daimler machten beide im Jahr 2017 einen Gewinn im zweistelligen Milliardenbereich, daher ist das Finanzieren zum Ausbaden der eigenen Fehler leicht gestemmt. Wozu gibt es eigentlich noch den Verbraucherschutz in Deutschland? In der Abgas-Affäre wurde er komplett ignoriert. Millionen von Kunden wurden betrogen, kurzfristig gab es einen Aufschrei, der aber viel zu schnell wieder verstummte. Unter dem Argument des Erhalts der Arbeitsplätze wird der Automobillobby jedes Vergehen verziehen. Dieser Bereich dient als bestes Beispiel, warum in Deutschland ein Sammelklagerecht eingeführt werden muss (siehe 4.1.). Hingegen brachte es die Bundesregierung nur zur Idee einer Musterfeststellungsklage, die jedoch nicht von Verbänden aufgegeben werden darf, genauso wenig von Stiftungen oder gar einzelnen Verbrauchern. Mit einem Sammelklagerecht entsteht keine Verklagekultur, sondern eine Kultur der Verbrauchergerechtigkeit, weil sich der Einzelne auf diesem Wege in Solidarität mit anderen Menschen gegen große Unternehmen wenden kann und nicht so machtlos dasteht wie zuvor. Entscheidende Fragen für die Zukunft werden heute erst gar nicht mehr gestellt: Welche Lösungen haben Automobilbranche und Politik, um einen erneuten systematischen Betrug zu verhindern? Welchen Schadenersatz kriegen die Autofahrer zugesichert? Wer ist verantwortlich für den Abgas-Skandal? Betrug bleibt Betrug. Die Politik darf keinen noch größeren Schutzmantel aufbauen, um die Autokonzerne zu schützen. Das Umweltbundesamt wusste bereits seit 2003 von Abschalteinrichtungen in LKWs. Gehandelt hat es diesbezüglich jedoch nicht, dafür schickte es den Mitarbeiter, der es herausfand, in den vorzeitigen Ruhestand. Im Zuge des Abgas-Skandals wurden neue Grenzwerte festgelegt, die neuen Richtlinien wurden nun willkürlich nach oben korrigiert. Dieses neue Grenzwertsystem wurde sogar EU-weit auf Drängen Deutschlands eingeführt, nur, damit sich unser Land aus der Verantwortung stehlen kann. Letztlich war die Affäre um die manipulierten Abgaswerte nicht nur ein Versagen des Verkehrsministeriums, sondern auch das Gesundheits- sowie das Umweltministerium haben zu keiner Zeit Verantwortung übernommen und die richtigen Maßnahmen ergriffen. Erfreulich ist, dass die Elektromobilität langsam aber sicher auf dem Vormarsch ist. Der Wandel beginnt allerdings erst bei den E-Autos, auch E-Busse, E-Flugzeuge und E-Schiffe sind keine Utopien mehr, sondern werden in ein paar Jahrzehnten fest zum Alltag gehören. Wichtigster Grundsatz hierbei ist, dass die E-Mobilität auch mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss, ansonsten hat der Umweltschutz große Teile seiner Bedeutung verloren. Eine Quote für E-Autos kann helfen, indem man die Automobilunternehmen verpflichtet, jährlich einen bestimmten Prozentsatz an hergestellten Autos, die in Deutschland verkauft werden, mit der Elektromobilität ausstatten. Seit einiger Zeit wird speziell der Diesel subventioniert, damals herrschte eine ähnliche Stimmung wie heute im Verhältnis zu den E-Autos. Heute ist das Tanken von Dieselkraftstoff um ungefähr 22 Cent pro Liter günstiger. Mittlerweile ist jedes dritte Auto auf deutschen Straßen laut Kraftfahrtbundesamt eines mit Dieselantrieb. Die Förderungsmethoden mit dem Diesel haben also augenscheinlich funktioniert, dasselbe Modell muss nun auf die Elektroautos übertragen werden. Ein weiterer Schritt ist die Umstrukturierung beim Dienstwagenprivileg, das pro Jahr mit 4,3 Milliarden Euro subventioniert wird. In Zukunft soll es nur noch gewährt werden, wenn das erworbene Automobil mit Elektromobilität oder bei absteigender Subventionierungssumme mit einem Hybridmotor angetrieben wird. Auf diesem Weg ist es möglich, Elektroautos günstiger zu erwerben als andere Automobile. Zusätzlich sollte es weitere Privilegien für E-Autos geben, auch psychologischer Art, wie die Erlaubnis von Fahren auf den Busspuren. In Norwegen hat man ein groß angelegtes Förderungsprogramm für Elektroautos angelegt. Mit großem Erfolg, wie sich herausstellte: In Deutschland wurden im Jahr 2017 54.492 Elektroautos verkauft, was 1,6% aller Autos in der Bundesrepublik ausmacht. In Norwegen hingegen beträgt der Anteil der E- und Hybridautos mittlerweile 53% des gesamten Marktes. Ein großes Problem stellen Kreuzfahrtschiffe dar. Laut Umweltbundesamt gibt es 300 weltweit, diese Zahl mag unwichtig klingen, ihre Wirkung ist aber enorm. Sie verschmutzen in einem viel höheren Maße die Umwelt, insgesamt produzieren sie während einer Fahrt so viel Feinstaub wie fünf Millionen Dieselfahrzeuge. Daher sind in der Zukunft Sanktionen oder höhere Steuern für Kreuzfahrtunternehmen, die nicht ihre Umweltstrategie ändern, unausweichlich, auch weil Kreuzfahrten immer beliebter werden. Selbst an Bord eines Kreuzfahrtschiffes wird die erhöhte Belastung mit Abgasen deutlich. Durchschnittlich existieren dort bis zu 475.000 Partikel pro Kubikzentimeter Luft. Als Vergleichsgröße kann man einen Tag mit Feinstaubalarm in Stuttgart hinzuziehen: Sogar dann erreichen die höchsten Werte nur eine Höhe von 40.000 Partikeln pro Kubikzentimeter. Auch bei den Lastkraftwagen besteht Verbesserungsbedarf. Bei LKWs muss das Abschalten der automatischen Bremseinrichtungen verboten werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Darüber hinaus stehen bundesweit nur 230 Kontrolleure für die Einhaltung der Fahrzeit zur Verfügung, was eine viel zu geringe Anzahl darstellt, ebenso sind die Bußgelder viel zu gering. Die meisten Fahrer der Lastkraftwagen auf deutschen Straßen verdienen den Mindestlohn ihres Heimatlandes, obwohl sie hierzulande arbeiten. Daher muss es geltendes Recht sein, dass jede Person, die in der Bundesrepublik arbeitet, auch den hier festgeschriebenen Mindestlohn erhält (siehe dazu bei 5.3.). Förderlich wäre es, denn LKW-Verkehr auf die Schienen zu verschieben, da dies in einem viel höheren Maße umweltschonender ist und zeitgleich das Staurisiko abnimmt. Mit Subventionen ist diese Umstrukturierung des Waren- und Gütertransports aber nur zum Teil möglich. Die nächste Problematik ist die Teilprivatisierung von Autobahnen. Um dieses Thema gab es in den letzten Jahren zahlreiche Pannen. So ist die Autobahngesellschaft, die für den Streckenabschnitt zwischen Hamburg und Bremen zuständig ist, bereits pleite gegangen und muss nun mit Milliardenhilfen von staatlicher Hand restauriert werden. Außerdem stellte der Bundesrechnungshof fest, dass die sogenannten Öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPPs) zwischen Staat und Wirtschaft 28% teurer sind als staatliche Autobahnen. Warum gesteht man sich das Scheitern dieses Projekts nicht ein und hält weiter krampfhaft daran fest? Entstanden ist die Weggabe von Autobahnen aus dem staatlichen Besitz im Jahr 2016, zu dieser Zeit kaufte der Bund den Ländern die Rechte an den Autobahnen für 10 Milliarden Euro ab, um sie dann zu einem Teil privatisieren zu können. Im Gegenzug wurde für bestimmte Bundesländer eine Vergünstigung beim Länder-Finanzausgleich bewirkt. Anschließend wurde eine Bundesfernstraßen GmbH gegründet, die mittlerweile zur Aktiengesellschaft umfunktioniert wurde. Der entfesselte Kapitalismus stieß also sogar bis in diesen Bereich vor, der eigentlich unumstößlich in staatlicher Hand sein muss, da es hier nicht auf Profit, sondern auf Verlässlichkeit ankommt. Nach derselben kurzsichtigen Logik entstand auch die Maut auf Autobahnen, die sich bisher nur als Bürokratiemonster behaupten konnte und in der Praxis keinerlei Nutzen aufweisen konnte. Ursprünglich sollte die Autobahnmaut ein plus von 500 Millionen Euro einbringen, mittlerweile macht sie jedoch ein jährliches Minus von 251 Millionen Euro. Im September 2017 gab es auch eine Panne bei der LKW-Maut, da herauskam, dass die Lastkraftwagen gar nicht nach Gewichtsklassen besteuert werden, sondern nach der Anzahl der Achsen. Dadurch wurde auch hier ein Verlustgeschäft betrieben, das zudem einen hohen bürokratischen Aufwand forderte. Die Idee einer Maut auf deutschen Straßen ist unsinnig, genauso ist sie es auf belgischen, französischen oder polnischen Straßen. Die Europäische Union sollte die Maut verbieten, da sie gegen den EU-Leitgedanken der freien Grenzen ist und deren Abschaffung auch eine Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger darstellen würde. Zeitgleich darf unter dem Vorwand der Mautabschaffung der anscheinend fehlenden Gelder aber nicht der Straßenzustand verschlechtert werden. Zur Thematik Sicherheit im Straßenverkehr gab es in den letzten Jahren einige beachtungswürdige Vorstoße. Immer wieder ist in diesem Zusammenhang auch von einem flächendeckenden Tempolimit auf deutschen Autobahnen die Rede, wir als FPA befürworten eine Volksabstimmung zum Thema Tempolimit, indem die Bürgerinnen und Bürger selbst über diese emotional aufgeladene Angelegenheit entscheiden. Nicht untergehen soll hierbei, dass mit der Infrastruktur auch die kulturelle Infrastruktur gemeint ist. Die Kirchen werden in der nächsten Generation einen deutlichen Mitgliederverlust verzeichnen müssen, dennoch muss das kulturelle Erbe aufrechterhalten werden, dabei müssen die christlichen Organisationen unterstützt werden. Gleiches gilt für die Gotteshäuser anderer Religionen. In der Automobilbranche rumort es gerade gewaltig. Die Autobauer haben ihr Vertrauen verspielt, allerdings in einem so großen, schändlichen und systematischen Umfang, dass ein paar Strafen diesen strukturellen Betrug nicht ungeschehen machen werden. Die Suche nach neuen Wegen der Fortbewegung sind mehr als legitim, umweltschonender sind sie sowieso. Es bricht ein neues Zeitalter der Fortbewegung an, doch wir dürfen den Zeitpunkt nicht verpassen, um die Weichen zu stellen und es aktiv mitzugestalten.
7. Bildung
7.1 Schulpolitik
Jede Generation wird neu erzogen. Sie wächst mit anderen Idealen auf, muss sich in einer neuen Welt zurechtfinden. Wie wichtig den Politikern unsere Zukunft ist, zeigt unser Bildungssystem ausdrücklich. Die Schule soll auf die Zukunft vorbereiten, jedoch herrscht dort zumeist eine Arbeitsatmosphäre und eine Ausrüstung der Vergangenheit. Wir lernen in der Schule, dass das Geld wie ein Gott unser Leben bestimmt. Wofür lernen wir? Um einen Beruf zu finden, mit dem man viel Geld verdient. Wofür arbeiten wir? Um Geld anzuhäufen. Das Geld hat sich als Lebensmitte und Lebenssinn etabliert, sogar im Bildungssystem ist es die maßgebende Größe. Das Leitmotto heißt „Freiheit durch Bildung“, denn soziale Mobilität ist die wichtigste Aufgabe des Bildungssystems. Mit dem Schulsystem ist auch immer eine Hoffnung in das Neue verbunden. Diese Kraft hinter der Zukunftshoffnung ist mehr als berechtigt. Betrachtet man die Herangehensweise an die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein (vollendet 1915), so stellt man fest, dass noch vor 70 Jahren nur sehr wenige Leute weltweit diese Theorie verstanden. Heute hat fast jeder gescheite Physik-Student einen groben Überblick über die Aussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie. Diese Verbreitung hochkomplexen Wissens ist nur dank der neuen wissenschaftlichen Möglichkeiten denkbar. Wenn die Entwicklung des Umgangs mit sehr komplizierten Denkmustern so voranschreitet wie bisher, wird in 100 Jahren die Allgemeine Relativitätstheorie Einsteins eventuell an Grundschulen unterrichtet. Die Dynamik und Wandlungsfähigkeit einer Gesellschaft ist erstaunlich. All das ist nur durch Visionen entstanden. Die Schulen in Deutschland befinden sich in einem desaströsen baulichen Zustand. Schimmel an den Wänden, Einsturzgefahr sowie die Unbenutzbarkeit des Sanitärbereichs. Nachweislich bremst eine solche Lernatmosphäre auch den Lernerfolg. Das Kommunalpanel der Kreditanstalt für Wideraufbau führt einen bundesweiten Sanierungsbedarf an Schulen in Höhe von 32,8 Milliarden Euro an. Am 13. Oktober 2017 veröffentlichte die Kultusministerkonferenz (KMK) einen Bericht zum Stand der Fähigkeiten von Grundschülern. Resümierend wurde festgestellt, dass die Schülerinnen und Schüler in den letzten fünf Jahren beim Zuhören, in Mathematik und in der Rechtschreibung nachgelassen haben. Laut KMK erreichte bundesweit jeder achte Viertklässler beim Lesen nicht den Mindeststandard, in der Rechtschreibung verfehlte sogar mehr als jeder fünfte Viertklässler in Deutschland den Mindeststandard. In der Mathematik landeten über 15% unter dieser Messgrenze, beim Zuhören war es jeder Vierte. Im Jahr 2017 formierte sich ein Bündnis aus 30 Gewerkschaften, Verbänden und Organisationen. Sie setzen sich für höhere Bildungsausgaben ein, dazu gehören Ganztagsangebote, Sanierungsmaßnahmen und eine bessere Qualität in Kindertagesstätten. Dieses Bündnis fand jedoch wenig Widerhall in der Politik, würden wir im OECD-Durchschnitt liegen (was die Bildungsausgaben anbelangt), dann stünden jährlich 26 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Bisher werden nur 5,36% des Bundeshaushalts (rund 17,6 Milliarden Euro) für Bildung und Forschung ausgegeben. Welche Signale braucht es noch, dass die Politik sie erhört? Unser Bildungssystem sagt den Kindern, dass die Welt so ist wie sie ist. Zu wenig wird ein kreativer Geist geweckt, man lernt in der Schule, wie man sich anpasst und nicht wie man der Welt seinen Stempel aufdrückt. Wir wollen keinesfalls eine Gesellschaft von Individualisten und Besserwissern, aber eine Gesellschaft des freien Denkens und Träumens. Wir sind umgeben von Dingen und Erfindungen, die von Menschen gemacht wurden, die eine Idee hatten und dafür kämpften. Es werden auch Menschen gebraucht, die anecken, die sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben, die ihn einfach nicht respektieren. Wir müssen das Geniale an den Menschen sehen, nicht das Verrückte. Wir müssen groß denken, nur diese Leute verändern die Welt. Kinder sind unsere Zukunft, von ihnen hängt das künftige Schicksal der Welt ab. In den deutschen Schulen hat sich ein Trend des Mittelmaßes etabliert. Dadurch, dass man beispielsweise Mathematik in vielen Bundesländern verpflichtend bis zur 12. Klasse belegen muss, meist sogar als Leistungskurs, ist eine Spezialisierung nahezu ausgeschlossen, obwohl das Grundlagenwissen zu diesem Zeitpunkt schon längst abgeschlossen ist. Nicht Jeder muss alles könne, aber Jeder soll früh genug das Recht haben, sich auf seine Fähigkeiten und Talente spezialisieren zu können. Artikel 91b, Absatz 2 des Grundgesetzes besagt: „Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich und bei diesbezüglichen Berichten und Empfehlungen zusammenwirken.“ Eine weitere, länderübergreifende Kooperation ist jedoch verfassungswidrig. Die Bildungsinhalte sollten jedoch bundesweit gleich sein, damit inbegriffen ist ein bundesweit gleicher Lehrplan, einheitliche sechs Grundschul- und vier weiterführende Klassen respektive sieben Abiturklassen sowie ein Zentralabitur in Deutschland. Hinter diesem Vorhaben eines gerechteren Bildungssystems steht die Mehrheit der Lehrer und auch gesamtgesellschaftlich stößt dieser Gedanke auf breite Zustimmung. Europaweit ist Deutschland das einzige Land, in dem unterschiedliche Bildungssysteme parallel zueinander bestehen. Das Kooperationsverbot im Bildungsbereich soll zum Schutz vor einer Diktatur dienen, die einen zentralen Bildungssektor leichter indoktrinieren und somit das Fundament für den künftigen Machterhalt legen könnte. Im realpolitischen Vorgehen eines diktatorischen Regimes ist das Kooperationsverbot jedoch mittels einer einfachen Gesetzesänderung schnell aufgehoben. Unsere Vorschläge für die Einführung neuer Fächer sollen, entsprechend eines bundesweit gleichen Lehrplans, in allen Bundesländern eingeführt werden. Sie fußen auf den oben genannten Vorstellungen einer Bildungspolitik, die den Schülerinnen und Schülern nicht beibringt, die Gegenwart zu verwalten, sondern die Zukunft zu gestalten. Schon 2015 forderte die damalige Bundesbildungsministerin Johanna Wanka ein Schulfach namens Alltagswissen, welches jedoch seither nicht eingeführt wurde. Dieses Schulfach ist jedoch mehr als notwendig, damit die Schülerinnen und Schüler neben der theoretischen Seite auch später auf dem Wohnungs- oder Arbeitsmarkt nicht verloren sind. Informatik muss zum Pflichtfach von der fünften bis zur zehnten Klasse werden, da das digitale Zeitalter einen immer höheren Stellenwert einnimmt. Mit dieser Maßnahme wird der bisherigen Unterrepräsentation der Frauen in den meisten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) vorgebeugt, da sie dort weniger als ein Drittel der Studienanfänger stellen. Als eigenes Schulfach soll auch das Zukunftsdenken seit der Antike eingeführt werden. In diesem Fach soll vermittelt werden, welche Vorstellungen sich die Menschen von der Zukunft seit Beginn der Zivilisation an machten, um möglichst selbst eigene Ideen zur Zukunft zu entwickeln. Darin werden das freie Denken und die Kreativität ungemein gefördert. Drei weitere Pflichtfächer in allen deutschen Schulen sollen ab der 5. Klasse Philosophie, Wirtschaft und Recht werden. Das Interesse an diesen Fachbereichen wächst in den letzten Jahren sehr stark. Von der Staatsseite aus müssen die Gegebenheiten geschaffen werden, dass die Schülerinnen und Schüler optimal auf das spätere Leben vorbereitet sind. Hierbei sollen das Miteinander und die Moral hinterfragt und verbessert werden, außerdem ist es wichtig, die Welt um sich herum zu verstehen, sodass sich kein Gefühl der Ausgrenzung oder der gesellschaftlichen Ignoranz verbreiten kann. Daher dient unser geplantes Bildungssystem auch als Präventionsmaßnahme gegen den Extremismus, der dadurch bekämpft wird. Ein Streitpunkt ist der Religionsunterricht an Schulen, in fast allen Fällen ein christlicher. Da es immer mehr religionslose Personen in der Gesellschaft gibt, schon heute stellen sie mehr als ein Drittel der Bevölkerung, noch mehr bei der Jugend. Dementsprechend müsste parallel zum Religionsunterricht ein Atheismusunterricht angeboten werden. Die Bevorzugung religiösen Denkens ist nicht förderlich für den Einklang mit der Religionsneutralität und der Atheismusfreiheit des Staates. Neben der schulischen Interessenweckung sind auch Kampagnen zu den neuen Schulfächern in anderen Alltagsbereichen der Kinder und Jugendlichen vorgesehen. So sollen Fernsehsender, Streamingdienste und auch YouTuber auf freiwilliger Basis mit eingebunden werden, um die Heranwachsenden für neue Themen zu sensibilisieren. Nicht nur die Schulfächer sollen reformiert werden, sondern auch das Miteinander innerhalb der Klasse. Dafür soll der sogenannte Klassenrat 1x die Woche in allen Schulen Deutschlands tagen. In diesen Sitzungen, die die Schülerinnen und Schüler im Daseins der Lehrkraft leiten, wird über die Organisation des Lernens, das Zusammenleben in der Klasse, gegenwärtige Probleme und gemeinsame außerschulische Projekte gesprochen. Der Klassenrat bietet die Gelegenheit, aus der Schulklasse eine Gemeinschaft zu formen und so für eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu sorgen. Eine Verbesserung des baulichen Zustands an Schulen ist ein weiterer wichtiger Schritt, darüber hinaus muss jeder Schülerin und jedem Schüler aber auch eine kostenlose warme Mahlzeit am Tag zur Verfügung steht (was genauso für Kindertagesstätten gelten soll), da das Thema Kinderarmut ja gern verdrängt wird. Gar kein Thema ist aktuell der viel zu frühe Unterrichtsbeginn an Schulen, die meisten beginnen spätestens um 8 Uhr. Das Absurde daran ist, dass diese Regel bereits vor 100 Jahren eingeführt wurde und längst nicht mehr zeitgemäß ist. Erwiesen ist, dass die meisten Kinder ab 12 Jahren zum Schlaftyp „Eule“ gehören, demnach ist die Hochphase ihrer Konzentration am frühen Nachmittag, morgens hingegen ist sie fast bei null. Ein völliger Widerspruch zum tagtäglichen Schulablauf. Momentan müssen die Kinder und Jugendlichen zwanghaft früh ins Bett, um nicht übermüdet in die Schule zu kommen. Studien aus Deutschland und den USA haben gezeigt, dass schon eine halbe Stunde mehr Schlaf pro Tag die Lernbereitschaft um ein Vielfaches erhöhen kann. Es wird immer kritisiert, dass sich der Schulunterricht bei späterem Beginn dann bis in den Nachmittag hineinzieht. Genau das ist aber dann praktisch, da beide Eltern meist sowieso noch auf der Arbeit sind (Modell der 40-Stunden-Woche von 8 bis 16 Uhr). Der bisherige Schulbeginn von 7.30 Uhr oder 8 Uhr basiert auf dem veralteten Bild, dass die Mutter als Hausfrau ja eh zu Hause ist und sich daher dann um die Kinder kümmert. Wir fordern deshalb die bundesweite Einführung des Schulbeginns pünktlich um 9 Uhr. Eine moderne Gesellschaft braucht auch ein modernes Bildungssystem. Dafür wird es auch notwendig, endlich die Digitalisierung in die Klassenräume vordringen zu lassen, die zahlreiche organisatorische Vorteile mit sich bringt. Es soll eine staatliche App eingeführt werden, in der alle Arbeitsblätter, Texte und Aufgaben des bundesweit gleichen Lehrplans zur Verfügung stehen (an Universitäten ist dies bereits gängige Praxis). Der Zugang zum Wissen und zum notwendigen Material wird damit revolutioniert und gestaltet den Schulalltag um ein Vielfaches einfacher. Diese App beruhigt auch die Eltern, da in ihr eine Funktion existiert, durch die sie erfahren, wann ihr Kind in die Schule gekommen ist und wann es die Bildungseinrichtung wieder verlassen hat. Dank dieser digitalen Stechuhr, die auf freiwilliger Basis beruht, in Schulen wird die Fürsorgepflicht der Eltern zwischen beruflichen Stress und alltäglicher Sorgen erheblich erleichtert. Die Schule als feste Instanz des alltäglichen Lebens Millionen von Menschen in Deutschland muss sich auch stark um die zwischenmenschlichen Beziehungen kümmern. Aus diesem Grund sollen mehr Sozialarbeiter an den Schulen eingestellt werden, damit soll auch eine effektivere Bekämpfung des Mobbings an Schulen erfolgen. Der Deutsche Lehrerverband fordert zudem seit Langem eine länderübergreifende Meldepflicht für Gewaltvorfälle an den Schulen. Bislang wird diesbezüglich keine Statistik erhoben. Mit einem Überblick hinsichtlich der Gewaltvorfälle wäre eine viel bessere Koordinierung der Sozialarbeiter möglich. Seit wenigen Jahrzehnten setzt sich auch das Konzept der Inklusion in Deutschland durch. Diese Strategie soll beibehalten bleiben, um der gesellschaftlichen Ausgrenzung vorzubeugen. Damit inbegriffen ist auch das Einstellen der Förderung von Privatschulen. Wenn diese Art des Schulaufbaus existieren will, dann muss es sich, wie der Name schon annehmen lässt, privat finanzieren. Da sich seit dem Jahr 1992 die Zahl der Schüler an Privatschulen verdoppelte, obwohl zwischen einer privaten und einer öffentlichen Schule nahezu keine Leistungsunterschiede festzustellen sind, müsste die Finanzierung ja gelingen. Die Schulen in Deutschland sollen in Zukunft eine Ganztagsbetreuung garantieren können, dies soll auch schon bei den Kindertagesstätten so sein. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung vom 17. Oktober 2017 sind für eine flächendeckende Ganztagsbetreuung 3,3 Millionen neuer Plätze und 30.000 zusätzliche Lehrer notwendig. Bei Einhaltung dieser Maßnahmen sind im Jahr 2025 aber auch nur 80% aller Schüler ganztätig betreut. Im Schuljahr 2015/2016 waren es nur 40%, also noch nicht einmal die Hälfte. Bei den Kindertagesstätten ist die Situation noch prekärer: Dort wollen drei Viertel der Eltern einen Ganztagsplatz für ihre Kinder, bekommen hat ihn aber nur jedes fünfte Kind. Gleichzeitig darf das Verhältnis von einer Anzahl von betreuten Kindern pro Erzieher nicht in die Höhe schnellen. Bisher kommen auf einen Erzieher 9,2 Kinder in einer deutschen Kindertagesstätte. Wir fordern, dass diese Zahl auf 7 reduziert wird, in Krippengruppen soll das Verhältnis dann sogar bei 1:3 liegen. Deswegen müssen Tausende neue Erzieher eingestellt werden, die mit großen und weitflächigen staatlichen Förderprogrammen an ihren Beruf herangeführt werden sollen. Nach einer Studie im Auftrag der Krankenkasse DAK vom 1. August 2017 gaben 43% der Kinder und Jugendlichen an, die Belastung in der Schule sei zu hoch (bei den Mädchen waren es 49%, bei den Jungen 37%. Nachweislich führt dieser Stress auch zu gesundheitlichen Problemen bei den Kindern wie etwa Kopf-, Rücken- und Bauchschmerzen. Die Studie führt an, dass jeder dritte Schüler über Schlafstörungen klagt (die Problematik des zu frühen Schulbeginns wurde ja bereits angesprochen). Man sollte also bei der Betrachtung des Bildungssystems nie vergessen, dass es alles Kinder sind. Sie sollen in ihrer Kindheit viel Spaß haben und sorgenfrei aufwachsen können. Daher muss die Schule einen Ausgleich zwischen Anforderung an die geistigen Fähigkeiten zum einen und Partner im Heranwachsen andererseits bieten. Jede Schule sollte eine Schulkleidung (der Begriff Uniform ist veraltet und drückt Zwang aus) kostenlos und freiwillig anbieten. Diese Maßnahme hätte zur Folge, dass die soziale Ungleichheit zwischen den Schülerinnen und Schülern nicht mehr deutlich wird. Dies soll keinesfalls eine Einschränkung der Freiheit darstellen, da Jeder selbst entscheiden darf, ob und wann er diese Schulkleidung trägt. In der Freizeit ist das Politikinteresse bei den meisten Schülerinnen und Schülern nicht ausgeprägt vorhanden. Veranstaltungen wie das „Festival für junge Politik“ oder die „Simulation Europäisches Parlament“ (SIMEP) sollen daher unter staatlicher Förderung ausgebaut werden, um die Schüler auf spielerische und praxisnahe Weise stückweise an die Politik heranführen. In diesem Zusammenhang soll auch die Bundeszentrale für Politische Bildung ausgebaut werden und zu einem festen Bestandteil der Schulen werden. Bei der Heranführung junger Menschen ist es wichtig, dass sich die Schulen politisch neutral, aber verfassungsgemäß verhalten, um den Schülerinnen und Schülern eine eigene Meinungsbildung zu gewährleisten. Politik kann auch begeistern, aus diesem Grund wollen wir ein Pilotprojekt an allen deutschen Schulen starten. Jeder Landkreis und jede dort ansässige Schule (ab der 7. Klasse) versteht sich als eigene politische Partei. Die Schülerinnen und Schüler dieses Landkreises entwerfen einmal pro Jahr ein eigenes Grundsatzprogramm (unter anderem in den Fächern Zukunftsdenken und Politische Bildung), in denen die verschiedenen Belange unserer Gesellschaft abgedeckt sein sollen. Am Ende des Schuljahres findet dann bundesweit die Wahl des besten Grundsatzprogramms statt. Die Gewinnerschule erhält neben einen kostenlosen Ausflug in den Bundestag auch attraktive sachliche Preise mit hohem Wert, ebenso wird das beste Grundsatzprogramm offiziell der Bundesregierung überreicht, präsentiert und anschließend mit den Politikern darüber diskutiert. Dieser politische Wettstreit auf spielerischer Grundlage soll die Kinder und Jugendlichen dazu animieren, die wichtigsten Säulen ihres Lebens zu verstehen und damit auch ein Interesse für Politik zu wecken. Das Schöne daran ist, dass eine gemeinsame Diskussion entsteht, die Schülerinnen und Schüler denken über sich und die Welt nach. Einer möglichen Ausgrenzung soll damit weitgehend vorgebeugt werden, um ein kreatives Miteinander zu ermöglichen. Ziel aller Schulpolitik ist ein eigenständiges Denken der Kinder zu fördern. Ein Kind, das auch hinterfragt und nicht nur stillschweigend hinnimmt ist die Basis für eine kreative Grundeinstellung, kombiniert mit einer intakten Kooperationsfähigkeit sind die Schülerinnen und Schüler so bestens gewappnet für die Zukunft und ihr späteres Leben. Der Weg der Bildungsgerechtigkeit hat schon viele Etappen hinter sich, schon Martin Luther forderte sie im 16. Jahrhundert. Das deutsche Bildungssystem ist bereit für den nächsten Schritt. Die Zeichen der Zeit lassen ein Neudenken in der Bildungspolitik zu. Lasst uns zur Bildungsrepublik Deutschland werden.
7.2 Ausbildung und Universität
Weltweit gibt es über 8.600 Universitäten, davon befinden sich allein über 1.000 in Europa, davon wiederum sind 106 Universitäten in Deutschland wiederzufinden. Das Potenzial der Menschheit hat damit so rasante Höhen wie noch nie zuvor erreicht, diese Entwicklung pflastert dem Fortschritt einen sicheren Weg. Die finanzielle Unterstützung von Universitäten in Deutschland muss dringend ansteigen, schließlich soll kein marktwirtschaftlicher Wettbewerb unter den einzelnen Akademien herrschen. Die Liberalisierung in diesem Sektor war fundamental falsch, da es in Bildungsfragen der Ruhe, Geduld und Sicherheit bedarf. Stattdessen ist das zwangsweise Wichtigste für eine Universität, genügend Geld anzuhäufen, um Dozenten und Projekte zu finanzieren, der ökonomische Druck beherrscht die akademische Leichtigkeit. Eine Erleichterung, gerade für viele Familien mit schwachen Einkommen, ist das Stipendium für die Ausbildung oder das Studium. Allerdings wird die Mehrheit der Stipendien in Deutschland gar nicht in Anspruch genommen, weil zu wenig darüber informiert wird und sie noch immer als elitär gelten. Daher ist nicht eine Erhöhung der Stipendienzahl notwendig, sondern schlicht eine Aufklärungskampagne über die zur Verfügung stehenden Stipendien. Das allein reicht aber nicht. Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen werden Konzepte wie das Bundesausbildungsförderungsgesetz (kurz BAföG) der Vergangenheit angehören, da sich in vielen Fällen das BAföG dadurch mehr als verdoppelt. Den Studierenden und Auszubildenden steht daher ein viel größeres Maß an Freiheit und Selbstbestimmtheit zu. Zur besseren interuniversitären Kommunikation soll ein Netzwerk im Internet sowie in der Realität aufgebaut werden, dass alle Universitäten in Deutschland verknüpft. Dieses bundesweite Portal einen besseren Überblick verschaffen und soll die Studienplatzauswahl erleichtern. Außerdem kann bürokratisch leichter an gemeinsamen Forschungsprojekten gearbeitet werden und bleibt nicht in den Grenzen der eigenen Akademie hängen. Langfristig sollen sich mehr und mehr Universitäten, auch international anschließen, sodass immer mehr Partnerschaften mit ausländischen Universitäten aufgebaut werden. Schließlich lehren und forschen die Universitäten zum Wohle der Menschheit und nicht zum Wohle einzelner Parteien. ei der Etatvergabe an die einzelnen Fachrichtungen muss mehr für die Medizinischen Fakultäten abfallen, denn es werden immer mehr Medizin-Studienplätze notwendig. Im Jahr 2030 werden voraussichtlich 110.000 Ärzte in Deutschland fehlen, zurückzuführen ist dies hauptsächlich auf die Überalterung der Gesellschaft. Die Notwendigkeit von noch mehr Medizinstudienplätzen ist also zweifelsfrei. Dabei steigen die Ärztezahlen in Deutschland konstant, während es hierzulande im Jahr 2017 laut Bundesärztekammer rund 380.000 Heilkundige gab, waren es 2003 lediglich 304.000, im Jahr der Wende sogar nur 240.000. Das Bundesverfassungsgericht sprach im Dezember 2017 den Richterspruch, dass der Numerus Clausus für Medizinstudenten in Teilen unzulässig ist, weil die Berufsfreiheit einschränke. Fest steht, dass auch eine Person mit einem Abitur von 1,3 ein sehr guter Arzt werden kann, entscheidend ist das Studium. Die Finanzierung des Studiums wird in den letzten Jahren für viele Familien immer unsicherer. Seit 2010 sind die Mietpreise für Studenten in Deutschland um 70% gestiegen, zahlreiche Studentinnen und Studenten haben immer größere Schwierigkeiten, eine geeignete Wohnung mit akzeptablem Preis zu finden. Parallel zum bundesweitem Universitätsnetzwerk soll auch ein bundesweites Studentenportal gegründet werden. Hauptaufgaben dieser Plattform wären dann unter anderem, extra Wohnungen für Studenten zu mieten in jeder Universitäts- und Hochschulstadt. Diese Handhabung geschieht bereits so in nahezu jeder Großstadt, jedoch ist sie unter halbprivater Hand, wodurch ein ökonomischer Druck entsteht. Allerdings ist bei der Ausbildung der künftigen Generation die wirtschaftliche Seite erst einmal zweitrangig, um sie zielführend auf den späteren Alltag vorzubereiten. Deshalb muss das Studentenportal auch in staatlicher Hand sein, um eine sorgenfreie Wohnungsvergabe für Studierende zu erzielen. Gleichzeitig muss eine Mindestausbildungsvergütung existieren, eine Art Mindestlohn in der Ausbildung, um die prekären Lebensverhältnisse der Auszubildenden zu verbessern und sie nicht in die Armut ziehen. Ein Dauerthema ist bei all diesen Querelen die Digitalisierung der Universitäten und Ausbildungsstätten. Sie wurde in den letzten Jahren nur halbherzig betrieben, weshalb viele Lernorte noch auf altmodischem Standard den Tagesabläufen nachkommen. Hierbei muss aber auch wieder der Aspekt berücksichtigt werden, dass dieses Geld zugleich eine Investition in die Zukunft ist, um die heranwachsende Generation auf die gesellschaftsprägende Rolle vorzubereiten. Unter anderem mit diesen Maßnahmen soll die Jugendarbeitslosigkeit (darunter fallen Personen zwischen 15 und 25 Jahren) bekämpft werden, da sie die schlimmste Form der Arbeitslosigkeit ist. In dieser Altersgruppe soll man erste Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt sammeln und sich eine stabile Zukunft aufbauen, man soll nicht an der Härte der gesellschaftlichen Automatismen scheitern. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Deutschland bei 5,2%, in Ostdeutschland sogar bei 8,4%. Mit leidenschaftlichem Einsatz für die Jugendlichen in unserem Land ist diese Zahl schon bald ein Teil der Statistik der Vergangenheit. Eine Maßnahme wäre, die letzte Woche jedes Schuljahres ab der 10. Klasse für die Vorstellung verschiedener Berufe zu verwenden. Die Schülerinnen und Schüler sollen einen lebendigen und praktischen Blick auf die kommende Arbeit erhalten. Zusätzlich sollen die bisher betriebenen Praktika festgelegt werden auf eine Dosis von einmal jährlich, um einen nachhaltigen Kontakt zum Arbeitsleben aufzubauen. Der Schlüssel zur Integration in den Berufsalltag ist ein leichter Übergang von der Schul- in die Arbeitswelt. Im Zuge dessen planen wir einen Ausbau der Jugendämter, die in Zukunft mehr Leistungen anbieten sollen. Darunter zählt der Aufbau eines bundesweiten Ausbildungsverbandes (für die Finanzierung siehe bei 6.2.). Für den staatlich betriebenen Verband soll in Schulen geworben werden, denn jede Schülerin und jeder Schüler kann sich dort kostenlos nach der 10. Klasse anmelden. Anschließend wird ein zugeschnittener Arbeitsplatz für den oder die Jugendlichen herausgesucht, so ist auch die Wiederbelebung traditioneller Berufe, vor allem des Handwerks, möglich. Der Großteil der regierenden Politiker betreibt den Kardinalfehler und stempelt die Jugend als unreife und sittenverpönende Generation ab. Investitionen in die heranwachsende Altersgruppe werden oft sparsam oder ungenügend betrieben, da sie nur wenige Wähler darstellen und keine mächtige Lobby hinter sich haben. Vergessen wird dabei aber, dass dieses fehlende Vertrauen sich erst in zehn oder fünfzehn Jahren auswirken wird, wenn die damals auszubildende Generation die Schaltstellen der Gesellschaft besetzt hat. Dieser bisher ewige Kreislauf ist leicht durchschaubar und muss beendet werden. Der Generationenvertrag ist eine nützliche Sache für alle Generationen, sobald die sensible Vertrauensbasis nicht angetastet wird. Die Universitäten sollen kritische und mündige Intellektuelle hervorbringen, die Ausbildungsstätten fördern den finanziell gesunden Mittelstand von morgen, der das Rückgrat einer Volkswirtschaft bildet. Nur unter Berücksichtigung dieser Ideale kann eine Generation emporsteigen, die die Gegebenheiten der Gegenwart meistern kann.
7.3 Wissenschaft
Die Wissenschaft ist seit ihrer Entstehung das beste Werkzeug, um sich der Wirklichkeit zu nähren. Poetisch wird sie als Entdeckung der Unwissenheit bezeichnet und macht dabei auf eine zentrale Thematik aufmerksam: Das Wissen. Es ist zum wichtigsten Rohstoff des 21. Jahrhunderts geworden. In den letzten 500 Jahren haben sich die Wissenschaften erstmals systematisch, geistig frei und politisch unabhängig entwickelt. Deutlich wurde und wird, dass es sich lohnt, den Wissenschaften die Zeit und den Freiraum zu gewähren, sich akademisch „auszutoben“. Man stelle sich nur vor, was wir in weiteren 500 Jahren alles wissen werden. Um sich dieser Frage anzunähern, ist unser geplantes Digitalgebiet (siehe bei 2.) elementar. Es kann sich zum internationalen Innovations- und Forschungszentrum entwickeln und damit Deutschland zu einem weltweit bewunderten Forschungsstandort in Sachen neue Technologien und Zukunftsgestaltung zu machen. Unsere Bundesrepublik hat unglaubliche Epochen mit großen wissenschaftlichen Erfindungen durchlebt, so ging zwischen 1901 und 1933 jeder vierte Nobelpreis an einen Deutschen. Diese Hochphasen der wissenschaftlichen Kultur in Deutschland ist keinesfalls vorbei, sondern fährt gerade wieder zu Höchstleistungen auf. Die Entstehung des Digitalgebiets als Schnittstelle zwischen Gegenwart und Zukunft ist dabei die Leitfeder. Die Wissenschaften haben Auswirkungen auf alle Bereiche unseres Lebens, somit wirken sie auch auf jeden Punkt unseres Grundsatzprogramms mit ein. Beispielsweise funktioniert ein freiheitlicher Rechtsstaat nur, wenn ein einheitliches Moralverständnis in einer Gesellschaft vorliegt, dass ohne staatliche Zwänge entsteht. Der Bedeutungswert der Wissenschaften verkörpert sich deswegen immer in den gesellschaftlichen Stimmungen und auch Umbrüchen, die wir erleben. Für all die wissenschaftlichen Bemühungen und Forschungsgebiete der Bundesrepublik ist die Gründung eines deutsch-französischen Wissenschaftskollegs (siehe 14.1.) ein richtiger und wichtiger Fortlauf. Zu Frankreich hat unser Land die engsten Kontakte, eine Vertiefung der Partnerschaft soll unter anderem auf wissenschaftlichem Wege geschehen. Ein deutsch-französischer Wissenschaftsraum belebt die nationalen Wissenschaften und bereichert sie im zweiten Schritt. Der Weltraum immer noch als abstraktes Thema begriffen und besitzt keine größere Präsenz im Alltag. Die Europäische Weltraumorganisation (englisch European Space Agency, daher kurz ESA), die sich mit solchen Aufgaben der Asteroidenabwehr auseinandersetzt, ist chronisch unterfinanziert. Die Freiparlamentarische Allianz hat eine Reformierungsstrategie der ESA ausgearbeitet (siehe 14.3.), um sie angemessen an den Aufgaben unserer Zeit arbeiten lassen zu können. Mehr Beachtung für diese Forschungsrichtung würde das Selbstbild und damit auch Selbstverständnis der Weltraumforschung verändern und Deutschland damit zu einem Hauptstandort der Erforschung des Universums machen. Zur wissenschaftlichen Arbeit gehören auch seriöse Quellen. Grundlage dafür sind Archive mit einer vielfältigen Auswahl. Wir wollen den finanziellen Rahmen von Archiven erhöhen, denn ohne den Zugang zum Wissen bleibt der noch so wichtige Rohstoff wirkungslos. Eine Instandhaltung und Ausbauplanung von Archiven in Deutschland sind ein Segen für die wissenschaftliche Arbeit. Speziell bezogen auf die Geisteswissenschaften lebt die Wissenschaft noch zu sehr auf den Errungenschaften der Vergangenheit, nicht auf dem Leistungsvermögen der Gegenwart. Sie stützen sich noch zu sehr auf dem Geist der europäischen Aufklärung im 18. Jahrhundert. Wir brauchen aber eine „Aufklärung 2.0“, die die Aufklärung neu interpretiert und neue Ideale entwickeln. Neue Modelle des gesellschaftlichen Zusammenlebens und auch des politischen Systems entstanden immer in kulturellen Blütezeiten. In der zweiten Aufklärung finden wir vielleicht neue Formen der Demokratie, die mehr politische Teilhabe für die Bürgerinnen und Bürger möglich machen und zeitgleich wirtschaftliche Stabilität bringen. Heute ist man sich oft einig, wenn eine Person den Ausspruch tätigt, die Demokratie ist nicht die optimale Form der gesellschaftlichen Organisation, aber sie ist nun einmal derzeit die beste. Diese Tatsache muss doch Ansporn sein, eine bessere Variante zu finden. Der kreative Geist lebt vom Scheitern des Bisherigen. Ob es der Kampf gegen Krankheiten ist, neue Gesellschaftsmodelle, technologische Innovationen oder das Verständnis unserer Welt und des Universums: Das Potenzial der Wissenschaften ist schier unendlich. Die Wissenschaft an sich kann aber noch so vielversprechend sein, es ist entscheidend, ob sich der Mensch dieser Chance annimmt. Der Zeitgeist ist geweckt, die Zeichen stehen gut.
7.4 Kultur
In der letzten Zeit flammen wieder Debatten über die richtige Kultur und Kulturauslebung in Deutschland auf. Auf das Feld der Kultur werden nun die Probleme der Politik verlagert, mit dem einzigen Zweck, politische Ansichten zu polemisieren und sie zu einer scheinbaren Schicksalsentscheidung in einem über Jahrzehnte bewährten guten und richtigen Wertesystem zu stilisieren. Jede Gesellschaftsgruppe muss kulturell beteiligt werden. Diese Erkenntnis wird in der Politik jedoch erst dann von Bedeutung, wenn eine erhebliche Meinungsdivergenz in der Bevölkerung herrscht, die zu einer Spaltung der Gesellschaft führen kann oder eine Thematik kulturell aufgeladen und begründet wird, um politisches Kapital daraus zu schlagen. In diesem Zusammenhang kam auch der Begriff der Leitkultur wieder auf. Der Begriff der Leitkultur entstand, um eine europäische Leitkultur als nächste Stufe der europäischen Annäherung zu begründen. Die Säulen dieser Leitkultur sollten Demokratie, Menschenrechte und Freiheit sein. In der aktuellen Debatte wird der Begriff jedoch schlicht missbraucht. Aufgrund dessen benötigen wir eine sachliche und fachliche Dialogkultur. Die angestaute Wut kann Veränderung bewirken, aus Überzeugung darf aber keine blinde Grausamkeit werden. Das Grundgesetz garantiert eine Vielzahl von Kulturen, weshalb es in einer heterogenen Gesellschaft nie die eine Kultur geben wird. Bei der Verankerung einer Leitkultur schwebt stets die Gefahr mit einher, ein zu einseitiges Kunstverständnis zu entwickeln, was in der Geschichte oftmals nur für Autokraten zum Nutzen wurde. Wir leben in Zeiten des Moralisierens, die einen entscheidenden Weg in der Entwicklung des Menschen darstellen. Die daraus folgenden Praktiken wie politische Korrektheit und Feminismus dürfen jedoch nicht zu sehr auf die Freiheit der Künste eingreifen, da die Grenzen ohnehin fast unmöglich zu ziehen. Die Einschränkung oder das Verbot der Kunst bedeutet immer auch eine moralische Erhebung mit dem Glauben an die eigene moralische Überlegenheit. Es reicht nicht aus, wenn wir von christlichen Werten als Alibi-Argument für die Rechtfertigung der eigenen gedanklichen Komfortzone reden. Unserem Land würde eine offene und antipathische Debatte über Moral und das Moralverständnis, auch wegen der Flüchtlingskrise und der Digitalisierung, gut zu Gesicht stehen. Da die Religion bereits angesprochen wurde, gibt es auch bei ihr Nachholbedarf. Sie hat sich in den verschiedensten Ausprägungen als fester Teil der Kultur etabliert, was aber nicht bedeutet, dass sie frei von jeder Schuld ist. Der Prozess der Aufklärung muss fortgeführt werden, er betreibt hingegen vieler Meinungen keinen Kampf gegen die Religion, sondern ist bemüht um einen kritischen und reflektierten Umgang mit der Religion. Dabei genügen keine oberflächlichen Antworten. Die Moral muss in jeder Zeit neu ausgerichtet werden, insbesondere in Zeiten des schnellen Wandels. Bei der Betrachtung unseres wirtschaftlichen Systems wird deutlich, dass der Kapitalismus gegen den Humanismus ankämpft und nicht als sein Verbündeter agiert. Jedes Zeitalter hat seine Widersprüche. Besorgniserregend wird es allerdings, wenn die Kultur nicht belehrend bleibt, sondern diktierend wird. Die Kunst muss über die Belange und damit auch über die Empörung des Einzelnen hinausgehen, ansonsten enden wir in einer gegenseitigen Verbotskultur. Dieser schleichende Prozess des einschränkenden Denkens führt zu einer Ideologisierung. Aber gerade das ist das Einmalige an der Kunst und damit auch an der Kultur: Sie ist frei, auch über ideologischen Grenzen hinaus, denn genau darin besteht die Kunstfreiheit. Das Groteske und Abstrakte kann zu revolutionären Gedanken anregen, die seit jeher die Grundlage des Fortschritts bildet. Daher ist der sogenannte „Traditionserlass“ der Bundeswehr vom März 2018, der als erinnerungsgedankliche Stütze den Soldatinnen und Soldaten helfen soll, die Bundeswehr historisch einzuordnen, ein Missbrauch der demokratischen Kultur. So gut die Absichten dort hinter auch sein mögen, aber es die schlimmste, die der Kultur passieren kann, wenn sie von oben herab bestimmt wird. Demnach wird befohlen, woran man glauben muss, dabei kann man die Auslebung der Kultur nicht in jedem Bereich einfach so vorschreiben. Um den Stellenwert der Kultur in Deutschland angemessen zu unterstützen, muss die Politik mehr finanzielle Mittel für den kulturellen Alltag zur Verfügung stellen. Die Kulturstiftung des Bundes ist mit einem jährlichen Etat von 35 Millionen Euro ausgestattet, wir fordern die Erhöhung auf 200 Millionen Euro. Die Kultur hat immer noch Ruf des Elitären und des Abstrakten, sie sei eine Gestaltungsplattform für Eingebildete und Intellektuelle. Diese Vorurteile sollen der Vergangenheit angehören. In Kulturfragen sind auch die Religionen in der Verantwortung. Dort sollte sich eine Aufklärungskultur zur teils schmerzlichen Vergangenheit etablieren, die auch die an manchen Stellen veralteten Strukturen durchbrechen. Maßgebend für das 21. Jahrhundert ist eine Kultur des realen Pazifismus, die sich nicht hinter weltfremden Idealen versteckt, sondern aktiv an den Druckstellen der verrosteten Kulturgeschichte mitarbeitet und mitgestaltet. Dementsprechend ist eine musikalische, künstlerische sowie bürgerliche Pazifismusbewegung notwendig. Der Pazifismus muss eine kulturelle Bedeutungsgewinnung erleben (auch in Hinblick auf 10.). Die Kultur ist das Aushängeschild einer Nation, sie bündelt die Ideen und Visionen eines Landes, seinen gefühlsmäßigen Aggregatzustand, seinen Stolz und seine Scham. Die Kultur dient als Metronom des Zeitgeistes. Das Wichtigste daran ist, dass die Kultur stets frei sein soll und frei sein muss, denn die Freiheit der Kultur bedeutet auch die Freiheit der Gesellschaft.
8. Gesundheit
8.1 Modernisierung der Branche
In der Gesundheitsbranche werden zum einen die unfassbaren Fortschritte der menschlichen Forschung deutlich, andererseits offenbaren sie aktuell die akuten Schwachstellen unseres Gesundheitssystems. Wegen der Privatisierung eines Teils des Pflegesektors ist ein Markt entstanden, der eigentlich nicht auf so ein Gebiet hingehört. Laut der „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (OECD) hat Deutschland nur ein „mittelmäßiges Gesundheitssystem“, obwohl es sehr teuer ist. Die Lebenserwartung der Deutschen ist im internationalen Vergleich ebenfalls nicht sonderlich hoch. Innerhalb der OECD sind wir führend in der Anzahl an Operationen, dazu später mehr. Krankenhäuser dürfen nicht wie Unternehmen behandelt werden. Bis zum Jahr 1985 war es gesetzlich sogar verboten, Gewinne mit Krankenhäusern zu erzielen. Dann aber kam das unschuldig klingende Krankenhausfinanzierungsgesetz, mit dem die Privatisierung eingeleitet wurde. Mit den Jahrzehnten wurde der Anteil der staatlichen Krankenhäuser immer kleiner, womit auch die Prioritäten im deutschen Gesundheitssystem neu ausgerichtet wurden. Seit dem Jahr 1991 verdoppelte sich die Zahl der Krankenhäuser, die privat betrieben werden; die Zahl der Betten verdreifachte sich sogar. Die Gewinngier der privaten Träger der Krankenhäuser findet sich auch in den Statistiken wieder: Derzeit behandeln private Krankenhäuser 16,7% aller Patienten in Deutschland, führen aber knapp 25% aller Operationen durch. Demzufolge gelangt man bei den Privaten häufig unters Messer, obwohl es gar nicht notwendig ist, sondern Geld einbringt. Genauso stieg die Anzahl der Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, in den letzten vier Jahren um 60%. Das bedeutet nicht, dass die Depression sich zu einer Volkskrankheit entwickelt, sondern es zeigt nochmals die Wirtschaftlichkeit als Leitmotiv der privaten Krankenhäuser. Eine Depression ist nämlich langwierig, dementsprechend sind viele Behandlungsstunden notwendig und bringen viel Geld ein. Das momentan größte Problem ist das durch die privaten Krankenhäuser entstandene Lohndumping. Dadurch befindet sich der Lohn einer Pflegerin oder eines Pflegers auf einem menschenunwürdigen Niveau und steht in keinem Verhältnis zu seiner Leistung und auch nicht zu seiner Verantwortung. Immer mehr Studien belegen, dass ärztliche Entscheidungen immer mehr mit einem ökonomischen Hintergrund getroffen werden. Dieser wirtschaftliche Druck wirkt sich, wie eben schon gezeigt, dann auch auf die Patienten aus. Zusätzlich leidet das Pflegepersonal häufiger an psychischen Krankheiten, hauptsächlich wegen des immer größer werdenden Drucks. Selbst der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages veröffentliche im Jahr 2014 ein Dokument mit dem Titel „Krankenhäuser in privater Trägerschaft - Rechtsgrundlagen, verfassungsrechtliche Vorgaben und Finanzierung“. Dort steht geschrieben: „Von einem privaten Krankenhausträger spricht man, wenn ein Krankenhaus von einer natürlichen Person, von einer juristischen Person des Privatrechts oder von einer (teil-) rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaft des privaten Rechts nach erwerbswirtschaftlichen Grundsätzen, d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht, betrieben wird.“ Von der Staatsseite aus wird folglich bemerkt, dass private Krankenhäuser nur Profit machen wollen und das Wohl der Patienten dabei eher nebensächlich ist. Trotzdem wird nichts gegen unternommen, ein politisches Gegenwirken war in den letzten Jahren nicht wahrnehmbar. Die Krankenhäuser müssen wieder komplett in die staatliche Hand gelangen. Diese Krankenhaus-Reform ermöglicht ein stabiles und verlässliches Gesundheitssystem. In diesem System ist dann wieder mehr Zeit für die Patienten, es wird mehr Lohn an die Pflegekräfte gezahlt und es werden keine unnötigen Operationen wegen des wirtschaftlichen Profits ausgeführt. Generell soll wieder mehr Menschlichkeit in unser Gesundheitssystem eindringen, und das gelingt nicht durch einen kalten und rücksichtlosen Marktkapitalismus. Wir sind dafür, dass die sogenannte Sterbehilfe in Deutschland erlaubt wird. Am 6. November 2015 verabschiedete der Deutsche Bundestag das „Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“, dafür wurde Paragraph 217 des Strafgesetzbuches (StGB) neu eingeführt. Nun werden verschiedene Formen der Sterbehilfe unterschieden. Strafbar ist eine aktive Sterbehilfe, bei der eine direkte Tötung vorliegt. Erreicht werden kann das durch eine Überdosis von Medikamenten, die der Arzt oder Pfleger dem Patienten injiziert. Juristisch wird diese Tat folgend als Totschlag gewertet und kann bis zu fünf Jahre Haft bedeuten. Selbst wenn der Patient seinen Sterbewunsch ausdrücklich äußert und den Arzt oder Pfleger inständig bittet, wird das Vergehen zwar als „Tötung auf Verlangen“ bezeichnet, die Länge der Haftstrafe bleibt aber dieselbe. Jede Auseinandersetzung über dieses Thema basiert auf einer zentralen Problemstellung: Erhält der Staat die Genehmigung, systematisch Menschen umzubringen? Feststeht, dass der Staat nicht zum Mörder wird, sondern zum Garant eines würdevollen Todes. Nicht nur für das Leben besitzt der Staat eine Schutzpflicht, sondern auch für den Tod. Für uns ist die Freiheit des Menschen die oberste Bewertungsinstanz für die Gestaltung des eigenen Lebens, solange kein kollektiver Schaden oder ein Schaden für Dritte entsteht. Der Anspruch der Demokratie, den Menschen frei entscheiden zu lassen, gilt nicht nur für die Entscheidungsfreiheit im Leben, sondern auch hinsichtlich des Todes. Wenn ein Patient an unerträglichen Schmerzen leidet und sich Tag für Tag den Tod wünscht, dann ist es seine Freiheit, dem Leben ein Ende zu setzen. Ist er dazu physisch nicht mehr in der Lage, ist eine Hilfeleistung durch eine Fachkraft, vorausgesetzt ein gegenseitiges Einverständnis liegt vor, unserer Auffassung nach legitim. Jedoch ist auch ein kleiner Fortschritt zu verzeichnen. Am 20. Oktober 2017 einigten sich die Krankenversicherungen und die Deutsche Krankenhaus-Gesellschaft darauf, dass Krankenhäuser mehr finanzielle Unterstützung für schwere Pflegefälle (ab Pflegegrad drei) erhalten. Diese Patienten dürfen dann auch mindestens fünf Tage stationär aufgenommen werden. Auch wenn dieser Kompromiss noch keinesfalls zufriedenstellend ist, so zeigt sich doch, dass das Gesundheitssystem zumindest ein Stück weit den Geist einer Reform in sich trägt. Es zählt nun, ihn zu fördern und Alternativen zu den bisherigen Strukturen aufzuzeigen. Die Grundlage für eine neue Gesundheitspolitik bildet die Einführung einer Bürgerversicherung. Eine weitere Tolerierung der Zwei-Klassen-Medizin ist nicht hinzunehmen, da die Unterschiede zwischen den beiden Versicherungstypen immer größer werden. Wobei in diesem Zusammenhang auch kleine Schritte viel bewirken können, so soll die Wartezeit für Arzttermine nicht über einen Monat sein, um den Kranken auch die erforderliche Hilfe zukommen zu lassen. Ebenso soll das Honorar für private und gesetzliche Patienten angeglichen werden, damit eine Bevorzugung von Seiten des Arztes vermieden wird. Ein weiteres anliegen ist die Legalisierung von Cannabis, eng verbunden mit einer Aufklärungskampagne. Cannabis ist genauso eine Droge wie Tabak oder Alkohol, nur kann es nicht auf eine „Tradition“ zurückblicken und ist daher gesellschaftlich nicht anerkannt. Zeitgleich werden mit der Cannabis-Legalisierung auch illegale und mafiaartige Strukturen, die sich abseits des Rechtsstaates etablieren konnten. Die Medizin entwickelt sich ständig weiter. Auch in Zukunft soll ein Schwerpunkt der politischen Ausrichtung des Gesundheitswesens auf die Forschung fallen. Krankheiten wie Krebs oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) müssen den Kampf angesagt werden. Während die Pharmakonzerne immer mehr Gewinne machen, werden wirklich hilfreiche Medikamente immer teurer. Diese Missstände müssen mit vielerlei Maßnahmen behoben werden. Krankenkassen sollen dazu verpflichtet werden, mindestens 10% ihres Etats in die Forschung zu stecken, um immer bessere Bedingungen für den Krankheitsverlauf des Patienten zu erreichen. Schließlich ist die Patientin oder der Patient der entscheidende Akteur des Gesundheitssystems, auch wenn das häufig nicht so aufgefasst wird. Darüber hinaus ist eine Preisobergrenze für Medikamente notwendig. Zuvor sollen die Medikamente in verschiedene Kategorien unterteilt werden, in jeder Kategorie herrscht dann ein Höchstpreis, der nicht überboten werden darf. Zur Medikamentenpolitik der Pharmaunternehmen lässt sich ergänzen, dass für sie in Zukunft eine Veröffentlichungspflicht bei neuen oder verbesserten Heilmitteln für Krankheiten gelten soll, andernfalls droht eine Strafe in Milliardenhöhe. Eine eher grundsätzliche Frage ist die härtere Überwachung der Pharmabranche. Diese Marktübersicht ist notwendig, um erneute Skandale in einem solch erschreckenden Ausmaß zu vermeiden. Künftig soll ein Eklat in der Dimension des Contergan-Skandals (durch den allein in Deutschland 5.000 missgebildete Kinder geboren wurden) oder nach der Unruhe über das Medikament Vioxx (das das Risiko für einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall erheblich erhöhen), vermieden werden. Inzwischen haben sich neue Volkskrankheiten etabliert. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mittlerweile die häufigste Todesursache in Deutschland, sie sind für circa 40% der Sterbefälle verantwortlich. Zusätzlich breitet sich Diabetes virenartig aus. In Deutschland gibt es derzeit mehr als 6 Millionen daran Erkrankte, täglich gibt es bis zu 1.000 Neuerkrankungen. Allein für diese beiden Krankheiten ist nicht nur eine Aufklärungskampagne erforderlich, sondern die Heilung oder Bekämpfung dieser beiden Beschwerden muss intensiviert werden. Deutschland ist das einzige Land der Europäischen Union, in dem Tabakaußenwerbung erlaubt ist. Schon lange wurde ein Tabakaußenwerbungsverbot angekündigt, bisher wurde es aber nie in die Praxis umgesetzt, da die Lobbyarbeit die Politiker dann doch immer noch zurückhält. Dabei ist ein Zusammenhang zwischen der Werbung und der massenhaften Krankheitsausbreitung vielfach wissenschaftlich belegt worden. Dieses Gesetz dürfte nach einer logischen Herangehensweise also nur noch eine Frage der Zeit sein. Hingegen ist die Legalisierung von Cannabis etwas anderes als das Tabakaußenwerbungsverbot. Das eine soll nur legitimiert werden, um das Netzwerk dahinter zu entkriminalisieren, während beim anderen eine aktive Werbung vorliegt, die den Verbraucher fehlleitet und nicht ausreichend über die Gesundheitsschäden aufklärt. In Portugal, Kanada und Spanien wurde die Legalisierung von Cannabis bereits beschlossen und funktioniert bis heute. Zudem ist erwiesen, dass die meisten Todesopfer im Zusammenhang mit dem Drogenkonsum als Konsequenz aus dem Gebrauch von legalen Drogen starben. Eine weitere Thematik ist die gesundheitsfeindliche Lebensweise von Models. Die Zeiten, in denen viel zu dünne Models als Idealbild dienen, sind noch nicht vorbei. Andere Staaten sind bei der Einschränkung der Tolerierung dieses Zustandes schon viel weiter. In Frankreich, Spanien und Israel beispielsweise müssen retuschierte Bilder in Zukunft gekennzeichnet werden, um keine unnatürliche Schönheitsmystik zu konstruieren. Letztlich ist diese Angelegenheit aber auch eine kulturelle Frage, daher muss der Impuls auch von der Gesellschaft kommen. Angesprochen werden müssen auch die vielen offenen Stellen für Hebammen. In Deutschland werden immer mehr Plätze frei, Hebammen können der gewaltigen Nachfrage kaum noch gerecht werden. Im Jahr 2016 gab es hierzulande rund 24.000 Hebammen, allerdings arbeiten immer mehr von ihnen Teilzeit. Zudem sind 80% aller Hebammen Freiberufler. Eine Hebamme in Deutschland muss pro Jahr durchschnittlich 7.000 Euro an die Versicherungen zahlen und das bei einem maximalen Jahreseinkommen von 40.000 Euro (in Vollzeit und bei hoher Nachfrage). Dieser Beruf muss attraktiver gemacht werden, daher sind höhere Löhne, eine niedrigere Versichertenabgabe sowie ein geringerer bürokratischer Aufwand notwendig. Erste Ansätze gibt es ja bereits. Im Jahr 2014 wurde ein Sicherstellungszuschlag für Hebammen eingeführt, der den Geburtshelferinnen bis zu 75% der Versicherungsabgaben ersparen soll. Die zu erfüllenden Bedingungen für den Zuschlag sind aber nahezu unerreichbar, weshalb ihn kaum eine Hebamme in Anspruch nehmen kann. Auch hier besteht Nachbesserungsbedarf. Durch die konstant steigende Lebenserwartung in unserer Bundesrepublik wird die Bedeutung des Gesundheitssektors weiterwachsen. Wir sind eines der reichsten Länder der Welt, daher finden wir optimale Bedingungen vor, um ein effektives, aber ebenso humanes Gesundheitssystem zu entwickeln und zu finanzieren.
8.2 Pflegepolitik
Artikel 1 unseres Grundgesetzes - „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ - gilt auch in Pflegeheimen. Häufig wurde in den letzten Monaten von einem Pflegenotstand gesprochen. Die Alten- und Pflegeheime unseres Landes wurden zu Höhlen der Tristesse und Einsamkeit verklärt. Viele dieser Vorwürfe besitzen ihre Berechtigung, jedoch darf die Empörung nur die erste Stufe sein, als Nächstes muss eine angemessene Reaktion folgen. Diese ist bisher jedoch nicht absehbar. In der Pflege herrscht ein immer größer werdender Personalmangel. Voraussichtlich werden im Jahr 2025 allein 152.000 Altenpfleger fehlen, dazu sind die Pfleger in Krankenhäusern noch gar nicht hinzuberechnet, obwohl dort allein schon heute laut Vereinter Dienstleistungsgewerkschaft (VERDI) 100.000 Pflegekräfte fehlen. Daher ist ein bundesweiter Personalschlüssel für Pflegekräfte notwendig. Es reicht nicht aus, einfach so zu beschließen, dass 8.000 neue Pflegekräfte eingestellt werden sollen, wie es die jetzige Regierung getan hat. Hinzukommt, dass dieser scheinbare Ausweg aus dem Pflegenotstand schon fast zynisch ist, da es in Deutschland allein 13.000 Altenheime gibt (damit sind es 0,6 neue Pfleger pro Heim). Die versprochene Hilfe bleibt also aus. Zudem wird von der Bundesregierung komplett verdrängt, dass hunderttausende Pflegekräfte aus Osteuropa hierzulande arbeiten, meist unter einem Hungerlohn. Jedoch ist diese illegale Billigpflege notwendig, da die häusliche Pflege ansonsten komplett zusammenbricht. Wir fordern eine strukturelle Veränderung im Pflegesektor. Die Privatisierung des Pflegesystems brachte einen unmenschlichen Druck für die Pflegerinnen und Pfleger, während die Seniorenheimbesitzer einen hohen wirtschaftlichen Gewinn erzielten, menschlich aber wurde ein ungeheurer Verlust eingefahren. Deshalb muss die gesamte Pflegebranche wieder in den staatlichen Zuständigkeitsbereich zurück, da es Bereiche gibt, von denen sich der Staat nicht zurückziehen darf. Die Pflege ist einer davon. Der Weg der Verstaatlichung des Pflegesektors wird sehr aufwendig werden, da rund 400.000 Betten (etwa jedes zweite aller Pflegeheime in Deutschland) in privater Hand sind. Aufgrund des immensen Drucks bleibt eine Pflegekraft im Durchschnitt nur acht Jahre in ihrem Beruf tätig und wechselt danach ihre Arbeit, zumeist wegen nicht mehr ertragbarer Erschöpfung. In Deutschland muss sich eine Pflegerin oder ein Pfleger im Schnitt um 13 Patienten kümmern, nachts sind es häufig mehr als 20 Patienten. Weit mehr als in anderen Ländern. Während das Verhältnis in Schweden und der Schweiz eins zu acht beträgt, in den USA kommt sogar eine Pflegekraft auf 5,3 Patienten. Zukünftig muss eine Pflegekraft auf sieben Patienten kommen, diese Höchstanzahl liegt schon nahe an der Belastungsgrenze. Außerdem darf die Zahl der Pflegerinnen und Pfleger im Nachtdienst nicht reduziert werden. Dieser Vorschlag ist beispielsweise in Kalifornien bereits Gesetz. Klar ist, dass Pflegekräfte nicht einfach vom Himmel fallen und zahlreiche Reformen vollzogen werden müssen, um ein verpflichtendes Verhältnis von eins zu sieben zu erreichen. Ein erster Schritt ist eine deutliche Lohnerhöhung für Pflegerinnen und Pfleger. In der Ausbildung verdienen Krankenpfleger zwischen 950 Euro und 1.150 Euro. Üben die Auszubildenden dann später den Beruf der Pflegerin oder des Pflegers aus, kann das Gehalt sehr stark schwanken. Bei privaten Pflegeheimen verdienen Angestellte zwischen 1.800 Euro und 2.200 Euro. In staatlichen Einrichtungen hingegen liegt der Monatslohn bei 2.300 Euro bis 3.200 Euro. Daran wird deutlich, dass die Privatisierung des Pflegesektors das Lohndumping fördert. Pflegekräfte müssen in Zukunft ein Grundgehalt von 3.500 Euro erhalten, da sie ein hohes Maß an Verantwortung tragen und beruflich sehr gefordert werden. Mit denselben Problemen haben Hebammen zu kämpfen. Insgesamt gibt es 23.000 in Deutschland, wovon viele als Freiberufler arbeiten, pro Jahr werden 500 neue Geburtshelferinnen ausgebildet. Laut Statistischem Bundesamt werden knapp 800.000 Kinder pro Jahr in Deutschland geboren, Tendenz steigend. Gleichzeitig gibt es aber immer weniger Entbindungsstationen in der Bundesrepublik, 2016 existieren 690, während 15 Jahre vorher noch 1.023 bestanden, 1991 waren es sogar 1.186. Der Beruf der Hebamme muss ebenfalls wieder attraktiv gestaltet werden, denn diese Berufsgruppe ist genauso wichtig wie die des Pflegers. Sollte die Politik nicht auf den anhaltenden Notstand reagieren, droht eine komplette Destruktion des Pflegesektors. In Deutschland sind ein Zehntel der Pflegeheimbewohner unterernährt. Allein an dieser Tatsache wird verdeutlicht, dass das Pflegesystem nicht nur unterfinanziert ist, sondern auch ungerechte Machtstrukturen geschaffen hat. Letztlich fällt die Last auf die Pflegerinnen und Pfleger, die die Ungerechtigkeit am meisten zu spüren bekommen. Des Weiteren muss der Medizinischen Dienst der Krankenkassen reformiert werden. Zu seinen Aufgaben zählt unter anderem die Kontrolle der Zustände in deutschen Pflegeheimen. Im Durchschnitt werden deutsche Seniorenheime mit der Note 1,3 bewertet. Deren Urteil zufolge müsste unser Pflegesystem ja in bester Ordnung sein, mehr noch, es müsste rundum zufriedenstellend sein. Dieser sogenannte Pflege-TÜV muss dringend überarbeitet werden, da das Prüfungsverfahren nach wirtschaftlichen Orientierungspunkten verläuft und nicht nach sozialen. Entscheidend für ein Pflegeheim sollte die angenehme Atmosphäre sowie die abwechslungsreiche Tagesgestaltung sein und nicht eine möglichst kostengünstige Pflege. Die Existenz von 200 Pflegekassen, die insgesamt Hunderte von Versicherungen anbieten, führen zu einem vollkommen überfüllten Angebotsmarkt. In Zukunft muss ein übersichtliches Versicherungsangebot vorhanden sein, um eine einfache Entscheidungsfindung sowie einen kapitalistischen Wettbewerb auszuschließen. Bei der Verteilung der Gelder aus den Töpfen der Pflegeversicherung besteht ebenfalls Nachholbedarf. In Deutschland fließen 70% dieser finanziellen Mittel an die Pflegeheime, wobei 70% der Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt werden. Folglich ist diese Finanzaufteilung nicht gerecht und deckt auch nicht den notwendigen Bedarf ab. Um die Kommunen zu stärken, sollen sie die Heime verwalten und leiten, wodurch viele neue Arbeitsplätze entstehen. Die Finanzierung übernimmt jedoch der Bund. Dadurch übernehmen die Kommunalämter die Ausrichtung der Pflegeheime, was angesichts der besseren Regionalexpertise auch praktischer ist. Der Staat ist für die Pflege seiner Bürgerinnen und Bürger zuständig. Eine Teilprivatisierung sorgt nur für ungenügende Leistungen, sowohl beim Gehalt, als auch bei der Zeit für die Patienten. Ein neues staatliches Pflegesystem sorgt für mehr Gerechtigkeit, da die zumeist älteren Menschen sich einen angenehmen Lebensabend verdient haben.
9. Sicherheit
Die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit ist eine der Grundaufgaben des Staates. Jedoch sind die gewohnten Reflexe zur Bekämpfung des Terrorismus und des Extremismus immer wieder dieselben: Verschärfung der Gesetze, Ausweitung der Befugnisse von Polizei und Geheimdiensten, Fußfesseln für Gefährder, staatliche Spähsoftware auf Rechnern und Smartphones. So weitete sich der Begriff Sicherheit zum Synonym für Migrations- und Flüchtlingsstopp, obwohl beide nichts Konkretes miteinander zu tun haben. Dieselben Maßnahmen wurden auch in Frankreich ergriffen, nichtsdestotrotz fanden dort weiterhin Terroranschläge statt, womit der Erfolg dieser Maßnahmen mehr als zweifelhaft ist. Der Ausbau der Sicherheit ist wichtig, ohne Frage. Allerdings wird er bis zur nächsten Wahl immer nur oberflächlich betrieben und nicht langfristig. Die Lösung heißt Ursachenbekämpfung und nicht das Einengen von Rechtsräumen. Die Vorratsdatenspeicherung, der Bundestrojaner und die Videoüberwachung sind nur einige brisante Themen dazu. Momentan herrscht der Trend vor, dass eine Beschwörung der Sicherheit stattfindet, die nichts anderem dient als der Verletzung der Privatsphäre und zu Teilen auch der Grundrechte. In Paragraph 100a der Strafprozessordnung (StPO) ist das Bewegungsumsfeld des Bundestrojaners (fachlich Quellen-Telekommunikationsüberwachungs-Software) geregelt. In Zukunft reicht ein einfacher richterlicher Beschluss, um einen Anschluss abzuhören (genannt Telekommunikationsüberwachung), wozu unter anderem das Telefon sowie der E-Mail-Account gehören. Vorerst ist dieses Beschatten für drei Monate gestattet, obwohl Verlängerungen von jeweils drei weiteren Monaten ermöglicht werden. Nachdem Hacker des Chaos Computer Clubs (CCC) allerdings den Bundestrojaner knackten, wurde bekannt, dass die Software viel mehr Spielräume nutzt als ihr gesetzlich zustehen. Beispielsweise konnten auch Computer per Fernsteuerung durchsucht, umgeschrieben, kopiert oder gelöscht werden, die Kontrollgewalt bezog sich ebenfalls auf die Kamera und das Mikrofon des Computers. Anschließend kam massive Kritik am Modell des Bundestrojaners auf, sodass eine neue Version entwickelt wurde. Die neue Ausführung ist seit Februar 2016 in Kraft und wird nun als Remote Communication Interception Software“ (RCIS) bezeichnet. Parallel dazu geht der Bundesnachrichtendienst (BND) nun in die Offensive und startete das Projekt „Aniski“. Hierbei sollen verschlüsselte Messengerdienste wie WhatsApp überwacht werden, der Etat hierfür beträgt 150 Millionen Euro. Mittlerweile konstruiert das Bundeskriminalamt (BKA) als Schirmherr von RCIS bereits ein Ausweitungsmodell, „RCIS 2.0“ bezeichnet, wodurch nun auch hier soziale Plattformen überwacht werden sollen. Öffentlich wurde dieses Forschungsprojekt aus einem eigentlich vertraulichen Papier des Bundesinnenministeriums. Die Grenzen zwischen Notwendigkeit und kompetenzüberschreitender Überwachung verschwimmen derzeit mehr und mehr. Jedoch lässt sich hierzu kein vollständiges Urteil fällen, da die Zweckmäßigkeit der Überwachung geheim hinter geschlossenen Türen der Ministerien beurteilt werden kann, denn dort soll für die Sicherheit unseres Landes und seiner Bevölkerung gesorgt werden. Aufgrund der Tatsache, dass allerdings schon einige nichtöffentliche Details wie RCIS 2.0 durchdrangen, liegt die Vermutung nahe, dass auch auf weiteren Gebieten ein Verfassungsverstoß von staatlicher Seite begangen wird und die Fragwürdigkeit des Bedarfs einer Überwachung solchen Ausmaßes weiter anheizt. Seit Juli 2017 ist auch die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland geltendes Recht. Telekommunikationsanbieter müssen nun Vorratsdaten speichern, konkreter ist der Gesetzesentwurf dabei aber nicht geworden, weshalb es der Interpretation der Unternehmen überlassen ist, in welchem Umfang sie die Daten speichern. Zuvor veröffentlichte bereits im Dezember 2016 der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil, indem die Vereinbarkeit der Vorratsdatenspeicherung mit der EU-Grundrechtecharta infrage gestellt wird. Erschwerend kommt hinzu, dass seit Oktober 2015 bekannt ist, dass die Vorratsdatenspeicherung von bis zu sechs Monaten in der Mobilfunkbranche bereits gängige Praxis ist, ohne juristische Grundlage wohlgemerkt. Noch im Jahr 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVG) die Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt. In einem neuen Anlauf wurden ein paar Wörter geschönt, an der grundsätzlichen Ausrichtung wurde jedoch nichts geändert. Fakt ist, dass die Vorratsdatenspeicherung nun da ist und weitreichende Befugnisse genießt. Alle Standortdaten der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sollen für vier Wochen, die Kommunikations- und Verbindungsdaten eines jeden Einzelnen bis zu zehn Wochen gespeichert werden. Eine ganze Gesellschaft wird ohne Grund unter Generalverdacht gestellt und überwacht. Die Verfassungswidrigkeit liegt auf der Hand, da die Dimension der Sicherheitsgarantie nicht für die begangene Menschenrechtsverletzung entschädigt. Artikel 10, Absatz 2 unseres Grundgesetzes weist darauf hin, dass das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nur zum „Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes“ eingesetzt werden darf. Ob solch eine Bedrohung vorliegt, ist nun zu klären. In der Vergangenheit zeigte sich aber, dass man nur verlieren kann, wenn man Sicherheit und Freiheit gegeneinander aufwiegen will. Ein Urteil zur Legitimation der Vorratsdatenspeicherung soll noch in diesem Jahr fallen. Man darf gespannt sein. Der Überwachungsdreiklang endet mit der Videoüberwachung. Im März 2017 beschloss der Deutsche Bundestag, dass die Videoüberwachung im öffentlichen Raum ausgeweitet werden soll. Zur Extensität gehört unter anderem eine Gesichtserkennungssoftware an Bahnhöfen sowie eine automatische Aufzeichnung der Polizeibeamten von PKW-Kennzeichen. Vor Kurzem wurde bekannt, dass die Auswertung der Aufnahmen meist erst sehr viel später vollzogen wird, womit der ursprüngliche Einführungsgrund der Videoüberwachung, nämlich der Prävention vor Akten öffentlicher Gewalt bis hin zu Terroranschlägen, in keiner Weise erfüllt wird. Dieses Gesetz ist damit nicht wirkend und muss dringend überarbeitet werden. In Paragraph 6, Absatz 5 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist die Legitimation der „Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen“ niedergeschrieben. Demnach sind die Daten „unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen“. Genau dieser Fall ist bei der Videoüberwachung eingetreten, dennoch existiert dieses Gesetz in unveränderter Form weiter. Eine baldige Erneuerung, angepasst an die aktuelle Situation, ist ebenfalls nicht zu erwarten. Damit befindet sich der Staat auch hier in einer Zwickmühle, denn er will erneut die Sicherheit gegen die Freiheit ausspielen. Bei allen drei Problemfeldern wird nur auf eine Wirkung abgezielt: Die Stärkung des subjektiven Sicherheitsempfindens. Hingegen ist der objektive Nutzen sowohl des Bundestrojaners, als auch der Vorratsdatenspeicherung sowie der Videoüberwachung anzuzweifeln. Die Bundesregierung begibt sich mit ihren Gesetzen häufig an die Grenze zur Verfassungswidrigkeit, mindestens in den juristischen Graubereich hinein. Letztlich gelangt man zu der Erkenntnis, dass eine Anonymität im 21. Jahrhundert schier unmöglich geworden ist, höchstens im Internet ist sie mit ranghoher Fachexpertise und finanziellem Volumen noch temporär erreichbar. Neben der technologischen Herangehensweise zur Sicherheitsherstellung gibt es auch noch die klassische Methode, zu der unter anderem die Polizei gehört. Diesbezüglich ist an dieser Stelle erst einmal ein Lob angebracht, da die Polizistinnen und Polizisten bei chronischer Unterbesetzung und teils desaströsen Arbeitsumständen Erstaunliches leisten. Damit der Arbeitserfolg der Polizei noch weiter ansteigen kann, muss sie von behindernden Arbeiten wie etwa Bagatelldelikten (Falschparken, Drogenkonsum und eventuell sogar kleineren Autounfällen) befreit werden. Diese Pflichten würden dann an die Ordnungsämter übergehen, wobei im Zuge dessen deren Stellenzahl erhöht werden kann. Diese Reformkette würde viel mehr bewirken als eine schlichte Aufstockung der Polizeikräfte, wie es in der Politik die vorherrschende Meinung ist. Damit würde man einen größeren Beitrag zur inneren Sicherheit leisten als die plumpen Forderungen von Demagogen es je machen könnten. Natürlich muss die Anzahl der über 274.000 Polizistinnen und Polizisten in Deutschland weiter ansteigen, nur dies allein ist nicht das Allheilmittel. Hinzu kommen eine höhere finanzielle Unterstützung sowie eine optimierte Geldverteilung bei der Bundespolizei. Ihr stehen pro Jahr knapp 3,3 Milliarden Euro zu. Was erst einmal viel klingt, muss jedoch auf zahlreiche Aufgabengebiete verteilt werden. An der Grenze zu anderen Staaten sollen die deutschen Polizeibehörden noch intensiver mit den Sicherheitskräften aus dem Nachbarland zusammenarbeiten, dafür können auch eigene lokale Gremien gegründet, um eine maximale Leistungsfähigkeit beim Informationsaustausch erhalten zu können. Seit 10 Jahren läuft bereits die erfolgreiche deutsch-polnische Zusammenarbeit der Polizeikräfte, dabei wurde beispielsweise das „Gemeinsame Zentrum für die Polizei- und Zollzusammenarbeit“ in der Grenzregion eingerichtet. Vom Bedeutungsgewinn der Polizei soll auch ihre Spezialeinheit, die GSG9 (zum Beispiel Antiterroreinsätze und Geiselbefreiungen als Zuständigkeitsbereiche), profitieren. Ihr Ausbau, der ja bereits eingeleitet wurde, soll einerseits über eine personelle Aufstockung vollzogen werden. Die GSG9-Truppe hat nach Schätzungen wohl 400 Mitglieder, die Zahl wird geheim gehalten. Zusätzlich wird ein zweiter Standort in Berlin eröffnet, daran anschließend ist die umfangreichere finanzielle Unterstützung der Ausbildung eine ins Auge gefasste Maßnahme. Die Zusammenarbeit mit den europäischen Kollegen auf diesem Gebiet soll im Sinne der stärkeren EU-Annäherung ebenfalls intensiviert werden. Ein schockierendes Erlebnis war der Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vom 19. Dezember 2016, der bis heute seine Wunden hinterlässt. Bei diesem Angriff starben 12 Menschen, 55 wurden verletzt. Hierbei machte der Staat allerdings viele schwerwiegende Fehler. Beginnend damit, dass der Attentäter den Behörden lange bekannt war, nur die Verantwortung wurde zwischen den einzelnen staatlichen Einrichtungen immer wieder hin und her geschoben, ohne dass eine Institution endlich aktiv gehandelt hat. Das nächste entwürdigende Verhalten des Staates war die Trauerfeier am Ort des Attentats. Sie fand keine 24 Stunden nach der Tat statt, zu diesem Zeitpunkt wussten viele Angehörige der Opfer noch nicht einmal, ob ihre Liebsten nur verletzt oder doch gestorben sind. Während die Angehörigen also ein Chaos der Gefühle durchlebten, waren die führenden Politiker des Landes in der Trauerhalle und legten Blumen nieder. Für die Angehörigen der Opfer glich die Suche nach Gewissheit einen Spießrutenlauf, da sie tagelang von keiner Behörde eine genaue Auskunft über den Zustand ihrer Verwandten bekommen haben. Ein Staatsakt wurde zudem bis heute nicht für die Opfer des Terroranschlags ausgetragen. Nach dem Angriff wurde ein „Beauftragter der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt“ ernannt, der aber nur Empfehlungen aussprechen konnte. Die meisten seiner Vorschläge wurden nicht beachtet. Die finanzielle Entschädigung der Angehörigen und Opfer des Terroranschlags war hinzukommend mehr als unzulänglich. Dafür, dass die Getöteten das Kostbarste zahlen mussten, was sie besaßen, nämlich das Leben, ist das krampfhafte Zahlen weniger Gelder unmoralisch und verwerflich. Der Schadensersatz für den Arbeitsausfall und die Rente der ermordeten Personen gehört sich allemal, zudem ist eine weitere Entschädigung angebracht, auch wenn es die Toten nicht zurückbringen kann. Erst ein Jahr nach dem Attentat hatte sich die Bundeskanzlerin dazu durchgerungen, sich mit den Opfern und Angehörigen zu treffen. Eine Entschuldigung für das schäbige Verhalten des Staates nach dem Terrorangriff sprach sie jedoch nicht aus. Der Frust muss tief sitzen bei den Angehörigen und Opfern, da sie vom Staat im Stich gelassen wurden. Dieser Umgang ist eines Staates nicht würdig und darf sich keinesfalls wiederholen. Die Sicherheit der eigenen vier Wände ist auch ein Thema, das nicht außer Acht gelassen werden darf. Im Jahr 2016 gab es 151.265 Wohnungseinbrüche. Diese Zahl ist zu reduzieren, indem die Aufklärungsrate ansteigt. Für den Erfolg dieses Ziels ist wiederum ein höheres Budget für die Polizeikräfte notwendig. Man merkt also, dass sich die Reform in einem inneren Kreislauf befindet. Daher muss die Eintracht dieses Kreislaufs aufrechterhalten bleiben, um die Sicherheitskräfte bestmöglich zu unterstützen. Gegenwärtig setzen sich im Gleichschritt zur Globalisierung auch die internationale Kriminalität und der internationale Terrorismus immer mehr durch, sodass die Nachrichten darüber schon fast zum Alltag geworden sind. Daher ist es nur logisch, dass die Behörden auch international agieren. Das Europäische Polizeiamt (kurz Europol) muss mehr Befugnisse erhalten, um die nationalen Sicherheitskräfte mehr in ihre Arbeit mit einbeziehen zu können. Auch die Zusammenarbeit mit Interpol ist verbesserungswürdig. Zur Gewährleistung der inneren Sicherheit müssen kriminelle Ausländer bei besonders schweren Straftaten zurück in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden, da sie hier ihr Grundrecht auf Asyl sowie ihre Bleibeperspektive verwirkt haben. An dieser Stelle muss man eine Grenze ziehen zwischen dem humanitären Asylgedanken und der Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit. Die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger stehen für den deutschen Staat in einer besonderen Verantwortung, da die Vergangenheit unser Land zu einer schützenden Grundeinstellung gegenüber Israel, seinen Einwohnern sowie generell allen Juden erzeugt hat, was ausdrücklich beibehalten bleiben muss. Gerade jetzt in einer Phase einer neuen Welle des Antisemitismus ist das Aufkommen von gewaltbereiten Religionskonflikten unbedingt zu vermeiden. Die besondere Bedeutung Israels wird zwar floskelhaft von jedem Politiker in der Bundesregierung wiederholt, gleichzeitig aber beliefert Deutschland Israels Erzfeinde wie den Irak oder den Iran mit Mittelstreckenraketen und Chemiewaffen. In der Zeit nach 1945 gab es nie eine Aufklärung oder zumindest eine Auseinandersetzung mit dem Thema Antisemitismus. Heute sind die daraus resultierenden Auswirkungen zu spüren. Wichtig ist hierbei auch zu beachten, dass es den Antisemitismus in Deutschland nicht erst seit dem Jahr 1933 gibt, sondern schon seit Jahrhunderten hierzulande von einigen Teilen der Bevölkerung betrieben wird. Diesem dunklen Kapitel der deutschen Geschichte muss ein Ende gesetzt werden. Bei der Debatte über die Sicherheit wird das Sexualstrafrecht häufig nur am Rande oder gar nicht erwähnt. In Zeiten der MeToo- sowie der Times Up-Bewegung erhält dieses Gebiet aber eine neue Aufmerksamkeit, die einen Fortschritt auf diesem Feld bringen kann. Aufgrund der verschwiegenen Atmosphäre gehen laut einer EU-Studie nur 15% der Frauen einer Vergewaltigung zur Polizei, hierbei überwiegt zumeist das Gefühl der Scham und der Machtlosigkeit. Dabei ist das Thema gesellschaftlich präsent: In derselben Studie der Europäischen Union fand man heraus, dass in Deutschland 35% der Frauen seit ihrem 15. Lebensjahr mindestens einmal entweder sexuelle oder körperliche Gewalt erlebt haben. Die Anzahl der Betroffenen ist dementsprechend gravierend, die Abschreckungsmethoden für Sexualdelikte wirkt also bisher nicht erfolgreich. Bereits im Jahr 2016 erfolgte eine Reform des Sexualstrafrechts, die aber noch nicht weit genug geht. Laut Paragraph 177, Absatz 3 des Strafgesetzbuches (StGB) bekommt der Täter bei einer Vergewaltigung maximal fünf Jahre Haft. Wir fordern, dass eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren für eine Vergewaltigung verbüßt werden soll. In Frankeich drohen dem Täter bei einer Vergewaltigung sogar bis zu 20 Jahre Gefängnis, in Italien sind es 10 Jahre. Setzt man Deutschland nun in den internationalen Vergleich (hier nur eine Stichprobe), stellt man fest, dass wir milde mit Sexualdelikten umgehen. Für den entsetzlichen Fall, dass Kinder vergewaltigt werden, soll der Täter eine lebenslange Haftstrafe auferlegt bekommen, die aber nicht wie üblich mindestens 15 Jahre beinhalten muss, sondern 25 Jahre. Die gräuliche Tat muss im Strafrechtskatalog höher angesiedelt werden, um der abschreckenden Wirkung zumindest ein wenig mehr Nachdruck zu verleihen. Die Länge der Haftstrafe macht das Delikt zwar nicht ungeschehen, bringt den Opfern und ihren Angehörigen aber zumindest ein klein bisschen Gerechtigkeit. Zur Sicherheit der Bundesrepublik gehört auch der Zustand der Atomkraftwerke (AKWs) in Deutschland sowie das Finden eines Atommüllendlagers. Hierbei sind das Bundesumweltministerium (das schließlich auch für die Reaktorsicherheit zuständig ist) sowie die Bundesgesellschaft für Endlagerung in der Pflicht. Derzeit haben wir immer noch kein konstantes Endlager für Atommüll, da jede Gemeinde, die in Betracht kam, starken Protest zeigte, aus verständlichen Gründen. Denn bei den kleinsten Rissen in den Fässern kann die radioaktive Strahlung herausdringen und das Grundwasser sowie den Boden verseuchen, von der verheerenden Wirkung für die Menschen einmal abgesehen. Der Müll aus den Atomkraftwerken sowie die AKWs an sich können ein erhebliches Sicherheitsrisiko bilden, die Szenarien eines Super-GAUs (größter anzunehmender Unfall) lassen sich gar nicht ausmalen. Aus diesem Grund muss die Förderung erneuerbarer Energien vorangetrieben werden, dann fällt diese potenzielle Gefährdung der inneren Sicherheit weg. Für eine Katastrophe hat die Politik nicht vorgesorgt, stattdessen wird mit einem möglichen Ernstfall sehr oberflächlich und überheblich umgegangen. Betrachtet man nur den belgischen Atommeiler Tihange, für den die Behörden weder auf belgischer noch auf deutscher Seite einen Notfallplan vorgelegt haben. Bei einer Katastrophe würde das reinste Chaos ausbrechen. Dieses Beispiel verdeutlich, dass ein Zwischenfall bei einem Atomkraftwerk noch nicht einmal in Deutschland geschehen muss und dennoch können wir betroffen sein, da die Radioaktivität nicht vor der Landesgrenze stehenbleibt. In diesem Punkt haben wir uns auf die innere Sicherheit konzentriert, da die äußere Sicherheit im nachfolgenden Punkt beschrieben wird. Trotz eines noch so stabilen Sicherheitssystems muss Allen klar sein, dass eine einhundertprozentige Sicherheitsgarantie nie gegeben werden kann. Nichtsdestotrotz sind das Halten und die Verbesserung unseres Sicherheitsstandards in Deutschland eine aufwendige Herausforderung, die sich stets neuen Einflüssen stellen muss.
10. Militärpolitik
Wohl fast jeder Mensch ist gegen den Krieg und will schon gar keinen militärischen Konflikt in seinem eigenen Land. Dennoch wird er schulterzuckend hingenommen, Bewegungen gegen Krieg oder Militarismus sind eine Seltenheit. Klar ist allerdings auch, Freiheit und Menschenrechte lassen sich nicht immer friedlich verteidigen. Gewaltanwendung muss immer das letztmögliche Mittel in engsten Grenzen sein, wenn alles andere bereits versucht wurde. Wir von der FPA setzen uns für eine moderne Bundeswehr mit einsatzorientierten Strukturen ein, die sowohl zur Bündnis- und Landesverteidigung wie für internationale Einsätze befähigt ist. Dazu muss die Bundeswehr besser ausgestattet werden. Die Prozesse zur Beschaffung neuer Ausrüstungsgegenstände gehören grundsätzlich auf den Prüfstand. Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass es bei größeren Projekten qualitative, terminliche und kosten- technische Mängel gegeben hat. Der Modernisierungsprozess der Bundeswehr muss weiter vorangetrieben und den neuen Anforderungen angepasst werden. Dabei wollen wir auch die Attraktivität des militärischen Dienstes steigern, denn die Bundeswehr steht im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern um die besten Bewerberinnen und Bewerber. Um den Personalbedarf weiterhin zu decken und junge Menschen für den anspruchsvollen Dienst zu gewinnen, muss die Attraktivität des Dienstes kontinuierlich verbessert werden. Entscheidende Faktoren sind dabei moderne und ausreichende Ausrüstung, Arbeitszeitbelastung, Weiterbildungsmöglichkeiten, Versetzungshäufigkeit, die Versorgung im Falle der Verwundung und nicht zuletzt die Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Aus einer gestärkten Bundeswehr heraus kann dann der Weg für eine Europäische Armee geebnet werden, in der sämtliche Staaten der Europäischen Union zusammenarbeiten. Hierbei sind pluralistische und demokratische Strukturen maßgebend. Zuspruch erhält die Bundeswehr von der FPA in ihrem professionellen Handeln im In- und Ausland über die letzten Jahrzehnte hinweg. Zudem sprechen wir uns ganz klar für die Bündnis- und Landesverteidigung sowie den in der Heimat stattfindenden Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen aus. Den immerwährenden Austausch zwischen unseren Bündnispartnern in allen Belangen ist in unserem Sinne ein wichtiger Bestandteil für die Aufrechterhaltung internationaler Freundschaft. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz hat sich zur Schaffung von Rechtssicherheit bei bewaffneten Einsätzen der Bundeswehr im Ausland bewährt. Im Lichte der angestrebten verstärkten Schaffung gemeinsamer EU- und NATO-Einsatzkräfte sollte der Parlamentsvorbehalt des Deutschen Bundestags unter voller Berücksichtigung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts so weiterentwickelt werden, dass gemeinsame Einsätze multinationaler Verbände von EU und NATO verfassungsfest erleichtert werden. Die FPA will unter keinen Umständen Waffenlieferungen in Krisengebiete. Denn Rüstungsexporte in Konfliktregionen können bereits instabile Regionen noch weiter destabilisieren. Die Unsicherheit und Bedrohung für die Menschen in den betroffenen Gebieten wird hierdurch nachhaltig erhöht und die Chancen auf Friedens- und Konfliktlösungen können ebenfalls behindert werden. Es sollte deshalb auch für die Zukunft Grundpfeiler deutscher Außenpolitik sein, Rüstungsexporte in Konfliktregionen auszuschließen. Die Entscheidung über Rüstungsexporte soll auch weiterhin durch die Bundesregierung erfolgen als Teil ihrer exekutiven Kernaufgaben. Jedoch fordern wir, dass ein Rüstungsexportgesetz die bestehenden nationalen, europäischen und internationalen Exportrichtlinien deutlich präzisiert und dadurch zu mehr Transparenz im Regierungshandeln führt. Ein erheblicher Schlüsselfaktor, um die zukünftig anspruchsvollen Aufgaben der Bundeswehr zu erfüllen, ist das in Betracht ziehen der Wiedereinführung der Wehrpflicht. Hierzu ist es enorm wichtig, dass das ehemalige Konzept der Wehrpflicht grundsätzlich umgewälzt wird und zwar in dem Maße, dass die Pflicht einem optionalen Dienst weicht. Wir fordern ein allgemeines Jahr zu einem sozialen Dienst oder als alternative Entscheidung den Wehrdienst zu leisten. Somit kann nicht nur der personelle Mangel in beiden Tätigkeitsfeldern in großen Teilen abgestellt, sondern auch das gesellschaftliche Ansehen insgesamt verbessert werden. Mit empirischen Mitteln ist es nicht möglich eine sichere Aussage über die Zukunft zu treffen, allerdings können wir hermeneutisch, also in viele verschiedene Bereiche hineinschauen und vergleichen, um so ein plausibles Bild der Zukunft zu zeichnen. Die Digitalisierung ist und wird auch weiterhin ein wichtiger Entwicklungsprozess bleiben und somit die Ausrichtung von Wirtschaft, Politik und auch das Militär maßgebend beeinflussen. Dadurch wird ersichtlich, dass die Bundeswehr ihre Fähigkeit zu Computer-Netzwerk- Operationen weiter ausbauen und offensive Cyber-Fähigkeiten in ihrem Fähigkeitsspektrum verankern muss, um für künftige Herausforderungen gewappnet zu sein. Im Bereich der Cyber- Fähigkeiten hat die Bundeswehr in der Vergangenheit schon wichtige Schritte unternommen, wie z.B. die Gründung des Kommando Cyber- und Informationsraum in Bonn. Dennoch ist es wichtig die Fähigkeiten weiter auszubauen, da die Anforderungen im IT- Bereich zukünftig weiter steigen und eine Schlüsselrolle in der Sicherheitspolitik übernehmen werden.
11. Migration
10.1 Derzeitige Lage
In den letzten Jahren ist Deutschland zerrüttet worden von einer Flüchtlingsdebatte und Flüchtlingskrise, die eigentlich keine sein müsste. Im Herbst 2015 begann eine Verrohung der öffentlichen Diskussion, die den Populismus und den Nationalismus in unserer Gesellschaft einen ungeahnten Nährboden schuf. Jeder Mensch hat ein Grundrecht auf Asyl in Deutschland. Die Entmenschlichung des Flüchtlingsdiskurses verzerrt den Blick auf die erforderlichen Hilfsmaßnahmen und verankert stattdessen eine polemische Grundhaltung, die einer aufgeklärten Demokratie nicht würdig ist. Flüchtende Menschen wurden als neues Feindbild positioniert. Dies mag einigen Parteien politisch erheblich nützen, verhindert jedoch eine gesellschaftliche Annährung oder gar den sozialen Frieden. Die Degradierung des Asylsuchenden zum Feindbild wurde ermöglicht, weil vorherige Entwicklungen nicht ernst genommen wurden. Als bestes Beispiel dafür dient die Wohnungsnot, hauptsächlich in Großstädten. Mit dieser Politik wird der Rechtspopulismus weiterwachsen, dafür wird hingegen die Akzeptanz für Flüchtlinge weiter sinken. Deutschland ist ein Einwanderungsland, dieses Bewusstsein wird von der Politik verdrängt. Aus dem Fokus der öffentlichen Debatte sind dabei die viel zitierten und gerühmten westlichen Werte wie Weltoffenheit, Gerechtigkeit, Solidarität geraten. Im Jahr 2016 ertranken über 5.000 Geflüchtete im Mittelmeer, in der Sahara starben wohl sogar 20.000 Geflüchtete, im Jahr 2019 waren es knapp 1.000 tote Flüchtlinge, wobei die Dunkelziffer in beiden Fällen deutlich höher ausfallen wird.(1) Zu Beginn der einsetzenden Flüchtlingsströme nach Europa zeigte unser Land eine solidarische Geste und nahm viele Asylsuchende auf, im Jahr 2015 waren es 900.000 Schutzsuchende, die in Deutschland Asyl gewährt bekamen. Im darauffolgenden Jahr sank die Aufnahme von Asylbewerbern aber stark, es waren nur noch 280.000, 2017 lediglich 200.000. Das Verantwortungslosigkeit in dieser Angelegenheit besteht darin, dass sich der Staat nach der Aufnahme der Flüchtlinge fast komplett zurückzog und die Bürgerinnen und Bürger die Integration von über einer Million Menschen übernehmen musste. Besonders lobenswert sind im Zusammenhang mit der jetzigen Flüchtlingskrise die vielen ehrenamtlichen Helfer, sie sind in dieser Zeit über sich hinausgewachsen und haben herausragende Arbeit geleistet. Integration ist ein langer Prozess. Uns ist bewusst, dass Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann. Vielmehr ist eine gerechte, an den Einwohnerzahlen orientierte Verteilungspolitik erforderlich. Blickt man in die Vergangenheit, hat Deutschland schon einmal mit einer erhöhten Anzahl an Flüchtlingen zu tun gehabt. Von 1991 bis 2001 tobte der Jugoslawienkrieg wegen des Auseinanderbrechens der Sowjetunion, bei diesem Konflikt nahm unser Land rund 350.000 Menschen auf und gewährte ihnen Asyl.(2) Im Nachhinein betrachtet kann man eindeutig feststellen, dass diese Geste der Menschlichkeit weder das Wirtschafswachstum beeinträchtigte noch einen Bürgerkrieg auslöste. Nichtsdestotrotz weisen die Kriminalstatistiken unter jungen geflüchteten Männern erhöhte Werte auf, die wir ebenso ernstnehmen müssen.(3) Nach einer Welle der Euphorie und Begeisterung zur Aufnahme von Flüchtenden nahm die Politik die polemische Stimmung auf und setzte einen neuen Kurs auf. So brachten die führenden Politiker in Berlin und Brüssel Maßnahmen auf den Weg - die von den Vereinten Nationen unterstützt wurden - die den Asylsuchenden die Flucht maßgebend erschwert. Eine solche Maßnahme bildet die „EUNAVFOR MED Operation SOPHIA“ (vollständig „European Union Naval Force - Mediterranean“), die sich zur Aufgabe nahm, den Menschenschmuggel zu bekämpfen. Allerdings wurde diese Mission im Mai 2016 auf deutscher Initiative hin erweitert, was beinhaltete, dass die lybische Küstenwache ausgebaut wird. Damit wurde die Fluchtbedingungen noch miserabler gestaltet als sie ohnehin schon waren.(4) Statt Menschenhandel zu begünstigen, sollte die Bundesrepublik die Anrainer-Staaten finanziell und logistisch unterstützen. Eine Option stellen bilaterale Verträge dar, in denen den Nachbarstaaten eine bessere hygienische und bildungstechnische Infrastruktur ermöglicht wird. Darüber hinaus müssen die Fluchtstaaten selbst nach der Beendigung des Krieges eine Aufbauhilfe erhalten, um die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, dass die betroffenen Länder in Bürgerkriege verfallen. Hier besitzt die Zweckgebundenheit der Finanzmittel eine entscheidende Bedeutung, sodass die Gelder nicht für eine weitere Militarisierung oder propagandistische Vorhaben ausgegeben werden können. Ein noch dunkleres Kapitel stellt die „Khartoum - Erklärung“ dar.(5) Diese Resolution, die von 58 Staaten unterzeichnet wurde (darunter auch Deutschland), soll bewirken, dass Flüchtlinge bereits in den Transitländern Afrikas (Ägypten, Libyen und Tunesien) abgefangen werden, um nicht nach Europa zu gelangen. Um die Zustimmung von Ägypten, Libyen und Tunesien zu erhalten, wurden von der Europäischen Union „Mobilitätspakte“ mit diesen Staaten geschlossen.(6) Das Ziel dieses Bündnisses ist es, die Asylsuchenden vor dem Mittelmeer bereits in den nordafrikanischen Staaten abzufangen. Somit sterben die Flüchtlinge dann nicht im Mittelmeer, sondern in einem ägyptischen, libyschen oder tunesischen Folterlager. Vordergründig sollen dadurch Flüchtende aus Sudan, Somalia, Eritrea und dem Südsudan aufgehalten werden. Auch mit diesen Herkunftsländern arbeiteten die EU-Staaten zusammen, mit dem Ziel, die Flüchtlinge gar nicht erst aus ihrem eigenen Land herauszulassen. Dabei sind Sudan, Somalia, Eritrea und der Südsudan zu den brutalsten Diktaturen der Welt, ein Großteil der dortigen Gesellschaft lebt in Armut, wöchentlich finden dort Terroranschläge statt.(7) Dennoch helfen nun auch deutsche Soldaten bei der Ausbildung der Polizisten in diesen Staaten, um den die diktatorischen Apparate noch effizienter zu gestalten. Die Bundeswehr soll zu Verteidigungszwecken eingesetzt werden, eine Gefahrenaussetzung für eine offensivere Außenpolitik gefährdet jedoch unbegründet das Leben deutscher Staatsbürger. Der Preis für die Vermeidung von Flüchtlingsströmen kann gar nicht hoch genug sein, dafür werden selbst grundlegende Werte wie Humanität und Menschenachtung aufgegeben, von den allgemeinen Menschenrechten ganz zu Schweigen. Eine aktive Flüchtlingsrettung leistete die italienische Küstenwache mit der Mission „Mare Nostrum“ vom Oktober 2013 bis Oktober 2014. Insgesamt gab Italien 114 Million Euro für dieses Projekt aus, dabei konnten 150.000 Flüchtlinge aus dem Meer gerettet werden. Die Einstellung der Aktivitäten folgte, weil sich kein anderer europäischer Staat an der finanziellen Unterstützung der Mission beteiligen wollte, obwohl wir doch eine Union sind.(8) Jährlich 114 Millionen Euro für die Rettung von Flüchtlingen auszugeben ist der EU und den einzelnen Staaten, auch Deutschland, zu teuer. Bei der Bankenrettung im Zuge der Finanzkrise waren diese Summen hingegen äußerst leicht zusammengestellt. Als Nachfolgemission wurde im November 2014 von Frontex die Operation „Triton“ ins Leben gerufen. Sie umfasst jedoch lediglich den Schutz der EU-Außengrenzen, humanitäre Absichten hingegen sind nicht zu finden. Stattdessen muss die EU mit über 500 Millionen Einwohnern ihre Außengrenzen vor noch nicht einmal zwei Millionen ankommenden, unbewaffneten und hilflosen Flüchtlingen in Europa schützen.(9) Auf Bundesebene wurde mit zwei Asylpaketen die Eingewöhnung der Geflüchteten hierzulande immens erschwert. Das am 23. Oktober 2015 verabschiedete „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz“(10) oder auch Asylpaket I beinhaltet zahlreiche diskriminierende Punkte. So sollen Asylbewerberinnen und Asylbewerber bis zu einem halben Jahr in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben, in dieser Zeit dürfen sie aber nicht arbeiten. Ebenfalls werden nun Sachleistungen statt Bargeld ausgegeben, was die persönliche Entscheidungsfreiheit stark einschränkt. Noch beunruhigender ist die Einstufung von Montenegro, Kosovo und Albanien als sichere Herkunftsländer. Insbesondere der Kosovo ist keinesfalls sicher. Der Staat ist auf internationale Hilfsgelder angewiesen, muss immer wieder bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Minderheiten bewältigen, hat eine Arbeitslosenquote von über 30%. Außerdem ist der Grad an organisierter Kriminalität, Korruption und Vetternwirtschaft bei keim anderen europäischen Land so hoch wie im Kosovo, daher grenzt er eher an einen Failed State.(11) Ausgelöst wurde dieser Missstand maßgeblich durch den Kosovo-Krieg im Jahre 1999 (der laut Bundeswehr insgesamt 23 Milliarden Euro kostete), in dessen Zuge auch 2008 die Unabhängigkeitserklärung von Serbien folgte. Die NATO, also auch Deutschland, marschierte im Kosovo kurz vor der Jahrtausendwende ein und hinterließ ein bis heute währendes Trümmerfeld. Mal wieder werden die Konsequenzen unserer eigenen Außenpolitik auf moralisch verwerfliche Art und Weise verdrängt. Das Asylpaket I umfasst ebenso neue Möglichkeiten zur Leistungskürzungen von Flüchtlingen, die nun bis zu 40% betragen können. Des Weiteren dürfen nur Personen aus Irak, Syrien, Eritrea oder Iran Integrationskurse während des Asylverfahrens belegen. Beim Zugang zum Arbeitsmarkt müssen die Geflüchteten aus Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro sowie Albanien nun in der deutschen Auslandsvertretung ihres Herkunftslandes bestätigen lassen, was vollends realitätsfern und extrem schwer zu erfüllen ist. Darauf folgte am 17. März 2016 das „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“(12) oder auch das Asylpaket II. Darin mit inbegriffen sind die Beschleunigung von Asylverfahren in eigens dafür eingerichteten „besonderen Aufnahmeeinrichtungen. Innerhalb einer Woche wird nun über den Asylantrag entschieden, weitere drei Wochen später muss der oder die Asylbewerber/in dann bei einer Ablehnung spätestens außer Landes sein. Im Krankheitsfall eines Asylbewerbers soll bei abgelehntem Asylantrag dennoch die Ausreise erfolgen, wenn ein Teil der Behandlung in seinem Herkunftsland erfolgen kann. Diese absurde Regelung ist niemals tragbar, da die Herkunftsländer häufig über keine Krankenversicherung verfügen. Zudem sind zahlreiche Krankheiten gar nicht mit zugerechnet zum Gesetz, allem voran die Posttraumatische Belastungsstörung, unter der ein Großteil der Asylsuchenden leidet, gehört nicht zu den Erkrankungen, durch welche man ein Bleiberecht erhalten kann. Die Bundespsychotherapeutenkammer und viele andere Organisationen übten daraufhin schwerwiegende Kritik an diesem Gesetz.(13) Artikel 2 Absatz 1 unseres Grundgesetzes („Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“) ist mit diesem neuen Maßstab genauso wenig in Einklang zu bringen. Ebenfalls neu ist im zweiten Asylpaket die Prozedur, dass ein Flüchtling sofort vom Asylverfahren ausgeschlossen wird, sobald er die Asylunterkunft verlässt. Das bedeutet, er darf keine Verwandte, Freunde oder kulturelle Veranstaltungen besuchen. Die Geflüchteten sind damit in ihrem Quartier gefangen und besitzen keine Möglichkeiten zur Integration. Menschenrechtsorganisationen kritisieren diesen Vorstoß zurecht in Bezug auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie dem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention. Derzeit wird das Asylpaket III vorbereitet, indem erneut härtere Maßnahmen gegen Flüchtlinge erwartet werden. Damit etabliert sich wohl das Prinzip, künftig mit zwei Maßstäben den Wert eines Menschenlebens zu messen. Die FPA hat eine Fülle an Maßnahmen erarbeitet, die die inhumane und respektlose Umgangsweise mit Geflüchteten beendet und Asylbewerberinnen und Asylbewerber als Chance und nicht als Bedrohung ansieht. Missionen wie „EUNAVFOR MED Operation SOPHIA“ oder „Triton“ müssen eingestellt werden, stattdessen sollen Missionen zur Flüchtlingsrettung in See und auf dem Land unternommen werden. Als Voraussetzung für die Unterbringung und Integration von Asylsuchenden müssen erst einmal sichere Fluchtwege geschaffen werden. In Zukunft sollen die Schleuserbanden bekämpft werden anstatt mit Küstenwache und Soldaten gegen Flüchtlinge vorzugehen.
11.2 Migrationsproblematik/Lösungen
11.2.1 Flüchtlinge
Für uns hat Humanität Vorrang. Deshalb fordern wir einen „Fonds für Humanität“, in den alle EU-Staaten im Verhältnis zu deren Einwohnerzahlen für die Flüchtlingsrettung, Unterbringung und Integrationsmaßnahmen einzahlen. Die Gelder aus diesem Fonds werden dann einmal im Verhältnis zur wirtschaftlichen Situation der einzelnen Länder und zum anderen zur Anzahl aufgenommener Flüchtlinge verteilt. Die Notwendigkeit eines neuen Asylpakets steht außer Frage, da selbst die Europäische Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention übergangen wurden. Asylbewerberinnen und Asylbewerber sollten schon mit der Ankunft in Deutschland eine Arbeitserlaubnis erhalten, auch deshalb ist es wichtig, den Mindestlohn auf 11,50 Euro zu erhöhen, um humanitäre Bedingungen zu erreichen (siehe 5.3.). Die Flüchtlinge sollen selbst Geld verdienen dürfen, um ihre ersten Schritte im neuen Leben meistern zu können. Für dieses Ziel ist auch notwendig, dass die Asylbewerber keine Bestätigung mehr von der Auslandsvertretung ihres Herkunftslandes für den Zugang zum Arbeitsmarkt brauchen, diese unnötige bürokratische Hürde erschwert den Einstieg ins Arbeitsleben wesentlich. Die Anerkennungsmethodik für scheinbare sichere Herkunftsländer muss dringend überarbeitet werden. In Zukunft sollen der Kosovo (die Gründe wurden bereits genannt) sowie der Senegal nicht mehr als sichere Herkunftsstaaten gelten. Im Senegal tobt gerade ein militärischer Konflikt, weil sich die Region Casamance abspalten will. Beim BIP pro Kopf liegt der Senegal weltweit auf Platz 162, also über 20 Plätze hinter Sudan und Pakistan, dadurch sind die Kriminalitätsraten sehr hoch.(14) Die Entscheidung des Bundesrates vom 10. März 2017, die Maghreb-Staaten als unsicher einzustufen, war von entscheidender Richtigkeit.(15) Jedoch mehren sich die abstoßenden Diskussionen, in denen Afghanistan als sicheres Herkunftsland eingestuft werden soll. Ein Land, in dem die extremistischen Taliban auf dem Vormarsch sind und die Regierung nur wenige Teile des Landes kontrolliert. Dort herrscht eine ähnlich katastrophale Lage wie in Syrien oder dem Irak. Diese Gedankenspiele sind purer Stimmenfang in der rechten Ecke, der die Spaltung in der Gesellschaft weiter antreibt. Bei abgelehnten Asylbewerbern kann die Leistung um bis zu 40% gekürzt werden, womit das finanzielle Auskommen unter das Existenzminimum fällt. Dem Anspruch des Sozialstaats genügt das nicht. Wir fordern daher, dass die Kürzungen bei der Ablehnung eines Asylantrags maximal 10% betragen darf. Allein unser Festhalten an der Würde des Menschen, niedergeschrieben in Artikel 1 des Grundgesetzes, verlangt es von uns, dass abgelehnte Asylbewerber bei einer aktuellen Krankheit bis zur Genesung in Deutschland bleiben dürfen. Hierzu zählen alle schweren Krankheiten, vor allem welche, die auf der Psyche basieren. Erst danach soll über den Asylantrag entschieden werden. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass in Deutschland lebende Flüchtlinge ihre Unterkunft zum Treffen von Verwandten, Freunden und gesellschaftlichen Veranstaltungen verlassen dürfen. Das Verbot dergleichen muss umgehend aufgeboten werden, da es im starken Maße persönlichkeitseinschränkend ist. Eine Abwesenheit aus der Flüchtlingsunterkunft von maximal 48 Stunden am Stück ist durchaus vertretbar. Zur Organisation und Versorgung der Flüchtlingsunterbringungen sowie zur Eingewöhnung der Geflüchteten in ihre neue Heimat ist das „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ (BAMF). Diese Bundesbehörde war im Zuge der Flüchtlingskrise maßlos überfordert, was jedoch zum großen Teil auf eine chronische Unterbesetzung zurückzuführen ist, wodurch auf den Mitarbeitern ein unheimlicher Druck lastete. Bisher besitzt das BAMF 4.000 Mitarbeiter und 48 Außenstellen. Wir fordern eine Aufstockung der Mitarbeiterzahl auf 5.000 sowie den Ausbau der Außenstellen. Die Flüchtlingsverteilung in die einzelnen Bundesländer erfolgt durch den Königsteiner Schlüssel. Demnach nimmt Nordrhein-Westfalen über 21% der Flüchtlinge auf, besitzt aber nur fünf Außenstellen. Bayern hingegen nimmt 15% aller Asylsuchenden auf, verfügt jedoch über acht Außenstellen (der Grund des Transits allein ist hierfür nicht maßgebend).(16) Aufgrund einer optimalen Koordinationsausführung müssen mindestens neun weitere Außenstellen für das BAMF zur Verfügung gestellt werden, allein vier in Nordrhein-Westfalen, zwei in Niedersachsen und jeweils eine in Hessen, Sachsen und Berlin. Die Ursache hierfür ist ebenfalls die fehlende Übereinstimmung zwischen Behördenstärke und Flüchtlingsanzahl. Die Verträge, die die deutsche Regierung mit den verschiedensten Staaten zur Flüchtlingskrise schloss, müssen aufgelöst werden. Die Abkommen mit den nordafrikanischen Ländern und das „Khartoum - Abkommen“ liefern ein Bild der Ignoranz gegenüber dem Leid von Flüchtlingen. Es ist äußerst tragisch, dass dem aufgeklärten Europa dazu nicht mehr einfällt. Nach der Migration folgt die Integration. Als Grundlage für eine erfolgreiche Integration ist ein gewohntes und vertrauliches Umfeld unabdingbar. Daher sollte der Familiennachzug für Flüchtlinge nicht wie bisher auf 1.000 Personen pro Monat begrenzt sein. Gerade Parteien, die sehr den christlichen Charakter in den eigenen Reihen betonen, zeigen keinerlei Nächstenliebe oder Solidarität. Es wird davon ausgegangen, dass circa 100.000 Personen beim Familiennachzug mit inbegriffen sind, da der Großteil der Asylsuchenden bereits mit der Familie unterwegs war.(17) Diese Anzahl ist mehr als verkraftbar für unsere Bundesrepublik. Nach jetzigem Gesetz würde die letzte Familie jedoch erst in Jahren und vier Monaten komplett sein. Die Härtefallregelung für subsidiär geschützte Flüchtlinge kann nach der Umsetzung der davorliegenden Punkte dann hingenommen werden, da jeder Asylsuchende dann ein gerechtes Verfahren sowie menschenwürdige Bedingungen erhält. Bei der Integration ist die politische Teilhabe in der neuen Umgebung ein entscheidender Faktor. Menschen, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, sollten bereits nach drei Jahren ununterbrochenen Aufenthalt in Deutschland ein Wahlrecht für Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen erhalten sowie an allen Volksabstimmungen teilnehmen dürfen, auch ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Flüchtlinge müssen eine sofortige Arbeitsmöglichkeit erhalten, nachdem sie die deutsche Sprache erlernt haben. Eine bloße Aufbewahrung der Geflüchteten in den Lagern mit einer Verwahrung der Arbeitserlaubnis ist äußerst kurzsichtig, zu dieser Einschätzung gelangen die Bundespsychotherapeutenkammer und der Rat für Migration gleichermaßen. Im Falle eines nichtgenehmigten Asylantrages bilden Abschiebelager einen schlechten Ausweg, da in diesen Unterkünften erhöhte Gewaltpotenziale vorhanden sind, die durch die Perspektivlosigkeit der Geflüchteten verursacht wurde. In der Flüchtlingsdiskussion wurden die Vorschläge vom Rat für Migration (ein Zusammenschluss von 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern) wenig berücksichtigt. In ihrem Manifest vom September 2017(18) forderten sie unter anderem den Abbau der bürokratischen Hürden, die Erleichterung der Arbeitsbedingungen sowie eine Erleichterung der doppelten Staatsbürgerschaft. Diese Wissenschaftlervereinigung betonte dabei auch die notwendige Chancengleichheit in der Bildung zwischen Einheimischen und Flüchtlingen. Deutschkurse sollen weiterhin verpflichtend für Migranten und Flüchtende sein. Dafür muss jedoch das Problem der Personalnot in den Griff gekriegt werden. Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Die weit in der Gesellschaft verbreitete abstoßende Haltung gegen Schutzsuchende fußt auch darauf, dass sie eingeschränkte Möglichkeiten haben, wie eben beispielsweise keine Deutschkurse belegen können oder keine Arbeitsberechtigung erhalten. Die Flüchtlingskrise war eines der zentralen Themen in der öffentlichen Diskussion der letzten Jahre. Zum immer aggressiver werdenden Ton der Debatte trug die Politik der Bundesregierung maßgeblich bei; es ist Zeit für eine langfristige Strategie zur Lösung der Migrationsproblematik, die auf Humanität als Fundament baut und Haltung annimmt.
11.2.2 Einwanderung
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Letztes Jahr lebten 10,92 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in unserem Land. 1,5 Millionen von ihnen sind erst im letzten Jahr dazu gekommen.(19) Und wir sind dringend auf Zuwanderer angewiesen. Unsere Wirtschaft plagt seit Jahren ein Mangel an Arbeitskräften, besonders qualifizierte Kräfte fehlen. Auch altert unsere Gesellschaft immer mehr und es fehlt an jungen Leuten, um dies auszugleichen. Es ist also absehbar, dass wir auch in Zukunft auf Einwanderer angewiesen seien werden. Doch denen stellen sich oft große bürokratische Hürden. Relativ unkompliziert funktioniert es für EU-Ausländer. Dank der Arbeitnehmerfreizügigkeit können diese sich ohne große Schwierigkeiten einfach in einem Mitgliedsstaat niederlassen und dort arbeiten. Aus diesen Ländern kommen auch die meisten Zuwanderer, im letzten Jahr kamen die meisten aus Rumänien (239.000) und Polen (146.000). Überhaupt von den zehn Ländern aus denen die meisten Zuwanderer kommen sind gerade einmal drei Nicht-EU-Staaten (Türkei, USA und Indien).(20) Bei Nicht-EU-Ausländern ist es dagegen schwerer, einzuwandern und die dafür nötigen Dokumente zu bekommen. Wir fordern daher ein einheitliches Einwanderungsgesetz, dass alle nötigen Aspekte in einem Gesetz bündelt. Auch müssen die zuständigen Stellen mit mehr Personal ausgestattet werden und der bürokratische Aufwand verringert werden. Um die Einwanderung weiter zu erhöhen, könnte in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft eine weltweite Werbekampagne gestartet werden. Besonders beispielsweise an ausländischen Universitäten, um so zukünftige Fachkräfte gleich für eine Arbeit in Deutschland zu begeistern. Doch nicht bloß mit den Arbeitsplätzen kann geworben werden. Unser Land bietet auch schöne Landschaften und Städte und eine vielfältige Kultur. Auch dies sind Aspekte auf die aufmerksam gemacht werden sollte. Denn es ist gut, wenn Leute der Arbeit wegen herkommen, doch es ist besser, sie ziehen dauerhaft her und gründen hier ihre Familien und machen Deutschland zu ihrer neuen Heimat. Aber beachtet werden muss, dass Einwanderung in unser Land nicht zu einem Ausbluten der Wirtschaft in den Herkunftsländern führt. Wir als FPA sind nämlich an einer fairen und gerechten Verteilung von Wohlstand in allen Ländern der Welt interessiert. Ein wichtiger Schlüssel zur Integration der Zuwanderer ist die Sprache. Daher ist es erforderlich, dass ausreichend Sprachkurse angeboten werden und diese auch von qualifiziertem Personal durchgeführt werden. Hierfür muss die Regierung ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Ein Problem an unserer Sprache ist, dass sie nicht sehr weit verbreitet ist und viele sie für schwer erlernbar halten und daher lieber eine andere Fremdsprache lernen. Anders als die alten Kolonialmächte Großbritannien, Frankreich und Spanien die durch ihre riesigen Reiche ihre Sprachen in alle Winkel der Welt gebracht haben, wird deutsch tatsächlich nur in Deutschland, Österreich und einem Teil der Schweiz gesprochen. Um Deutsch als Sprache weiter zu verbreiten, könnte man vor allem junge Leute für ein Jahr im Ausland an Schulen deutsch unterrichten lassen. Viele junge Menschen verbringen nach ihrem Abschluss sowieso oft ein Jahr im Ausland. So können sie gegen Bezahlung Zeit im Ausland verbringen und müssten dafür nur ein paar Stunden am Tag an ausländischen Schulen Deutschunterricht geben. Es sind natürlich keine ausgebildeten Pädagogen, doch sollte dies zumindest helfen ein generelles Interesse an unserer Sprache zu wecken und sie etwas mehr zu verbreiten. Ein weiteres Problem, das Einwanderer abschreckt, ist leider das zunehmend ausländerfeindliche Klima in unserer Gesellschaft. Bedingt durch den Aufstieg rechter Gruppierungen nicht nur hier, sondern in ganz Europa im Zuge der Flüchtlingskrise nehmen Ablehnung und Vorurteile gegenüber Ausländern wieder zu. Zunehmend rücken auch wieder verstärkt nationale Interessen in den Vordergrund der Politik. Hier ist wichtig, dass Aufklärungsarbeit geleistet wird um Vorurteile erst gar nicht entstehen zu lassen. Auch können gemeinsame Veranstaltungen zwischen Einwanderern und Einheimischen gefördert werden, um so den Austausch zwischen den Gruppen zu verstärken. Denn ein direktes Gespräch wird am meisten helfen Vorurteile abzubauen. Auch ist es für uns als Partei wichtig, gegen Rassismus aufzustehen und einzuschreiten wann immer man ihn bemerkt. Deutschland ist Einwanderungsland. Mithilfe dieser Maßnahmen wird das so bleiben und die Zahl der neuen Zuwanderer hoffentlich noch weiter steigern. Wir brauchen sie nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht. Bereichern doch Menschen aus anderen Teilen der Welt auch unsere eigene Kultur und es ist doch immer wieder spannend etwas über andere Menschen zu lernen.
12. Umwelt
12.1 Klima und Ökosystem
Denken wir an die Umwelt, schießen uns sofort Gedanken von der Umweltverschmutzung und vom Klimawandel in den Kopf. Neben der romantisch verklärten Natur existiert nun diese andere Extrem, das hin und wieder mal eine Endzeitstimmung auslöst, im Großen und Ganzen aber unbeachtet bleibt. Dabei haben wir Menschen es mit vielen dringliche Problematiken zu tun: Einen steigenden Meeresspiegel, die globale Erwärmung, das Ozonloch wird kleiner, die Pol-Umkehr schreitet voran, die zunehmende Bodenerosion und damit das Finden von nutzbaren Flächen für die Landwirtschaft, die enthemmte Naturverschmutzung, die Ressourcenknappheit, die Garantie sauberen Wassers sowie eine ökonomisch angetriebene Habitatzerstörung und damit verbundene Zerstörung der Artenvielfalt. All diese Unannehmlichkeiten verursachen eine zunehmende Anzahl und Intensität der Naturkatastrophen. Wir müssen das Zeitalter des Klimamissbrauchs hinter uns lassen. Die Natur bekämpfen ist nicht der richtige Weg, sondern wir können von ihr profitieren. Dafür ist die Erforschung neuer Energie- und Transportmöglichkeiten eine passende Antwort auf die Brandmarkung der Ignoranz. Heute fällt der Klimaschutz bei großen Teilen der Gesellschaft immer noch unter einen Ökowahn, der etwas heraufritualisiert hat, das in Wahrheit gar nicht so schlimm ist. Deshalb muss die Aufklärung über die Folgen des Klimawandels weiter voranschreiten, der Klimawandel als Thematik muss mehr in den Mittelpunkt rücken. Der Mensch verdrängt die Probleme gerne, bis sie zu akut werden, als dass sie noch ignoriert werden können. Ein anderer Weg ist der Leitsatz, dass die Wirtschaft beim Klimaschutz erheblich leiden wird. Mal abgesehen von der schlichten Falschheit dieses Satzes sind bei einem ausbleibenden Umdenken die Wirtschaftsstandards gar nicht mehr zu halten, da durch den steigenden Meeresspiegel und bis zu 50 Grad Celsius in einigen Bereichen Afrikas ganze Regionen unbewohnbar werden. Taut dann auch noch der Permafrostboden auf, was eine unmittelbare Konsequenz der stetig steigenden Durchschnittstemperatur auf der Erde ist, wird sich die Welt in naher Zukunft um fünf bis sechs Grad Celsius erwärmen. Zudem werden dann alle möglichen Gase freigesetzt, die bisher im gefrorenem Boden ruhen. Der Klimaschutz kann auch mal das Zurückstellen oder zumindest Einschränken von Bedürfnissen bedeuten, allerdings muss uns dabei immer klar sein, dass die jetzige Lebensweise des Menschen in dieser Form nicht tragbar für die Vereinbarkeit mit der Natur ist. Man kann natürlich einfach so weiterleben und dann auf eine Katastrophe nach der nächsten warten oder man wird aktiv und handelt. Besonders perfide ist, dass der Klimawandel vor allem arme Staaten und Regionen trifft. Länder, in denen sowieso schon die Mehrheit der Bevölkerung hungert und durstet, muss nun noch härtere Bedingungen akzeptieren. Selbst bei der Einhaltung aller Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens vom Dezember 2015 wird sich die Erde laut den Vereinten Nationen (UN) bis zum Ende des Jahrhunderts um 3 Grad Celsius erwärmen. Ob mit Aufmerksamkeit oder nicht, der Klimawandel wird extremer. Dem Umweltschutz in Deutschland muss wieder mehr Bedeutung hinzukommen. Daher fordern wir, dass der Sektor Energie, der bisher im Bundeswirtschaftsministerium untergebracht ist, nun wieder ins Bundesumweltministerium eingegliedert wird. Unser Vorschlag für eine bewusste und nachhaltige Umweltpolitik ist die Nationale Umweltagenda“, die in enger Verknüpfung mit der Humanismusökonomie (siehe 6.1.) und dem Projekt „Neue Welt“ (siehe 14.3.) steht. Im jetzigen Wirtschaftssystem ist der Umweltschutz schwer zu betreiben, da es darauf ausgelegt ist, immer mehr zu verbrauchen. Aus diesen Grund nimmt auch die Umweltverschmutzung immer mehr zu, weil die bisherigen Verfahren nicht umweltschonend sind. Eine neue Umweltpolitik muss demzufolge an eine neue Wirtschaftspolitik gekoppelt sein, ein solides Wirtschaften und der Umweltschutz müssen in Einklang gebracht werden. Die Humanismusökonomie sowie die Nationale Umweltagenda eignen sich bestens dafür.
Die Nationale Umweltagenda besteht aus acht Grundsätzen, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Handeln umrahmen sollen.
(1) Die Förderung erneuerbarer Energien bildet das Herzstück einer umweltverträglichen Wirtschaft. Der Vorwurf, der dabei stets aufkommt, ist die nicht einzuhaltende Abdeckung des Strombedarfs durch erneuerbare Energien. Diese Aussage ist derzeit wahr, da an sonnigen Tagen nur 60% bis 70% des Stromverbrauchs durch umweltschonende Energieerzeugung hergestellt werden können. Im Maximalfall wird ein Wert von 83% erreicht. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass erneuerbare Energie in der Zukunft nicht die einzige Stromquelle sein können. Es muss weiter geforscht werden, um die Verfahren zur Energiegewinnung zu verbessern, sodass in den kommenden Jahrzehnten der Stromverbrauch zu 100% aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Bedenken muss man, dass die Mengen des Energieverbrauchs immer intensiver in die Höhe schnelle, womit schnelle Lösungen präsentiert werden müssen. Bereits in 20 Jahren wird auf der Welt 37% mehr Energie verbraucht werden als heute. Um auch dann noch eine Stromabdeckung garantieren zu können, sind Investitionen in die Forschung elementar. Im April 2018 kritisierte der Bundesrechnungshof das Bundeswirtschaftsministerium, da es den Überblick bei der Organisation der Energiewende verloren hat. Deshalb weiß die staatliche Behörde auch nicht, wie viel Geld für diese Thematik ausgegeben wurde. Um eine juristische Grundlage für eine wirkliche Energiewende zu erhalten, muss das „Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung“ (kurz Energiewirtschaftsgesetz) mit einem neuen Geist durchzogen werden. Es wurde 1935 eingeführt, die letzte Änderung geschah im Jahr 2005. Damit ist es höchste Zeit, es den Gegebenheiten der aktuellen Situation anzupassen und dem Umweltschutz in Wirtschaft und Gesellschaft staatlichen Nachdruck zu verleihen. Stattdessen gab Deutschland in diesem Jahr seine Klimaziele für das Jahr 2020 auf, die unter anderem die Reduzierung des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid (CO2) im Vergleich zu 1990 um 40% beinhalten. Zum Einen mag man darin einen Realismus erkennen, andererseits ist dies aber auch ein Eingeständnis des eigenen Versagens. Schließlich behält man die alte Gewohnheit bei nach der der Klimawandel ja noch nicht bedrohlich sei, die nächste Generation wird ihn sicher bewältigen können. So wird es nie etwas mit einer effektiven Bekämpfung des Klimawandels werden. Hinzukommend fördert die Bundesregierung aktiv umweltfeindliche Branchen und Projekte mit Subventionen. Insgesamt 50 Milliarden Euro werden dafür jedes Jahr ausgegeben, unter anderem 11 Milliarden Euro für die Flugzeugindustrie und 8 Milliarden Euro für den Diesel. Ein weiteres Versagen der Politik ist die Zielstellung Deutschlands, jährlich nur noch 217 Millionen Tonnen Kohlendioxid auszustoßen. Vereinbart wurde diese Grenze im Pariser Klimaschutzabkommen. Auch hier ist das Einhalten reine Utopie, da für das Jahr 2018 dieser Wert bereits am 28. März erreicht wurde. Den Rest des Jahres leben wir streng genommen also wieder im Überfluss. Im Jahr 2018 wird die Kohle einen Anteil von 40% an der bundesweiten Energieversorgung haben, 23% davon sind Braunkohle und 17% Steinkohle. Somit ist die Kohle immer noch der mit Abstand größte Energielieferant in Deutschland. Mit Fortschritt und Zukunftsdenken hat das wenig zu tun, schließlich wird durch die Kohleverarbeitung mehr CO2 erzeugt als in jeder anderen Energiegewinnungsmethode. Laut dem „Alternative Energy Promotion Centre“ (AEPC) kann sich Deutschland ab dem Jahr 2030 ganzheitlich mit erneuerbaren Energien versorgt werden, genau das ist auch die Zielstellung der FPA. Eine CO2-Steuer ist auf diesem Weg nicht notwendig, da eine einheitliche Bemessungsgrundlage fehlt. Zudem wirken sich die zahlreichen Subventionen und Sanktionen in der Wirtschaft aus, um die Umwelt zu schonen. Dies ist ein besser greifendes Prinzip als eine Steuer. Komplett sinnbefreit ist daher auch die Maßnahme des Bundeswirtschaftsministeriums, die sogenannte „Kohlereserve“ einzuführen. Hierbei werden stillgelegte Kohlekraftwerke in Stand gehalten, um als Reservekraftwerke bei einem Engpass in der Stromversorgung zu dienen, was bisher aber noch nie der Fall war. Die Kosten für diese Idee werden von der Bundesregierung allerdings nicht preisgegeben, geschätzt wird aber eine Summe von 1,6 Milliarden Euro. Mit diesem hohen Geldbetrag könnte man unzählige Forschungsfelder bei den erneuerbaren Energien voranbringen, die eine Notfallversorgung problemlos garantieren kann. Noch schlimmer ist jedoch, dass die sogenannte Reserve gar nicht einsatztauglich ist. Erst nach zehn Tagen wären die Kohlekraftwerke wieder einsatzbereit, das Anfahren auf Normalleistung am Tag darauf würde nochmals dreizehn Stunden dauern. Engpässe bei der Energieversorgung würden also nicht behoben werden können. Es ist dekadent, dass Deutschland nicht der „Powering Past Coal Alliance“ (deutsch Anti- Kohle-Allianz) beigetreten ist. Sie wurde auf der UN-Weltklimakonferenz in Bonn unter der Führung Kanadas und Großbritanniens im November 2017 gegründet. Insgesamt gehören dem Bündnis 19 Staaten an (darunter Frankreich, Italien, Mexiko, Österreich, Costa Rica, Niederlande, Finnland und Angola), die Mitgliederzahl beträgt aber 25, da auch einzelne Regionen der Allianz angehören, deren Länder nicht Mitglied sind (darunter mehrere US- Bundesstaaten). Gemeinsam wollen die Staaten der Anti-Kohle-Allianz den Kohleanteil an der Energieversorgung Stück für Stück sinken lassen, bis er bei Null liegt. Großbritannien hat in den letzten fünf Jahren den Anteil der Kohle an der Stromversorgung von 40% auf 2% reduziert, ohne das wirtschaftliche Wachstum dabei zu verändern. Des Weiteren will Großbritannien den Kohleausstieg bis zum Jahr 2025 abgeschlossen haben, Kanada bis 2030. Dies zeigt, dass die Energiewende ohne ökonomische Verluste gelingen kann, entgegen der im Umlauf vorhandenen Argumentationen. Außerdem wird bewiesen, dass ein wirklich tiefgreifender Wandel auch innerhalb weniger Jahre zu meistern ist, ohne dass sich die Lebensbedingungen geändert haben. In Deutschland muss ein komplettes Fracking-Verbot gelten. Fracking ist eine Technik zur Erdgasgewinnung aus besonders tiefen Gesteinsschichten unter sehr hohem Druck. Dabei werden zahlreiche schädliche Chemikalien eingesetzt, zusätzlich ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Grundwasser dadurch verdreckt wird und Erdbeben ausgelöst werden. Im Juni 2016 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, dass Probebohrungen fürs Fracking erlaubt sind. Dabei kann man sich fragen: Wozu denn, da das Fracking doch eh verboten ist? Diese Methode der Stromerzeugung ist keinesfalls zukunftstauglich und darf auch nie zugelassen werden. Die in Deutschland verbrauchten Erdöl- und Erdgasmengen kommen zum Großteil von ausländischen Diktaturen, deren System wir mit dem Ankauf riesiger Erdöl- und Erdgassummen mitfinanzieren. Schaut man nur auf die Öl-Importe: Insgesamt werden 91 Millionen Tonnen pro Jahr nach Deutschland geliefert, davon entfallen 36% auf Russland, 9% aus Kasachstan und 8% auf Libyen. Weitere Staaten, aus denen wir Erdöl erhalten, sind Venezuela und Saudi-Arabien. Deswegen ist eine eigene Energieversorgung durch erneuerbare Energien nicht nur umweltfreundlich, sondern würde die deutsche Wirtschaft noch weiterwachsen lassen. Zudem wird dadurch der deutsche Binnenmarkt angekurbelt, der in den letzten Jahrzehnten strukturell vernachlässigt wurde. Die Ölförderung soll sich aber nicht bis zur Antarktis ausweiten. Im Jahr 1959 wurde der Antarktisvertrag abgeschlossen, der dann 1961 in Kraft trat. Deutschland trat dem Bündnis 1979 bei, mittlerweile sind es 45 Mitgliedsstaaten. Er besagt, dass zwischen 60 und 90 Grad südlicher Breite keine Rohstoffe abgebaut werden dürfen und einzig eine friedliche Nutzung dieses Gebiets erlaubt ist, beispielsweise durch Forschungsprojekte. Inzwischen werden dort riesige Rohstoffvorkommen vermutet, darunter auch Erdöl. Mehrfach versuchten mehrere Mitgliedsstaaten, den Leitgedanken des Vertrages aufzulösen, um dort Öl zu fördern. Die einstimmige Zustimmung, die dafür notwendig ist, wurde bisher aber nicht erzielt. Würde tatsächlich am Südpol Öl gefördert werden, hätte dies unabsehbare Folgen für das Weltklima. Deutschland muss sich in Zukunft dafür stark machen, dass weitere Staaten dem Bündnis beitreten. Zu 13% erfolgt die Energieversorgung in Deutschland über die Kernenergie. In der Bundesrepublik sind 17 Atomkraftwerke (AKWs) in Betrieb, seit 1957 ist die Kernenergie ein Teil der Stromerzeugung. In diesen mehr als sechzig Jahren hat es die Politik immer noch nicht geschafft, ein einheitliches Atommüllendlager zu finden. Dieses Vollversagen beweist einmal mehr, dass diese Arten der Energiegewinnung nicht zukunftstauglich sind. Die Deutschen haben den Diesel erfunden, warum aber finden wir nun keine anderen Antriebsformen für Fortbewegungsmittel? An der Intelligenz fehlt es garantiert nicht, allein der Wille ist nicht vorhanden. Die Zeit der Verwaltung des Status quo muss vorbei sein, es muss ein Markt mit neuen Antriebsformen entstehen, der mit der Umwelt verträglich ist. In Norwegen hat sich das Elektroauto bereits durchgesetzt, dort besitzt mehr als jeder zwei Autofahrer ein E- oder Hybridauto. Wer dort ein Elektroauto nutzt, darf überall kostenlos parken und muss kein Geld für die dortige Fähre bezahlen. Außerdem dürfen sie auf den ausschließlich für Bussen vorgesehenen Fahrspuren fahren. Nach den Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft vom Dezember 2017 herrscht in Hamburg die „beste“ Infrastruktur für E-Autos, dort kommen 433 Ladepunkte auf 1 Millionen Einwohner, in Bayern sind es gerade einmal 195, in Berlin 178. Dafür haben wir in Deutschland eine sogenannte Umweltprämie, zu der auch die Diesel- Abwrackprämie gehört. So kann kein Fortschritt entstehen, indem das Alte und Überholte weiter gefördert wird, während die besseren Alternativen, die dazu noch modern und umweltverträglich sind, ignoriert werden.
(2) Effiziente Verfahren zur Wiederverwertung von Plastik sind elementar für die Sauberkeit der Meere und der Funktionsfähigkeit der darin involvierten Ökosysteme. Allein jeder Deutsche produziert jährlich Plastikmüll von 37 Kilogramm. Die feste Etablierung dieses Materials in unserem Alltag ist nur schwer zu überwinden, weshalb umso schneller Lösungen benötigt werden. Innerhalb der EU ist die Menge des produzierten Plastikmülls zwischen den Jahren 2005 und 2015 um 12% gestiegen. Bei der Wiederverwendung des produzierten Abfalls hat die Europäische Union noch kein einheitliches Konzept. Die EU-Kommission gab im Januar 2018 bekannt, dass nur 30% des Mülls europaweit wiederverwendet werden können. Die Politik findet keine Techniken, um die Nachhaltigkeit in unseren Konsumgesellschaften zu etablieren. Primär muss ein Pfand auf alle Plastikverpackungen eingeführt werden, zeitgleich ist ein besseres Recycling-System erforderlich. Mit einem neuen Gesetz der Europäischen Union werden mittlerweile 63% der verbrauchten Plastik wiederverwendet, was aber noch lange nicht ausreicht.
(3) Eine urbane Landwirtschaft revolutioniert die Ernährungskette in Städten. Bedingung für eine Landwirtschaft, die auch in Großstädten (beispielsweise auf den Dächern) betrieben werden kann, ist eine bessere Luftqualität. Zum Aufbau von Lebensmittelplantagen in Städten muss sich der Stadt als Partner beweisen und großzügig Kredite gewähren, wenn Unternehmen oder Bürger in ökologische Projekte solcher Art investieren.
(4) Die Einführung der kollektiven Energie. Das Prinzip dahinter beruht auf einer Werteskala, die sich aus den verschiedenen Energiemengen zusammensetzt. Je mehr erneuerbare Energien mit staatlicher Förderung in einem Landkreis produziert werden, desto mehr Geld erhält die zuständige Kommune. Träger dieser Energieanlagen sind von der Bevölkerung des Landkreises gewählte Vertreter, die sich um die Funktionsfähigkeit kümmern. Die in der Region produzierten Mengen erneuerbarer Energien werden dann vom Amt verwaltet und an die Genossenschaften übertragen (in Dänemark wird diese Idee bereits angewendet). Hierbei soll nur eine Bedarfsabdeckung erfolgen, der Überschuss kann eingespeichert oder ins Ausland verkauft werden. Mit dieser Energiekette wird die Demokratie auch bei der Energieversorgung hergestellt. Diese neue Form der Energiegewinnung sorgt dafür, dass die Strompreise günstiger werden, da kein Wettbewerb mehr besteht und die Umwelt zusätzlich um ein Vielfaches mehr geschont wird. Mit der genossenschaftlichen Stromverwaltung soll deutlich werden, dass Energie ein Allgemeingut ist und keine Handelsware. Folglich können Umweltschutz und direkte Demokratie gemeinsam für eine gerechte Wirtschaft sorgen.
(5) Vom Staat muss ebenso wie in der Wirtschaft eine Aufbruchsstimmung zum Thema Umweltschutz ausgehen. Er soll neben dem Umweltbundesamt eine neu gegründete Stiftung für Klimaforschung als Beratung zur Verfügung stehend haben, um die neuesten Erkenntnisse aus dem Umweltschutz in die Politik einbringen zu können. Als weitere Maßnahme soll das Umweltbundesamt je einen Umweltbeauftragten pro Bundesland einsetzen, der im permanenten Austausch mit den dort ansässigen Unternehmen ist und die Einhaltung neuer Richtlinien und Projekte überprüft.
(6) Schluss mit den Emissionszertifikaten als ökonomische Bereicherungsquelle. Schaut man nun auf die europäische Ebene, ist die Bilanz zum Klimaschutz auch nicht rühmlich. In den letzten Jahren etablierte sich ein regelrechter europäischer Emissionshandel, der durch sogenannte Umweltzertifikate ermöglicht wurde. Das Prinzip dahinter ist, dass Fabriken diese Zertifikate erhalten, um eine bestimmte Anzahl an CO2 ausstoßen zu dürfen. Andernfalls müssen sie eine Strafe zahlen. Aus der Umweltidee wurde jedoch ein wahrer Zertifikatshandel. Unternehmen verkauften überflüssige Zertifikate, wenn sie die einzuhaltende Menge an ausgestoßenem Kohlenstoffdioxid auch so erreichen. Die Europäische Union setzt diesem enthemmten Handel kein Ende, sie reagiert noch nicht einmal darauf. Damit bleibt die Anzahl an ausgestoßenem CO2 gleich, trotz der Zertifikate. Die Gültigkeitsdauer der Zertifikate ist bis zum Jahr 2030 angesetzt. Allerdings muss diese Methode schon früher eingestellt werden, da sie kein Erfolg verbuchen kann. Man könnte es als Spott verstehen, es war aber wohl ernst gemeint, dass die Entwickler der Umweltzertifikate, die den menschengemachten Klimawandel zudem leugnen, für ihre Idee den Wirtschaftsnobelpreis erhalten haben.
(7) Ein Randthema ist bisher die Abschaffung der Zeitumstellung. Die Ursprungsidee dahinter war, die Energieersparnisse innerhalb eines Jahres deutlich zu erhöhen, um die Umwelt zu schonen. Seit dem Jahr 1975 haben wir deshalb bereits die Sommerzeit. Da sich die erhofften Ziele aber nicht bewahrheiten konnten und immer noch genauso viel Strom wie vor den Umstellungsjahren verbraucht wird, ist die Abschaffung der Zeitumstellung nur zu begrüßen. Das EU-Parlament stimmte bereits im Februar 2018 dafür, auch 80 bis 85% der Deutschen (je nach Umfrage) stehen einer Abschaffung positiv gegenüber. Nur der Deutsche Bundestag weigert sich, diesen Impuls aufzugreifen. Dabei ist mittlerweile bewiesen, dass die Zeitumstellung negative Auswirkungen auf den Rhythmus des Körpers hat. Somit ist sie nur noch lästig und verfehlte ihre Wirkung, daher muss die Zeitumstellung abgeschafft werden.
(8) Die Bundesregierung muss mehr Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor dem Klimawandel ergreifen. Dazu gehört auch der Hochwasserschutz, wie dem Ausbau der Deiche. Laut dem Potsdamer Institut für Klimaforschung gibt es immer mehr Hochwasser in Deutschland, verursacht durch den Klimawandel. Die jüngsten Überschwemmungen vom Januar 2018 im Westen und Süden unseres Landes haben gezeigt, welche verheerenden Wirkungen eine belastete Umwelt erzeugen kann. Der Klimaschutz bietet, abgesehen von seiner dunklen Seite, aber auch grenzenlose Möglichkeiten der Erneuerung. Wenn unser Land eine Energieförderung entwickelt, die umweltfreundlich und energieschonend ist, kann diese Technik weltweit expandiert werden. Die Wirtschaftsfelder der Zukunft werden darauf basieren, mit der Wissenschaft als zuverlässiges Fundament. Diesbezüglich ist auch die Annahme, der Klimaschutz koste Arbeitsplätze, zu entkräften. Im Gegenteil, er schafft zahlreiche neue Arbeitsplätze, die beim Kampf gegen den Klimawandel entstehen und lässt neue Wirtschaftsbereiche wachsen. Verwunderlich an all den drängenden Problemen ist nur, dass es die Politik stemmen kann, in einer brenzligen Lage Hunderte von Milliarden Euro für die Bankenrettung auszugeben. Beim Umweltschutz hingegen wird an allen Ecken und Enden gespart. Bei der Bankenrettung griffen die Staaten jedoch erst ein, als es schon zu spät war. Hoffen wir nur, dass sie beim Klimaschutz nicht die gleiche Taktik anwenden.
12.2 Landwirtschaftspolitik
Die Landwirtschaft ist das älteste Wirtschaftsgebiet der Menschheit, es sichert unser Überleben und bildet darüber hinaus einen großen Teil der Kultur eines Landes. Allerdings muss sich die Landwirtschaft in jedem Zeitalter den Gegebenheiten anpassen, dadurch ist sie erst gewachsen und der Prozess konnte verbessert werden. Ein großer Teil der landwirtschaftlichen Reformierung wird im Zuge der Humanismusökonomie und der Nationalen Umweltagenda geschehen, die die Landwirtschaft ökologischer und wirtschaftsunabhängiger macht. Gegenwärtig wird im Agrarsektor mit Subventionen überschüttet, sogar den größten Anteil des EU-Haushalts bilden nicht etwa Finanzhilfen in arme Mitgliedsstaaten, sondern Agrarsubventionen. Zur Reformierung der Landwirtschaft ist aber weit mehr notwendig als einfach nur den Geldhahn für Subventionen aufzudrehen. Es müssen nachhaltige Mittel gegen die Massentierhaltung gefunden werden, dabei muss aber zeitgleich die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung sichergestellt sein. Ebenso muss das Pestizid Glyphosat verboten werden. Damit würden wir den Anfang zum Stopp eines weltweiten Trends setzen, bei dem die Chemikalien die ökonomischen Gewinne in der Landwirtschaft noch weiter erhöhen sollen, mit dem Nachteil, dass das Essen immer ungesünder wird. Zu diesem Zweck werden weltweit 740.000 Tonnen jährlich eingesetzt, in den nächsten vier Jahren soll sich die Menge auf 1,35 Millionen Tonnen verdoppeln. Die Folgen von Glyphosat für den Menschen können schwer sein, angefangen bei Atemwegsbeschwerden und Hauterkrankungen kann es passieren, dass das Immunsystem immer weiter geschädigt wird. Bei den Tieren ist seit dem Einsatz von Glyphosat die Zerstörung der Artenvielfalt, vor allem ein drastisches Bienensterben, zu beobachten. Glyphosat senkt aber auch die Bodenqualität. Mittlerweile sind ein Drittel aller landwirtschaftlich genutzten Flächen auf der Erde von Verwüstung bedroht. Diese drastische Umweltzerstörung kann so nicht weitergehen. Dabei muss auch die Frage aufkommen, ob die kollektive Landwirtschaft in ihrer jetzigen Form zukunftstauglich ist. Die Konsequenzen der kollektiven Landwirtschaft sind beim Blick auf die Zustände der deutschen Gewässer zu spüren. Die Bundesregierung gab in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag bekannt, dass von den 9.804 Flüssen, Seen und Küstengewässern in Deutschland nur 26 mit „sehr gut“ bewertet werden. 739 Gewässer bekamen die Bewertung „gut“, 3.528 erhielten „mäßig“ und 3.309 das Adjektiv „unbefriedigend“. Der Zustand von 1.886 Gewässern in Deutschland wurde sogar mit „schlecht“ bewertet. Die Schuld am verunreinigten Wasser dafür sind die Massentierhaltung, die immer mehr werdende Gülle und die Kläranlagen. Darüber hinaus bewirken diese Methoden auch die Entstehung von Keimen in den Gewässern. Forscher sagen bereits heute voraus, dass die nächste Epidemie aus der Massentierhaltung kommen wird. Laut Umweltbundesamt und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft ist es zudem wahrscheinlich, dass sich der Trinkwasserpreis in den nächsten Jahren deutlich erhöhen wird. Grund dafür sind die eben aufgeführten Zustände sowie die daraus resultierende intensivere Reinigung und Aufbewahrung des Trinkwassers. Deshalb müssen all diese Ausläufer der modernen Landwirtschaft eingeschränkt und mehr auf ihre Umweltverträglichkeit ausgerichtet werden. Zusätzlich muss es verboten werden, dass Tiere regelmäßig Antibiotika bekommen, um die Bildung multiresistenter Keime zu verhindern. Laut dem nordrhein-westfälischen Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz erhalten neun von zehn Puten in deutschen Stellen Antibiotika, außerdem bekommt jedes Schwein im Schnitt 3,4 Mal in seinem Leben ein Antibiotikum verabreicht. Außerdem müssen sich die Lebensbedingungen der Tiere in Massentierhaltung verbessern. In Deutschland leben 745 Millionen Tiere in der Massentierhaltung, damit einhergehend tragen wir auch eine Verantwortung für diese Tiere. Bilder von Zuständen in den Ställen kommen aber nur selten ans Tageslicht, da diese Tatsachen lieber verdrängt werden. Als Maßnahme hierzu ist die Einrichtung eines Tier- und Pflanzenwohllabels sinnvoll, das verpflichtend für alle landwirtschaftlichen Betriebe gelten muss. In der letzten Legislaturperiode beschloss das Bundeslandwirtschaftsministerium zwar ein Siegel für glückliche Tiere, allerdings beruht es auf einer freiwilligen Basis, weshalb es die Betriebe kaum beachten. In Zukunft müssen die Unternehmen in der Landwirtschaft nach den zur Verfügung gestellten Platz für die Tiere, die Qualität ihrer Ernährung und anderen Größen eingestuft werden, um die Lebensbedingungen der Tiere wirklich zu verbessern. Zudem muss das Kükenschreddern aufhören. Im Jahr 2017 wurden in Deutschland rund 45 Millionen männliche Küken, meist unmittelbar nach ihrer Geburt getötet, das sind eine Million mehr als im Jahr davor. Die Veränderungen würden bewirken, dass die Preise für das Tierfleisch ansteigen würden. Jedoch sind auch über 80% der Deutschen bereit, mehr Geld für Essen auszugeben, wenn es denn eine bessere Qualität besitzt. Erleichternd kommt hinzu, dass durch die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens (siehe 5.3) das finanzielle Volumen der Haushalte in Deutschland ansteigt, sodass die steigenden Preise verkraftbar wären. Wichtig ist hierbei, dass die Preise nicht ins Unendliche steigen, sondern ein Höchstsatz für die jährliche Anhebung festgelegt wird. Man merkt also auch hier, dass die konventionelle Landwirtschaft nicht zwingend der einzige Weg zur Sicherstellung der Versorgung sein muss, sondern sich auch Alternativen auftun. Ein weiteres Problem bilden die weggeworfenen Lebensmittel. Jedes Jahr werden allein in Deutschland laut World Wide Fund For Nature (WWF) insgesamt 18 Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt. Frankreich hat die Lebensmittelverschwendung bereits verboten, solange die Lebensmittel noch brauchbar sind. In diesem Fall sollen sie nämlich gespendet werden, das muss auch hier eingeführt werden. Insbesondere Unternehmen sollen verpflichtet werden, Nachhaltigkeitsprogramme im Lebensmittelsektor aufzulegen. In Deutschland müssen höhere Bußgelder für die verursachenden Unternehmen der Lebensmittelskandale eingeführt werden. Außerdem wird eine nationale Qualitätsdatei benötigt, auf der dann die hygienischen Standards der einzelnen Betriebe öffentlich nachzulesen ist. Bisher existiert bereits ein Transparenzgesetz für Lebensmittel, das findet allerdings kaum Beachtung. In der deutschen Landwirtschaft haben sich die Betriebe in den letzten 20 Jahren halbiert. Das spricht für eine immer stärker werdende Dominanz von Großunternehmen, denen die Kleinbauern wenig entgegensetzen können. Aus der Agrarstrukturerhebung des Deutschen Bauernverbandes ging hervor, dass es im Jahr 2013 hierzulande rund 285.000 landwirtschaftliche Betriebe gab. Zwischen den Jahren 2007 und 2013 nahm die Zahl der Betriebe aber um 36.600 (11,4%) ab. Besonders hart trifft es die Milchbauern. Im Jahr 2014 gab es nur noch 77.700 von ihnen, 4% weniger als im Jahr davor. Geht man ein Jahrzehnt zurück, gab es sogar noch 33% mehr Milchviehhalter. Gegen den sinkenden Milchpreis protestierten sie regelmäßig, die Politik ließ diesen Unmut aber ins Leere laufen. Auf Deutschland übertragen ist die Einführung von Zertifikaten für Bioläden eine gute Idee. Wir planen, dass verschiedene Zertifikatsstufen festgelegt werden, ausgerichtet nach der Umweltverträglichkeit und der Regionalität der Produkte. In der Vergangenheit wurde der Begriff Bio nämlich inflationär gebraucht, um dem Unternehmen ein Umweltbewusstsein zu verleihen, das in Wahrheit aber erlogen ist. Je höher ein Bioladen auf der Zertifikatsstufe angesiedelt ist, desto mehr staatliche Förderung erhält er. Der Hintergedanke der Zertifikate ist, dass die Bürgerinnen und Bürger hier echte Qualität von billiger Massenware im Lebensmittelbereich unterscheiden können, um sich gut, aber auch nachhaltig ernähren zu können. Das große Gerüst hinter all diesen Erneuerungen ist die Förderung der ökologischen Landwirtschaft in Deutschland. Diese neue Idee muss sich dann auch in der Düngeverordnung und anderen Grundsätzen der Landwirtschaft wiederfinden. Natürlich wird es eine Weile dauern, ehe sich der Prozess der neuen Techniken etabliert hat, aber die Zeit ist allemal gekommen, um einen anderen Weg zur Lebensmittelversorgung und Ernährung zu suchen und zu finden.
13. Stadt und Land
Zwischen Stadt und Land bestehen seit jeher zahlreiche Klischees, die aber häufig nichts mit der Wahrheit zu tun haben. Fakt ist, dass die Stadt auf das Land ebenso angewiesen ist wie das Land auf die Stadt, beide Lebenswelten profitieren voneinander. Mit den Maßnahmen der Humanismusökonomie und der Nationalen Umweltagenda wird eine wirtschaftliche Angleichung zwischen Stadt und Land geschehen. Außerdem wird eine Wiederbelebung des Gemeinschaftsgefühls gefördert, da nun auch mehr Zeit für die Gesellschaft und nicht nur für das Geld vorhanden ist. Die Bevölkerung in den fünfzehn größten Städten Deutschland produziert deutschlandweit ein Viertel aller Waren und Dienstleistungen, in den kommenden Jahren wird der Anteil noch höher werden. Im Jahr 2013 haben in kreisfreien Großstädten fast 44% der Schulabgänger die Hochschulreife erhalten, währenddessen in dünn besiedelten Regionen nur 26% diesen Erfolg aufweisen konnten. Laut des Raumordnungsberichtes der Bundesregierung vom Oktober 2017 sind die Großstädte zwischen 2005 und 2015 über 1,4 Millionen Menschen gewachsen, im Gegensatz dazu sind 37% der Mittelstädte und mehr als die Hälfte der Kleinstädte geschrumpft. Hinzukommend ist die Bevölkerung auf dem Land in den allermeisten Fällen älter, wodurch Probleme wie der Pflegenotstand hier besonders zu spüren sind. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land werden in den verschiedensten Bereichen größer. Zweifelsohne muss die Politik energischer agieren, um den sozialen Frieden in der Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Nach der Bundestagswahl im September 2017 hieß es schließlich phrasenhaft von den jetzt regierenden Parteien, man habe verstanden. Ob die erforderlichen Taten darauf folgen werden, ist äußerst fraglich. Gleichrangig mit einem Bedeutungsgewinn von ländlichen Räumen ist die stärkere Unterstützung der Kommunen. Die Wichtigkeit der Kommunalpolitik als direkte Verbindungslinie zu den Bürgerinnen und Bürgern wird häufig übersehen. Unsere Partei fordert deswegen, dass an die Kommunen insgesamt 3% der Einnahmen durch die dann neu eingeführte Konsumsteuer, die Hauptsteuer des zukünftigen Deutschlands, erhalten sollen. Dieser Anteil mag niedrig klingen, steigert jedoch den finanziellen Spielraum der Kommunen um ein Vielfaches. Bisherige Ansätze wie das „Aktionsprogramm regionale Daseinsvorsorge“ sind zwar ein guter Anfang, reichen aber bei Weitem nicht aus. Die Menschen in den provinziellen Regionen müssen mehr mit einbezogen werden anstatt dauernd irgendwelche Programme aufgesetzt werden, in denen grob und ungenau Hilfe für die Kommunen zugesagt wird. Wir fordern die Einrichtung eines Bundesministeriums für Gesellschaft, politische Teilhabe und Kommunalpolitik (dazu mehr bei 4.1.), das sich mit der direkten Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger genauso beschäftigen soll wie mit dem Aufhalten des Auseinanderdriftens verschiedener Lebensräume in der Bundesrepublik. Ohne eine solche Maßnahme wird Deutschland wie die USA enden. Dort herrscht eine rigorose Ablehnung der regierenden Politik, dieser scheinbar unbändige Frust hat sich über viele Jahre und Jahrzehnte angestaut. Somit sind viele Menschen gar nicht mehr erreichbar und schon gar nicht zu begeistern für neue Ideen. Sieht sich die deutsche Politik nicht vor, werden wir bald ähnliche Zustände erleben, die im Ansatz ja bereits vorhanden sind. Die Kleinstädte, Dörfer und kleineren Orte müssen mehr bei den aktuellen Themen mit einbezogen werden, da sie ansonsten nicht empfänglich für den Fortschritt sein werden. Andernfalls entsteht das Gefühl der Fremdbeherrschung, von der von oben herab etwas vorgegeben wird, was befolgt werden muss. Handlungsspielraum ist nicht vorhanden. Unsere Lösung heißt aktive Regionalpolitik statt aufgeblasener Heimatpolitik. Deutschland als wohlhabendes und innovatives Land muss den Anspruch haben, ab einer Einwohnerzahl von 2.000 Personen eine Garantie für eine Arztpraxis und einer Poststelle im Ort zu haben. Ebenso soll in jedem Ort ein Kino (falls nicht vorhanden) errichtet werden. Dort sollen jeden Samstagabend Filme für Jung & Alt gezeigt werden, um den regionalen Gemeinschaftssinn zu fördern. Zusätzlich muss im Umkreis von 15 Kilometern je ein Arztpraxis und eine Poststelle existieren. Bevorzugt wird je die Regel, in der die Einwohner mehr profitieren. Die Ärztedichte in Deutschland kann damit aufgewertet werden: Bei uns kommen auf 1.000 Menschen 4,13 Ärzte. In Österreich hingegen sind es bei derselben Einwohnerzahl 5,15 Ärzte. Auch andere Staaten überbieten uns diesbezüglich, so hat Georgien 4,78 Ärzte pro 1.000 Einwohner und Griechenland sogar 6,26. Lediglich in den USA sind nur 2,81 Heilpraktiker für 1.000 Menschen da. Jedoch sind die ärztliche und postalische Versorgung nicht die einzigen beiden Probleme auf dem Land. Der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sowie des Breitbands muss vorangetrieben werden, außerdem muss für jede Bürgerin und für jeden Bürger eine Polizei-, Rettungs- sowie Feuerwehrstelle in unmittelbarer Umgebung sein. Die ländlichen Regionen in Deutschland leben von ihrem Ruf als erholsame Regionen. Tourismus und Entspannung sind dabei die Maximen. Die Provinzialregionen sollen aber auch ein Ort mit Zukunft sein, an dem man dauerhaft leben möchte. Gemeinde- oder Kreisgebietsreformen sind dabei ein falsches Zeichen, denn der Staat kann sich nicht noch mehr aus dünn besiedelten Landkreisen zurückziehen. Brandenburg plante auch erst die Durchführung einer Kreisgebietsreform, vollzog dann jedoch eine 180 Grad-Wende, weil der überwältigende Teil der Bevölkerung seinen Unmut über dieses Projekt ausgedrückt hatte. Zur Aufwertung des ländlichen Raumes gehört auch die intensivere Förderung von kleinen, regionalen Unternehmen, die nachhaltige Arbeitsplätze schaffen und eine Perspektive bieten. Deshalb dürfen sich die Großunternehmen nicht aus sozialen Verpflichtungen zurückziehen. Ein Lösungsvorschlag besteht daraus, dass der internationale Konzern, der in einem eher provinzialen Landkreis seinen Hauptsitz hat, eine Mindestsumme an einen neu geschaffenen Fonds übermitteln muss. Dieser Fonds kümmert sich um den Erhalt eines örtlichen Gemeindehauses, einer örtlichen Kneipe oder auch einer örtlichen Bowlingbahn, um das regionale Gemeinschaftsgefühl anwachsen zu lassen (siehe 2.). Zusätzlich soll (wie bei 6.2. schon erläutert) jedes Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein soziales Tochterunternehmen besitzen oder gründen. Die Hälfte der Gewinne dieser Tochterfirma geht dann unter anderem an die Kommunen. Hierbei sollen ökonomische Vernunft und regionale Wirtschaft miteinander verbunden werden. Trotz der zahlreichen Förderprogramme für die ländlichen Regionen soll auch die Stadt nicht vernachlässigt werden. Das Stadtbild, die Stadtstruktur und die Stadtorganisation in den meisten deutschen Großstädten muss dringend überarbeitet werden, da Probleme wie die Staubildung auf den Straßen oder die Wohnungsknappheit immer mehr zunehmen. Um nur zwei Maßnahmen zu nennen: Die Mietpreisbremse und der soziale Wohnungsbau. Das Erstere hat sich nicht bewährt, daher ist eine effektivere Mietpreisbremse, gerade in großen Städten, erforderlich. Zurzeit wird der Anstieg der Mieten nämlich nur gedämpft, trotzdem aber können sie regelmäßig weiter ansteigen. Wir fordern einen Höchstsatz für den Wohnpreis pro Quadratmeter, angepasst an die jeweilige Region (bei der Faktoren wie das Durchschnittsgehalt oder Wohnungsverfügbarkeit eine Rolle spielen). So werden immer höhere Mietpreise gestoppt und nicht wie bisher nur weiter Stück für Stück vorangetrieben. Das neue Modell der Mietpreisbremse ist sozial gerechter und schützt den Mieter vor der Willkür des Vermieters. Zum andern ist der soziale Wohnungsbau von zentraler Bedeutung für Haushalte, die nicht so einkommensstark sind wie die oberen Prozente der Gesellschaft. Seit der Föderalismusreform vom Jahr 2006 sind die Bundesländer für den Bau von Sozialwohnungen verantwortlich, der Bund finanziert diese aber mit. In den Jahren 2017 und 2018 fließen insgesamt 1,5 Milliarden Euro an die Länder, die für den Bau von Sozialwohnungen verwendet werden sollen. Unverständlich dilettantisch daran ist aber, dass die Bundesländer nicht gesetzlich dazu verpflichtet sind, das erhaltende Geld auch für den Wohnungsbau auszugeben, ihnen steht es frei, es genauso in anderen Bereichen auszugeben. Dieser kurzsichtige Fehler muss dringend behoben werden. In einer Studie des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung vom Mai 2018 wurden 74 Städte untersucht, wobei die Struktur und die Einwohnerprofile registriert wurden. Die Ergebnisse zeigen ernste Zustände auf: In deutschen Städten leben die verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Schichten immer seltener zusammen, sowohl jung und alt als auch arm und reich. Dabei ist längst klar, dass soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit zur gesellschaftlichen Spaltung führen. Mittels der territorialen Abgrenzung führt es steigernd zu einer Entfremdung der verschiedenen Gesellschaftsgruppen, die leicht in Konflikten ausarten kann. In Zukunft darf es aber keine Stadtviertel geben, in denen nur Sozialwohnungen stehen und dann wiederum eins, in denen man nur Villen findet. Die Städte waren stets die blühenden Zentren der Wirtschaft und Kultur unserer Bundesrepublik, gegenwärtig wandeln sie sich jedoch zu sozialen Gefängnissen. Das radikale Neudenken in Sachen Stadtentwicklung wurde zwischen 2004 und 2011 in Südkoreas Hauptstadt Seoul deutlich. Die Megacity hatte zu diesem Zeitpunkt 22 Millionen Einwohner und gehörte zu den höchsten Bevölkerungsdichten der Welt. Fast die Hälfte von ganz Südkorea mit gut 48 Millionen Einwohnern lebte in der Hauptstadt. Zu den Maßnahmen gehörten eine eigene Spur für Busse im Straßenverkehr, mehr Fußgängerzonen im Stadtbild sowie eine naturfreundlichere Gestaltung mit zahlreichen Parkanlagen und Grünflächen. Dieser visionäre Geist, auch im ganz großen Rahmen wie in diesem Beispiel in Südkorea, ist auch in Deutschland existent, nur noch nicht weitläufig präsent. Ein Projekt solcher Dimension ist unser Vorschlag eines eigenen Digitalgebietes als Schaufenster der Zukunft (siehe bei 3.). Das Thema saubere Luft in den Städten klang eben schon an. Die Freiparlamentarische Allianz macht sich für die Ausarbeitung und Unterzeichnung von Generationsverträgen in den Städten stark. Zwischen dem Bürgermeister und ausgewählten Personen der Stadt soll dieser Generationenvertrag unterschrieben werden, der es zum Ziel hat, eine umweltverträgliche CO2-Bilanz zu erzielen. Ein Generationenvertrag ist es deshalb, weil dieses Bündnis eine Investition in die Zukunft ist und unseren Kindern und Enkeln dienen wird, da sie die Städte der Zukunft bevölkern werden. Dabei sind einwandfreie Bedingung wie eine saubere Luft maßgebend. Außerdem planen wir die Austragung einer bundesweiten Literaturnacht, die einmal jährlich stattfinden soll. An diesem Tag und in dieser Nacht sollen überall an öffentlichen Plätzen Bücher vorgelesen werden, von Person des öffentlichen Lebens ebenso wie von den „normalen“ Bürgerinnen und Bürgern. Dieses kulturelle Großereignis soll die dörfliche und auch städtische Gemeinschaft beschwören und ein Gefühl der Einheit wecken, welches in den letzten Jahren immer mehr nachlässt. Schon seit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 wurde ein Länderfinanzausgleich festgelegt, von dem zwar strukturschwache Bundesländer profitieren, aber nicht unbedingt strukturschwache Kommunen. Wir fordern daher die Einrichtung eines Kommunenfinanzausgleichs, bei dem dasselbe Prinzip zur Geltung kommen soll. Als Maßgröße dient unter anderem die Höhe der Unternehmensgewinne in einer Stadt oder Region. Eine angenehme Sekundärwirkung dabei wäre, dass größere Städte finanzstarke Unternehmen automatisch mehr besteuern werden, um nicht leer auszugehen. In punkto staatlicher Vermögensverteilung wird hierbei ein wesentlicher Fortschritt erzielt. Die Ignoranz der Stadt gegenüber Land ist bei den letzten Landtags- und Bundestagswahlen bestraft worden. Hoffentlich war dies ein geglückter Warnschuss, um zu unterstreichen, dass nur ein funktionierendes Zusammenwirken von Stadt und Land den Erfolgsgrad der Politik bestimmt. Ein weiteres Auseinanderleben der Stadt mit dem Land wäre untragbar für den Wirtschafts- und Gerechtigkeitsanspruch unserer Bundesrepublik.
14. Partnerländer
14.1 Frankreich
Frankreich ist der wichtigste Partner für unsere Bundesrepublik in Europa und der Welt. Beide Länder verbindet eine lange gemeinsame Geschichte, in der sich beide Völker mehrfach als Freund und Feind gesehen haben. Zuallererst ist zu betonen, dass Frankreich und Deutschland sich als selbständige und souveräne Staaten schätzen und dies auch in Zukunft so bleiben soll. Die künftigen politischen und wirtschaftlichen Annährungen werden nichts daran ändern, dass sich beide Länder als Nachbarn verstehen, die die gegenseitigen Staatsrichtlinien als unantastbar empfinden. In der heutigen Zeit besteht eine der wenigen Chancen, Frankreich politisch, kulturell und gesellschaftlich auf nachhaltiger Weise näherzukommen. Wenn auch etliche Reibungspunkte zwischen beiden Staaten existieren, besonders bei der Arbeitsmarkt- oder Außenpolitik, so ist ein Dialog auf Augenhöhe die einzige Möglichkeit, diese zu beseitigen oder für den anderen verkraftend zu gestalten. Für die engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Frankreich ist ein gemeinsamer wirtschaftlicher Kurs die zentrale Achse. Es bleibt daher zu beobachten, ob der französische Staatspräsident Emmanuel Macron seine Wirtschaftspolitik, die in Teilen der Agenda 2010 in Deutschland ähnelt, durchsetzt oder mehr auf den sozialen Aspekt pocht. Die Erneuerung des Elysee-Vertrages war ein guter Schritt in Richtung einer noch engeren Partnerschaft zwischen unseren Ländern. Doch gibt es noch etliches in unseren Beziehungen, dass verbessert und vertieft werden kann. Die bilaterale Diplomatie muss neu strukturiert werden in einem Deutsch-Französischem Diplomatenbündnis mit regelmäßigem Austausch. Vor allem die Verteidigungspolitik muss überarbeitet werden, eventuell lässt sich Frankreich zu unserem Konzept der ausschließlichen Verteidigungsarmee bewegen (lese bei 10.). Die Heranreifung der neuen Generation wird sich als essentiell für die Zukunft Europas erweisen. Das bisher bestehende Deutsch-Französische Jugendwerk muss vielschichtiger gemacht und erweitert werden. Eine gemeinsame deutsch-französische Universität ist dabei der Anfang einer gemeinsam ausgerichteten Bildungspolitik. Als Standort eignet sich möglicherweise Straßburg, was seinen Sitz als EU-Parlament verlieren soll (vgl. 14.1). Hierbei lässt sich an dieser Stelle die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) an der deutsch-polnischen Grenze als positives Beispiel nennen. Dort gibt es bereits gemeinsame Studiengänge für deutsche und polnische Studierende und genau so etwas soll es auch mit Frankreich geben. Aber es sollte nicht bloß Austausch zwischen Studierenden geben. Auch Auszubildende könnten im Rahmen ihrer Ausbildung für eine Zeit im Nachbarland arbeiten. Dies könnte die Kooperation zwischen deutschen und französischen Betrieben fördern. Man könnte auch über die Förderung von Klassenfahrten ins Nachbarland oder allgemein von Partnerschaften zwischen deutschen und französischen Schulen nachdenken, so dass schon unsere Jüngsten in Kontakt miteinander kommen. Macron stellte ebenfalls in Aussicht, einen gemeinsamen Markt mit denselben Regeln für Unternehmen zu etablieren. Dieses Großprojekt ist mittelfristig eine angemessene Annährungssteigerung zu unserem Nachbarland. Die kulturelle Komponente darf hierbei nicht in Vergessenheit geraten, denkbar wäre die Ausrichtung von gemeinsamen Fachmessen oder gemeinsamen internationalen Sportereignissen. Fest steht, dass die deutsch-französische Partnerschaft intensiviert werden muss. Dazu beitragen würde eine gemeinsame deutsch-französische Agenda, die einrahmend die Großprojekte der näheren Zukunft in ihrer finanziellen, gesellschaftszustimmenden und marktreifen Ausrichtung umfassen soll. Diese Agenda muss zur Intensivierung der deutschfranzösischen Partnerschaft und Freundschaft genutzt werden, da die zukünftigen Regierungen schwer vorherzusagen sind. Ein weiterer Schritt ist die Gründung eines deutsch-französischen Wissenschaftskolleg (siehe 7.3.), unter dem die wissenschaftlichen Interessen beider Länder aufeinander abgestimmt werden können. Frankreich besitzt auch einen Vorbildcharakter hinsichtlich der Parteienlandschaft. Die Bewegung „La Republique en Marche“ hat gezeigt, dass das als unveränderbar geltende Parteiensystem neuen Schwung bekommen kann. Eine ähnliche euphorische Aufbruchsstimmung mit einer neuen politischen Maßgröße ist auch in Deutschland möglich, diese neue und moderne Kraft will unsere Partei fortan sein. Von Deutschland und Frankreich muss ein gemeinsamer Wandel ausgehen, der nicht nur die Europäische Union und Europa erfasst, sondern die gesamte westliche Welt. Gegenwärtig wird deutlich, dass als verlässlich eingestufte Partner sich zu sehr in innenpolitischen Streitfragen verlieren können und danach ihre gesamte Außenpolitik ausrichten. Das 21. Jahrhundert kann ein Jahrhundert der Annäherung werden, eines im Zeichen des deutsch-französischen Aufstiegs.
14.2 Polen
Polen und Deutschland verbindet eine lange Geschichte. Geprägt ist sie vor allem vom Leid der polnischen Bevölkerung, welches oft durch Deutschland verursacht worden war. Man denke nur an die schrecklichen Gräueltaten die während der deutschen Besatzung im 2. Weltkrieg begangen wurden. Erst ab den 1970er Jahren normalisierte sich die Beziehung zwischen beiden Staaten allmählich. Maßgeblich durch den berühmten Warschauer Kniefall vom damaligen Kanzler Willy Brandt. Mit dieser spontanen Geste vor dem Ehrenmal für die toten des Warschauer Ghettos bat er die Polen um Vergebung, etwas was im 20-jährigen Bestehen der Bundesrepublik bis dato keiner tat. Die Beziehungen verbesserten sich und spätestens seit dem Mauerfall und dem Beitritt Polens zur EU ist unser östlicher Nachbar auch ein wichtiger Partner geworden. Gegenwärtig verschlechtern sich die Beziehungen unter der rechtsnationalen PiS-Regierung wieder. Wir von der FPA hingegen sind für eine Vertiefung der Beziehungen zwischen unseren Ländern. Auch weil viele der ursprünglichen Mitglieder an der polnischen Grenze groß geworden sind und daher auch eine Verbindung zu Polen haben. Ähnlich dem Elysee-Vertrag sollte es auch mit Polen ein Vertrag geschlossen werden, welcher eine genaue Vertiefung der Beziehungen regelt. Sie muss auf politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Ebene stattfinden. Zuallererst muss ein Austausch auf politischer Ebene stattfinden. Auf Höhe der Diplomaten und der Regierungen. Hierbei geht es darum mögliche Konfliktpunkte zu finden und Lösungen für sie zu entwickeln und auch einen ersten Rahmen über die Gestaltung des späteren Abkommens auszuhandeln. Überhaupt ist eine tiefer gehende Annäherung auf politischer Ebene und damit verbunden einige wichtige symbolische Gesten (wie gemeinsame Veranstaltungen) ein notwendiger erster Schritt zur Vertiefung der Partnerschaft mit Polen. Wirtschaftlich gesehen ist Polen mit Deutschland nicht gleichzusetzen. Die Oder gilt nicht bloß als geografische Grenze zwischen den Ländern sondern auch als Wohlstandsgrenze. Zwar hat sich die wirtschaftliche Situation in Polen verbessert, doch ist es noch ein weiter Weg bis es auf dem Niveau von Deutschland ist. Eine Maßnahme die hilfreich wäre, ist die Einführung eines europäischen Mindestlohnes (vgl. 14.2), da viele Polen in Deutschland zu schlechteren Löhnen arbeiten als deutsche Arbeitnehmer. Eine bessere Bezahlung würde für mehr Fairness sorgen und dafür das die polnischen Arbeiter mehr Geld in ihre Heimat mitnehmen können. Ein weiterer Aspekt zur Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen wäre die Einrichtung von Pflegerschulen in Polen. Die deutsche Gesellschaft altert immer mehr und gleichzeitig fehlt es an jungen Leuten, was zu enormen Problemen bei der Besetzung von Arbeitsplätzen führt. Besonders betroffen ist unter anderem die Alten- und Krankenpflege. Partnerschaften zur Ausbildung von Pflegekräften gibt es bereits mit den Philippinen. Geplant sind weitere mit dem Kosovo und Mexiko. Aber warum nicht auch mit unserem östlichen Nachbarn? Besonders da gegenwärtig viele Polen in dieser Branche in Großbritannien tätig sind und deren Zukunft aufgrund des Brexits sehr ungewiss ist. Wir sollten versuchen diese Leute zu uns zu holen. Auch die kulturelle Zusammenarbeit kann gestärkt werden. Zwar gibt es in der Kultur eine Menge Unterschiede. Polen ist eher katholisch geprägt und dadurch eher konservativ während die Grenzregion in Deutschland vor allem von Protestanten und Atheisten bewohnt ist und dadurch etwas liberaler eingestellt ist. Dennoch gibt es bereits gute Ansätze die noch ausgebaut werden können. Wie die bei 13.1. bereits erwähnte Europa-Universität Viadrina in der deutsch-polnischen Doppelstadt Frankfurt (Oder)/Slubice, an der bereits gemeinsame Studiengänge für deutsche und polnische Studierende angeboten werden. Die Anzahl gemeinsamer Studiengänge sollte erhöht werden. Außerdem befindet sich auch in Stettin eine Universität in Grenznähe in der man ein ähnliches Angebot aufbauen könnte. Ein weiterer Punkt der zur Vertiefung der Beziehungen beitragen kann ist, die Verbesserung des Lehrangebots der polnischen Sprache an deutschen Schulen. Viele Polen im Grenzgebiet sprechen deutsch doch so gut wie kein Deutscher spricht polnisch. Gerade im Osten des Landes sollte an vielmehr Schulen polnisch neben den anderen Sprachen als zweite Fremdsprache angeboten werden. Denn Sprache ist ein wichtiger Faktor zur Verbesserung der Beziehungen. Auch sollte es ein deutsch-polnisches Jugendwerk geben, dass ähnlich dem bei 13.1. beschriebenen deutsch-französischem Jugendwerk den Austausch zwischen der jungen Generation beider Länder fördert. Die Ausrichtung gemeinsamer Veranstaltungen wäre ein weiterer Punkt der unser Verhältnis miteinander verbessert. Beispielsweise findet jedes Jahr in Kostrzyn nad Odra (Küstrin) direkt an der Grenze das „Pol and Rock“- Festival statt. Es lockt jedes Jahr hunderttausende Besucher an und ist das größte Open-Air-Festival Europas. Es sollte hier darüber nachgedacht werden wie sich Deutschland an der Ausrichtung des Festivals beteiligen kann. Beispielsweise könnte ein Teil des Festivals auch auf deutscher Seite stattfinden oder deutsche Künstler auftreten. All diese Aspekte und mehr könnten in dem Vertrag angesprochen und geregelt werden. Auf das sich unsere Freundschaft mit Polen noch vertieft. Gegenwärtig erscheint es schwierig, doch Regierungen ändern sich, was sich jedoch nicht ändern wird ist, dass Polen unser Nachbar und Partner bleibt.
14.3 Türkei
Deutschland und die Türkei verbindet vor allem die große türkischstämmige Gemeinschaft in Deutschland. Immerhin sind es gut 3,5 Millionen Menschen(21). Das entspricht in etwa der Einwohnerzahl von Berlin. Viele leben hier schon seit Jahrzehnten oder sind hier geboren und aufgewachsen. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern hat sich in den letzten Jahren sichtbar verschlechtert. Auslöser war der gescheiterte Putschversuch gegen Präsident Erdogan und die darauf beginnende Welle von Verhaftungen, auch von deutschen Staatsbürgern. Medial viel Aufmerksamkeit erhalten hat der Fall von Deniz Yücel. Auch der türkische Einmarsch in Nordsyrien gegen die dortigen Kurdenmilizen war nicht förderlich für die Beziehungen unserer Staaten. Die wachsenden Spannungen zwischen Türken und Kurden merkt man auch hierzulande, als es bei kurdischen Demonstrationen teilweise zu Auseinandersetzungen kam. Um die Beziehungen wieder zu normalisieren und danach vielleicht sogar weiter auszubauen, ist es wichtig, im Dialog miteinander zu bleiben. Deshalb möchte die FPA die Einrichtung eine EU-Türkei-Rates. In diesem Gremium sollen regelmäßig Vertreter der EU und der türkischen Regierung zusammenkommen und Lösungen für Konflikte finden. Und davon gibt es reichlich. Erdogan führt die Türkei immer mehr in Richtung eines autokratischen Staates. Ein weiteres Problem ist, dass die Türkei trotz dessen noch immer EU-Gelder erhält. Zwischen 2014 und 2020 sind 4,45 Milliarden Euro zugesagt,(22) hinzu kommen wie mehrere Milliarden für Flüchtlingshilfe.(23) Die Geldzahlungen an die Türkei müssen gestoppt werden und ebenso die Beitrittsgespräche offiziell abgebrochen werden. Über eine Wiederaufnahme kann verhandelt werden, sobald die Türkei wieder die Menschenrechte achtet und zurück zu Rechtsstaatlichkeit gefunden hat. Eben wurde schon die Flüchtlingshilfe angesprochen, die die Türkei im Rahmen des Flüchtlingspaktes erhält. Dieser Pakt muss aufgekündigt werden, denn er macht uns nur durch Erdogan erpressbar. Ein Beispiel ist der Einmarsch in Nordsyrien. Nachdem Erdogan gedroht hatte, die Grenze zu öffnen, vermied es unsere Bundesregierung von einer Invasion zu sprechen und meinte sogar die Türkei verfolge berechtigte Sicherheitsinteressen. Ungarn ging sogar noch weiter und unterstütze die Invasion ganz offen, damit die Türkei keine Flüchtlinge schickt. Es ist eine Schande, wenn sich unsere Wertegemeinschaft von Erdogan so erpressen lässt. Deshalb muss eine einheitliche Verteilungsquote für Flüchtlinge in der EU geschaffen werden, so dass es diesen Pakt nicht länger braucht. Viele der geschilderten Probleme sind auf die Politik von Erdogan zurückzuführen. Doch mittlerweile bröckelt seine Macht. Die momentane Wirtschaftskrise macht der Türkei schwer zu schaffen und der Widerstand gegen ihn wächst. Er hat anscheinend den Zenit seiner Macht überschritten und es ist hoffentlich nur eine Frage der Zeit bis er abdankt. Vielleicht kann die Türkei sich dann wieder erholen und wieder zurück zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit finden. Sollte dem so sein, würde die FPA eine Wiederaufnahme der guten Beziehungen begrüßen.
15. Internationale Politik
15.1.Europa und die EU
Europa ist seit ein paar Jahrhunderten ein dynamischer Kontinent, er erfindet sich ständig neu und hat gleichzeitig den Anspruch, die ganze Welt zu beeinflussen. Diese Beschreibung erlangten wir Europäer durch Neugier, Mut, aber auch Rücksichtslosigkeit. Die EU kann ein beispielloses Erfolgsprojekt sein, wenn unser Wohlstand und unsere Lebensweise nicht auf Kosten Anderer gehen. Die Europäische Union steht vor einem Umbruch, ohne die notwendigen Reformen wird sie zu einer halbherzigen Vereinigung schrumpfen, mit Leidenschaft und Elan aber lässt sich eine intakte Wertegemeinschaft für ganz Europa errichten. Um in Zukunft eine europäische Einheit und Solidarität wiederherzustellen oder gar erstmals zu erreichen, ist die Modernisierung der Europäischen Union notwendig. Dieser Schritt soll die Wirtschaftsgemeinschaft zu einer echten Werteunion machen und bildet einen wichtigen Teil im Projekt „Neue Welt“ (siehe 14.2.). Die europäische Einigung war bisher immer auf Leitgrößen wie Wirtschaft und Recht beschränkt, dabei ist die kulturelle Annäherung genauso wichtig. Mit der Ausweitung des Erasmus-Programms, also eine unkompliziertere Anmeldung und keine Begrenzung auf Partneruniversitäten, kann ein Schritt in die richtige Richtung getan werden. Ein Blick in die Vergangenheit verdeutlicht die Probleme der EU. Bis zum Ende der 1970er- Jahre wuchsen der Sozialstaat und die wirtschaftliche Freizügigkeit und damit die Wirtschaftskraft in denselben Größenordnungen. In der Vergangenheit bewies sich aber auch, dass der Fortschritt Europas meist in den tiefsten Krisen des Kontinents entstand, sei es die Renaissance, die auf die Pest folgte oder die Aufklärung, die an den Dreißigjährigen Krieg anschloss. Die Philosophie lief in diesen goldenen Zeiten zu Hochformen auf und positionierte sich als Innovationsmotor für neue politische und wirtschaftliche Konzepte. Man muss bei all der Reformierung der Europäischen Union bedenken, dass die Strukturen eines Staates nicht einfach so auf eine internationale Organisation zu übertragen sind, da das Wirkungsgefüge ein ganz anderes ist. Komplexe wie das Bildungssystem, die Kultur und die Wissenschaft müssen im Zuständigkeitsbereich der einzelnen Mitgliedsländer bleiben, um eine Garantie für die kulturelle Vielfalt zu erhalten. Der Weg zur Europäischen Gemeinschaft umfasst acht Säulen, die zur Reformierung notwendig sind und die EU modern, transparent und stark machen.
(1) Stärkung des Europaparlaments. Der erste Schritt zur Besserung ist die Einsicht. Es herrschen zahlreiche Missstände in der Europäischen Union. Die Frage, ob die EU auch demokratisch sei, muss gestattet sein. Schaut man sich die Machtstrukturen an, so kriegt man doch erhebliche Zweifel. Die Bürgerinnen und Bürger wählen einzig und allein das EU-Parlament von allen Institutionen auf europäischer Ebene, was es zum am stärksten legitimierten Organ der EU macht. Dennoch geschieht die restliche Postenvergabe in Hinterzimmern. Schlimmer ist auch, dass das von uns gewählte EU-Parlament kaum über Macht verfügt. Der Rat der Europäischen Union (bestehend aus den Staats- und Regierungschefs) kann Gesetze vorschlagen, die EU-Kommission hat aber das Initiativrecht für Gesetze. Dementsprechend darf das EU-Parlament nur Gesetze ändern, wenn der Rat und die Kommission zustimmen. Hinzukommend wird die EU-Kommission in ihrem Handeln nicht kontrolliert. Folglich hat das Parlament auf EU-Ebene fast kein Mitspracherecht und kann schon gar nicht die Initiative ergreifen. Dies muss sich ändern. Das EU-Parlament muss genau wie die Kommission ein Initiativrecht erhalten. Das Mitspracherecht der Bürger wird ebenfalls vernachlässigt. Um eine Bürgerinitiative für die EU zu starten, benötigt man innerhalb von einem Jahr eine Million Unterschriften aus einem Viertel der Mitgliedsstaaten. Entsetzend daran ist aber, dass die EU-Kommission den Forderungen der Unterschriftensammlungen noch nicht einmal nachkommen muss, sondern sie getrost ignorieren kann. Wir fordern, dass 100.000 Stimmen aus mindestens fünf Ländern, die innerhalb eines Jahres zustande kommen, ausreichend sind. Auch sollte sich die Kommission damit befassen müssen und zumindest eine Stellungnahme zu dem Anliegen der Bürger abgeben müssen. Die Abwendung von der Europäischen Union als Institution ist nicht zu verwechseln mit der Abwendung von der Europäischen Union als Idee. Verständlich ist aber, dass sich viele Leute von der EU nicht vertreten fühlen, da sie über keinerlei Mitsprachrecht verfügen. Findet keine grundlegende Erneuerung der Europäischen Union statt, könnte sie daran zerbrechen. Darüber hinaus muss die Macht des Trilogs, einer kleinen Gruppe aus Vertretern von Rat, Parlament und Kommission, stark eingeschränkt werden. Diese elitäre Zusammenkunft bringt einen Großteil der Gesetze in Brüsseler Hinterzimmern auf den Weg. Mit einer Demokratie hat das nichts zu tun. Dasselbe gilt für die Troika (Zusammenschluss von EU-Kommission, IWF und EZB zur Überwachung der Einhaltung von Reformversprechen der Krisenländer der Finanzkrise). Beide unterliegen keiner Überwachung und handeln komplett uneingeschränkt über die anderen EU-Beamten hinaus. Für die Transparenz in der EU ist ein europaweites Lobbyregister unumgänglich. In den letzten beiden Jahrzehnten haben mächtige Lobbyorganisationen, allen voran die AMUE (bestehend aus über 400 Banken und Unternehmen der EU) sowie die ART (zusammengesetzt aus den 50 größten Unternehmen der EU), ein Ausmaß an Einfluss gewonnen, das keinen demokratischen Maßstäben entspricht. Bei all den Reformen der EU machen wir deutlich, dass wir die Idee der Vereinigten Staaten von Europa nicht befürworten. Die kulturelle Vielfalt erzeugt eine starke lokalpatriotische Ausrichtung, die einen europäischen Superstaat verhindert. Rein praktisch wäre die Umsetzung dieser Idee nur schwer vorstellbar, da 28 oder bald 27 demokratische Parlamente der Macht enthoben werden und diese Aufgaben zukünftig von nur einem Parlament, dem EU-Parlament, übernommen werden. Dazu kommt die Sprachbarriere, da nahezu in jedem EU-Mitgliedsstaat eine eigene Sprache gesprochen wird. Außerdem würde so eine Vereinigung der Staaten zu enormen juristischen Problemen führen. So führte das Bundesverfassungsgericht in seiner Lissabon-Entscheidung aus, dass es mit dem Grundgesetz gar nicht vereinbar ist einen europäischen Bundesstaat zu gründen. Vor ähnlichen Problemen stehen sicher auch die anderen Mitgliedsstaaten. Beim Quartalsbericht der Bank für den internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) im Dezember 2017 wurde davor gewarnt, dass die führenden westlichen Nationen dieselben Fehler wie vor der Finanzkrise 2008 begehen. Ein Mittel zur Verhinderung einer erneuten Finanz- und Währungskrise ist die Überwachung der Europäischen Zentralbank (EZB) durch das Europäische Parlament. Dadurch wird die Unabhängigkeit der EZB keinesfalls eingeschränkt, sie soll nur bei fahrlässigem oder fatalem Handeln eingeschränkt werden. Die Unabhängigkeit wird nur genauer definiert. Gleichzeitig muss auch angemerkt werden, dass jährlich hohe Geldsummen von der Europäischen Union schlicht verschwendet werden. Das Europäische Parlament hat einen Sitz in Brüssel und einen in Straßburg. Daher ziehen alle EU-Parlamentarier samt ihren 6200 Mitarbeitern und Akten jedes Jahr um. Würde man das Parlament dauerhaft nach Brüssel verlegen könnte man jedes Jahr 103 Millionen Euro sparen (zuzüglich Zeitverlust und der Umweltverschmutzung durch den Umzug).(24) Dieser parlamentarische Wanderzirkus wird seit 61 Jahren betrieben (also seit dem Jahr 1957), die Gesamtkosten betragen daher 12,2 Milliarden Euro. Zahlreiche Sozial- oder Entwicklungsprogramme hätten damit finanziert werden können, stattdessen wurde ein Ortswechsel ins Leben gerufen, der mal als politisches Signal gedacht war, mittlerweile aber vollends seine Wirkung verloren hat. Wir fordern daher, dass Brüssel der einzige Sitz des EU-Parlaments wird. Die Stadt Straßburg muss hingegen einmalige Entschädigungen erhalten, um das Zusammenbrechen der dortigen Infrastruktur sowie der lokalen Wirtschaft zu verhindern. Ein Wandel und auch ein Neudenken sind notwendig, das ist nicht abzustreiten. Drei Beispiele (die innerhalb von zwei Wochen entstanden) verdeutlichen, wie sehr der stagnierende Reformstau die Ideenvielfalt der politischen Zukunft hemmen. Beispiel 1 ist ein Beschluss des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2017, in dem die Zustimmung für den Aufbau einer europäischen Staatsanwaltschaft gegeben wurde, deren Konstruktion 2020 beginnen soll. Jedoch beteiligen sich nur 20 der 28 (bald 27) Mitgliedsstaaten, womit auch ein EU-weites einheitliches Rechtssystem in weite Ferne rückt. Das zweite Beispiel geht auf einen am 17. Oktober 2017 veröffentlichten Bericht des Statistischen Amtes der Europäischen Union (kurz Eurostat) zurück. Dort heißt, dass jeder vierte Europäer von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht ist. Allein im Jahr 2016 waren es 115 Millionen Menschen, was 17, 3% entspricht.(25) In Deutschland traf es 16,5% der Bevölkerung. Das konstante Wirtschaftswachstum in Europa garantiert also keinen Wohlstand für Alle, noch nicht einmal für besonders viele Menschen, das wurde in erschreckender Klarheit bewiesen. Beispiel 3 fußt auf dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des EU-Parlaments vom 19. Oktober 2017. Dort wurde festgestellt, dass es einigen Ländern am politischen Willen mangele, den Betrug und die Steuervermeidung zu verhindern. Ebenfalls wurde erkannt, dass die Notwendigkeit einstimmiger Entscheidungen in Steuerfragen die nötigen Reformen blockiere. Eine Europäische Union, die sich für die Bürgerinnen und Bürger einsetzt, auf dessen Grundlage sie ihren Beruf und ihr Gehalt beziehen dürfen, sieht anders aus. Gegenwärtig erlebt Europa eine Sternstunde des Konservatismus und Populismus, maßgeblich verursacht durch die Orientierungslosigkeit in der gesellschaftlichen Mitte. Der Kern der Bevölkerung spürt ein Unbehagen, auf das bisher keine Antwort gefunden wurde. Nur wenn man der Europäischen Union ein neues, transparenteres und moderneres Gesicht verleiht, ist die Hoffnung auf ein friedliches sowie erfolgreiches Miteinander mit anderen Staaten garantiert.
(2) Schaffung einer gemeinsamen Verfassung und Arbeitsmarktpolitik. Als Grundlage für diesen gesamten Reformprozess ist eine eigene europäische Verfassung unerlässlich. Dazu muss ein Verfassungsrat, unter anderem bestehend aus Historikern, Juristen, Kulturforschern und Kriegsopfern, gegründet werden. Ein eigener EU-Finanzminister ist bei der Verteilung der Gelder nicht notwendig, da Parlament, Rat und Kommission gleichwertig entscheiden sollen und ansonsten die Macht auf zu wenige Schultern konzentriert sein würde. Ein Finanzminister wäre ebenso Mitglied eines Kabinetts, das eine Regierung bildet, womit die Europäische Union als Staat gelten würde, was verfassungsrechtlich äußerst schwer zu legitimieren ist. Um einen fairen Arbeitsmarkt in der EU zu garantieren, sind eine europäische Arbeitslosenversicherung (für die Personen, die kein Grundeinkommen erhalten), ein europäischer Mindestlohn sowie europaweite Gewerkschaften notwendig. Außerdem ist ein europäischer Verbraucherschutz wesentlich für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor dem ausufernden und unübersichtlichen Marktangebot. Die Entsenderichtlinie des EU-Rats vom 27. Oktober 2017 soll dem Lohn- und Sozialdumping vorbeugen. Ziel ist es, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im EU-Ausland berufstätig sind, trotz der dortigen Wirtschaftssituation angemessen zu bezahlen. Diese Gelegenheit hätte den optimalen Spielraum geboten, um den europaweiten Mindestlohn einzuführen, sodass die weniger wohlhabenden Staaten der Europäischen Union nicht mit einer Explosion der Preis- und Produktionskosten zu kämpfen haben und sich die ohnehin schlechte wirtschaftliche Situation nicht noch weiter verschlimmert. In all diesen Problemen wird deutlich, dass wir eine europäische Staatsanwaltschaft benötigen, der Europäische Gerichtshof (EuGH) allein reicht dafür nicht aus. Mit dieser neuen Institution wäre Rechtsstaatlichkeit wieder eine unverhandelbare Grundbedingung für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
(3) Gemeinsame Steuerpolitik. Schaut man sich genauer die Innenpolitik der Europäischen Union an, fallen Einem sofort zahlreiche Akzente auf, die schlicht an Modernität verloren haben und einer Überarbeitung bedürfen, um der Wirtschaft des neuen Jahrhunderts gerecht zu werden. Schon in den Anfangsjahren der EU hätte eine gemeinsame Steuerpolitik vereinbart werden müssen, das Auslassen dieser wichtigen Wirtschaftsregulierung ist einer der schwersten Fehler gewesen, deren Konsequenzen heute durch Hilfefonds ausgezahlt werden müssen. Die meisten Steueroasen innerhalb der EU sind die Überseegebiete Großbritanniens, eine gemeinsame Steuerpolitik ist daher unausweichlich, um den daraus folgenden Milliardenverlusten etwas entgegenzusetzen. Für alle EU-Staaten müssen die gleichen Besteuerungsregeln gelten, darunter zählen vor allem europaweit gleiche Unternehmenssteuern. Ansonsten unterbieten sich die einzelnen Länder wie bisher. Den betroffenen Staaten soll eine Fördersumme für nachhaltige Zwecke erstattet werden, als Ausgleich für die in diesem Zusammenhang entstehenden Verluste. Als Grundlage dient ein EU-weites Steuerregister, in denen die Namen von Steuerhinterziehern zusammengefasst werden. Jedes einzelne Land der Europäischen Union muss darauf zugreifen können, um eine europaweite Steuerhinterziehung zu bekämpfen, andernfalls ist man dem System chancenlos ausgeliefert. Als nächste Initiative ist die Erhebung einer eigene EU-Steuer längst fällig. Die Steuer fällt in den Bereich der Unternehmensbesteuerung fallen, indem die Körperschaftssteuer auf die europäische Ebene gehoben wird (siehe 6.3.). Zur Thematik Steuern müsste es der Europäischen Union eigentlich ein Anliegen sein, die weltweit systematisierte Steuerhinterziehung nachhaltig zu bekämpfen, so zählen doch der Rechtsstaat und die soziale Gerechtigkeit zu den wesensprägenden Zielen der Staatengemeinschaft. Die EU-Körperschaftssteuer umfasst eine gestaffelte Besteuerung der Unternehmen, ausgerichtet nach Umsatz, Umweltverträglichkeit sowie den lokalen Nutzfaktor und Einbeziehung der regionalen Gesellschaft. Damit soll endlich die Europäische Union den Unternehmen in Steuerfragen einen Schritt voraus sein und nicht umgekehrt wie es sonst stets der Fall war. Allein in den EU-Staaten gehen jährlich 825 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verloren (das reicht um den EU-Haushalt für fast 5 Jahre zu decken), in Deutschland sind es 125 Milliarden Euro.(26) Warum wird gegen diese unverschämte Summe nichts unternommen? Die EU braucht eine Steuerunion (siehe 6.3.), der sich auch Nichtmitgliedsländer der Europäischen Union anschließen können. In den USA gibt es seit 2010 den FACTA (Foreign account tax compliance act), durch den jede Bank außerhalb der Vereinigten Staaten alle erhobenen Daten über Konten, Anlagen und Einkommen der amerikanischen Steuerzahler an die USA weitergeben muss. Ein Steuerbetrug wird damit unmöglich, zudem sind die Banken zur Transparenz geradezu gezwungen, da sie bei einer Verweigerung der Zusammenarbeit einen Steueraufschlag von 30% erhalten. In der Europäischen Union wurde im Jahr 2003 lediglich eine Richtlinie verabschiedet, die sehr viele Ausnahmen beinhaltet und damit sehr ineffektiv ist. Die Steuern bilden die Haupteinnahmequelle des Staates. Bei einer Staatengemeinschaft ist es erforderlich, dass zumindest eine eigene Steuer erhoben wird, um den Finanzspielraum angemessen zu erweitern.
(4) Gerechte Wirtschaftsentwicklung. Die EU wurde mit dem Zweck einer Wertegemeinschaft gegründet. In Artikel 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) heißt es, man strebe ein „ausgewogenes Wirtschaftswachstum“ sowie „den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten“ an. Die östlichen Staaten der EU werden aber immer autoritärer, der Süden Europas klagt seit mehr als einem Jahrzehnt über eine stagnierende Wirtschaft. Nur wenige profitieren in der EU, dazu gehört auch Deutschland. Allerdings muss jedes einzelne Mitgliedsland wirtschaftlichen und sozialen Nutzen aus der Europäischen Union ziehen können. Blickt man auf die Wurzel der Zerrissenheit in der EU, ist die Währungs- und Finanzkrise von 2008 das prägendste Ereignis in jüngster Vergangenheit, abgesehen von der juristischen und wirtschaftlichen Rahmensetzung der Europäischen Union, die die Krise erst ermöglichte. Von den Jahren 2008 bis 2012 überwies die EU allein an Großbritannien 873 Milliarden Euro, wovon das Königreich 300 Milliarden Euro in Anspruch nahm. Deutschland erhielt 646 Milliarden Euro und verwendete 259 Milliarden davon. Am wirtschaftlichen Bankrott schrammende Staaten mussten hingegen mit deutlich weniger auskommen. Griechenland, noch heute Sorgenkind, erhielt drei Rettungspakete. Mit jeweils 110; 164,4 und 86 Milliarden Euro. Ausgezahlt wurden davon 34,4; 142,7 und 61,9 Milliarden Euro. Auch Spanien erhielt nur 100 Milliarden Euro, und bekam davon nur 41,3 Milliarden ausgezahlt. Portugal bekam 79, 5 Milliarden Euro aus Brüssel, verwendet wurden 76,9 Milliarden.(27) Die wirtschaftliche Stärke der jeweiligen Länder in der EU, das ist die Lehre daraus, soll nicht verändert und das alte Machtgefüge zwischen den Staaten soll beibehalten werden. Für die Bankenrettung musste allein der deutsche Steuerzahler rund 59 Milliarden Euro zahlen.(28) Die erschreckenden Zahlen machen die dunklen Auswüchse des Kapitalismus deutlich, der in unbegreifliche Höhen ausartet und mit horrenden Summen handelt. In Sachen Bankenrettung flossen viele hundert Milliarden Euro aus Brüssel. Andere Bereiche wurden hingegen vernachlässigt. Bei den EU-Sparmaßnahmen unter anderem gegen Italien, Griechenland und Irland wurde eindeutig an den falschen Stellen die finanziellen Mittel gekürzt. Die EU-Staaten verordneten diesen Ländern harsche Kürzungen in der Kultur und auch beim Arbeitslosengeld, selbst bei Krankenhäusern wurde das Budget eingeschränkt. Folglich stiegen die Selbstmordraten drastisch an,(29) auch die Lebenserwartung sank spürbar, ganz zu schweigen vom verlorengegangenen Vertrauen in die EU, das nur sehr schwer wiederzugewinnen sein wird. Diese gesamten Maßnahmen wurden unter den Deckmantel vollzogen, den angeschlagenen Staaten möglichst schnell zu einer funktionierenden Wirtschaft zu verhelfen. Vollkommen außer Acht gelassen wurde dabei der menschliche Aspekt. Diese Fehler werden nur schwer wieder gutzumachen sein können. Damit man die Zahlen der Bankenrettung in ein Verhältnis einordnen kann, hier ein paar Vergleichsgrößen: Die Vereinten Nationen (UN) präsentierte im Jahr 2015 ein Bericht, in dem es hieß, dass jährlich 239 Milliarden Euro mehr investiert werden müssen, um den Hunger auf der Welt bis 2030 auszurotten. Gegenüber den Zahlen der Bankenrettung wäre diese finanzielle Aufwendung problemlos bereitzustellen. Im selben Jahr veröffentlichte die UN ebenfalls eine Berechnung, wonach die Ausrottung der weltweiten Armut bis 2030 geschafft sein könnte, wenn pro Jahr höchstens 4 Billionen Euro für die Armutsbekämpfung ausgegeben werden würden. Auch diese Summe mag erschreckend utopisch klingen. Verteilt man die 4 Billionen Euro aber auf die 193 Mitgliedsstaaten der UN, so muss jedes Land nur noch rund 20,7 Milliarden Euro pro Jahr zahlen. Diese Zahl ist mehr als machbar. Führt man sich vor Augen, dass die Europäische Union für die Bankenrettung in den Mitgliedsstaaten allein von 2008 bis 2012 knapp über 5 Billion Euro ausgab, muss man feststellen, dass das Geld anscheinend vorhanden ist. Es wird nur falsch verteilt. Der Nutzen einer ausgeglichenen und rücksichtnehmenden Wirtschaft wurde noch nie so deutlich. Umso erschreckender ist es, dass die Gelder ohne Sinn und Verstand ausgeschüttet werden und noch nicht einmal die Ursachen der gigantischen Misere bekämpfen. Schaut man sich das Beispiel Spanien an: Im Jahr 2008 waren dort 11,25% der arbeitsfähigen Menschen arbeitslos. Ein Jahr später nach der Finanzkrise waren es 17,86%.(30) Daraus kann man schlussfolgern, dass soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit nicht die Folge von Wirtschaftskrisen darstellt, sondern ihre Ursache ist. Die Krisen haben gezeigt, dass über eine Neugestaltung des Euros nachgedacht werden muss. Mitgliedsstaaten der EU, die aber nicht im Euroraum sind, profitieren von ihren eigenen Währungen mehr als wenn sie die europäische Währung einführen würden, sowohl in Nord- als auch Südeuropa. Zukünftig sollen alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auch den Euro als Währung besitzen. Gelingen kann dies nur über die geeigneten Anreize, so sollen beispielsweise die Staatsschulden in der Eurozone vergemeinschaftet werden. Grundlage dafür wiederum ist aber eine stärkere Wirksamkeit des bisherigen Euroraums. Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss betrug 2018 insgesamt 260 Milliarden Euro,(31) dies kann auf Dauer nicht gut gehen. Dieser Überschuss entspricht 7,4 % der Wirtschaftsleistung.(32) Werte von über 6 % empfindet die EU-Kommission als bedenklich. Unsere Bundesrepublik ist das einzige Land, das anhaltend wirtschaftlich von der Europäischen Union profitiert, zeitgleich verhindern wir bewusst durch EU-Sparpolitik und dominanten Außenhandel ein Wachstum der anderen Mitgliedsstaaten. Ein neuer EU-Stabilitätspakt ist längst fällig, der die ökonomische Dynamik des 21. Jahrhunderts aufgreift und sie in Einklang mit einer solidarischen Wirtschaft bringt. Gegen den bisherigen Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt verstößt Deutschland aus reinem Selbstinteresse in vielen Punkten (siehe 6.1.). Die Hauptaufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) ist es, den Euro stabil zu halten, damit das Finanzsystem sorglos funktioniert. Seit der Finanzkrise von 2008 wurden jedoch viele alte Fehler in der Finanzpolitik wiederholt. Beispielsweise wurde erneut die Laufzeit der von der EZB vergebenen Kredite stückweise verlängert, von anfangs wenigen Tagen auf mittlerweile drei bis sechs Monate. Eine weitere Maßnahme war die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die zu Lasten der kleinen Sparer geht und den großen Banken nutzt, da die Spekulationen damit angeheizt werden. Die Gründung einer Europäischen Bankenunion soll mehr finanzpolitische Sicherheit bringen. Eine solche Kooperation hätte die Finanzkrise 2008 vielleicht erst gar nicht möglich gemacht. Im Zuge dieser Krise vor einem Jahrzehnt wurden den verschuldeten Staaten wie Griechenland, Spanien und Italien ein Steuerprogramm diktiert, welches unter anderem drastische Steuererhöhungen beinhaltet. Gleichzeitig wurde aber keine Kooperation der europäischen Banken untereinander vereinbart, weswegen die reiche Bevölkerungsschicht ihr Kapital ganz einfach ins Ausland verlegte, was noch nicht einmal illegal war, während die kleinen und mittleren Einkommen die ganze Härte der Steuererhöhungen zu spüren bekamen. Wegen der Finanzkrise droht gerade eine ganze Generation in Europa verloren zu gehen. Die Jugendarbeitslosigkeit (Personen zwischen 15 und 24 Jahren), obwohl die Finanzkrise schon zehn Jahre her ist, immer noch erschreckend hoch. Der Durchschnitt für die EU liegt bei 14,5%.(33) Die traurigen Anführer bei der Jugendarbeitslosigkeit sind Griechenland (33,3%), Spanien (32,8%) und Italien (28,7%).(34) Die junge Generation in Europa kämpft um eine Perspektive, die in vielen Fällen nicht gegeben werden kann. Will man das Erfolgsrezept des Populismus in Europa erfahren, muss man sich nur die Bilanzen der Europäischen Union anschauen.
(5) Eine europäische Sicherheitspolitik und eine Kulturannährung als Garantie des inneren Zusammenhalts. Für eine sichere EU ist ein Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden der Staaten Pflicht, zusätzlich muss ein europäischer Geheimdienst gegründet werden, um ein engmaschiges Diplomatennetz zu erschaffen. Der Terrorismus ist international, das haben wir bei den Anschlägen in den Ländern der Europäischen Union schmerzlich erfahren müssen. Diese Pannenserie darf sich nicht wiederholen, daher kann die Sicherheit auch nur auf internationaler Ebene bestmöglich sichergestellt werden. Als Voraussetzung dafür müssen aber auch europaweite Datenbanken, beispielsweise von Terroristen, Gefährdern oder Kriminellen angelegt werden, die eine effiziente Zusammenarbeit erst ermöglichen. Die Völkerverständigung geriet in den letzten Jahren auf EU-Ebene immer weiter ins Abseits. Dabei ist sie die Grundlage für eine häufig heraufbeschworene Werteunion, die bisher nie ihr volles Potenzial entfalten konnte. Schritte dorthin wären die Einrichtung eines EU-weiten historischen Archivs, womit man eine gemeinsame Geschichtsaufarbeitung frei von Ideologien oder nationalistischen Tönen betreiben könnte. Eine Werteunion basiert auch auf gegenseitigem wirtschaftlichen Verständnis und ökonomischer Rücksicht. Aus diesem Grund soll eine eigene EU-Entwicklungshilfe eingeführt werden, die dem Prinzip der UN-Entwicklungshilfe gleicht. Statt des Militärbudgets soll ein Etat für die Annäherung zwischen den EU-Staaten zur Verfügung stehen. Dem angeschlossen ist ein europäischer Wirtschaftsfonds, der die ökonomischen Strukturunterschiede in den einzelnen Mitgliedsländern der EU beseitigen soll.
(6) Strategische und weitdenkende Außen- und Friedenspolitik. Der Vertrauensverlust der EU lässt sich in großen Teilen auch auf die Außenpolitik zurückführen. Dort gilt es viel nachzuholen. Das 1200 Seiten lange und 2370 Anliegen ansprechende Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine muss überarbeitet werden. Der politische Teil ist seit 2014, der wirtschaftliche seit 2016 in Kraft. Versprochen wurde unter anderem eine stabile Demokratie und eine garantierte Rechtssicherheit, bisher sind aber noch nicht einmal Anfangsstufen dieser Entwicklung zu erkennen. Seit dem Jahr 2015 spürt Europa die Auswirkung der Flüchtlingskrise (siehe dazu auch bei 11.). Damit einher ging für die Europäische Union der Verlust der vorher sicher geglaubten westlichen Werte wie die Achtung der allgemeinen Menschenrechte, sie brauchen nun eine neue Reifeprüfung. Schließlich trägt die Staatengemeinschaft eine Mitschuld an tausenden Toten im Mittelmeer und in der Sahara. Das Flüchtlingsproblem wurde schlicht nach Afrika verlagert und Seenotrettungsmissionen im Mittelmeer eingestellt. So dass diese Aufgabe privaten Seenotrettern zufiel, welche immer mehr Probleme haben in Häfen einlaufen zu dürfen oder gar kriminalisiert werden. Gegen Flüchtlinge darf fortan nicht mehr mit militärischen Mitteln vorgegangen werden, sondern wir sollten uns von unserer humanitären und solidarischen Seite zeigen, da wir Europäer auch einen Teil der Fluchtursachen bilden (Großbritannien, Frankreich und Deutschland liefern seit 2003 chemische Substanzen an Syrien und wundern sich anschließend, dass diese als Waffen missbraucht werden, selbst in Kriegszeiten wurden die Lieferungen nicht eingestellt). Die tiefe Krise der EU ist durch die Flüchtlingskrise auch zu einer Wertekrise geworden, die Lösungen dürfen nicht lange auf sich warten lassen, sonst werden andere politische Akteure eine gnadenlose Antwort darauf finden. Eine weitere Schattenseite wirft das“ Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (kurz CETA) auf die Demokratieeinhaltung der Europäischen Union. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada ist seit September 2017 in Kraft und schürt seitdem zahlreiche Bedenken. Ein weiteres Abkommen mit ähnlichen Tendenzen wurde im April 2018 zwischen der EU und Mexiko noch einmal ausgebaut. Die Freiparlamentarische Allianz vertritt die Ansicht, dass Freihandel nur Sinn ergibt, wenn das Kapital unbeweglich bleibt. Demnach ergänzen sich die Marktangebote zweier oder mehrerer Staaten und treten nicht in Konkurrenz zueinander, genau das ist aber hier der Fall. CETA wurde mit dem Versprechen erschaffen, die Standards zu erhöhen und Arbeitsplätze zu schaffen. Dieselben Beruhigungsphrasen wurden auch 1994 beim Nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA genutzt, die Ergebnisse waren verheerend (siehe 6.1.). Der EU- Kanada-Pakt wurde geheim in Hinterzimmern verhandelt, ohne Einbeziehung der nationalen Parlamente. Nicht nur die Art und Weise, auch der Inhalt des Freihandelsabkommens wecken böse Vorahnungen. Fortan sind internationale Schiedsgerichte erlaubt. Solche kennen wir auch aus unserer nationalen Rechtsordnung und sie sind grundsätzlich keine schlechte Idee. Entlasten sie doch Gerichte und sind nicht öffentlich und dienen so dem Schutz von Unternehmensinteressen. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass diese Schiedsgerichte nicht zu einer Aushebelung europäischer und auch nationaler Verbraucherschutzstandards führt und sie auch eine Ausnahme und nicht die Regel werden. Mit dazu beitragen kann zum Beispiel das man an Gerichten auch englischsprachige Kammern einrichtet, welche für solch internationale Angelegenheiten zuständig sind. In der Landwirtschaft droht die Situation, dass kleine Bauernhöfe von internationalen Agrarkonzernen verdrängt werden und damit die traditionelle heimische Wirtschaft schikaniert wird. Neben diesen Punkten fallen noch viele weitere Kritikfelder an, deutlich aber wird besonders eins: CETA bildet eine perfekte Aufzeichnung vom Kapitalismus in der Anfangsphase des 21. Jahrhunderts - konzernorientiert, wachstumsvernarrt und rücksichtslos. Trotz oder gerade wegen der unruhigen Lage muss auch ein Blick in die Zukunft getätigt werden. Das Konfliktpotenzial mit der Türkei erreicht immer neuere Ausmaße, sodass die FPA die Einrichtung eines EU-Türkei-Rats nach dem Vorbild des NATO-Russland-Rats fordert. Dadurch bleibt man miteinander im Gespräch, auch wenn eine EU-Mitgliedschaft der Türkei derzeit ausgeschlossen ist. Ohne Austausch wächst nämlich nur das gegenseitige Misstrauen. Ein weiteres Gremium soll der EU-China-Rat werden. Dort soll sich auf eine gemeinsame Wirtschaftspolitik geeinigt werden. China wächst in besorgniserregender und unaufhaltsamer Schnelligkeit, es wird schon vom chinesischen Zeitalter gesprochen. Dieser Entwicklung kann sich die Europäische Union nicht verschließen. Eine Partnerschaft mit dem asiatischen Riesen wäre für beide Seiten profitabel, da beide Seiten aufeinander angewiesen sind. Zukünftig können gemeinsame Großprojekte wie die aktuell errichtete „Neue Seidenstraße“ gestartet werden, um den Wohlstand innerhalb der EU langfristig abzusichern, ohne Anderen dabei zu schaden. Es wäre vorteilhaft mit China zusammen zu arbeiten und ihm bei solchen Projekten entgegenzukommen. Auch weil man ein Entgegenkommen beispielsweise an eine Verbesserung der Menschenrechtslage in China knüpfen kann und wir so positiv auf die Entwicklung Chinas Einfluss nehmen können. Im globalen Marktsystem hat die Europäische Union eine Verantwortung gegenüber wirtschaftlich schwächeren Regionen, da deren endgültiger Niedergang auch die Kaufkraft der EU erheblich senken kann. Dazu müssen die Freihandelsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Staaten eine faire Basis besitzen. Seit wenigen Jahren ist aber das Economic Partnership Agreement (kurz EPA, deutsch: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen) zwischen der EU und 78 AKP-Staaten (Gruppe afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten, meist ehemaliger Kolonien von Großbritannien und Frankreich) in Kraft. Das Grundprinzip ist einfach erklärt: Die größtenteils afrikanischen Staaten erhalten Zugang zum europäischen Binnenmarkt, die EU-Länder hingegen müssen keine Zölle für den Export in nahezu alle afrikanischen Staaten zahlen. Da die Europäische Union jedoch ein viel mächtigeres Handelsvolumen besitzt, bei dem die afrikanischen Staaten nicht mithalten können, werden die afrikanischen Märkte nun mit billigen Produkten aus Europa überschwemmt, was die dortige lokale Wirtschaft in den Ruin treibt. Schlimmer noch, die afrikanischen Staaten mussten geradezu das Abkommen unterschreiben, da ansonsten die Entwicklungshilfe für ihr Land verkürzt oder ganz eingestellt worden wären. Diese liberale Brutalität nimmt dem afrikanischen Kontinent jede Chance auf ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und festigt die Abhängigkeit von außerhalb. Wir fordern daher, diese unmenschlichen Abkommen aufzukündigen oder notfalls auslaufen zu lassen (angesetzt sind sie bis 2020) und dann strategische Partnerschaften mit den afrikanischen Staaten abschließen, von denen beide Seiten profitieren. Wenn die dortigen Länder ausgebeutet werden, profitieren nur sehr wenige, umso mehr erfahren jedoch ungerechtfertigtes Leid. Das Entwicklungsprogramm muss aus mehreren Phasen bestehen. Zuerst muss ein Grundzustand der Stabilität erreicht werden, indem Schulen, Krankenhäuser und eine generelle Infrastruktur aufgebaut werden. Dies gilt für die besonders armen oder auch von Krieg gezeichneten und schlecht entwickelten Länder. Anschließend folgt die steigernde Phase, hier werden die Tourismusangebote ausgebaut. Gefolgt von der expandierenden Phase, in der in den afrikanischen Staaten eine funktionierende Gesamtwirtschaft besteht. Das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Volkes besitzt aber hierbei oberste Priorität. Indikator für die Höhe der Fördermittel an Staaten in Afrika ist der Grad der demokratischen Ausprägung, der von neutralen Beobachtern ermittelt wird. Aber auch ohne Demokratiegarantie muss Afrika eine Hilfe gewährt werden, da die jahrzehntelange Misswirtschaft und die daraus folgenden Millionen Menschen, die tagtäglich hungern, nicht in einer Welt des Überflusses geduldet werden können. Auch wenn sich bei diktatorischen Regimen die gewährte Hilfe auf eine rein humanitäre beschränkt. Man sollte mit diesen Staaten keine weitergehenden Beziehungen pflegen und dadurch solche Regime noch stützen. Die Europäische Union muss insbesondere ihre Rolle als Friedensstifter wieder neu anlernen. Bisher stehen wir entweder als Zuschauer am Rand oder folgen über die NATO einfach den Amerikanern. Die EU jedoch muss auch selbst außenpolitisch Initiative ergreifen um Konflikte zu lösen. Ein Schritt in diese Richtung ist die Gründung einer EU-Friedenskommission, die als internationaler Vermittler aktiv wird. Dieses Gremium soll einen voreiligen militärischen Einsatz mit unabsehbaren Konsequenzen vermeiden, eine friedensanstrebende Union bereitet den Weg für eine globale Annährung, auch ideologisch gemeint, die den Frieden nicht als Ideal, sondern als Ziel versteht. Erst dann ist der bereits verliehene Friedensnobelpreis gerechtfertigt. Die Beseitigung der Spannungen zwischen der Europäischen Union und Russland fußen zum Teil auch auf der EU-Osterweiterung. Sie ist genauso kritisch zu betrachten wie die NATO- Osterweiterung. Da diese beiden Entwicklungen in Zukunft fortgesetzt werden sollen, muss ein gemeinsames Einverständnis vorliegen, um keinen ausufernden Konflikt über Machtbereiche entstehen zu lassen. Nicht vergessen werden darf dabei, dass die Europäische Union über keinerlei juristische Grundlagen verfügt, um militärisch an den Kriegsschauplätzen dieser Welt zu intervenieren. Artikel 42 Absatz 1 des Vertrages über die Europäische Union aus dem Jahr 1992 besagt zur gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik: „Auf diese kann die Union bei Missionen außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zurückgreifen.“ Würden die EU-Vertreter diesen Wortlaut ernst nehmen, wären viele Konflikte dieser Welt erst gar nicht entstanden. Zum besseren Handeln als Friedensvermittler muss die Europäische Verteidigungsagentur (zuständig für Rüstungsplanung und -beschaffung) dem EU-Parlament unterstellt sein, bisher aber unterliegt die Organisation allein dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, was eine undemokratische Machtkonzentration darstellt. Zur Gestaltungsmöglichkeit der EU-Friedenskommission muss der Bereich „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ (GASP) aufgelöst werden, deren Befugnisse müssen überstellt werden. Mit diesem Zug erlangt die Friedenskommission der Europäischen Union eine würdige Machtbasis, um eine aktive Friedenspolitik auf EU-Ebene betreiben zu können. Blickt man auf die aktuelle Weltlage, sieht man, dass Europa in allen Konflikten dieser Welt nur Nebenpositionen einnimmt und nicht zu den Hauptakteuren gehört, weder militärisch noch diplomatisch. Das muss sich ändern. Wir können auf Basis unserer Werte in Konflikte eingreifen um sie friedlich zu lösen und nicht länger durch die Handlungen anderer Staaten vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.
(7) Gemeinsame europäische Migrationspolitik. Durch die Flüchtlingskrise in den letzten Jahren wurde deutlich, dass auch die Einwanderungspolitik der Europäischen Union reformbedürftig ist. Die Drittstaaten-Regelung, auch bekannt unter dem Dublin-Übereinkommen aus dem Jahr 1990, besagt, dass Flüchtlinge in dem Land einen Asylantrag stellen muss, auf das sie zuerst innerhalb der EU ihren Fuß gesetzt haben. Dieser umgangene Verantwortungsauftrag der Innenländer der Europäischen Union sollte bereits mehrmals korrigiert werden, mittlerweile ist die europäische Gesetzgebung bei der EU- Verordnung Nummer 604 aus dem Jahr 2013 angelangt (sogenannte Dublin III), in der anerkannt wird, dass manche Länder dadurch von den vielen Asylanträgen überfordert sein können. Gleichzeitig werden aber keine langfristigen Lösungen angeboten, wie eine gemeinsame europäische Migrationspolitik aussehen soll. Es braucht eine EU-weite Aufteilung der Asylsuchenden und verpflichtende Mindestleistungen an die Geflüchteten. Die Verteilung soll von der wirtschaftlichen Stärke sowie der Einwohnerzahl des Landes abhängen, im Gegenzug werden auch die Entwicklungsgelder von der EU beim Einhalten der festgelegten Quote an den jeweiligen Staat weitergezahlt, beim Vertragsbruch werden die Finanzhilfen um ein Vielfaches gekürzt. Im Jahr 2015 erlies der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil, in dem die Verteilung der Geflüchteten auf die einzelnen Mitgliedsländer festgelegt wurde. 2017 bestätigte der EuGH dieses Urteil. Die Visegrad-Staaten ignorierten den Richterspruch jedoch, obwohl er zweimal von der deutlichen Mehrheit der Mitglieder der EU beschlossen wurde. Der Vorschlag der Freiparlamentarischen Allianz, ein „Fonds für Humanität“ (siehe bei 11.) einzurichten, würde den diesbezüglichen Streitpunkt lösen. So sieht keine Werteunion aus, sondern spiegelt den Zusammenschluss mehrerer Länder wider, die sich aus rein wirtschaftlichen Interessen zusammengetan haben und in vielen wichtigen Bereichen wie der Migrationspolitik oder der EU-Erneuerung keinen gemeinsamen Kurs finden.
(8) Gemeinsame europäische Raumfahrt. Nutznießer des europäischen Wandels soll neben den Bürgerinnen und Bürgern an erster Stelle auch die Europäische Weltraumorganisation (kurz ESA vom englischen European Space Agency) werden. Derzeit sind dort circa 2.250 Mitarbeiter beschäftigt, wir fordern eine Aufstockung auf 3.000. Der Ausbau der Quartiere soll ebenfalls vorangetrieben werden, denn unter den 30 Standorten befindet sich nur eins im östlichen Europa (genauer gesagt in Tschechien), obwohl Polen, Ungarn oder auch Rumänien genauso Mitglieder sind. Die Kooperation mit anderen Staaten muss noch globalere Ausmaße annehmen. Derzeit ist Kanada lediglich als assoziiertes Mitglied registriert (demnächst werden diesen Status wohl auch Südafrika und Australien erhalten), eine Zusammenarbeit erfolgt mit Russland, Kooperationsverträge existieren unter anderem mit der Ukraine und der Türkei. Das reicht aber noch nicht. Es müssen weitere Kooperationsverträge mit Raumfahrtgrößen wie den USA oder China abgeschlossen werden, denn die Raumfahrt ist ein Projekt der Menschheit und nicht von einzelnen Ländern. Daher kann die ESA auch zur Völkerverständigung beitragen.
Bisher wurde die European Space Agency nicht in die Europäische Union mit eingegliedert, was möglichst zeitnah geschehen muss. Erst dann kann die ESA von EU-Subventionen profitieren, bisher wurde sie nur aus dem Staatshaushalt der Mitgliedsländer finanziert. Dabei kam ein Jahresetat von circa 5,6 Milliarden Euro (2018) zusammen, was viel zu wenig ist. Jeder Mitgliedsstaat soll in Zukunft 0,5% des Staatshaushalts für die ESA ausgeben. Dies mag wenig klingen, sind aber allein in Deutschland rund 1,65 Milliarden Euro und in Frankreich circa 6,85 Milliarden Euro. Für kooperierende Länder soll eine Summe von 0,3% des Staatshaushalts anfallen. Die Raumfahrt ist zweifelsohne ein Zukunftsthema, das immer mehr Prägnanz in den letzten Jahren erlangt hat. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem das Finden außerirdischen Lebens, der Schutz der Menschheit sowie das Aufspüren eines anderen Planeten mit menschverträglichen Bedingungen. Die Berechtigung für mehr Beachtung ist damit allemal gegeben.
(9) Schlusswort
Im Jahr 1990 ist zwar die Mauer in Deutschland gefallen, womit die alten Grenzen, auch ideologische, Grenzen scheinbar aufgelöst waren. Nun werden wieder oder immer noch neue Mauern hochgezogen, unter anderem wieder ideologische. Politisch erleben wir in manchen Teilen Europas eine Rückkehr zu autokratischen Systemen. Wirtschaftlich gerät unser Kontinent immer mehr ins Hintertreffen, angesichts der wachsenden Riesen wie China oder Indien. Bevölkerungsmäßig wird Europa in Zukunft klar unterlegen sein. Diese zukünftigen Probleme können den Weg für eine neue europäische Zusammenarbeit ebnen. Andernfalls droht das großartige Konzept der Europäischen Union als Ganzes nicht zu einem großartigen Europa, sondern zu einem abgehängten Zwergkontinent. Europa ist mehr als Geld. Europa ist Freiheit, Demokratie, Frieden. Die Europäische Union besitzt großes Potenzial, ihre eigens gestellten Anforderungen als Stabilitätsanker und Friedensmacht globalen Nutzen zu verbreiten, muss sie erst noch gerecht werden. Die Zeiten aber stehen auf Wandel, gegenwärtig bietet sich die Chance, die EU tiefgreifend zu reformieren. Machen wir etwas daraus.
15.2 Weltlage
Auf unserem Planeten laufen derzeit tiefgreifende Veränderungen ab, die uns über Jahrzehnte prägen werden. Nach dem Kalten Krieg und dem Kampf zwischen Kapitalismus und Kommunismus wurde ein Vakuum hinterlassen. Es fehlt eine neue Erzählung mit einem Wertesystem, das den individualistischen Kapitalismus und den kollektiven Kommunismus auf einen Nenner bringt. Die Findung dieses Systems löst in den Regionen der Welt unterschiedliche Folgen aus. Es ist zu beobachten, dass die weltweiten Rüstungsausgaben seit Jahren konstant steigen. In den aktuellen Konflikten und Kriegen dieser Welt ist kein zeitnahes Ende abzusehen. Die Welt wird immer vernetzter, aber das gegenseitige Verständnis füreinander kann nur selten aufgebracht werden. Diese permanente Selbstbeschäftigung jedes einzelnen Staates und damit die Vernachlässigung internationaler Stimmungen ist auf das Fällen politischer Entscheidungen zurückzuführen, die ganze Jahrzehnte prägen werden. Nachteilig für das gegenseitige Verständnis wird die Situation erst dadurch, dass die wegweisenden Entscheidungen immer schneller getroffen werden müssen. Der politische Prozess verändert sich fundamental, er wird immer kleinteiliger, anspruchsvoller und hypersensibel. Bis heute hat Deutschland keine einheitliche außenpolitische Linie, basierend auf unseren Werten und Überzeugungen. Viele Fragen sind nicht im Ansatz geklärt: Wie gehen wir mit den Rüstungsexporten um? Dürfen wir bei internationalen Konflikten und Kriegen intervenieren? Wie soll die Erneuerung der Europäischen Union aussehen und welche Stellung wird Deutschland dort innehaben? Wie sieht unsere Strategie für die Beziehungen mit Russland aus? Nähern wir uns der neuen Supermacht China an oder bleiben wir bei den alten Bündnissen? Vor allem fehlt ein langfristiger Plan, der den Bürgerinnen und Bürgern beweist, dass Deutschland die Übersicht auf der Welt bewahren kann und als verlässlicher Partner gilt.
Das Projekt „Neue Welt“ soll eine gerechtere und humane Weltordnung herbeiführen, die das politische Gegenstück zum Konzept der Humanismusökonomie bildet und vereinbar mit der Nationalen Umweltagenda ist. Die europäische Gemeinschaft (siehe 15.1.) bildet einen erheblichen Teil dieser neuen Welt. Im Projekt „Neue Welt“ werden 14 Kapitel beschrieben, die den Rahmen eines neuen Gefüges zwischen Staat, Wirtschaft und den Bürgern bilden soll.
(1) Das Gewaltverbot steht über allen Rechtsansprüchen. Durch Gesetzeslücken entstanden immer neue Formen des Krieges, gegenwärtig ist es der Cyberkrieg, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. Mittels eines klaren Verbots soll dieser Methode ein Ende gesetzt werden. Als Bedingung dafür muss der Verteidigungsfall aber erstmal genau geklärt werden. Dieser darf nur von einem Staat ausgerufen werden, wenn eine konkrete Gefahr für die Staatssouveränität und großen Bevölkerungsteilen besteht. In den letzten Jahrzehnten wurde der Terrorismus oder die Bedrohung durch nichtstaatliche Organisationen häufig als Auslöser des Verteidigungsfalls benutzt, um einen Krieg moralisch und finanziell zu rechtfertigen. Einzig und allein der Angriff von Staaten oder supranationalen Staatenbündnissen ermöglichen einen Verteidigungsfall, bei dem eine wirkliche Gefahr besteht und keine gewünschte. Überdies kann eine militärische Intervention nur gerechtfertigt werden, wenn die Bevölkerung des entsprechenden Heimatlandes dies auch verlangt und zum Ausdruck bringt. Eine weitere Bedingung ist das Verbot jeglicher Art des Präventivkrieges. Mit genau derselben Begründung einer drohenden Gefahr lösen zahlreiche Staaten selbst einen Angriffskrieg aus, um einen vermeintlichen Angriffskrieg des Gegners zu verhindern. Diese verbogene Logik ist nicht vereinbar mit dem Anspruch an die Unumstößlichkeit des Verteidigungsfalls für Kriegsausbrüche. Additional ist der Präventivkrieg nur ein Synonym für den Machtmissbrauch auf internationaler Ebene, der wirtschaftlichen Interessen zugrunde liegt. Die dritte Voraussetzung für ein weltweites Gewaltverbot ist die globale Achtung der Menschenrechte. Das impliziert nicht, dass Menschenrechte als Rechtfertigung für die Invasion in andere Länder angegeben werden soll, sondern dafür stets ein juristisches Verfahren notwendig ist. Die Menschenrechte sind ein von der Geburt an gewährter Schutz jedes Menschen, ihr Missbrauch oder ihre Fehlinterpretation führen nur zu Leid und Hunger. Deutschland ist eine Exportnation, wir exportieren die Hälfte unserer Wirtschaftskraft. Davon wiederum gehen zwei Drittel in europäische Staaten. Eine stärkere EU und ein stärkerer europäischer Kontinent sind also ganz in unserem Sinne, wirtschaftlich wie politisch. Umso schlimmer ist, dass wir seit dem Jahr 2018 eine Obergrenze von maximal 220.000 Flüchtlingen pro Jahr festgelegt haben,(35) die nicht so genannt werden darf. Unserem Selbstverständnis als weltoffenes und solidarisches Land, aus der Vergangenheit lernend und reifend, wurde damit schweren Schaden zugefügt. Es reicht nicht aus, oberflächlich von den westlichen Werten zu reden, im Gegenzug aber weiterhin deutsche Waffen in jede Krisen- und Kriegsregion der Erde zu liefern. Wir müssen den Worten auch Taten folgen lassen. Die westliche Welt darf nicht den kritischen Blick auf sich selbst und sein weltpolitisches Handeln verlieren. Uns muss bewusst sein, dass auch wir schlimme Fehler begangen haben, die nicht nur Kriege ausgelöst haben, sondern ebenfalls ganze Generationen in ihrer wirtschaftlichen Aufstellung betroffen haben. Als eine der größten Errungenschaften der Menschheit gilt die Demokratie. Jedoch existieren auf der Welt nur 20 voll funktionsfähige Demokratien, darüber hinaus bestehen 55 Demokratien, die allerdings noch Verbesserungspotenzial in ihrem demokratischen Fundament benötigen. Dazukommend existieren 38 Staaten auf der Welt, in der demokratische und diktatorische Methoden gleichsam angewendet werden und es bestehen besorgniserregende 52 Diktaturen weltweit.(36) Die Welt ist noch nicht so weit, als dass sie sich als frei bezeichnen kann. Die globalen Menschenrechte sind seit dem 18. Jahrhundert definiert. Drei Jahrhunderte später muss nun endlich die Zweischneidigkeit zwischen Theorie und Praxis beseitigt werden. In Zukunft dürfen keine Ausnahmen mehr gemacht werden wie jüngst bei der Flüchtlingskrise, in der die Genfer Flüchtlingskonvention mit Füßen getreten wurde. Der erste Schritt dorthin ist das Eingestehen der eigenen Verantwortung. Wir müssen uns bewusst machen, was unsere Waffen und unsere Panzer in der Welt anrichten: Sie verursachen unter anderem Millionen Flüchtlinge im Nahen Osten. Gleichzeitig lösen wir das Problem dadurch, dass wir die Asylsuchenden einfach nicht mehr nach Europa hineinlassen, sondern sie in menschenunwürdigen Aufnahmelagern in Nordafrika vergessen.
(2) Die Tabuisierung des Kriegs ist die Grundlage des Friedens. Doch selbst die eigens ernannten Friedensmächte der Welt, die westlichen Nationen, halten sich nicht daran. Die Liste der von diesen Staaten ausgeführten Angriffskriege ist lang, Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit bilden Vietnam, Jugoslawien, Irak, Afghanistan oder Syrien. In jedem Krisenstaat der Erde ist auch Frieden möglich, solange die diplomatischen und politischen Bestrebungen langfristig und ernsthaft geführt werden. Die USA bemühte sich zweimal in der Geschichte sehr energisch um eine Friedenslösung: Einmal 1918 und einmal 1945. Beide Male wurde Frieden geschaffen, der die Demokratie brachte, beim zweiten Versuch sogar breitgesellschaftlichen Wohlstand. Warum sollte diese Ausdauer in der Diplomatie nicht wieder möglich sein? Heutzutage sollte doch eine leichtere Verhandlungsbasis bestehen als in oder nach einem Weltkrieg. Gegenwärtig aber lassen die Friedensbemühungen der dominierenden Nationen stark nach. Die Folgen sind ein Erstarken der Autokratien sowie eine Zunahme der Krisen- und Kriegsgebiete (gefährdete Demokratien in den südamerikanischen Staaten, Ausbreitung des Terrorismus in zahlreichen afrikanischen Ländern, Spannungen im Nahen Osten, Konflikt in der Kaschmir-Region sowie entstehende Bürgerkriege und verschärfte Konflikte, um nur einige Beispiele zu nennen). Die Dominanz des militärischen Einflusses wächst zunehmend. Aufgrund dessen ist eine regelmäßige NATO-Erweiterung diplomatisches Gift. Annährung entsteht nicht durch Protzerei oder Machtgehabe, sondern durch Dialog und politische Gnade. Der Kalte Krieg ist mit dem Zerfall der Sowjetunion beendet worden, die NATO muss aufgrund dessen nicht weiter expandieren, gleichwohl besteht die Notwendigkeit eines Verteidigungsbündnisses. Leidtragende des Militarismus sind die Wahrheit und das Völkerrecht. Gerade das Völkerrecht, hoch gelobt und verehrt als Werteanker der Weltgemeinschaft, zersplittert gerade an den Machtinteressen der Großmächte. Es wurde zu einem Dehnbarkeitsspiel im Krieg, im Nachgang diente es sogar als moralische Profilierung. Die Polarisierung der Welt auf die USA und Russland ist auf Dauer nicht zielführend, da sie zu viele kleinere Konflikte immer unter diesen Deckmantel auf eine zu hohe Ebene verschieben, die sich oftmals als hinderlich für eine friedliche Lösung erwiesen hat. In den letzten Jahrzehnten etablierte sich das Prinzip, Sanktionen gegen Russland festzulegen, womit automatisch auch eine Annährung verhindert wird. Zudem treffen Russland-Sanktionen meist ostdeutsche Unternehmen, wodurch der wirtschaftliche Unterschied zwischen den alten und neuen Bundesländern weiter anwächst. Vergessen wird dabei, dass Saudi-Arabien, Israel und China mit einem sehr freundschaftlichen Charakter behandelt werden, obwohl sie nahezu identisch eine offensive Territorialpolitik betreiben und die Menschenrechte nicht einhalten. Ebenfalls nicht aus dem Blickfeld geraten sollte, dass wir 36% unseres Erdöls aus Russland importieren,(37) somit sind wir vom größten Flächenland der Welt abhängig. Wobei vor der Fahrlässigkeit von Russland-Sanktionen gewarnt werden muss, man muss den russischen Staat auch nicht grundlos aggressiv machen. Es gibt mehrere Beispiele, allen voran den 1. Weltkrieg, in dem sich die verheerenden Wirkungen zeigten, wenn man sich nicht in die Lage des Partners oder auch Gegners hineinversetzt und welche unbändigen Kettenreaktionen man damit auslösen kann. Ein besseres Verhältnis zu Russland ist notwendig, da es global in der Wirtschaft und Politik verstrickt ist. Die Sanktionsspirale dreht hingegen immer weitere Bahnen. Der Westen verhängt Wirtschaftssanktionen, stationiert Militär nahe der russischen Grenze, schließt Russland aus der G8 aus, betreibt die EU- und NATO-Osterweiterung und weist russische Diplomaten aus. Im Gegenzug kämpft Russland in Syrien mit Giftgas, verfolgt die Opposition im eigenen Land, annektiert die Krim, verübt Cyberangriffe und führt einen Krieg in der Ostukraine. Statt gegenseitiger Machtbeweise ist eine Aussöhnung die geeignetere Zielstellung, um die Sicherheit der Welt zu gewährleisten. Der Deutsche Presserat rügte bereits mehrere der größten deutschen Zeitungen wegen der Berichterstattung im Ukraine-Konflikt,(38) auch der ARD-Programmbeirat bezeichnete sie als „tendenziös“ und „einseitig“.(39) Gleichwohl ist die Annexion der Krim nicht duldbar und muss Konsequenzen haben. Die Gefahr von dauerhaften Weltbildern besteht jedoch darin, dass sie keinen Neuanfang, keinen Wandel zulassen. Ohne ein Neudenken werden sich die europäisch- russischen Spannungen aber nicht verringern. Russland vernichtete im September 2017 die letzten Reste seines Chemiewaffen-Arsenals aus der Sowjetzeit und forderten die USA dazu auf, ebenfalls ihren Verpflichtungen aus der Chemiewaffenkonvention nachzukommen. Diesen Fortschritt hätte man als Ansatz für einen Dialog nutzen können, da noch mehr Verträge wie die „Konvention zur Ächtung von Chemiewaffen“ aus dem Jahr 1997 benötigen. Deutschland förderte den Bau mehrerer Abrüstungsfabriken mit insgesamt 367 Millionen Euro, diesen Weg müssen wir auch weiterhin beschreiten.(40) Wir setzen uns für einen grundsätzlichen Neustart mit Russland ein, das nicht als Feind des Westens, sondern als potenzieller Verbündeter wahrgenommen werden soll.
(3) Ein striktes und ausnahmsloses Verbot von Atomwaffen soll die Zukunft unseres Planeten sichern. Bis zum Jahr 2100 sollen alle Atomwaffen dieser Erde vernichtet werden und die Verteidigungsausgaben dieser Länder sollen um die Hälfte sinken, ergänzend dazu soll ein Verbot von chemischen und biologischen Waffen etabliert werden. Zur Überprüfung der Einhaltung dieser Ziele sollen Beobachter aus einem jeweils anderen Land zur Kontrolle des geforderten Abrüstungsvolumens eingesetzt werden. Insbesondere eine internationale Kernwaffenkontrolle, die schon Albert Einstein vorschlug, ist von herausragender Wichtigkeit. Zuständig dafür soll eine neu gegründete Weltrüstungskommission sein (siehe bei 10.). Im Laufe der Zeit schließen sich hoffentlich immer mehr Länder diesem Kontingent an, der Erfolgsgrad ist sicher noch höher, wenn man den Eintritt an wirtschaftliche Erleichterungen koppelt. Vor allem die USA stehen in der Pflicht: Die Militärausgaben der Vereinigten Staaten entsprechen 62% der Rüstungsausgaben aller anderen Länder der Welt zusammen.(41) Dieses ungeheure Übergewicht ist nicht gesund für einen interstaatlichen Austausch.
(4) Das Selbstbestimmungsrecht der Staaten ist in politischer, wirtschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Perspektive als oberste Gewissensinstanz stets im Fokus der internationalen Handlungen. Beim Israel-Palästina-Konflikt muss ein international und vor allem von den beiden betroffenen Staaten anerkanntes Vermittlungsgremium einberufen werden. Das Motto lautet Diplomatie statt Armee. Die Dialogbereitschaft beider Parteien kann den Türöffner für eine Annährung sein, die in wirtschaftlicher Zusammenarbeit und kultureller Verbundenheit mündet. Bedeutungsvoll ist deshalb die Annährung an ein faires Wirtschaften, eingebunden in einem fairen Weltfinanzsystem. Wenn die notwendigen Reformen in den nächsten Jahren ausbleiben, werden in Zukunft nur noch Handelskriege und Wirtschaftsembargos als Lösungsvorschläge genannt werden können. Die Zeit ist reif für ein Umdenken auf dem Weltmarkt. Helfen kann dabei das Selbstbestimmungsrecht der Staaten, um das Repräsentationsgefühl zu befrieden, womit eine innerliche Stabilität hergestellt wird.
(5) Nur eine international anerkannte Gerichtsbarkeit kann eine permanente Kriegspolitik verhindern. Der Internationale Strafgerichtshof besitzt keinerlei internationale Wirkung, noch nicht einmal die großen Mächte wie die USA, Russland, China oder Deutschland setzen sich für ihn ein. Es muss verpflichtend sein, als Mitglied der UN auch Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofes zu sein. Andernfalls ist ein solcher Gerichtshof sinnbefreit, da er keine Durchschlagskraft besitzt und Mitglieder, die ein für ihre Verhältnisse unpassenden Richterspruch erhalten, einfach austreten. Sind jedoch alle Staaten dieser Erde Mitglieder des Internationalen Strafgerichtshofes, muss sich jedes Land, das einen Krieg verursacht oder sich daran beteiligt, vor diesem Gericht rechtfertigen. Falls es zu einem Kriegsfall kommt, ist der Internationale Strafgerichtshof dann für die Aufklärung in diesem Zusammenhang zuständig. Dadurch lässt sich eine globale Sicherheit garantieren, denn Krieg ist dann weder politisch noch wirtschaftlich rentabel und macht das eigene Land zusätzlich zum Außenseiter mit weitreichenden Konsequenzen für die eigene Volkswirtschaft.
(6) Die Reformierung der Europäischen Union (siehe 14.1.) als wichtiger Teil der Neuen Welt. Nur mit einem starken Europa lässt sich eine Neuausrichtung der Welt vorantreiben. Damit einhergehend muss die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) gestärkt werden. Sie agiert zumeist im Hintergrund, leistet aber Wichtiges wie die Überwachung von Parlamentswahlen.
(7) Die Reformierung der NATO (North Atlantic Treaty Organization) ist die Fortsetzung des europäischen Strukturwandels in der Politik und soll die globale militärische Aggressivität mildern. Viele verstehen die Geschichte als ständigen Wechsel zwischen Krieg und Frieden. Nur das Kräfteverhältnis der beiden Kontrahenten passt uns nicht. Der Friedensgedanke ist stärkerer als die Kriegsidee, denn Frieden wird immer modern sein. Der Mensch hat schon so viele Krankheiten überwunden, warum nicht auch den Krieg? Bei allen militärischen Konflikten dieses Planeten ist die North Atlantic Treaty Organization (NATO) beteiligt. Ihre zuteilen aggressive Außenpolitik löste viele multilaterale Spannungen aus. Wir fordern, dass die NATO einen Abrüstungspakt entwirft, in dem sich alle Mitglieder des Nordatlantikbündnisses mit den zehn Staaten außerhalb der NATO, die weltweit am meisten fürs Militär ausgeben (China, Saudi-Arabien, Russland, Indien, Japan, Südkorea, Brasilien, Australien, Israel, Irak) auf jährliche Kontingente festlegen. Sollte eine erfolgreiche Friedenspolitik einsetzen, ist die Auflösung der NATO ein mögliches Szenario, Selbiges gilt für die fortwährende Stagnation innerhalb des Militärbündnisses.
(8) Deutschland soll sich aus der G7 (Gruppe der Sieben, sieben bedeutendsten Industrienationen der Welt) verabschieden, die sich letztlich ganz auflösen soll. Bündnisse wie die G7 sind handlungsunfähig geworden, da ein Großteil der Welt mitentscheiden muss, wenn es um die Veränderung unserer Welt geht. Zudem bezeichnen sich die beteiligen Länder zwar als wichtigste Staaten der Welt, China fehlt jedoch in der G7, obwohl es über genauso oder gar stärkeren globalen Einfluss verfügt. Im Jahr 1995 erzeugten die G7-Staaten noch 45% des Weltbruttoinlandsproduktes, 2018 machen sie nur 31% aus, im Jahr 2050 werden diese Staaten wohl nur noch bei 20% liegen.(42)
(9) Der Umbau der Vereinten Nationen (UN) lässt sich nicht länger aufschieben. Vor allem der UN-Sicherheitsrat bedarf einer Überarbeitung, da er durch seine Veto-Mächte nur noch in selten Fällen beschlussfähig ist. Einen Schritt weiter gedacht sollte über die generelle Sitzaufteilung in diesem Gremium nachgedacht werden. Die ständigen Sitze im UN-Sicherheitsrat befinden sich immer noch auf dem Stand kurz nach Kriegsende von 1945. Sollten diese Reformprozesse auch noch so viel Widerstand erzeugen und sich als fast unmöglich erweisen, ist eine Kapitulation wegen der unfassbaren Schwere keine Ausrede. In Zukunft soll es eine eigene UN-Armee geben, nicht aus Blauhelmen bestehend, sondern eine mobile Einsatztruppe. Sie soll als einzige Armee der Welt in einen Krieg eingreifen dürfen, falls dieser völkerrechtswidrig ausbrechen sollte, um Frieden herbeizuführen. Zeichnet sich in den kommenden Jahren ab, dass die Vereinten Nationen reformierunfähig sind, ist eine Boykottierung dieser Organisation naheliegend. In diesem Fall kann ein neues Staatenbündnis mit anderen Ländern gegründet werden, indem gerechtere Strukturen herrschen.
(10) Die Errichtung eines Weltfinanzbündnisses soll die Welt vor der Härte der einschlagenden Krisen bewahren und den Wohlstand fördern und mehren. Prägend dabei soll ein entscheidendes Gremium sein, in dem alle Zentralbanken dieser Welt an einem Tisch sitzen, gemeinsam mit einem Vertreter jeder Landesregierung. Dieses Gremium soll nicht zu einer Kartellbildung führen, sondern eine gemeinsame Wirtschaftspolitik ermöglichen, die nachhaltig und vernünftig entscheidet. Zeitgleich schwanken die Wechselkurse bei den verschiedenen Währungen immer häufiger, sie laufen steigernd auch gar nicht mehr parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung. Die Folge ist, dass dadurch Devisenspekulationen angeheizt werden. Eine Einschränkung der Devisenmärkte sowie ein einheitliches Wechselkurssystem sind ganz im Sinne der Humanismusökonomie, die für wirtschaftliche Stabilität und Balance sorgen will. Dabei sind konstante Größen eine große Erleichterung, nur mit ökonomischer Nachhaltigkeit und einem ausbalancierten Wirtschaften und nicht mit blindem Export sind stabile volkswirtschaftliche Verhältnisse zu erreichen.
(11) Ein internationales Steuerbündnis vereinfacht die finanzpolitische Koordination auf globaler Ebene. Das zentrale Element spielt dabei eine Kapitalsteuer, die in jedem Mitgliedsland gleich erhoben werden soll.
(12) Internationale Wirtschaftsbündnisse mit kultureller Sensibilität sind die Verbindungsform des 21. Jahrhunderts. Laut World Development Indicators vom Jahr 2018 werden die sozialen Unterschiede immer deutlicher: In Ländern mit einem hohen sozialen und ökonomischen Standard beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung 79,5 Jahre, in strukturschwachen Staaten liegt sie hingegen bei 60,8 Jahren. Ähnliche Tendenzen ergeben sich aus dem Bildungsgrat einzelner Länder: Menschen in Staaten mit hoher Entwicklung werden im Durchschnitt 7,6 Jahre älter als Menschen aus Ländern mit eher schwacher sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung.(43) Es existiert immer noch ein Denken in Abhängigkeitsverhältnissen. Afrika, Südamerika und Teile Asiens werden als unterstellte Absatzmärkte und nicht als Partner wahrgenommen. Deren ökonomische Einbindung in den Weltmarkt ist jedoch notwendig, sodass die dortigen Länder eine stabile Wirtschaft aufbauen können. Dadurch werden zivilisatorische Errungenschaften wie Freiheit, Sicherheit und Frieden, soziales Miteinander, Bildung und Kultur sowie Wohlstand ermöglicht. Davon profitieren letztlich auch die europäischen Staaten, weil nur durch eine nachhaltige Weltwirtschaft der Wohlstand hierzulande erhalten werden kann, lange funktionieren die globalen Marktabläufe nicht mehr wie gewohnt, da wirtschaftlich benachteiligte Regionen wie Südamerika oder Afrika nun aufbegehren und den aktuellen Status ihrer Region nicht mehr hinnehmen wollen. Klar ist dabei auch, dass nötige Entwicklungen verschlafen wurden. Das Prinzip des heutigen Profits und der morgigen Ungewissheit wurde jahrhundertelang, federführend von den Europäern, so betrieben. In Bezug auf die Weltgemeinschaft, sodann sie existiert, ist keine Einbindung spürbar geworden. Sehr starke wirtschaftliche Unterschiede sind zu festen Strukturen geworden, die nicht förderlich für das globale Marktklima sind. Die Betrachtung der globalen Wirtschaft gründet selbstverständlich in den Maßnahmen der globalen Politik. Die Freiparlamentarische Allianz hat eine andere Auffassung von Wirtschaft und Handel, wir definieren es nicht als praktizierende Ausnutzung der Marktungerechtigkeiten, sondern als solidarischen Austausch von Waren, Gütern und Dienstleistungen, bei dem beide Seiten ihre Vorteile daraus ziehen können. Deutschland muss außenpolitisch mehr Verantwortung übernehmen. Ausreichend ist es als größte Volkswirtschaft Europas nicht, lediglich auf die aktuellen Megatrends, Strukturen und auch Krisen dieser Welt zu reagieren, sondern es muss der Anspruch sein, gestaltend und aktiv eigene Akzente zu setzen. Die Finanzkrise von 2008 legte zu einem großen Teil die Grundlagen für die heutige ökonomische Situation weltweit. Belegt wird dieser Einfluss schon daran, wenn man sich den weltweiten Arbeitsmarkt anschaut. Heute sind knapp 200 Millionen Menschen auf der Erde ohne Arbeit, seit der Finanzkrise stieg diese Zahl um 15 % (30 Millionen Menschen).(44) Umso wichtiger ist das Verhindern einer erneuten so einschlagenden Krise. Erkennbar wird, dass die globale Marktwirtschaft immer polyzentrierter wird: Die wachstumsstärksten Länder im Jahr 2017 waren laut des Internationalen Währungsfonds (IWF) Indien, Bangladesch, Philippinen, China, Vietnam, Indonesien, Pakistan, Marokko, Malaysia und Peru (mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von bis zu 8%). Diesen Staaten muss man mit auf die Beine helfen, sodass das Wachstum kein kurzes Aufblühen bleibt und die geschaffenen Strukturen nicht in sich zusammenbrechen. Konsequenzen daraus wären dann radikale Organisationen, ein Bürgerkrieg und viel Millionen Flüchtlinge. Als Präventivmaßnahme ist eine ökonomische Kooperation daher im Sinne aller beteiligten Akteure. Ebenso blicken Myanmar, die Elfenbeinküste, Kenia, Tansania, Kambodscha, Äthiopien, Usbekistan und das östliche Europa zuversichtlich in die Zukunft, da bei all diesen Ländern ein Wirtschaftswachstum von 4-7% für die nächsten Jahre prognostiziert wird. Man merkt, dass immer neue Märkte erschlossen werden können, dies muss jedoch auf einer fairen Basis geschehen. Dafür lässt die Konjunktur in China, Brasilien, Japan, Russland und der Euro-Zone, bei Letzterer wird das stockende Wachstum nur knapp über 1% liegen. Wobei angemerkt sein muss, dass Wachstumsraten von sieben oder acht Prozent natürlich nicht der wirtschaftliche Normalzustand sind, doch aus diesen Zahlen lassen sich langfristige Tendenzen erahnen. Bei der zukünftigen Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern stehen zwei Seiten im besonderen Fokus: Die wirtschaftliche und die politische. Zur Ersteren lässt sich sagen, dass wir Verträge mit wirtschaftlich schwächer aufgestellten Staaten brauchen, die eine finanzielle Unterstützung zusagen. Im Gegenzug müssen sich die unterstützen Länder an gemeinsam vereinbarte Umweltstandards sowie die allgemeinen Menschenrechte halten. Die Landwirtschaft besitzt in zahlreichen Entwicklungsländern eine herausragende Rolle. Deshalb sind nationale Ernährungsprogramme in Afrika, Südamerika und Teilen Asiens als erste Stufe notwendig, um die dortigen Lebensbedingungen der Menschen direkt und schnell zu verbessern. Diese Staaten heißen Handelspartner, dementsprechend sollen sie auch so behandelt werden. Das Auswärtige Amt hat vor wenigen Jahren das „Global Diplomacy Lab“ gegründet, um neue Diplomaten auszubilden. Dieses Labor für Außenpolitik wirbt aber auch gezielt auf freie Wissenschaftler, Künstler und Unternehmer als Diplomaten. Der Gedanke dahinter ist, dass die Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Staaten auch von Menschen gestaltet werden, die nicht für die Regierungen arbeiten, sondern freier und unbesorgter an das Verhältnis der Länder herangehen. Dieser Thinktank ist ein erfolgreicher Schritt auf dem Pfad zur gesamtkulturellen Verständigung mit anderen Staaten, wodurch eine Partnerschaft auf Augenhöhe entstehen kann. Das Ziel einer humanitären Wirtschaft wird schnell, zumeist voreilig, als Utopie verschrien. Meistens wird es von den Personen betrieben, die vor der aktuellen Weltlage kapituliert haben und keine Veränderungsmöglichkeiten mehr sehen. Jedoch ist die Zukunftshoffnung eine sehr starke Kraft, die auch über politische, wirtschaftliche und kulturelle Grenzen gehen kann. Wir benötigen ein gerechtes Welthandels- und Finanzsystem, das den Neoliberalismus und die konzerngetriebene Globalisierung ablehnt. Die Demokratie darf nicht als Katalysator für die kartellgleichen Machtpositionen von internationalen Unternehmen unter dem Deckmantel der Freiheit dienen. Der Missbrauch der Freiheit als Grundtugend der Demokratie führte dazu, dass die reichsten 62 Menschen der Welt so viel besitzen wie die gesamte ärmere Hälfte der Menschheit. Gleichzeitig haben die 100 reichsten Menschen der Welt im Jahr 2016 so viel verdient, dass sie die weltweite Armut viermal hätten bekämpfen könnten.45 Deutlich wird, dass sich in dieser Phase des Kapitalismus Gegensätze auftun, die so groß geworden sind, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen und auch nicht weiter tragbar sind. Gesellschaften in rohstoffreichen Staaten sollten ebenfalls von der Bodenbeschaffenheit ihres Landes profitieren und nicht nur die dortigen Machthaber. Dafür sind Abkommen notwendig, die den Kauf von Öl und anderen Rohstoffen in diesen Ländern mit dem Anhang versehen, mindestens 50% des Umsatzes daraus in soziale Maßnahmen zu investieren. Die Lösung zu einem gerechten Freihandel liegt nicht in den aktuellen Freihandelsabkommen, die rein kapitalistisch gestaltet sind, sondern mit zwei Partnern auf Augenhöhe, die auch kulturelle Bedingungen beinhalten. Aus den bisherigen Handelsströmen folgten Strafzölle und Handelskriege, im Konzept der Humanismusökonomie (siehe 6.1) ist dazu eine klare Alternative aufgezeigt. Ein weiteres weltweites Problem stellt die Kleidungsproduktion dar. Unsere Kleidungsstücke werden viel zu billig produziert, darüber hinaus muss die Kinderarbeit in dieser Branche wie überall wirkungsvoll verboten werden, stattdessen sollen Schulen für die überarbeiteten Kinder gebaut werden. Das Groteske an dieser Situation ist, dass wir viele der gekauften Kleidungsstücke noch nicht einmal anziehen, sondern sie die ganze Zeit über im Schrank hängen bleiben. Bereits 2014 wurde ein Bündnis für nachhaltige Textilien gegründet, allerdings ist dies auf einer freiwilligen Basis. Mindestens die europäischen Staaten müssen jedoch dazu verpflichtet werden, diesem Bündnis beizutreten. Die Deutschen werfen jährlich 1,3 Mio. Tonnen Kleidung weg.(46) Daher liegt wohl kein Geldproblem vor, sondern ein Verschwendungswahn ist schlicht die Ursache. Wir kaufen lieber viel billige Kleidung, wovon wir viel nicht anziehen, anstatt weniger und dafür hochwertigere Kleidung. Der Wert für den Umweltschutz wäre darüber hinaus enorm. Einen immensen Teil der bilateralen Annäherung macht die Entwicklungshilfe aus. Die Entwicklungshilfe spielt in der Gesellschaft aber eher eine untergeordnete Rolle. Unter anderem aus diesem Grund fordern wir, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ins Außenministerium eingliedert wird. Dementsprechend wird auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ), aktiv in über 130 Ländern mit insgesamt etwa 17.000 Mitarbeitern, dem Auswärtigen Amt unterstellt. Genau dieser Themenbereich stellt eine elementare Säule seiner ausgehandelten Verträge dar. Außerdem erhält so die Entwicklungshilfe einen Bedeutungsgewinn, da auch das dafür zuständige Ministerium häufig im Hintergrund steht. Jedoch muss die Entwicklungshilfe sorgfältiger begutachtet werden. Unter zahlreichen Beispielen ist der Kahuzi-Biega-Nationalpark im Kongo besonders auffällig, da dort die Ureinwohner vertrieben wurden und die Anzahl der Gorillas seit einigen Jahren abnimmt, wird weiterhin bedingungslos Entwicklungshilfe gezahlt. Hilfe ist gut und gerechtfertigt, aber sie darf nicht blind geschehen. Die Entwicklungshilfe bildet die politische Seite bei der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern. Hierbei sind günstigere Impfprogramme, der Aufbau von Antikorruptionsbehörden und die Errichtung einer Infrastruktur zentrale Themen. Schließlich tötet die Armut noch heute mehr Menschen als jeder Krieg und jede Krankheit.
Afrika ist immer noch der einzige Kontinent auf dieser Welt, auf dem ein großer Teil des Kapitals Eigentümern von anderen Kontinenten gehört. Eine ökonomische Eigenständigkeit ist noch nicht abzusehen, dabei muss jedes Land seine eigene Wirtschaft frei gestalten können. Eine Aufbau-Allianz (siehe bei 10.) soll diese Zusammenarbeit koordinieren und sich zu einer Friedensinstitution entwickeln. Im Rückblick kann man vom 21. Jahrhundert eventuell als ein Zeitalter der vernünftigen Entschleunigung sprechen. Die Globalisierung brachte mit sich, dass ein zentraler Mainstream entsteht, der die Ränder zu Feinden erklärt. Als bestes Beispiel dienen die Sprachen, die auf dieser Welt gesprochen werden: Momentan existieren weltweit noch rund 7.000 Sprachen, jedoch sind 3.500 davon vom Aussterben bedroht, Tendenz steigend.(47) Die kulturelle Verschmälerung auf wenige Faktoren trägt nicht zum gegenseitigen Verständnis von Staaten, Regionen oder Kulturen bei. Im Oktober 2017 ließen die USA verlauten, dass sie aus der United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) austreten wollen. Gerade in Zeiten der gegenseitigen Distanzierung bildet die Kultur eine Säule zur Annäherung. Die Weltkulturorganisation ist chronisch unterfinanziert. Außerdem müssen die drei Leitaufgaben (Förderung von Erziehung, Wissenschaft und Kultur sowie Kommunikation und Information) erweitert werden, in dem Sinne, dass die UNESCO noch intensiver mit den Schulen und Universitäten, Wissenschaftsverbänden, Kulturorganisationen sowie Aufklärungskampagnen der einzelnen Länder zusammenarbeitet. Wir haben unter anderem Frieden in Europa, weil wir ein weltweites Sanktionssystem aufgebaut haben. Die WTO (World Trade Organization) muss einen halbjuristischen Charakter verliehen bekommen, sodass internationale Vergleiche (im rechtlichen Sinne) ermöglicht werden, die einem Streitschlichtungsverfahren gleichkommen. Dabei werden dann Entschädigungen für wirtschaftlich ausgenutzte ausgesprochen. Finanziert werden diese Entschädigungen jeweils zur Hälfte aus einem eigens dafür angelegten WTO-Fonds und den ausnutzenden Staat.
(13) Die erneuerbaren Energien sollen zu einer globalen Versorgungsquelle heranwachsen. Damit einhergehend ist die Bedeutung des Umweltschutzes überall spürbar, sei es in der Wirtschaft oder in der Entwicklungshilfe. Parallel dazu müssen bei einem Umstieg auf erneuerbare Energien die OPEC-Staaten (Organisation der größten erdölexportierenden Länder) finanziell aufgefangen werden, um nicht in Armut zu versinken. Dafür eignet sich eine Erdölrente, die für 20 Jahre an die betroffenen Staaten von der UN ausgezahlt wird. Im Anschluss müssen die jeweiligen Volkswirtschaften umgestellt sein, sodass sich kein Markt mehr für Kohle, Erdöl und Erdgas mehr bilden kann. Auf nationaler wie internationaler Ebene wird aber dennoch zu wenig für den Klimawandel getan. Wir fordern daher, dass das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, deutsch: Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) zu einer Weltklimaorganisation umgebaut wird. Diese soll dann direkt zur UN gehören. Damit die Weltklimaorganisation aber nicht nur eine gut gemeinte Geste bleibt, soll sich jeder der 193 Mitgliedsstaaten der UN dazu verpflichten, jährlich 1% des Haushalts an diese Organisation zu zahlen (für Deutschland wären es knapp 3,3 Mrd. pro Jahr). Der menschengemachte Klimawandel ist eine der größten Probleme unseres Jahrhunderts, deshalb müssen wir handeln, bevor es zu spät ist. Schließlich schaffen es die Staaten ja auch, sich bei anderen Bereichen auf eine feste Jahresabgabe festzulegen. Die NATO beispielsweise hat auf ihrem Gipfel im September 2014 das Zwei-Prozent-Ziel eingeführt, wonach jeder Mitgliedsstaat jährlich 2% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für das Militär ausgeben soll. Bei einem aktuellen deutschen BIP von 3,467 Billionen Euro wären die Verteidigungsausgaben dann bei 69,3 Milliarden Euro pro Jahr, was eine Steigerung um 47% im Vergleich zum bisherigen Etat bedeuten würde.
(14) Weltweit sollen Bildung, Gesundheit und Freiheit für jeden Menschen garantiert werden. Dabei darf der Fokus auf das Wesentliche nicht verlorengehen. Die hauptsächlichen globalen Probleme sind nicht die fehlende Handelsfreiheit oder das fehlende Geld, sondern die Entwicklungshilfe, die den Abgrund des Kapitalismus verkörpert. Zum Welttag der Alphabetisierung am 8. September 2017 erklärte die UNESCO, dass es weltweit 793 Millionen Erwachsene gibt (rund 9,5% der Weltbevölkerung), die nicht lesen und schreiben können. Ebenfalls wurde festgestellt, dass 264 Millionen Kinder weltweit nicht zur Schule gehen, zuallermeist nicht gehen können oder dürfen. Bildung ist vor allem durch den digitalen Wandel einfacher geworden. Jedoch hat mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung laut UN-Angaben vom September 2017 keinen Zugang zum Internet, in Afrika kann nur jeder Fünfte auf das World Wide Web zugreifen. Darüber hinaus leiden weltweit 1,5 Milliarden Menschen, also jeder fünfte Mensch dieser Erde, an Wasserknappheit. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen gab außerdem bekannt, dass 815 Millionen Menschen auf der Welt an Hunger leiden. Zusätzlich sterben jährlich 2 Millionen Menschen wegen verunreinigten Wassers. Durch Kriege sterben pro Jahr rund 150.000 Menschen, das sind 13mal weniger Menschen als durch verunreinigtes Wasser. Die Perfidität des Aufwiegens von Menschenleben ist uns bewusst, man muss sich jedoch die Dimension dieser Lebensumstände deutlich machen. Das internationale Kinderhilfswerk United Nations Children’s Fund (UNICEF) legte am 19. Oktober 2017 einen Bericht vor, in dem die Lage der Kinder weltweit analysiert wurde. Heraus kam, dass im Jahr 2016 jeden Tag 15.000 Kinder unter fünf Jahren gestorben sind, nahezu die Hälfte war nicht älter als einen Monat. Insgesamt starben im Jahr 2016 5,6 Millionen Kinder.(48) Auch den Kampf gegen die Krankheiten hat die Menschheit noch lange nicht gewonnen. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben über 8 Millionen Menschen jährlich an Krebs, rund 1,8 Millionen Menschen erliegen pro Jahr der Tuberkulose, 900.000 Menschen sterben jährlich durch Herzkrankheiten. Additional gab es im Jahr 2016 216 Millionen Malaria-Neuinfektionen (2,9% der Weltbevölkerung), ebenso leiden 37 Millionen Menschen am Humane Immundefizienz-Virus (HIV). Wegen des Krieges steigt auch die Zahl der Cholera-Erkrankten, allein in Jemen waren im September 2017 600.000 Menschen damit infiziert. Weltweit müssen die Gebühren für Kindertagesstätten, Schulen und Universitäten abgeschafft werden. Die Bildung wirkt sich langfristig gesehen am Stärksten auf das Lohnniveau aus und steigert zudem das Wirtschaftswachstum. Diese beiden Orientierungsgrößen sind besonders in Entwicklungsländern wichtig, da sie das Fundament für eine Wohlstandsgesellschaft legen. Eine bessere medizinische Versorgung, nachhaltiges Wirtschaften sowie eine gerechte Verteilung des weltweiten Wohlstands würden diese Schreckenszustände ändern und verhindern. Es gibt noch viel zu tun. Internationale Bündnisse sind heutzutage die zentrale Achse für den Wohlstand eines Landes. Dabei muss klar sein, dass man sich mit wenigen Ausnahmen nicht auf alle Partner vollständig verlassen kann. Die USA gehört nicht zu den Ausnahmen. Diese Situation ist aber nicht durch die Präsidentschaft Donald Trumps mit dem Bruch des Pariser Klimaschutzabkommens und des Iran-Atomabkommens entstanden, sondern schon Jahrzehnte davor. Schließlich wandelte die Supermacht im Aufbau befindliche Länder wie Afghanistan, Irak und heute Syrien in Schlachtfelder um, wie schon viele andere Länder zuvor, und führt insgesamt eine vernichtende Außenpolitik. In der internationalen Politik ist jeder Kompromiss ein kleines Meisterwerk, da so viele Faktoren mit in die Entscheidungsfindung einspielen. Durch diese besondere Schwere muss man erst recht früher denn je anfangen, einen Reformprozess in den beschriebenen Institutionen und Verträgen voranzubringen, sodass das bessere Morgen nicht weit entfernt ist.
16. Wandel
Es gibt nur ein Zeitalter, das wir gestalten können: Die Zukunft. Daher gibt es nur eine Richtung, in die wir gehen können. Auf diesem Weg braucht die Politik inspirierende Visionen. Das Wesen von Visionen sollte dabei jedoch nicht nur das Träumen von einer besseren Welt, sondern die Vereinbarkeit mit der Wirklichkeit sein. Ohne regelmäßige Veränderungen würde die Politik am realen Leben vorbeischweifen. Was wären die Menschen denn ohne Utopien? Wie elendig würde es uns in der grauen Gegenwart ergehen? Die Geschichte wird nicht in Büchern geschrieben, sondern im realen Leben, auf der Straße und im Alltag. Und das Beste daran: Wir können sie mitgestalten. Schließlich besitzt sie kein Drehbuch, sie lebt von der Aktivität herausstechender Menschen, die etwas mit einem unbändigen Willen bewegen und verändern wollen. Jeder braucht einen Sinn, an den er glauben kann. Dieser Sinn ist häufig im gesellschaftlichen System verankert, sei es die Demokratie oder die Arbeit. Allerdings befinden wir uns in einer Zeit, in der diese Glaubensgrundsätze auf dem Prüfstand geraten sind. Zahlreiche Dinge werden momentan neu definiert, angetrieben durch revolutionäre Projekte wie dem bedingungslosen Grundeinkommen. Während dieser Umwälzungsphase darf jedoch kein Hoffnungsvakuum entstehen. Erhalten bleiben muss unser Leitmotiv, nach dem die Verkleinerung der Aktionsräume des Unkontrollierbaren und dafür die Verbreitung der Kapazitäten des Fortschrittlichen eine gerechte, freiheitliche und kreative Gesellschaft garantiert. Revolution ist Überzeugungsarbeit und nicht Überzeugungskampf. Ein revolutionärer Prozess bedeutet nichts anders, als dass ein Weltbild verdrängt wird und ein neues entsteht. Einen kleinen Teil unseres Weltbildes kratzen wir sowieso jeden Tag an, daran festmachend ist die revolutionäre Einstellung in uns nicht so schlimm und herausfordernd wie gern immer dramatisiert wird. Jede größere Veränderung beginnt als Utopie. Natürlich ist die Verführung einer Revolution schnell vorhanden. Aber wie geht es dann weiter? An dieser Frage scheitern die meisten geistigen Rebellen. Jeder Wandel braucht seine Zeit, das wissen wir. Nach und nach wird sich ein neuer Ansatz dann automatisieren und nach einer Weile sieht man das, was gestern noch als unvorstellbar galt, als ganz normal an. So war es schon immer in der Geschichte. Wir kämpfen für das gemeinsame bessere Morgen, nicht für das bessere Morgen Einzelner. Mit diesem Grundsatz verteidigen wir nicht nur die freiheitlich-demokratische Grundordnung, wir sehen in ihr das Potenzial zu einer noch besseren Form des Zusammenlebens. Wie genau die Gesellschaftsmodelle der Zukunft aussehen werden, wissen wir nicht. Aber wir drängen darauf, eine neue Architektur einer Regierungsform zu entwickeln, in der mehr politische und kulturelle Teilhabe, mehr soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit sowie mehr kollektiver und ideenreicher Freiraum ermöglicht wird. Die Fortführung des Erbes der Aufklärung ist aktueller denn je. Mittlerweile haben wir Dank der sozialen Plattformen die Gelegenheit, uns aktiv gesellschaftlich zu beteiligen. Die Annährung, nicht nur zwischen Mann und Frau, auch zwischen Arm und Reich, Staatsbürgern und Bürgern, wächst. Das enorme Leistungsvermögen der digitalen Welt muss genutzt werden, mit deren Hilfe ist eine gesamtgesellschaftliche Renaissance der individuellen Freiheit und Sicherheit möglich. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Welt in allen Bereichen neu definiert. Die Realität war keine feststehende Größe mehr, sondern ein formbares Material, wie gemacht für Erkenntnis und Fortschritt. Dieser Wandel geschah in allen Bereichen: Charles Darwin in der Natur, Friedrich Nietzsche in der Moral, Ludwig Wittgenstein und Martin Heidegger in der Philosophie und Wissenschaft, die sozialdemokratische Bewegung in der Politik, Sigmund Freud in der Psychologie und Kultur sowie Karl Marx im gesamtgesellschaftlichen System. Die daraus resultierenden Standards bilden heute den Kern aller öffentlichen Debatten. Der Anspruch unserer Zeit und unserer Generationen sollte aber sein, dass wir eine Weiterentwicklung brauchen. Nahezu jeder der damals neuen Ansätze ist über einhundert Jahre alt. Eine jede Idee lebt davon, verbessert zu werden, erst dann wird ihr Akzent zeitlos. Deshalb ist diese Zeit vom endenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert auch so prägend und aktuell für unsere heutigen Umstände. Diese Parallele kann man nicht nur auf die Denkweise beziehen und die Ruhe vor dem Sturm des Wandels, sondern auch auf soziale Aspekte wie der Vermögensverteilung und Besteuerungsklassen. Dennoch kann ein Wandel auch mal Entbehrung bedeuten, langfristig aber profitieren wir alle davon. In der Geschichte war es immer so, dass der Fortschritt einen Preis hatte. Bereits im 18. Jahrhundert wussten die der Aufklärung skeptisch gegenüberstehenden Denker, dass der Fortschritt der Technik den Verlust der Natürlichkeit des Menschen bedeuten würde. Ausdrücken wird sich diese neue Unnatürlichkeit in einer sittlichen Dekadenz. Legt man diese Aussage als Schablone auf die Umstände und Bedingungen der heutigen Zeit, ist die Befürchtung nicht von der Hand zu weisen. Das Denkmuster „Das sind eure Probleme, nicht unsere.“ Ist dabei komplett überholt. Wir leben in Zeiten, in denen Alles mit Allem verbunden ist. Das kann impulsiv und nervenaufreibend sein, aber es ist die einzige Option, um den bisherigen Wohlstand aufrecht zu erhalten. Das 20. Jahrhundert wird auch als kurzes Jahrhundert bezeichnet, da es auch im Zeitraum von 1914 (Ausbruch des 1. Weltkrieges) bis 1989 (Zerfall des Ostblocks) anzusehen ist. Eine Zeit, die geprägt war durch Imperialismus und diktatorischem Kommunismus. Das letzte Jahrhundert erwies sich als Kampf zwischen drei Systemen, dem Liberalismus, dem Sozialismus und dem Nationalismus. Der Nationalismus wurde nur besiegt, weil sich der Liberalismus und der Sozialismus zusammengetan haben, wobei die größte sozialistische Macht (Sowjetunion) 50mal so viele Menschenleben verlor wie die größte liberale Macht (USA). Demgemäß war die Sowjetunion auch der größte Gewinner des Krieges, indem sie zu einer globalen Führungsmacht wurde und ein weltweites Netzwerk an Gefolgestaaten aufbaute, darunter Osteuropa und China. Lange Zeit schien es so, als wenn sich der Kommunismus gegenüber dem Liberalismus durchsetzt, man denken nur an die Unruhen mit sozialistischen Idealen in den liberalen Ländern der 1960er und 1970er Jahre. In dieser Zeit erlebte die USA auch den sogenannten Sputnik- Schock und verloren den Vietnamkrieg. Vor allem die nachfolgende, junge Generation wirkte begeistert vom Sozialismus, weswegen sich der Liberalismus ernste Zukunftssorgen machte. Ein Sorgenpflaster war der Besitz von Atomwaffen, womit die Existenzsicherung als abgeschlossen betrachtet wurde. Die Wende kam dann genauso schnell wie unerwartet, als die Regimes in Griechenland, Spanien und Portugal von der Macht abgelöst wurden. Es folgten in den 1980er Jahren Brasilien, Südkorea, Argentinien und Taiwan. Den Todesstoß erfuhr der globale Kommunismus durch die Auflösung der Sowjetunion im Jahre 1991. Der Sozialismus zerbrach, weil er die Integration neuer und moderner Technologien in sein Weltbild verpasste, wodurch der Liberalismus den Sozialismus überholte. Auf die Gegenwart bezogen deutet sich ein ähnlicher Wandel an: Der Liberalismus ist nicht mehr zukunftsfähig, da er sich mittlerweile als allumfassende Ideologie verkauft, die nicht nur mehr in der Wirtschaft präsent ist, sondern auch in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Genau darin liegt aber auch der entscheidende Fehler des Liberalismus, denn er kann den aktuellen Anforderungen für den Sozialstaat, die internationalen Kooperation und den wirtschaftlichen Umgang miteinander nicht mehr erfüllen. Das Konzept der Humanismusökonomie besitzt das Potenzial, den Liberalismus abzulösen. Zusätzlich sind in der Humanismusökonomie die neuen Technologien bestens aufgenommen und verstehen sich als fester Bestandteil der systematischen DNA. Das 20. Jahrhundert wirkt wie ein rasendes Fahrzeug, das nur so vor sich hin irrt, vom Liberalismus über den Nationalismus zum Kommunismus, um letztlich wieder zurück zum Liberalismus zu gelangen, nur diesmal mit einigen sozialistischen Aspekten wie dem Sozialstaat. Gerade wird auch wieder die ehemalige Verbundenheit des Liberalismus mit dem Nationalismus deutlich, wenn man sich die Debatten über Heimat und Leitkultur anschaut. Die Tatsache, dass der Liberalismus in der Welt konkurrenzlos ist, muss geändert werden. Das Konzept der Humanismusökonomie bietet eine passende Alternative an, kombiniert mit dem Projekt „Neue Welt“ ist eine neue Weltwirtschaftsordnung möglich. Was hat das 20. Jahrhundert dem darauffolgenden also vererbt? Nicht nur die dominierende Wirtschaftsform, sondern auch die zahlreichen Krisen und Kriege dieser Welt. Das 21. Jahrhundert kann das lange Jahrhundert werden, das als Zeitalter des weltweiten Friedens und des globalen Wohlstands in die Geschichte eingehen wird. Dies wird aber nur gelingen, wenn man mit seinen Anschauungen nicht ewig im 20. Jahrhundert versinkt, sondern den Blick nach vorne richtet. Unter den vielen aktuellen Trends ist der Populismus wohl der größte und beängstigende. Das Wesen des Populismus besteht aber auch daraus, dass dem Volk Engstirnigkeit vorgeworfen wird. Es sei in dogmatischen Blasen und systematischer misstrauischer Ablehnung gefangen und klammere sich verzweifelt an diese scheinbar letzten Ideale. Jede Skepsis muss aber kritisch hinterfragt werden, ansonsten wird man dem gesellschaftlichen Diskurs nicht gerecht. Selbstverständlich wird es in einer Gesellschaft immer Reibung geben. Die Kunst ist es, die Reibungsflächen zu tragfähigen Kompromissen umzuwandeln und so mit dem Großteil der Betroffenen ein Einverständnis zu bewirken. Wir sind die neue Partei der Mitte. Diese belebende Alternative hat die Mitte der Gesellschaft dringend nötig, denn es braucht konkrete langfristige Lösungen für die akuten Probleme unserer Zeit. Mögen die Wahlprogramme anderer Parteien bis ins Jahr 2030 oder 2035 gehen, wir aber denken viel weiter. Uns ist bewusst, dass die Verschreibung nach Zielen oder Idealen auch abhängig macht. Diese Verantwortung wollen wir in Loyalität gegenüber dem gesellschaftlichen Wohl und dem Fortschritt ummünzen. Das Wagnis, etwas zu riskieren, ist dabei unumstößlich gesetzt, was auch bedeutet, dass man es auch riskiert, zu versagen. Diesen Bonus müssen Sie uns als neue Kraft gewähren. Denn wir sind jung und neu, und, das garantieren wir Ihnen, wir werden auch Fehler machen. Nach der politischen Einlebung unserer Partei werden dieser Fehler aber der Erfahrung weichen und wir werden uns zu einer etablierten politischen Gestaltungsfraktion weiterentwickeln. Jede Zeit braucht ihre eigenen Imperative. Lassen Sie uns diese Imperative gemeinsam erarbeiten, ehrlich und auf Augenhöhe. Es ist nicht zu leugnen, dass ein Paradigmenwechsel in der Politik notwendig geworden ist. Wir müssen kritischer werden. Nur mit der Kritik lässt sich eine Verbesserung erringen. Die aktuellen Zustände der Welt zeigt ihre zahlreichen Schwächen auf, dabei und gerade deswegen muss alles hinterfragt werden, auch wenn es unser Weltbild erschüttern mag. Andernfalls kapitulieren wir vor der Kompliziertheit dieser Welt in Politik und Wirtschaft sowie Wissenschaft und Kultur. Mit einem neuen und unvoreingenommenen Denken aber muss nichts so bleiben wie es war, die Kritik soll die einzige Konstante des Wandels sein. Bei der Bundestagswahl im September 2017 und auch in den folgenden Regierungsverhandlungen ist deutlich werden, dass unser politisches System einen Umbruch erlebt. Die Zeit ist reif. Zu einer erfolgreichen Demokratie gehört eine heterogene Gesellschaft, eine aktive Kultur, progressiv ausgerichtete Wissenschaften, vor allem aber: Ein gemeinsamer Glaube an die Richtigkeit und Nützlichkeit des Systems für alle. Die aktuelle Regierung hat etliche Versäumnisse zu verzeichnen (siehe 1.). Der Grund dafür sind die fehlende Planung und die Verantwortungslosigkeit dem Fortschritt gegenüber. Stattdessen beschränkt man sich auf die pure Verwaltung der Gegenwart, womit nur auf aktuelle Stimmungen reagiert wird, agiert hingegen wird nicht. Dazu sind Regierungen nicht da. Sie sollen Leitvisionen entwickeln und die Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken. Ihr Signal soll eins des Auftakts sein, nicht eins des Stillstands. Jeder Wandel beginnt im Kopf. Arthur Schnitzler sagte einmal: „Bereit sein ist viel, warten können ist mehr, doch erst den rechten Augenblick nutzen ist alles.“ Wir sind nicht nur bereit, wir sind formiert. Mit der Euphorie des Neuen ist der Blick in die Zukunft eine Chance und keine Hürde. Wenn Viele gemeinsam vorwärtsgehen, entsteht eine enorme Kraft, die Kraft des Fortschritts. Sie besitzt alle Möglichkeiten, allein das Ausmaß der Veränderung ist unbestimmt. Die neuen Generationen müssen die Welt verändern, nicht die alten. Optimismus ist der Urgrund allen Wandels.
Ständig entstehen neue Mauern in der Welt, jede Mauer aber kann durchbrochen werden. Das Jahr 2018 kann für einen Anfang stehen. Der Anfang etwas Neuem, etwas Großem. Der Aufbruch ins Ungewisse.
1 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/892249/umfrage/im-mittelmeer-ertrunkenen-fluechtlinge/
2 http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/dossier-migration-ALT/56443/flucht-und-asyl-seit-1990
3 https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/KriminalitaetImKontextVon Zuwanderung/KriminalitaetImKontextVonZuwanderung_node.html
4 http://statewatch.org/news/2015/jun/eu-eeas-crisis-in-med-statement.pdf
5 https://www.proasyl.de/news/khartoum-erklaerung-wie-europa-fluechtlinge-aus-afrika-abwehren-moechte/
6 https://www.dw.com/de/eu-will-migration-aus-afrika-stoppen/a-19364406
7 https://www.businessinsider.de/ranking-2017-autoritaere-laender-2018-2
8 http://www.marina.difesa.it/EN/operations/Pagine/MareNostrum.aspx
9 https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/securing-eu-borders/fact-
10 https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&start=%252F%252F*%255B%2540 attr_id=%27bgbl116s0390.pdf%27%255D# bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl116s0390.pdf%27%5D__1574872666313
11 https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/Sonderverfahren/SichereHerkunftsstaaten/ sichereherkunftsstaaten_node.html
12 https://www.proasyl.de/hintergrund/asylpaket-ii-in-kraft-ueberblick-ueber-die-geltenden-asylrechtlichen- aenderungen/
13 https://www.bptk.de/psychisch-kranke-fluechtlinge-sollen-grundsaetzlich-abgeschoben-werden/
14 https://www.imf.org/en/Data
15 https://www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/17/954/954-node.html
16 https://www.bamf.de/DE/Themen/Statistik/Asylzahlen/BundesamtInZahlen/bundesamtinzahlen_node.html
17 https://de.statista.com/infografik/11815/familiennachzug-von-fluechtlingen/
18 https://ratfuermigration.files.wordpress.com/2017/09/rfm_manifest_migrationspolitik_20172.pdf
19 Statistik „Auswanderung und Zuwanderung 2018“ von Statista Research Department
20 Statistik „Zuwanderer nach Deutschland nach Herkunftsländern 2018“ von Statista Research Department
21 Statistik „Liste türkischer Bevölkerungsanteile nach Staat“ von Wikipedia entnommen 22 Entnommen aus Artikel „Wie viel Geld die Türkei aus Brüssel bekommt“ aus der FAZ 23 Selber Artikel
22 Entnommen aus Artikel "Wie viel Geld die Türkei aus Brüssel bekommt" aus der FAZ
23 Entnommen aus Artikel "Wie viel Geld die Türkei aus Brüssel bekommt" aus der FAZ
24 Offizielle Internetseite des EU-Parlaments
25 Statistiken zur Einkommensarmut „Armutsgefährdungsquote ,2016“ von Eurostat
26 Entnommen aus Artikel „Nur in Italien werden mehr Steuern hinterzogen als in Deutschland“ von Welt vom 28.1.2019
27 Entnommen aus Artikel „Der Geldfluss in die Krisenstaaten“ von der tagesschau.de vom 27.6.2019
28 „Bankenrettung kostete Steuerzahler womöglich 68 Milliarden“ ein Artikel aus der Berliner Morgenpost von Philipp Neumann vom 13.9.2018
29 Artikel „Zahl der Suizide in der Finanzkrise weltweit gestiegen“ von Zeit vom 18.9.2013
30 Statistik zur Arbeitslosenquote in Spanien von 2008 bis 2018 von IMF
31 „Deutschland weiter mit weltgrößtem Exportüberschuss“ ein Artikel von Zeit Online vom 19.2.2019
32 Ebd.
33 ZDFcheck19 „Jugendarbeitslosigkeit in der EU“ von Svenja Bergerhoff und Julia Maas
34 Eurostat Statistik vom September 2019
35 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD: https://www.tagesspiegel.de/downloads/20936562/4/koav- gesamttext-stand-070218-1145h.pdf
36 Demokratieindex der Zeitschrift „The Economist“ aus dem Jahr 2018: https://www.economist.com/media/pdf/DEMOCRACY_INDEX_2007_v3.pdf
37 Statistiken des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/mineraloel-oelimporte-und-rohoelproduktion-in- deutschland.html
38 Übersicht der Rügen durch den Deutschen Presserat: https://www.presserat.de/ruegen-presse-uebersicht.html
39 Bericht des ARD-Programmbeirats: https://www.heise.de/tp/features/Ukraine-Konflikt-ARD-Programmbeirat- bestaetigt-Publikumskritik-3367400.html
40 Übersicht des Auswärtigen Amtes zur Chemiewaffenächtungskonvention: https://www.auswaertiges- amt.de/de/aussenpolitik/themen/abruestung-ruestungskontrolle/-/207106
41 Globale Rüstungsausgaben nach Ländern: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender- mit-den-hoechsten-militaerausgaben/
42 Übersicht zur Wirtschaftskraft der G7: https://crp-infotec.de/organisationen-g7/
43 Human Development Index der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2018: http://hdr.undp.org/sites/default/files/2018_human_development_statistical_update.pdf
44 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/76156/umfrage/anzahl-der-arbeitslosen-weltweit/
45 https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/2016-01-18-62-superreiche-besitzen-so-viel-haelfte- weltbevoelkerung
46 https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/kleidung-landet-bei-vielen-deutschen-laut-greenpeace-im-muell-a- 1064055.html
47 https://home.uni-leipzig.de/muellerg/su/haspelmath.pdf
48 https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2017/kindersterblichkeit-weltweit-unicef/151902
Politisches Programm nach §1 Abs. 3 Parteiengesetz, entnommen aus der Partei-Satzung, die beim Bundeswahlleiter einsehbar ist.
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